Arbeitsrecht

Disziplinarbemessung bei Vorteilsannahme im kommunalen Ehrenamt

Aktenzeichen  16a D 19.283

Datum:
1.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 20662
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 11 Abs. 4, Art. 13, Art. 14, Art. 25 Abs. 2, Art. 55
StGB § 331 Abs. 1
BeamtStG § 33 Abs. 1, § 34
KWBG Art. 59 Abs. 1
BayGO Art. 36, Art. 38

 

Leitsatz

1. Die in einem Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind für die Disziplinargerichte nicht bindend; sie können aber der disziplinarrechtlichen Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden. Im Rahmen der demnach gebotenen gerichtlichen Ermessensentscheidung kommt es insbesondere darauf an, welche Bedeutung den Feststellungen für das Disziplinarverfahren zukommt und wie zuverlässig die in dem Strafbefehlsverfahren getroffenen Feststellungen sind (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht, ist bei strafbarem Verhalten nach § 331 Abs. 1 StGB im Regelfall indiziert, wenn ein Beamter als Inhaber eines hervorgehobenen Amtes oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für seine Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil annimmt. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. (Rn. 37) (redaktioneller Leitsatz)
4. Für die Sonderregelung in Art. 11 Abs. 4 BayDG (Beschränkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auf das kommunale Ehrenamt) gibt es keine Entsprechung im Fall eines Ruhestandsbeamten; bei diesem ist eine isolierte Aberkennung des Ehrensolds unzulässig. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 13L DK 17.4613 2019-01-15 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht die Disziplinarmaßnahme der Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13 BayDG) verhängt.
1. Das behördliche Disziplinarverfahren weist, wovon das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist, keine formellen Mängel auf, insbesondere hatte der Beklagte in jeder Lage des Verfahrens Gelegenheit zur Äußerung (vgl. Art. 22 BayDG). Solche Mängel wurden vom Beklagten im Berufungsverfahren auch nicht geltend gemacht.
2. Der dem Beklagten im Disziplinarverfahren zur Last gelegte, vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt ist zur Überzeugung des Senats erwiesen. Auszugehen ist von dem Ablauf des Geschehens, wie es im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts vom 22. Dezember 2015 wiedergegeben wird. Zwar sind die in einem Strafbefehl getroffenen tatsächlichen Feststellungen für die Disziplinargerichte nicht bindend; sie können aber der disziplinarrechtlichen Entscheidung ohne erneute Prüfung zugrunde gelegt werden (Art. 63 Abs. 1 Satz 1, Art. 55 i.V.m. 25 Abs. 2 BayDG). Im Rahmen der demnach gebotenen gerichtlichen Ermessensentscheidung kommt es insbesondere darauf an, welche Bedeutung den Feststellungen für das Disziplinarverfahren zukommt und „wie zuverlässig“ die in dem Strafbefehlsverfahren getroffenen Feststellungen sind (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Stand: August 2019, Art. 25 Rn. 21).
Der Senat ist nach Durchsicht der beigezogenen Strafakten, insbesondere der Niederschriften über die Vernehmungen des Beklagten, des H. sowie seiner Ehefrau jeweils als Beschuldigte, weiter über die Vernehmungen verschiedener Zeugen, darunter von drei Mitarbeitern der Marktgemeinde, davon überzeugt, dass der Beklagte seit langem – spätestens seit dem entsprechenden Beschluss des Marktgemeinderats zur Aufstellung eines Bebauungsplans („Toracker II“) für das Flurstück Nr. 258 im Juni 2011 – sein mit dem Grundeigentümer H. abgesprochenes Ziel verfolgte, eine Parzelle aus dem auf diesen entfallenden Anteil des Bauerwartungsland zu einem Preis zu erwerben, der genau demjenigen entsprechen sollte, den der Markt für den Erwerb der einen Hälfte des Ackerlands an H. zu zahlen habe. Diese „Preisabsprache“ war, wie sich aus den übereinstimmenden Aussagen im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ergibt, spätestens seit dem Jahr 2011 entscheidender Bestandteil der Verabredung zwischen dem Beklagten als erstem Bürgermeister und dem Grundeigentümer (H.). Insoweit kann auf den Inhalt der Niederschriften über die Vernehmungen des H. als Beschuldigten am 22. Januar 2015 (Bl. 109-117 d. Akte der Staatsanwaltschaft I.) sowie seiner Ehefrau vom gleichen Tag mit ergänzender Vernehmung am 13. Mai 2015 verwiesen werden.
2.1 Die strafrechtliche Qualifizierung dieses Verhaltens des Beklagten als Vorteilsannahme gemäß § 331 Abs. 1 StGB begegnet keinen tatsächlichen oder rechtlichen Bedenken. Für die Erfüllung dieses Straftatbestands reicht es aus, dass sich der Beklagte als Amtsträger „für die Dienstausübung einen Vorteil“ in Kenntnis der diese Tatbestandsmerkmale ausfüllenden Umstände hat zukommen lassen. Das Amtsgericht hat den wirtschaftlichen Vorteil, den der Beklagte aus dem Erwerb der Parzelle Nr. 6 gezogen hätte, wäre es zur Umwandlung in Bauland gekommen, unter Zugrundelegung eines – zugunsten des Beklagten konservativ angenommenen – Quadratmeterpreises von 150 Euro in der Gesamtsumme mit 51.624 Euro berechnet. Dass der vereinbarte Kaufpreis (42 Euro) deutlich unter dem tatsächlichen Marktwert von Bauerwartungsland lag, war dem Beklagten bewusst, zumal er als langjähriger Bürgermeister über ausreichende Einblicke in den örtlichen Grundstücksmarkt verfügte hat. Deshalb sieht der Senat seinen zentralen Vortrag im Berufungsverfahren, es habe ihm am „Wissen um den wirtschaftlichen Vorteil gefehlt“, weshalb er die subjektive Tatseite der Vorteilsannahme nicht erfülle, als reine Schutzbehauptung an. In diesem Zusammenhang ist auch hervorzuheben, dass der Beklagte im Strafverfahren mit Schreiben seines dortigen Bevollmächtigten vom 22. Oktober und 13. Novem. Ber 2015 hat erklären lassen, dass er „den in der Anklageschrift…gegen ihn erhobenen Tatvorwurf einräumt“ und eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von höchstens zehn Monaten akzeptieren werde. Der Senat hat erhebliche Zweifel am Vortrag des Beklagten, die genannten Erklärungen über eine Anerkennung seines strafbaren Verhaltens seien allein mit dem Ziel abgegeben worden, das Strafverfahren unter Vermeidung weiterer öffentlicher Aufmerksamkeit zu beenden, und zudem in der irrigen Annahme erfolgt, gegen ihn würde im Anschluss keine erhebliche disziplinarische Maßnahme mehr verhängt werden.
Beiden Seiten war bewusst, dass der Beklagte die ihm als ersten Bürgermeister des Marktes zukommenden Möglichkeiten nutzen würde, um die Bauleitplanung voranzubringen und möglichst abzuschließen, damit sowohl er als Privatmann wie auch der Grundeigentümer H. ihre jeweiligen privaten Bauplanungen weiterverfolgen konnten. Dass der Beklagte nicht in eigener Zuständigkeit über die Baulandausweisung des Ackerlandes entscheiden konnte, vielmehr Voraussetzung für einen Abschluss der konkreten Bauleitplanung durch den Marktgemeinderat auch etliche Tätigkeiten, Einflussnahmen und Entscheidungen Dritter, insbesondere anderer öffentlicher Stellen außerhalb des Marktes – etwa der genannten staatlichen Denkmal- und Immissionsschutzbehörden – waren, vermag nichts daran zu ändern, dass beim Beklagten sämtliche Fäden zusammenliefen. Als erster Bürgermeister war er Vorsitzender des Marktgemeinderats (Art. 36 Satz 1 GO) und besaß damit maßgeblichen Einfluss auf den Fortgang der der kommunalen Planungshoheit unterliegenden Bauleitplanung, indem er das Verfahren nach eigenem Entschluss „auf die Tagesordnung setzen“ und unter inhaltlicher Einflussnahme „vorantreiben“ konnte. Diesem Zweck diente auch der Notartermin kurz vor Ablauf der Amtszeit des Beklagten. Der gemeindliche Grundstücksankauf sollte die beabsichtigte Planung nach Möglichkeit unumkehrbar machen. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, dass damals ein allgemeiner Konsens bestanden haben soll, die betroffene Ackerfläche in Bauland umzuwandeln, und ernstlich der Planung entgegenstehende Belange noch nicht offen zutage getreten waren.
Der gewährte Vorteil im Sinn von § 331 Abs. 1 StGB hat sich auch auf die mit der Dienstausübung eines Bürgermeisters verbundenen Tätigkeiten bezogen. Nicht erforderlich ist hierfür eine Absprache, die sich auf eine bestimmte dienstliche Handlung oder auf die Aufgabenerfüllung als solche bezieht. Die Dienstausübung, auf die der Vorteil abzielt, muss nach den Vorstellungen der Beteiligten noch nicht einmal in ihren groben Umrissen konkretisiert sein (BGH, U.v. 14.10.2008 – 1 StR 260/08 – juris Rn. 30). Um den Straftatbestand zu erfüllen, ist es ausreichend, dass der Vorteil dem Beamten für eine – wie hier – bereits in der Vergangenheit liegende Dienstausübung gewährt wurde (BGH, U.v. 14.10.2008, a.a.O., Rn. 26, 30 m.w.N.), solange der Vorteil den Charakter einer Gegenleistung besitzt und damit die erforderliche Unrechtsvereinbarung bestanden hat (vgl. zur Deliktsstruktur der Vorteilsannahme: Sowada in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2009, § 331 Rn. 21, 64 f.). Dass im vorliegenden Fall keine Vorteilsgewährung/-annahme (durch Abschluss des notariellen Kaufvertrags) für eine bestimmte, in der Zukunft liegende Dienstausübung des Beklagten in Rede steht, weil dieser im Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrags (für den Vorteilsgeber H. ersichtlich) nur noch drei Tage im Amt verblieb, ändert nichts an der Honorierung der Dienstausübung in der Vergangenheit. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob – was dem Strafbefehl vom 22. Dezember 2015 nicht eindeutig zu entnehmen ist – der Beklagte den Tatbestand des § 331 Abs. 1 StGB in der Variante des „für die Dienstausübung einen Vorteil für sich…fordert“ verwirklicht hat; diese Annahme liegt nahe, wenn man die Zeugenaussagen betrachtet, nach denen der Beklagte – spätestens seit dem Jahr 2011 – den H. immer wieder an sein fortbestehendes Interesse am Erwerb einer Parzelle aus dem Grundstück FlNr. 258 zu den gleichen Bedingungen wie der Markt „erinnert“ hat. Solche Vertragskonditionen waren für andere private Grundstückskäufer – auch bei Berücksichtigung in einem gemeindlichen Einheimischenmodell – nicht einmal annähernd erreichbar.
2.2 Die Verwirklichung des Tatbestands der Vorteilsannahme wird auch nicht durch das vom Beklagten vorgelegte Schreiben des H. vom 20. Oktober 2017 (Bl. 40 d. VG-Akte) infrage gestellt, indem er mitteilt, bei seiner erstmaligen Vernehmung unmittelbar nach der „überfallartigen Hausdurchsuchung…wohl einiges durcheinander gebracht“ zu haben. Denn mit diesem Schreiben stellt H. lediglich zwei eigene Aussagen aus dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren richtig, die aber beide für die Bejahung der Vorteilsannahme letztlich nicht maßgeblich sind.
Dies gilt zunächst für das offenbar seit langen Jahren bestehende freundschaftliche Verhältnis zwischen der Familie H. und derjenigen des Beklagten. Dieser Umstand ist im Hinblick auch auf die Frage, ob der Beklagte den Straftatbestand der Vorteilsannahme erfüllt hat, nicht von Bedeutung, denn der Straftatbestand kann – worauf der Kläger zu Recht hinweist – auch und gerade „unter Freunden“ begangen werden. Selbst wenn die Einräumung eines „Vorzugspreises“ aus Sicht des Grundeigentümers ohne sein freundschaftliches Verhältnis zum Beklagten nicht denkbar gewesen sein sollte, wäre damit nicht die Amtsbezogenheit des Vorteils ausgeschlossen. Dies wäre erst dann der Fall, wenn der Vorteil „ausschließlich wegen der persönlichen Beziehungen“ zwischen dem Vorteilsgeber und dem Beamten gewährt worden wäre (BVerwG, U.v. 28.2.2013 – 2 C 3.12 – juris Rn. 17 m.w.N.). Im vorliegenden Fall sollte er jedoch nach Überzeugung des Senats neben der Honorierung des Einsatzes des Beklagten für das Baugebiet vor allem der Erfüllung der vor Jahren getroffenen „Abrede“ dienen, ihm den gleichen Kaufpreis wie dem von ihm vertretenen Markt zuzubilligen (vgl. Vernehmung der Zeugin H. als Beschuldigte v. 22.1.2015, S. 2, 3: „…dass er zu seinem Wort stehen wolle“).
2.3 Des Weiteren trägt der Beklagte vor, die Initiative zur Bauleitplanung sei vom Grundeigentümer ausgegangen; er selbst habe den Ankauf einer Parzelle erst ab Frühjahr 2013 verfolgt, nachdem die weitere Bebaubarkeit des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks an dessen Außenbereichslage gescheitert sei. Konkrete Verhandlungen über den Erwerb der Parzelle Nr. 6, insbesondere über den Quadratmeterpreis, hätten erst nach Abschluss der Verhandlungen zwischen dem Markt und H. stattgefunden. Auch mit diesem Vortrag vermag der Beklagte sein Fehlverhalten und den Vorwurf der Vorteilsannahme nicht zu entkräften, denn letztlich braucht der Zeitpunkt, ab welchem die angenommene „Unrechtsvereinbarung“ zwischen dem Vorteilsgeber und dem Beamten Geltung beanspruchen sollte, nicht exakt festgelegt zu werden; jedenfalls hatte sie am 28. April 2014 – dem Zeitpunkt des notariellen Kaufvertrags und damit der Realisierung des Vorteils – noch Bestand. Auch die exakte Festlegung des Kaufpreises in Euro war für die Erfüllung des Straftatbestands der Vorteilsannahme nicht notwendig, denn unabhängig hiervon waren sich Verkäufer und Erwerber der fraglichen Parzelle seit langem einig, diesem (privaten) Geschäft den gleichen Preis (hier: 42 Euro/qm) zugrunde zu legen, wie ihn der Markt N. zu zahlen bereit war und wie er am 28. April 2014 unmittelbar vor dem privaten Geschäft auch für den Grunderwerb des Marktes beurkundet wurde. Schließlich ist im vorliegenden Zusammenhang auch ohne Bedeutung, ob die Initiative zur Durchführung des Notartermins noch drei Tage vor Beendigung des Bürgermeisteramts vom Beklagten oder von H. ausging, wie diese jeweils wechselseitig behaupten, oder ob – wovon der Senat ausgeht – die Terminierung der beiderseitigen Interessenlage entsprach.
2.4 Soweit sich der Beklagte auf die Aussage der Kommunalaufsicht des zuständigen Landratsamts im Aktenvermerk vom 25. Juni 2014 (Bl. 15 f. d. Akte der VG N.) beruft, in dem es heißt, ein strafrechtlich oder disziplinarisch zu ahndendes pflichtwidriges Verhalten des Beklagten sei nicht zu erkennen, vermag er aus dieser unzutreffenden Aussage keine günstigere Behandlung herzuleiten. Denn die Aussage beruht auf der durch den nachfolgenden rechtskräftigen Strafbefehl vom 22. Dezember 2015 widerlegten Annahme, es bestehe „kein Zusammenhang zwischen der Ausweisung des Baugebietes und einem besonders günstigen Grundstückserwerb“ durch den Beklagten. Es bedarf keines Eingehens darauf, wie eine entsprechende Aussage der Kommunalaufsicht in disziplinarrechtlicher Hinsicht zu bewerten gewesen wäre, hätte sie der Beklagte vor dem Abschluss des notariellen Kaufvertrags über die Parzelle Nr. 6 eingeholt (vgl. a. § 331 Abs. 3 StGB).
3. Der Beklagte hat als ehemaliger kommunaler Wahlbeamter (ehrenamtlicher erster Bürgermeister, Art. 1 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 KWBG i.V.m. Art. 34 Abs. 2 GO) durch sein Verhalten ein innerdienstliches Dienstvergehen im Sinn von § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG begangen und dadurch vorsätzlich und schuldhaft die ihm obliegenden Dienstpflichten verletzt. Der private Erwerb der Parzelle Nr. 6 zu einem weit unter dem allgemeinen Niveau für Bauerwartungsland liegenden Preis, den auch der von ihm vertretene Markt N. für den vom gleichen Verkäufer erworbenen Grund aus der gleichen Flurstück-Nummer zu zahlen hatte, war hier in sein Amt als erster Bürgermeister und die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden (BayVGH, U.v. 5.2.2014 – 16a D 12.2494 – juris Rn. 33). Diese Annahme folgt bereits aus dem Inhalt der Unrechtsvereinbarung, die sich gerade in den beiden – noch kurz vor Ausscheiden des Beklagten aus dem Bürgermeisteramt – in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang abgeschlossenen notariellen Kaufverträgen manifestiert hat.
Der Inhalt des beamtenrechtlichen Verbots der Vorteilsannahme bestimmt sich nach dem Zweck der Dienstpflicht. Die uneigennützige, nicht auf einen privaten Vorteil bedachte Amtsführung eines Beamten stellt die wesentliche Grundlage des Berufsbeamtentums dar. Sie ist unverzichtbar, um das notwendige Vertrauen der Bevölkerung darauf zu erhalten, dass sich die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert. Nutzt ein Beamter seine Amtsstellung aus, um private Vorteile zu erzielen, beeinträchtigt er dieses Vertrauen. Ein Beamter darf sich daher in einer Situation, in der sich ein dienstlicher Bezug nicht ausschließen lässt, nicht für einen Vorteil offen zeigen (BVerwG, U.v. 28.2.2013 – 2 C 3.12 – juris Rn. 15 m.w.N.). Hier hat der Beklagte für sich als Privatmann in Anspruch genommen, vom Verkäufer die gleichen vorteilhaften Konditionen wie der Markt N., den zu vertreten er berechtigt war, zu erhalten.
Die daher im Zusammenhang mit den ihm gemäß Art. 36 bis 38 GO zustehenden Befugnissen vorgenommene Vorteilsannahme stellt eine innerdienstlich begangene Dienstpflichtverletzung dar, weil sie in sein Amt eingebunden war. Durch sein Verhalten hat der Beklagte vorsätzlich und schuldhaft gegen die Dienstpflichten verstoßen, die Gesetze zu beachten, seine Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und bei seiner Amtsführung auf das Wohl der Allgemeinheit Rücksicht zu nehmen (§ 33 Abs. 1 BeamtStG) sowie sich mit voller Hingabe seinem Amt zu widmen und es uneigennützig nach bestem Gewissen zu verwalten (§ 34 Satz 1 und 2 BeamtStG). Zudem hat er dadurch jeweils vorsätzlich und schuldhaft auch seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes missachtet (§ 331 Abs. 1 StGB, § 34 Satz 3 BeamtStG).
4. Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer im Sinn von Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass das Fehlverhalten so gewichtig ist, dass der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn und der Allgemeinheit endgültig verloren hat. Deshalb ist auf die Höchstmaßnahme zu erkennen. Da der Beklagte, wäre er noch im Dienst, aufgrund seines Fehlverhaltens gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen, ist ihm als Ruhestandsbeamten gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2, Art. 13 Abs. 1 BayDG das Ruhegehalt abzuerkennen. Im Berufungsverfahren wurden keine maßgeblichen neuen Gesichtspunkte vorgetragen, die die Verhängung einer für den Beklagten günstigeren Maßnahme rechtfertigen könnten.
4.1 Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12). Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG), denn nur so können die Integrität des Beamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden. Schwerwiegende Vorsatzstraftaten bewirken generell einen Vertrauensverlust, der unabhängig vom jeweiligen Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 13).
4.2 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein: objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16).
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, ist auch bei – wie hier – innerdienstlich begangenen Straftaten auf den gesetzlich bestimmten Strafrahmen zurückzugreifen (BVerwG, B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 14). Da der Beamte aber in dieser Situation nicht wie jeder Bürger betroffen ist, sondern in seiner dienstlichen Pflichtenstellung als Garant einer gesetzestreuen Verwaltung, kommt dem ausgeurteilten Strafmaß (hier: zehn Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung) bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme keine präjudizielle Bedeutung zu (BVerwG, B.v. 5.7.2016 a.a.O. Rn. 13 bis 15). Im vorliegenden Fall wurde der Beklagte in seiner Eigenschaft als Amtsträger wegen eines Falles der Vorteilsannahme (§ 331 Abs. 1 StGB) verurteilt und dabei der Regelstrafrahmen, der eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren vorsieht, zugrunde gelegt. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetzbuch als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 20), bei Ruhestandsbeamten dementsprechend bis zur Aberkennung des Ruhegehalts (Art. 13, 14 Abs. 2 Satz 2 BayDG). Zusätzlich hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 22. Dezember 2015 dem Beklagten eine Geldbuße in Höhe von 15.000 Euro (§ 56b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 StGB) auferlegt.
4.3 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Aberkennung des Ruhegehalts des Beklagten, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 BayDG). Eine vollständige Zerstörung des Vertrauens in die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit eines Beamten, die seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis, bei Ruhestandsbeamten die Aberkennung des Ruhegehalts erforderlich macht, ist bei strafbarem Verhalten nach § 331 Abs. 1 StGB im Regelfall indiziert, wenn ein Beamter als Inhaber eines hervorgehobenen Amtes – für die Stellung eines ersten Bürgermeisters zu bejahen – oder einer dienstlichen Vertrauensstellung für seine Dienstausübung einen mehr als unerheblichen Vorteil annimmt (BVerwG, U.v. 28.2.2013 – 2 C 3.12 – juris Rn. 31). Allerdings ist für die Beurteilung des endgültigen Vertrauensverlustes auch in den Blick zu nehmen, ob mildernde Umstände von einem Gewicht vorliegen, das die Schwere des Pflichtenverstoßes und die sonstigen belastenden Umstände aufwiegt (BVerwG, U.v. 28.2.2013, a.a.O. Rn. 33). An derartigen durchgreifenden Milderungsgründen fehlt es hier. Erschwernisgründe können sich etwa aus der Anzahl und Häufigkeit der Taten und der missbräuchlichen Ausnutzung der dienstlichen Stellung oder dienstlich erworbener Kenntnisse ergeben.
4.3.1 Die vollständige Ausschöpfung des Orientierungsrahmens ist wegen der gesamten Umstände des Dienstvergehens geboten; die Aberkennung des Ruhegehalts ist damit erforderlich.
Zu Lasten des Beklagten wirkt sich insbesondere aus, dass er den von ihm ins Auge gefassten Erwerb eines Grundstücks von H. zu einem besonders günstigen Kaufpreis spätestens seit Juni 2011, nachdem der Marktgemeinderat die Ausweisung eines neuen Baugebiets „Toracker II“ und die näheren Konditionen beschlossen hatte, stetig verfolgt hat. Obwohl sich die gemeindliche Bauleitplanung nicht mehr innerhalb der Amtszeit des Beklagten realisieren ließ, hat er nicht von seinem lang verfolgten Plan abgelassen, sondern noch drei Tage vor Beendigung seiner Amtszeit sowohl die Grundstücke für die Marktgemeinde als auch für sich selbst eine Parzelle aus dem dem H. verbleibenden Grundstücksteil erworben. Schon dieses Vorgehen zeigt deutlich, dass der Beklagte nicht bereit war, den Grunderwerb auf den Zeitraum nach seinem Ausscheiden aus dem Amt zu verschieben und damit möglicherweise ganz oder teilweise auf das für ihn vorteilhafte Geschäft zu verzichten. Auch die Höhe des erhofften Vorteils (nach vorsichtiger Schätzung: 50.000 Euro) wirkt sich maßnahmeverschärfend aus.
Weiter kommt erschwerend hinzu, dass der Beklagte als erster Bürgermeister nach den kommunalrechtlichen Bestimmungen die bereits angesprochene besondere Vertrauensstellung innehatte (BayVGH, U.v. 1.6.2005 – 16a D 04.3502 – juris Rn. 58). Sie ist mit hohen Anforderungen an seine Führungsqualitäten sowie seine persönliche Integrität verbunden und weist eine Vorbildfunktion für nachgeordnete Bedienstete auf. Außerdem steht er als gewählter Repräsentant seiner Gemeinde unter besonderer Beobachtung der Marktbürger. Sein Fehlverhalten ist demgemäß in besonderem Maße geeignet, das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine gesetzestreue Verwaltung zu beschädigen (BayVGH, U.v. 5.2.2014 – 16a D 12.2494 – Rn. 48, Meineid).
Den Umstand, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht nur jegliche Absicht, sich einen wirtschaftlichen Vorteil zu verschaffen, in Abrede gestellt, sondern auch die Initiative für den Ablauf des Geschehens allein dem Grundeigentümer zugewiesen hat, bewertet der Senat als zulässiges Prozessverhalten neutral; hierzu gehört auch das Bestreiten der Tat oder das Relativieren ihres Unrechtsgehalts (Conrad in Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, a.a.O., MatR/I Rn. 87). In der Sache vermag der Senat dem Vortrag allerdings nicht zu folgen.
4.3.2 Demgegenüber erreichen die zugunsten des Beklagten in die Bemessung über die Disziplinarmaßnahme einzustellenden mildernden Umstände weder für sich allein genommen noch im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau ein solches Gewicht, dass von der Aberkennung des Ruhegehalts abgesehen und eine mildere Disziplinarmaßnahme verhängt werden könnte.
Zunächst ist dem Beklagten die auf sein Betreiben hin erfolgte alsbaldige Rückgängigmachung des privaten Erwerbs zugute zu halten, auch wenn diese offenbar unter dem Druck der Verhältnisse erfolgt ist, nachdem die Umstände des Falles nur wenige Tage nach dem 28. April 2014 öffentlich bekannt geworden waren. Weiter spricht für den Beklagten, dass er als erster Bürgermeister über drei Amtsperioden hinweg – mit Ausnahme der streitgegenständlichen Verfehlung – unbeanstandet und zum Wohle des Marktes tätig war; seine Dienstausübung als Grundschullehrer wird als tadellos bezeichnet. Die langjährige Beachtung der Dienstpflichten ist jedoch – selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, schwerwiegende Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BayVGH, U.v. 15.3.2017 – 16a D 14.1160 – juris Rn. 30). Auch die vom Beklagten erbrachte und detailreich in der mündlichen Verhandlung dargestellte Lebensleistung vermag kein anderes Ergebnis zu begründen.
Die weiteren, zu seinen Gunsten geltend gemachten Aspekte sieht der Senat nicht als gegeben an. Dies gilt insbesondere für den Vortrag, die Verfehlung sei für ihn „nicht offensichtlich gewesen“, zumal „kein repräsentativer Marktwert“ habe festgestellt werden können. Der Senat geht – wie bereits dargestellt – davon aus, dass der Beklagte als in der dritten Periode amtierender erster Bürgermeister über die Preisverhältnisse am gemeindlichen Grundstücksmarkt informiert war und damit den auf ihn zukommenden wirtschaftlichen Vorteil sehr wohl überblickt und beabsichtigt hat.
In der Gesamtschau aller be- und entlastenden Umstände ist damit eine positive Prognose zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung, die eine mildere Maßnahme als die Aberkennung des Ruhegehalts – wie mit dem Hilfsantrag verfolgt – rechtfertigen könnte, nicht möglich.
5. Die Aberkennung des Ruhegehalts ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes.
5.1 Im vorliegenden Fall wird die Maßnahmebemessung als unverhältnismäßig gerügt. Weil sich die Verfehlung ausschließlich auf das Ehrenamt beziehe, könne nicht neben der Aberkennung des insoweit erdienten Ehrensoldes auch das als Grundschullehrer erdiente Ruhegeld aberkannt werden; das Fehlen einer Art. 11 Abs. 4 Satz 1 BayDG entsprechenden Regel für Ruhestandsbeamte in Art. 13 BayDG müsse wegen der darin liegenden Ungleichbehandlung als Milderungsgrund berücksichtigt werden. Dieser Auffassung vermag der Senat schon vom Ansatz her nicht zu folgen.
Denn es handelt sich bei aktiven Beamten einerseits und Ruhestandsbeamten andererseits nicht um im Lichte des Art. 3 Abs. 1 GG in disziplinarrechtlicher Hinsicht gleich zu behandelnde Gruppen. Bei einem aktiven Beamten kann nämlich in bestimmten Konstellationen durchaus eine auf das kommunale Ehrenamt beschränkte Entfernung im personalwirtschaftlichen Interesse des Dienstherrn liegen, wenn dieser eine Weiterbeschäftigung des Beamten im Hauptamt – eventuell unter Rückstufung oder Kürzung der Bezüge (vgl. Art. 11 Abs. 4 Satz 3 BayDG) – nach entsprechender Ermessensausübung für disziplinarrechtlich vertretbar hält und sie im dienstlichen Interesse liegt (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, a.a.O., Art. 11 Rn. 12). Anders liegen dagegen die Verhältnisse bei einem Ruhestandsbeamten, dessen weitere Tätigkeit im Hauptamt naturgemäß nicht in Frage kommt und dessen weiteres versorgungsrechtliches Schicksal im Wege einer Nachversicherung (hierzu Zängl in Weiß/Niedermeier/Summer/Zängl, Bayerisches Beamtenrecht, Stand: März 2020, Art. 58 BayBG Rn. 13 ff.) der in allen Ämtern erhaltenen Bezüge zu regeln ist. Für die eigentlich einen „Systembruch“ (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, a.a.O. Art. 11 Rn. 12) darstellende Sonderregelung in Art. 11 Abs. 4 BayDG (Beschränkung der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auf das kommunale Ehrenamt) gibt es also keine Entsprechung im Fall eines Ruhestandsbeamten, bei dem eine isolierte Aberkennung des Ehrensolds unzulässig ist (Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, a.a.O. Art. 13 Rn. 5 ohne nähere Begründung). Rechtssystematisch folgt diese Aussage bereits aus dem Fehlen eines Verweises auf Art. 11 Abs. 4 BayDG in Art. 13 Abs. 4 BayDG. Vor dem dargestellten Hintergrund weist der Kläger zu Recht darauf hin, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die unterschiedliche Behandlung – soweit ersichtlich – in Literatur und Rechtsprechung bislang nicht erhoben wurden.
Schließlich ist noch anzumerken, dass alles dafür spricht, dass der Beklagte, wäre er noch als aktiver Grundschullehrer und zugleich ehrenamtlicher Bürgermeister tätig, nicht in den Genuss der Sonderregelung des Art. 11 Abs. 4 BayDG gekommen, sondern aus beiden Ämtern entfernt worden wäre. Denn die Schwere des konkreten Vergehens (Vorteilsannahme) im Ehrenamt hätte das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit in die Amtsführung sowie in die persönliche Integrität des Beamten vollständig zerstört und damit seinen Verbleib im Hauptamt unmöglich gemacht, sodass kein Raum für eine in der Sonderregelung vorgesehene Ausübung des Ermessens zugunsten des Beklagten bestanden hätte.
5.2 Ist das Vertrauensverhältnis endgültig zerstört, stellt die Entfernung aus dem Dienst die angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen dar. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 15.3.2017 – 16a D 14.1160 – juris Rn. 31; U.v. 5.2.2014 – 16a D 12.2494 – juris Rn. 55). Für Ruhestandsbeamte gilt nichts Anderes (BVerfG, NB.v. 22.11.2001 – 2 BvR 2138/00 – juris Rn. 3). Daher ist einem Ruhestandsbeamten wie dem Beklagten bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen das in sämtlichen Ämtern erdiente Ruhegehalt abzuerkennen (BayVGH, U.v. 13.7.2011 – 16a D 09.3127 – Rn. 170).
6. Nach alldem war die Berufung des Beklagten mit der Kostenfolge des Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG zurückzuweisen.
Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig geworden (Art. 64 Abs. 2 BayDG).


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