Arbeitsrecht

Einigungsstellenbestellung, Rechtsschutzbedürfnis, Informationspflicht, Tatsachenfeststellung, Widerantrag

Aktenzeichen  3 TaBV 3/21

Datum:
25.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 22460
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BetrVG: § 76, 111
ArbGG: §§, 46 Abs. 2, 80 Abs. 2, 81 Abs. 1, 100
ZPO: §§ 253 Abs. 2. Nr. 2, 308 ZPO

 

Leitsatz

Verfahrensgang

31 BV 368/20 2021-01-08 Bes ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 08.01.2021 – 31 BV 368/20 – wird (einschließlich des Widerantrags) zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten um die Bildung einer Einigungsstelle.
Die Antragstellerin (im Folgenden Arbeitgeberin) ist ein Tochterunternehmen der global tätigen Z Group plc. und bietet Dienstleistungen im Bereich der globalen Netzwerk- und IT-Services für Unternehmenskunden an. Sie unterhält in Deutschland neben dem Hauptsitz in A.-Stadt weitere Standorte in Y., X., W. und V. mit über 700 Arbeitnehmern, wovon einige ausschließlich im Home-Office tätig sind. Der Antragsgegner ist der für alle Standorte der Arbeitgeberin gebildete Gesamtbetriebsrat mit Sitz in A.-Stadt. Daneben bestehen fünf regionale, gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1b BetrVG gebildete Betriebsräte in den Regionen Nord/Ost, Mitte, West, Süd sowie der Stadt A.-Stadt.
Die Arbeitgeberin plant als Teil eines globalen Transformationsprogramms ein auf drei Jahre angelegtes Restrukturierungsprogramm mit einem geplanten Personalabbau von insgesamt 326,9 Vollzeitstellen (vgl. Anlage BB 05). Im ersten Jahr sollen bis zum 31.03.2021 163,9 Vollzeitstellen gestrichen, die Standorte Y., X. und W. mit Konzentration auf die strategischen Standorte in A-Stadt und V bis zum 31.12.2021 geschlossen sowie alle HomeOffice- und Home-Base-Verträge zu Gunsten eines mobilen Arbeitens (Smart Working) bis zum 31.12.2021 beendet werden.
Zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat sowie dem Wirtschaftsausschuss fanden seit dem 23.09.2020 mehrere Informationstermine bezüglich der geplanten Restrukturierungsmaßnahmen statt (vgl. Aufstellung und Darstellung Bl. 6 ff. d. A.), in deren Verlauf die Arbeitgeberin dem Gesamtbetriebsrat zahlreiche Dokumente zur Verfügung stellte (vgl. Aufstellung Bl. 20 f. d. A.). Am 09.11./12.11.2020 wurden dem Gesamtbetriebsrat Entwürfe für einen Interessenausgleich, einen Sozialplan, eine freiwillige Betriebsvereinbarung über ein Freiwilligenprogramm und eine Gesamtbetriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten (Smart Working) übermittelt (vgl. Anlagen BB 53 ff.). Im Gespräch vom 04.12.2020 erklärte der Gesamtbetriebsrat, dass es für ihn zwei wesentliche Punkte gäbe: erstens die Dreijahresplanung vs. die Einjahresplanung und zweitens offene Fragen zu einzelnen Bereichen. Daraufhin nannte die Arbeitgeberin zwei für sie mögliche Varianten: erstens Verhandlungen über die für 2021 geplanten Restrukturierungen mit dem Ziel einer unterschriftsreifen Lösung bis zum 31.01.2021, verbunden mit Informationen über die Planungen der Jahre 2 und 3, soweit sie zur Verfügung ständen, und zweitens im Fall des fehlenden Einverständnisses des Gesamtbetriebsrats mit der Variante 1 die Einberufung einer Einigungsstelle, wobei insoweit eine Einigung der Betriebsparteien oder die Anrufung des Arbeitsgerichts möglich sei (vgl. Protokoll vom 04.12.2020 = Anlage BB 46 = Bl. 529 ff. d. A.). Anknüpfend daran schrieb die Arbeitgeberin am 04.12.2020, 17:02 Uhr an den Gesamtbetriebsrat eine E-Mail (Anlage BB 73 = Bl. 1320 d. A.), um für einen geordneten Verhandlungsablauf zu sorgen und die Umsetzung der betriebsändernden Maßnahme ab spätestens 31. Januar 2021 zu ermöglichen. Der Gesamtbetriebsrat wurde um eine verbindliche Mitteilung von Vorschlägen für Beratungs- und Verhandlungstermine für den Zeitraum bis zum 31.01.2021, einen Vorschlag zu dem Vorgehen, wenn im Rahmen der Verhandlungen ab dem 31.12.2021 für eine Partei absehbar sei, dass die Verhandlungen voraussichtlich bis zum 31.01.2021 nicht zu einem von allen Parteien gemeinsam getragenen Ergebnis führen würden, sowie eine Vereinbarung darüber, dass es das gemeinsame Ziel sei, dass die Verhandlungen bis spätestens zum 31.01.2021 abgeschlossen und die entsprechenden Vereinbarungen bis dahin unterzeichnet seien, gebeten. Am selben Tage um 20:18 Uhr wandte sich die Arbeitgeberin erneut mit einer E-Mail an den Gesamtbetriebsrat (Anlage GBR 13 = Bl. 1052 d. A.), die auszugsweise lautete:
„[…] wie bereits angesprochen, halten wir es für zielführend […], wenn wir unter der Moderation eines Dritten in einer Einigungsstelle die Gespräche und Beratungen weiterführen. Daher möchten wir Ihnen vorschlagen, ab dem 10. Dezember 2020 eine Einigungsstelle unter dem Vorsitzenden U einzurichten. […] Bitte teilen Sie uns bis zum 9. Dezember 2020 mit, ob Sie damit einverstanden sind.
[…] Wie aber auch angesprochen, können wir gerne aber auch jetzt eine Einigungsstelle vereinbaren, falls wir sie zu einem späteren Zeitpunkt brauchen sollten.
Der Vorschlag für die Einigungsstelle ist, wie gesagt, nur für den Fall, dass Sie entweder keinen kooperativen Vorschlag machen möchten oder aber die Einigungsstelle doch vorziehen sollten.
[…]“
Mit E-Mail vom 08.12.2020 (Anlage GBR 14 = Bl. 1054 d. A.) schlug der Gesamtbetriebsrat vor, zur Klärung der noch offenen Fragen und fehlenden Informationen betreffend die einzelnen von der geplanten Maßnahme betroffenen Bereiche Arbeitsgruppen zu bilden. Daraufhin antwortete die Arbeitgeberin, dass nach ihrem Verständnis der Gesamtbetriebsrat angeboten habe, bis zum Abend des 08.12.2020 einen Vorschlag mit Terminen und Inhalten zu senden, die eine erfolgreiche Verhandlung der anstehenden Maßnahmen bis 31.01.2021 ermögliche; die Vorschläge vom 08.12.2020 könnten seitens des Gesamtbetriebsrats in einen Gesamtvorschlag integriert werden. Sie werde prüfen, welche Informationen für Regelungen für Jahr 2 und 3 zu erlangen sei (Anlage GBR 15 = Bl. 1056 d. A.). Mit E-Mail vom 10.12.2020 (Anlage GBR 16 = Bl. 1059 d. A.) unterbreitete der Gesamtbetriebsrat Terminvorschläge für die einzelnen Arbeitsgruppen vom 15.12. bis 29.12.2020. Je Bereich und gebildeter Arbeitsgruppe werde es in den Terminen darum gehen, die offenen Fragen und fehlenden Informationen, insbesondere auch zur 3-Jahresplanung, zu klären.
Am 11.12.2020, 19:43 Uhr hat die Arbeitgeberin den hiesigen Antrag beim Arbeitsgericht München eingereicht.
Am 11.12.2020, 20:01 Uhr schrieb die Arbeitgeberin an den Gesamtbetriebsrat eine E-Mail (Anlage BB 78 = Bl. 1311 d. A.), in der es auszugsweise heißt:
„… Vielen Dank für die sehr ausführliche Erarbeitung eines Arbeitsgruppenplans.
Insbesondere die Menge der Termine und die Dichte der Gespräche freuen uns sehr.
Es bleibt für uns aber festzustellen, dass:
– Der verabredete Plan für Gespräche und insbesondere Verhandlungen über die Maßnahme, die vorgeschlagenen Dokumente zu Interessenausgleich, Sozialplan, freiwilliger Betriebsvereinbarungen sowie Smart Working nicht gemacht wurden,
– weder ein Terminplan noch ein inhaltlicher Plan vorgelegt wurde, nachdem das Erreichen, eines Abschlusses aller Regelungen zum 31. Januar 2021 möglich werden sollte,
– auch nur irgendein Angebot für Verhandlungen der Maßnahme erfolgt ist.
Zusammenfassend muss die Arbeitgeberseite daher leider davon ausgehen, dass der Gesamtbetriebsrat nicht verhandeln möchte. Das ist aus unserer Sicht sehr bedauerlich, weil wir sehr gerne kooperativ mit dem Gesamtbetriebsrat die Maßnahme zeitnah abgewickelt hätten.
Uns fehlt dafür die Phantasie, wie es nun weitergehen soll, nachdem Ihre Seite so eindeutig nicht auf die im letzten gemeinsamen Termin am 4. Dezember 2020 verabredeten Punkte eingegangen sind.
Zu Ihren Gesprächsangeboten in Arbeitskreisen: Wir verstehen Sie so, dass es sich ausschließlich um Informationsgespräche handeln soll? Grundsätzlich ist es aus unserer Sicht gut denkbar, diese durchzuführen. Die Arbeitgeberseite ist der Auffassung, dass umfassend und sehr vollständig informiert worden ist. …Was wir weiterhin zugesagt hatten, ist, dass wir bereit sind, über Regelungen für die Jahre 2 und 3 zu sprechen. Das sind aber eigentlich Punkte aus der Verhandlungsphase und nicht aus der Informationsphase.
Auf jeden Fall erachtet der Arbeitgeber die Angebote des Gesamtbetriebsrats, sich auszutauschen als großartige Chance, insb. wegen der vielen vorgeschlagenen Termine. … Wenn es Ihnen recht ist, freue ich mich Montag um 09:00 oder auch früher um ein Telefonat.“
Die Arbeitgeberin hat ihren Antrag auf Errichtung einer Einigungsstelle erstinstanzlich wie folgt begründet:
Der Gesamtbetriebsrat habe keinerlei Bereitschaft gezeigt, sich Zeit für die Verhandlungen mit der Arbeitgeberin zu nehmen, sondern versuche, die Verhandlungen mit ihr zu verzögern, um die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen hinauszuschieben. Die Informationsphase sei bereits abgeschlossen. Ein Dissens über den Umfang und die ausreichende Erfüllung der Unterrichtungsansprüche des Betriebsrats stehe der Bestellung einer Einigungsstelle über die Beratung eines Interessenausgleichs nicht entgegen. Der Seite, die auf die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens angewiesen sei, könne regelmäßig nicht zugemutet werden, dass vor der Bildung der Einigungsstelle zunächst häufig unsichere Fragen über den genauen Umfang von Informationsansprüchen geklärt werden müssten. Soweit der Gesamtbetriebsrat in diesem Zusammenhang auf eine E-Mail der Arbeitgeberin vom 04.12.2020 Bezug nehme, unterschlage er, dass diese E-Mail im Kontext einer weiteren E-Mail vom 04.12.2020 sowie dem stattgefundenen Informationstermin am 04.12.2020 zu sehen sei. Der Gesamtbetriebsrat sei ausdrücklich zur Unterbreitung eines konstruktiven Vorschlags aufgefordert worden, wie bis zum 31.01.2021 eine Einigung zwischen den Parteien erzielt werden könnte. Der vom ihm unterbreitete Vorschlag zur Bildung von Arbeitsgruppen habe nicht die geforderten Kriterien erfüllt und stehe in klarem Widerspruch zu dem von der Arbeitgeberin geforderten Gesamtvorschlag zum weiteren Vorgehen. Der Gesamtbetriebsrat habe damit rechnen müssen, dass die Arbeitgeberin, wie angekündigt, beim Arbeitsgericht einen Antrag auf Einsetzung einer gerichtlichen Einigungsstelle stellen werde.
Die Einigungsstelle sei zur Regelung der streitgegenständlichen Thematik zuständig, weil keine Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unzuständigkeit gem. § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG vorliegen würden. Ein weiterer Informationsanspruch des Gesamtbetriebsrats über etwaige, über den 31.12.2021 hinausgehende Personalmaßnahmen bestehe nicht. Die Restrukturierungsmaßnahme fuße auf einer unternehmerischen Konzeption, die betriebsändernde Maßnahmen im Zeitraum bis zum 31.12.2021 beinhalte. Etwa erfolgende Personalveränderungen für weitere Geschäftsjahre bis einschließlich 31.03.2023 seien nicht Teil der unternehmerischen Konzeption. Die Arbeitgeberin wolle zunächst das Ergebnis der ersten Personalreduktion sowie der Schließung der Standorte und der Beendigung der HomeOffice- bzw. Home-Base-Verträge abwarten. Die Arbeitgeberin sei der Unterrichtungspflicht nach § 111 BetrVG durch die permanente Zurverfügungstellung von detaillierten und umfassenden Dokumenten vollumfänglich nachgekommen. Der Gesamtbetriebsrat sei auch für die beabsichtigten Maßnahmen zuständig. Es handele sich um ein standortübergreifendes Konzept, das insbesondere im Hinblick auf die Zentralisierung auf die Standorte AStadt und V und den übrigen Standortschließungen einer einheitlichen Regelung bedürfe. Eine originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats bestehe auch für Verhandlungen des Sozialplans. Die Erforderlichkeit ergebe sich aufgrund der einheitlichen Kompensationsregelungen für sämtliche durch den Interessenausgleich betroffene Arbeitnehmer. So seien u. a. standortübergreifende Versetzungen bzw. entsprechende Änderungskündigungen an die Standorte A-Stadt und V sowie ein Übergang in eine Transfergesellschaft mit einheitlicher Leitung geplant.
Der vorgeschlagene Einigungsstellenvorsitzenden verfüge über die notwendige Unparteilichkeit und fachliche Eignung. Da sich die vorliegende Maßnahme von bisherigen Maßnahmen in der Vergangenheit unterscheide, sei ohnehin eine Einarbeitung in die betrieblichen Gegebenheiten und in die vorliegende Restrukturierungsmaßnahme notwendig. Hinsichtlich der Anzahl der Beisitzer sei nicht ersichtlich, warum von der Regelbesetzung mit zwei Beisitzern je Seite derart abgewichen werden sollte, dass sie auf sechs Personen je Seite verdreifacht werden müsste. Die Besetzung der Einigungsstelle mit drei Beisitzern auf jeder Seite ermögliche dem Gesamtbetriebsrat sowohl die Einbringung betriebsinterner Kenntnisse als auch die Einbringung von Fachkompetenz oder zusätzlichem Wissen durch einen betriebsexternen Beisitzer.
Die Arbeitgeberin hat zuletzt beantragt,
1.Zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit der Regelungsthematik „Verhandlungen über einen Interessenausgleich und den Abschluss eines Sozialplans zum deutschlandweiten Personalabbauprogramm zum 31. März 2021, zur Schließung der Bürostandorte Y., X. und W. sowie zum deutschlandweiten Abbau aller HomeOffice und Home-Base Verträge und die Einführung von Smart Working bis zum 31. Dezember 2021“ wird Herr U. bestellt.
2.Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.
Der Gesamtbetriebsrat hat beantragt,
den Antrag als unzulässig abzuweisen, hilfsweise den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag sei unzulässig. Es fehle am Rechtsschutzbedürfnis, weil die Arbeitgeberin ihren Antrag zu früh gestellt habe. Eine Erklärung zum endgültigen Scheitern der gemeinsamen Gespräche oder der Vorwurf einer endgültigen Verhandlungsverweigerung samt damit verknüpfter Anrufung der Einigungsstelle als einzigen Ausweg sei nicht erfolgt. Insbesondere habe sich der Gesamtbetriebsrat nicht geweigert, an der Bildung einer Einigungsstelle mitzuwirken. Mit der E-Mail vom 04.12.2020 werde die Einrichtung einer Einigungsstelle von der Arbeitgeberin „vorgeschlagen“ für den Fall, dass der Gesamtbetriebsrat keinen kooperativen Vorschlag zum weiteren Vorgehen machen wolle oder selbst die Einigungsstelle vorziehe. Einen solchen kooperativen Vorschlag habe der Gesamtbetriebsrat mit den EMails vom 08.12. und 10.12.2020 unterbreitet. Das Rechtsschutzbedürfnis fehle auch deshalb, weil die Arbeitgeberin den Gesamtbetriebsrat nicht hinreichend über die geplante Maßnahme unterrichtet habe. Der Gesamtbetriebsrat könne sich kein Bild über die 3-Jahres Planung machen und das ihm obliegende Mandat nach den §§ 111 ff. BetrVG ordnungsgemäß ausüben. Die Arbeitgeberin informiere oder verhandele nicht, soweit Vorgänge für die Zeit nach dem 31.03.2021 bzw. 31.12.2021 betroffen seien. Hierzu sei sie aber verpflichtet, weil sie die Betriebsänderung definiert habe, indem sie das 3-JahresRestrukturierungsprogramm aufgestellt und zu Beginn der Gespräche kommuniziert habe.
Der auf die Errichtung einer Einigungsstelle gerichtete Antrag sei auch unbegründet. Die Einigungsstelle sei jedenfalls insoweit offensichtlich unzuständig, als der Gesamtbetriebsrat zumindest für den Sozialplan nicht zuständig sei. Es spreche zwar einiges für die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats in Bezug auf die Verhandlung und den Abschluss eines Interessenausgleichs. Jedoch sei die Durchführung des Interessenausgleichs nicht von besonders vereinbarten, betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregeln in dem noch abzuschließenden Sozialplan abhängig. Es gebe es kein einheitliches Sanierungsbudget.
Darüber hinaus sei der Gesamtbetriebsrat mit dem vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden Herrn U nicht einverstanden. Die geplanten Maßnahmen könnten ohne Detailkenntnisse des Geschäftsmodells und der Organisationsstrukturen der Arbeitgeberin nicht beurteilt werden. Vorzugswürdig wäre daher ein Vorsitzender/eine Vorsitzende, die/der die Arbeitgeberin näher kenne, wie dies mit Frau T. der Fall sei. Aufgrund des mehr als komplexen Sachverhalts würden ferner sechs Beisitzer je Seite als erforderlich und angemessen erachtet.
Das Arbeitsgericht München hat den Anträgen durch Beschluss vom 08.01.2021 stattgegeben. Der Antrag auf Einsetzung der Einigungsstelle sei zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liege vor. Es sei von einem Scheitern der Verhandlungen auszugehen. Die Arbeitgeberin habe vor einem Anrufen der Einigungsstelle ernsthaft versucht, mit der Gegenseite in Verhandlungen zum Thema der Einigungsstelle einzutreten. Sie habe den Gesamtbetriebsrat in mehreren Informationsterminen sowie durch Zurverfügungstellung zahlreicher Dokumente über die bis Ende 2021 geplanten Restrukturierungsmaßnahmen in Kenntnis gesetzt und bereits Entwürfe für einen Interessenausgleich und Sozialplan vorgelegt. Die Arbeitgeberin sei zu der zumindest nicht offensichtlich unbegründeten subjektiven Einschätzung gelangt, dass Verhandlungen außerhalb der Einigungsstelle nicht mehr für aussichtsreich erachtet werden. In dem Informationstermin am 04.12.2020 sowie mit E-Mail vom 04.12.2020 habe die Arbeitgeberin den Gesamtbetriebsrat u.a. aufgefordert, eine verbindliche Vorstellung eines Fahrplans für die Beratungen und Verhandlungen der vorgestellten betriebsändernden Maßnahme auf der Grundlage der übermittelten Dokumente für einen Interessenausgleich und Sozialplan mitzuteilen, wobei für die Termine ein Zeitraum bis 31.01.2021 erbeten worden sei. Für den Fall, dass kein solch kooperativer Vorschlag unterbreitet werde, sei mit weiterer E-Mail vom 04.12.2020 seitens der Arbeitgeberin die Einrichtung einer Einigungsstelle angeregt worden. Der Gesamtbetriebsrat habe daraufhin mit E-Mails vom 08.12. und 10.12.2020 zwar die Bildung von Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen vorgeschlagen. Diesen Vorschlag habe die Arbeitgeberin jedoch – nicht offensichtlich unbegründet – subjektiv als keinen hinreichenden Vorschlag im Sinne der von ihr aufgestellten Kriterien erachtet. So ginge es dem Gesamtbetriebsrat bei den vorgeschlagenen Arbeitsgruppen um eine Fortsetzung der Informationsphase, während die Arbeitgeberin angestrebt habe, zeitnah in die Beratungen und Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan einzusteigen. Es sei von der Arbeitgeberin nicht zu verlangen, gegenüber dem Gesamtbetriebsrat nochmals ausdrücklich das endgültige Scheitern der gemeinsamen Gespräche zu erklären und ihn nochmals aufzufordern, zur Anrufung der Einigungsstelle beizutragen. Ein solches Erfordernis würde dem Sinn und Zweck des gerichtlichen Bestellungsverfahrens nach § 100 ArbGG zuwiderlaufen, den Betriebsparteien im Konfliktfall möglichst zügig und ohne weitere Verzögerung durch eine der Betriebsparteien eine Einigungsstelle zur Seite zu stellen, wenn eine der Betriebsparteien aufgrund des bisherigen Verhaltens der anderen Partei die weitere Führung von Verhandlungen für aussichtslos hielte. Ein Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses ergebe sich auch nicht daraus, dass die Arbeitgeberin den Gesamtbetriebsrat nicht hinreichend über die geplante Maßnahme unterrichtet habe. Die Arbeitgeberin habe Regelungsgegenstand der Einigungsstelle auf Restrukturierungsmaßnahmen bis 31.12.2021 beschränkt und darüber informiert und zu verhandeln versucht. Weitere Verhandlungswünsche oder Informationsansprüche des Gesamtbetriebsrats stünden der Bildung einer Einigungsstelle dann nicht entgegen. Das Einigungsstellenverfahren diene gerade auch dazu, eine aufgrund von Streitigkeiten über formelle Fragen wie den Umfang von Informationsansprüchen festgefahrene Zusammenarbeit der Betriebspartner mit Hilfe eines unparteiischen Vorsitzenden zügig wieder in Gang zu bringen. Soweit der Gesamtbetriebsrat weiter darauf abstelle, dass sich die Unterrichtungspflicht nach § 111 BetrVG auf den gesamten 3-Jahres-Zeitraum erstrecke, handele es sich dabei um eine Frage der Begründetheit des Antrags.
Der Antrag sei auch begründet. Die von der Arbeitgeberin begehrte Einigungsstelle sei einzurichten, da sie nicht offensichtlich unzuständig sei, § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle folge nicht daraus, dass sich die seitens der Arbeitgeberin geplante Betriebsänderung nicht nur auf den Regelungsgegenstand der Einigungsstelle in Gestalt der geplanten Restrukturierungsmaßnahmen bis Ende 2021, sondern auf das gesamte 3-Jahres-Restrukturierungsprogramm erstrecke. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach §§ 111 ff. BetrVG sei die Planungsentscheidung des Arbeitgebers. Auch ein stufenweiser Personalabbau könne eine Betriebsänderung darstellen. Auch sei der Gesamtbetriebsrat für die Verhandlung eines Sozialplans offensichtlich unzuständig. Hinsichtlich des Interessenausgleichs nehme auch der Gesamtbetriebsrat seine originäre Zuständigkeit an. Unstreitig bestehe zwar kein einheitliches Sanierungsbudget. Es sei aber zumindest nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass die Durchführung des Interessenausgleichs abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen in dem noch abzuschließenden Sozialplan sei. Die von der Arbeitgeberin vorgeschlagenen Restrukturierungsmaßnahmen beträfen nicht nur einen Standort oder einzelne Standorte unabhängig voneinander, sondern erfassten sämtliche Standorte der Arbeitgeberin in Deutschland. Aus dem Entwurf des Interessenausgleichs ergebe sich zudem, dass u. a. standortübergreifende Versetzungen bzw. entsprechende Änderungskündigungen an die Standorte A-Stadt und V sowie ein Übergang in eine Transfergesellschaft mit einheitlicher Leitung geplant sei. In den künftigen Arbeitsorganisationen würden daher Arbeitnehmer aus verschiedenen bisherigen Standorten beschäftigt sein.
Die Einigungsstelle sei schließlich unter dem Vorsitz von Herrn U mit drei Beisitzern je Seite einzurichten. Der Gesamtbetriebsrat habe keine maßgeblichen Umstände vorgetragen, die gegen seine Bestellung zum Einigungsstellenvorsitzenden sprächen. Es erscheine nicht zwingend erforderlich, dass die geplanten Restrukturierungsmaßnahmen von einem Vorsitzenden beurteilt würden, der die Arbeitgeberin bereits näher kenne. Einem erfahrenen Richter a.D. wie Herrn U sei es durchaus möglich, sich in kürzester Zeit in die Gegebenheiten der Arbeitgeberin und die geplante Restrukturierungsmaßnahme einzuarbeiten. Es sei unklar, wann die vom Gesamtbetriebsrat vorgeschlagenen Vorsitzenden Fr. T zeitlich zur Verfügung stehe. Die Anzahl der Beisitzer der einzusetzenden Einigungsstelle sei auf drei festzusetzen. Nach ganz überwiegender Auffassung sei eine Bestellung von zwei Beisitzern pro Seite im Regelfall angemessen, weil sie einerseits die Präsenz sowohl betriebsexternen juristischen als auch betriebsinternen Sachverstands in der Einigungsstelle gewährleiste und andererseits eine Verkomplizierung der Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse in der Einigungsstelle sowie unverhältnismäßige Kosten durch die Heranziehung mehrerer externer Beisitzer vermeide. Vorliegend erscheine eine Erhöhung der Anzahl auf drei pro Seite angesichts der Komplexität der Verhandlungen bezüglich Interessenausgleich und Sozialplan als angemessen, aber auch ausreichend. Auch wenn von den Maßnahmen letztlich alle fünf Standorte der Arbeitgeberin betroffen seien, sei es für einen hinreichenden betriebsinternen Sachverstand nicht zwingend erforderlich, dass auch jeder Standort mit einem eigenen Vertreter an der Einigungsstelle teilnehme.
Gegen den seinem Verfahrensbevollmächtigten am 08.01.2021 zugestellten Beschluss hat der Gesamtbetriebsrat am 22.01.2021 Beschwerde beim Landesarbeitsgericht eingelegt und begründet.
Der Antrag auf Einsetzung der Einigungsstelle sei unzulässig. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse liege nicht vor. Für dessen Beurteilung gelte nicht der eingeschränkte Prüfungsmaßstab nach § 100 ArbGG. Der Gesamtbetriebsrat sei über die geplante Betriebsänderung in Gestalt des „3-Jahres-Restrukturierungsprogramms“ nicht unterrichtet worden und damit noch nicht in der Lage, sein Verhandlungsmandat nach §§ 111 ff. BetrVG auszuüben. Die Arbeitgeberin habe zum Ausdruck gebracht, „zu Jahr 2 und 3 nicht informieren zu wollen.“ Hierzu wäre sie aber verpflichtet gewesen, weil die geplante Maßnahme („3- Jahres-Restrukturierungsprogramm“) auf einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung beruhe. Die bisherigen Informationen belegten konkrete Planungen der Arbeitgeberin für den 3-Jahreszeitraum (vgl. hierzu im Einzelnen die Aufstellung auf S. 5 f. der Beschwerdeschrift). Der Gesamtbetriebsrat könne sich die erforderlichen Informationen nicht mit Hilfe eines Zwischenbeschlusses der Einigungsstelle verschaffen. Wenn die Einigungsstelle nur zu einer Betriebsänderung im Jahr 1 eingesetzt werde, könne die Arbeitgeberin in der Einigungsstelle nicht wirksam zu einer weitergehenden Unterrichtung und Beratung angehalten werden. Mangels ausreichender Information liege keine Verhandlungsverweigerung durch ihn vor. Der Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses stehe zudem entgegen, dass von einem ernsthaften Verhandlungsversuch bzw. von einem Scheitern der Verhandlungen im vorliegenden Falle nicht ausgegangen werden könne. Auch diese Feststellung unterliege einem uneingeschränkten Prüfungsmaßstab. Der kooperative Vorschlag des Gesamtbetriebsrats durch die E-Mails vom 08.12.2020 und 10.12.2020 sei ausweislich der E-Mail der Arbeitgeberin vom 11.12.2020 nicht etwa abgelehnt oder als aussichtslos bewertet worden, sondern sei von ihr als „gut denkbar“ und als „großartige Chance, insbesondere wegen der vielen vorgeschlagenen Termine“ aufgegriffen worden. Die Anzahl der Termine und die enge Taktung der noch in 2020 vorgeschlagenen Termine zeige, dass der Gesamtbetriebsrat das von der Arbeitgeberin einseitig angestrebte Verhandlungsziel 31.01.2021 im Blick gehabt hätte. Ob dieses Verhandlungsziel erreichbar und realistisch gewesen sei, hätte der Gesamtbetriebsrat zu dem damaligen Zeitpunkt nicht beurteilen können. Durch die vorzeitige Einreichung des Antrags auf gerichtliche Einrichtung der Einigungsstelle sei dem Gesamtbetriebsrat jede Möglichkeit genommen worden, auf das Ansinnen der Arbeitgeberin angemessen zu reagieren und dies im Gremium zu beraten, insbesondere mit Blick auf die mögliche Alternative nach § 112 Abs. 2 BetrVG.
Der Regelungsgegenstand der Einigungsstelle sei unzutreffend bestimmt worden. Es hätte zumindest die Planlaufzeit bis 31.03.2023 tenoriert werden müssen. Die Klärung dieser Frage sei nicht der Einigungsstelle selbst zu überlassen, weil sie an die vorgegebene Regelungsthematik gebunden sei und den Regelungsgegenstand nicht erweitern könne. Darüber hinaus sei der Antrag unbegründet. Der Gesamtbetriebsrat sei offensichtlich unzuständig für den Sozialplan. Die Arbeitgeberin habe nicht dargelegt, dass im Streitfall der Abschluss von Sozialplänen mit den jeweils örtlichen Betriebsräten objektiv oder subjektiv unmöglich gewesen wäre. Insbesondere habe die Arbeitgeberin nicht vorgetragen, dass die Betriebsänderung von einer überbetrieblichen Kompensationsregelung zwingend abhängig sei.
Als Einigungsstellenvorsitzende sei Frau T. zu bestellen. Zwischen mehreren vorgeschlagenen Personen als Einigungsstellenvorsitzende sei eine sach- und ermessensgerechte Auswahl zu treffen, bei der maßgeblich sei, ob die vorgeschlagene Person nur das Vertrauen einer oder beider Seiten genieße und ob sie bereits mit den betrieblichen Verhältnissen vertraut sei. Frau Dr. T. habe den Vorsitz einer Einigungsstelle bei der Arbeitgeberin betreffend einer größeren Reorganisation Ende 2019 innegehabt. Diese Reorganisation sei die Vorstufe zu dem aktuell nun geplanten 3-Jahres-Restrukturierungsprogramm gewesen. Demgegenüber genieße der vorgeschlagene Herr U. nicht das Vertrauen des Gesamtbetriebsrats. Er sei nicht mit den betrieblichen Verhältnissen bei der Arbeitgeberin vertraut. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine sehr komplexe und umfangreiche Reorganisation mit einem Personalabbau von nahezu der Hälfte der Beschäftigten in Deutschland handele. Herr U. gelte in Fachkreisen als „deutlich arbeitgebernah“. Die gegebenen Umstände sprächen für die Besetzung einer Einigungsstelle mit jeweils sechs Beisitzern. Die geplanten Maßnahmen beträfen alle fünf Standorte in sehr unterschiedlicher Form. Es werde daher als zwingend erforderlich angesehen, dass zumindest jeder Betrieb mit einem Vertreter in der Einigungsstelle repräsentiert werde. Dies sei bei jeder Reorganisation bei der Arbeitgeberin bislang auch üblich gewesen, zuletzt Ende 2019. Der sechste Beisitzer wäre der Verfahrensbevollmächtigte des Gesamtbetriebsrats. Eine solche Besetzung verhindere Unterbrechungen und Verzögerungen, die andernfalls entstünden, wenn lokale Gremien durch den Gesamtbetriebsrat zu informieren und einzubeziehen seien.
Der Gesamtbetriebsrat beantragt,
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 08.01.2021 – Az. 31 BV 368/20 wird abgeändert und der Antrag wird abgewiesen, hilfsweise wird der Antrag zurückgewiesen.
Wiederum hilfsweise für den Fall, dass das Beschwerdegericht den Antrag als zulässig ansehen und das Rechtsschutzbedürfnis bejahen sollte, wird beantragt,
2. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 08.01.2021 – Az. 31 BV 368/20 wird abgeändert wie folgt:
„a.) Zur Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit der Regelungsthematik „Ver handlung über einen Interessenausgleich zum deutschlandweiten 3-Jahres-Restrukturierungsprogramm bezogen auf den Zeitraum 01.03.2020 bis 31.03.2023 (Personalabbau, Schließung der Bürostandorte Y., X. und R., Beendigung aller Home Office/Home Base Verträge)“ wird Frau T. bestellt.“
b.) Die Anzahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf sechs festgesetzt.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Antrag sei zulässig. Das im Rahmen des Vorliegens eines Rechtsschutzbedürfnisses zu prüfende Scheitern der Verhandlungen bzw. der Verhandlungsunwilligkeit des Gesamtbetriebsrats sei nach dem Offensichtlichkeitsmaßstab zu prüfen, weil das gerichtliche Einsetzungsverfahren nach § 100 ArbGG beschleunigt vorzunehmen sei. Es genüge, wenn ein von beiden Seiten erkannter Regelungsgegenstand nach der subjektiven Einschätzung einer Seite nicht ohne Hilfe der Einigungsstelle einer möglichst einvernehmlichen Lösung zugeführt werden könne. Der Gesamtbetriebsrat sei offensichtlich verhandlungsunwillig gewesen. Er sei bis heute nicht bereit, mit der Arbeitgeberin inhaltliche Gespräche über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu führen. Das gerichtliche Einsetzungsverfahren sei für den Gesamtbetriebsrat nicht überraschend und ohne konkrete Ankündigung eingeleitet worden. Sowohl im Informationstermin vom 04.12.2020 als auch in den E-Mails der Arbeitgeberin vom 04.12.2020 sei der Gesamtbetriebsrat darauf hingewiesen worden, dass der Antrag zur gerichtlichen Einsetzung einer Einigungsstelle davon abhängig gemacht werde, ob der Gesamtbetriebsrat der Arbeitgeberin einen konstruktiven Vorschlag zum weiteren Fortlauf der Verhandlungen unterbreite. Ein solcher Vorschlag sei nicht erfolgt. Auch in der E-Mail der Arbeitgeberin vom 11.12.2020 sei der Gesamtbetriebsrat auf die fehlende Konformität seines Vorschlages mit den Vorgaben der Arbeitgeberin hingewiesen worden. Die E-Mail enthalte darüber hinaus den Hinweis, dass die Arbeitgeberin aufgrund dessen nunmehr davon ausgehen müsse, dass der Gesamtbetriebsrat nicht mehr an Verhandlungen interessiert sei.
Die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig i. S. d. § 100 ArbGG. Die Arbeitgeberin habe ihre Unterrichtungspflicht nach § 111 BetrVG in Bezug auf die vom 31.03.2021 und 31.12.2021 geplanten Maßnahmen durch die Zurverfügungstellung von detaillierten und umfassenden Dokumenten, Informationen in den gemeinsamen Terminen und den zur Verfügung gestellten Audiodateien, aus denen sich alle relevanten Aspekte der Restrukturierungsmaßnahmen ergäben, erfüllt. Es bestehe kein Unterrichtungsanspruch über etwaige, über den 31.12.2021 hinausgehende Personalmaßnahmen. Derzeit sei nur die Restrukturierungsmaßnahme bis 31.12.2021 von der unternehmerischen Konzeption der Arbeitgeberin umfasst. Es bestünden darüber hinaus keine hinreichenden Planungen für die Geschäftsjahre 2021/2022 und 2022/2023. Die Tatsache, dass es voraussichtlich in Umsetzung der globalen Konzeption in Zukunft zu weiteren Maßnahmen kommen könne, ändere daran nichts. Auch sei der Regelungsgegenstand für die Einigungsstelle deshalb zutreffend auf die Umsetzung der Maßnahme in dem Zeitraum bis zum 31.12.2021 festgesetzt worden. Hierdurch werde der Gesamtbetriebsrat auch nicht rechtschutzlos gestellt. Zudem sei der Gesamtbetriebsrat neben den Verhandlungen über den Interessenausgleich auch für die Verhandlungen über den Sozialplan zuständig. Es bestehe ein zwingendes Bedürfnis nach einer betriebs- bzw. standortübergreifenden unternehmenseinheitlichen Regelung. Es sei ein einheitliches Sozialkonzept mit einheitlichen Kompensationsregelungen für sämtliche betroffene Arbeitnehmer erforderlich, weil die geplanten Regelungen des Interessenausgleichs Auswirkungen auf sämtliche Standorte der Arbeitgeberin durch standortübergreifende Versetzungen bzw. entsprechende Änderungskündigungen sowie den Übergang in eine Transfergesellschaft mit einheitlicher Leitung zur Folge haben werden. Dadurch entstünden für die betroffenen Arbeitnehmer evtl. Nachteile in Form von z. B. zusätzlichen Wegezeiten oder Umzugskosten, die nur unternehmenseinheitlich ausgeglichen werden könnten. Darüber hinaus liege ein Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne vor, weshalb für den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen eine deutschlandweite Sozialauswahl stattfinden müsse. Auch vor diesem Hintergrund seien Kompensationsregelungen zwingend unternehmenseinheitlich zu vereinbaren. Auf der Grundlage der Planungsentscheidung werde erkennbar, dass vorliegend nur der Gesamtbetriebsrat in der Lage sei, den Sozialplan zu vereinbaren. Jedenfalls liege mit Blick auf die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Sozialplan keine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle i. S. v. § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG dar. Der Gesamtbetriebsrat habe hinsichtlich der am 01.03.2021 unterzeichneten Betriebsvereinbarung über ein Freiwilligenprogramm zu keinem Zeitpunkt an seiner originären Zuständigkeit Zweifel erhoben.
Hinsichtlich der Person des Einigungsstellenvorsitzenden liege kein Ermessensfehler vor. Der vorgeschlagene Einigungsstellenvorsitzende Herr U. verfüge über die notwendige Unparteilichkeit und fachliche Eignung für den Einigungsstellenvorsitz. Zweifel an seiner fachlichen Eignung habe der Gesamtbetriebsrat nicht konkret vorgetragen. Der Abschluss der Betriebsvereinbarung über ein Freiwilligenprogramm unter Mediation der Richterin am Arbeitsgericht S., Frau Dr. R., habe gezeigt, dass sich diese innerhalb kürzester Zeit in die Situation bei der Arbeitgeberin hätte einarbeiten können. Das Vorbringen des Gesamtbetriebsrats, ihm fehle das nötige Vertrauen in Herrn U als unparteilichen Vorsitzenden, sei unsubstantiiert und bedürfe diesbezüglich konkreter Erläuterungen des Gesamtbetriebsrats. Die Anzahl von drei Beisitzern für jede Seite sei im Fall der Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan erforderlich, aber auch ausreichend. Für ein Abweichen von der Regelbesetzung der Einigungsstelle mit zwei Beisitzern je Seite sei zu verlangen, dass diese besondere Situation durch „nachprüfbare Tatsachen“ belegt werde. Hieran fehle es. Jedenfalls genüge es nicht, dass in der Vergangenheit bei der Arbeitgeberin Einigungsstellen bereits mit mehr als drei Beisitzern besetzt gewesen seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Schriftsatz des Gesamtbetriebsrats vom 22.01.2021 (Bl. 1215 – 1255 d. A.), den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 12.03.2021 (Bl. 1271 – 1379 d. A.), die am 16.03.2021 eingegangene Anlage BB73 (Bl. 1320 d. A.) sowie auf das Protokoll des Anhörungstermins vom 18.03.2021 Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die gemäß § 100 Abs. 2 Satz 1 ArbGG statthafte Beschwerde ist form- und fristgerecht gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 ArbGG eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Der Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle ist zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis der Arbeitgeberin für den Antrag nach § 100 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 76 Abs. 2 BetrVG liegt vor.
aa) Für die Bildung einer Einigungsstelle fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzinteresse, wenn die Betriebsparteien in einer beteiligungspflichtigen Angelegenheit nicht den nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG vorgesehenen Versuch einer gütlichen Einigung unternommen, sondern sofort die Einigungsstelle angerufen haben. Ein Rechtsschutzinteresse besteht deshalb nur, wenn der Antragsteller geltend macht, dass entweder die Gegenseite Verhandlungen über das Regelungsverlangen ausdrücklich oder konkludent verweigert hat oder mit Verständigungswillen geführte Verhandlungen gescheitert sind (BAG v. 18.03.2015 – 7 ABR 4/13 – Rn. 17 m. w. Nachw. aus der Literatur; LAG B-Stadt v. 16.07.2019 – 3 TaBV 36/19 m. w. N.).
Ob die Gegenseite Verhandlungen verweigert oder mit Verständigungswillen geführte Verhandlungen gescheitert sind, bleibt der subjektiven Einschätzung jedes Betriebspartners überlassen, die nicht offensichtlich unbegründet sein darf (vgl. Kliemt in Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, Anhang „Das Einigungsstellenverfahren“, Rn. 46a m. w. N. zur Rechtsprechung; Koch in Schaub, ARHdb, 18. Aufl. 2019, § 232 Rn. 17a; Spirolke in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, Gesamtes Arbeitsrecht, 1. Aufl. 2016, § 109 BetrVG Rn. 3; Reinhard in MüHdbAR, Bd. 3: Kollektives Arbeitsrecht I, 4. Aufl. 2019, § 308 Rn. 35; ebenso Tschöpe, NZA 2004, 945, 946, auf den sich der Gesamtbetriebsrat fälschlicherweise erstinstanzlich bezieht). Anderenfalls würde der in § 100 ArbGG zugrundeliegende Beschleunigungszweck konterkariert werden, nach dem beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit möglichst rasch eine formal funktionsfähige Einigungsstelle zur Verfügung gestellt werden soll (vgl. GMP/Schlewing, 9. Aufl. 2017, ArbGG § 100 Rn. 16). Zudem hätte es die verhandlungsunwillige Partei durch geschicktes Taktieren in der Hand, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren (vgl. Kliemt, a.a.O.).
bb) Nach Maßgabe dieser Grundsätze fehlt es hier nicht am Rechtschutzbedürfnis für den Antrag der Arbeitgeberin.
(1) Die Arbeitgeberin hat einen ausreichenden Versuch zu einer Verhandlungslösung unternommen. Sie hat dem Gesamtbetriebsrat bereits am 09./12.11.2020 die Entwürfe eines Interessenausgleichs, eines Sozialplans, einer freiwilligen Betriebsvereinbarung über ein Freiwilligenprogramm und einer Gesamtbetriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten (smart working) zugeleitet und damit Vorschläge für die Beilegung der Meinungsverschiedenheiten unterbreitet, § 74 Abs. 1 Satz 3 BetrVG. Des Weiteren hat sie dem Gesamtbetriebsrat für das Jahr 1 des Restrukturierungsprogramms unstreitig weitere, umfängliche Informationen zur Verfügung gestellt. Der Gesamtbetriebsrat behauptet nicht, dass die Arbeitgeberin ihn insoweit nicht ausreichend unterrichtet hat. Zudem können Informationsdefizite im Einigungsstellenverfahren ausgeglichen werden (vgl. LAG Rheinlandpfalz, B. v. 12.06.2018 – 8 TaBV 6/18 – Rn. 30).
Zu weiteren Informationen, insbesondere über die Jahre 2 und 3 des Restrukturierungsplans, war die Arbeitgeberin nicht verpflichtet. Durch ihren Antrag (§ 81 Abs. 1 i. V. m. § 100 Abs. 1 S. 2 und 3 ArbGG) hat die Arbeitgeberin den Regelungsgegenstand der einzurichtenden Einigungsstelle vorgegeben, der für das Bestellungsverfahren verbindlich ist (vgl. LAG Hessen, B. v. 27.10.2015 – 4 TaB 177/15 – Rn. 22; LAG Sachsen, B. v. 12.10.2001 – 3 TaBV 22/01 – unter Ziff. 5 der Gründe; Wenning-Morgenthaler, Die Einigungsstelle, 8. Aufl. 2019, Rn. 57 und 63; Meyer, Festlegung des Regelungsgegenstandes für eine Einigungsstelle im Bestellungsverfahren, RdA 2018, 175, 178). Gegenstand der auf Antrag der Arbeitgeberin einzurichtenden Einigungsstelle ist die Regelungsthematik „Verhandlungen über einen Interessenausgleich und den Abschluss eines Sozialplans zum deutschlandweiten Personalabbauprogramm zum 31. März 2021, zur Schließung der Bürostandorte Y., X. und W. sowie zum deutschlandweiten Abbau aller Home-Office- und Home-Base-Verträge und die Einführung von Smart-Working bis zum 31. Dezember 2021“ und nicht Jahr 2 und 3 des Restrukturierungsplans. Der Gesamtbetriebsrat wird hierdurch auch nicht in seinen Beteiligungsrechten nach §§ 111 BetrVG nachteilig betroffen. Ihm steht es frei, selbst einen Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle mit dem weitergehenden Regelungsstand zu stellen (vgl. Wenning-Morgenthaler, Die Einigungsstelle, 8. Aufl. 2019, Rn. 63 mit Ausführungen zum Problem der Teilidentität der Anträge). Darüber hinaus kann der Gesamtbetriebsrat einen Informations- und Unterrichtungsanspruch nach § 111 S. 1 BetrVG bzgl. etwaiger Maßnahmen der Jahre 2 und 3 neben der Durchführung der Einigungsstelle weiterhin geltend machen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, B. v. 12.06.2018 – 8 TaBV 6/18 – Rn. 33).
(2) Auch durfte die Arbeitgeberin im Zeitpunkt der des Antragsstellung nach § 100 ArbGG aufgrund des bisherigen Verhaltens des Gesamtbetriebsrats annehmen, dass eine Konfliktlösung in angemessener Zeit nicht mehr erreichbar sein würde (in diesem Fall ein Rechtschutzbedürfnis bejahend auch LAG Hamm, B. v. 26.07.2004 – 10 TaBV 64/04 – Rn. 38). Sie hatte den Gesamtbetriebsrat im Informationstermin am 04.12.2020 mündlich und per E-Mail vom 04.12.2020, 17:02 Uhr schriftlich aufgefordert, verbindliche Beratungs- und Verhandlungstermine bis 31.01.2021 mitzuteilen. Das dabei von ihr kommunizierte Ziel war, die Verhandlungen bis spätestens 31.01.2021 abzuschließen und die entsprechenden Vereinbarungen bis dahin zu unterzeichnen, um die betriebsändernden Maßnahmen ab spätestens 31.01.2021 umzusetzen. Mit E-Mail vom 04.12.2020, 20:18 Uhr verlieh sie ihrer Forderung dadurch Nachdruck, dass sie alternativ für den Fall, dass der Gesamtbetriebsrat entweder keinen kooperativen Vorschlag mache oder die Einigungsstelle vorziehe, die Einrichtung einer Einigungsstelle „vorschlug“, wobei sie den Gesamtbetriebsrat um Rückäußerung bis zum 09.12.2020 bat. Gleichwohl teilte der Gesamtbetriebsrat mit E-Mail vom 08.12.2020 lediglich mit, Arbeitsgruppen zur Klärung der noch offenen Fragen und der fehlenden Informationen bilden zu wollen. Trotz erneuten Hinweises der Arbeitgeberin, dass Termine erbeten würden, die eine erfolgreiche Verhandlung der anstehenden Maßnahmen bis 31.01.2021 ermöglichten, unterbreitete der Gesamtbetriebsrat mit E-Mail vom 10.12.2020 nur konkrete Terminvorschläge für die einzelnen Arbeitsgruppen vom 15.12. bis 29.12.2020. Es sei „Ziel dieses Vorschlags …, die Informationsphase möglichst bald zum Abschluss zu bringen“. Der Abschluss der Informationsphase blieb allerdings abhängig von den zuerteilenden Auskünften; Vorschläge für Verhandlungstermine wurden nicht genannt. Zu Recht hat das Arbeitsgericht deshalb festgehalten, dass Anfang Dezember 2020 der Dissens der Betriebsparteien darin bestand, dass die Arbeitgeberin erklärtermaßen anstrebte, die Beratungen und Verhandlungen über Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Ziel einer Einigung bis zum 31.01.2021 zu beginnen, während der Betriebsrat die Informationsphase als nicht abgeschlossen ansah und damit die gewünschten Verhandlungen konkludent ablehnte.
(3) Ein Rechtsschutzbedürfnis ist schließlich nicht aufgrund eines widersprüchlichen Verhaltens der Arbeitgeberin zu verneinen.
Die Annahme der Arbeitgeberin, der Gesamtbetriebsrat habe Verhandlungen konkludent verweigert bzw. ihre Durchführung sei gescheitert, wird durch ihre Äußerungen in der EMail vom 11.12.2020 nicht in Frage gestellt. Es liegt kein widersprüchliches Verhalten der Arbeitgeberin vor. Trotz der höflichen und positiven Bewertungen des Vorschlags des Gesamtbetriebsrats vom 08./10.12.2020, Arbeitsgruppen zu bilden und hierfür Informationstermine bis Ende 2020 zu nennen, stellte die Arbeitgeberin in ihrer E-Mail vom 11.12.2020 fest, dass der verabredete Plan für Gespräche und insbesondere für Verhandlungen über die Maßnahme nicht gemacht worden sei, weder ein Terminplan noch ein inhaltlicher Plan vorgelegt worden sei und auch nicht irgendein Angebot für Verhandlungen der Maßnahme erfolgt sei. Sie hielt deshalb „zusammenfassend“ ausdrücklich fest, dass sie „leider davon ausgehen (müsse), dass der Gesamtbetriebsrat nicht verhandeln möchte.“ Der Gesamtbetriebsrat wusste daher um die Einschätzung der Arbeitgeberin und musste wegen der seit 04.12.2020 klargestellten Alternativen mit dem gerichtlichen Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle rechnen. Allein aus der Bereitschaft der Arbeitgeberin, sich auszutauschen, dies als „großartige Chance“ zu betrachten und sich auf ein Telefonat auf nächsten Arbeitstag zu freuen, durfte der Gesamtbetriebsrat nicht schließen, die Arbeitgeberin würde auf die Einrichtung einer Einigungsstelle, die sie mehrfach verlangt hatte, verzichten. Es blieb dem Gesamtbetriebsrat nach Zugang der E-Mail am 11.12.2020 im Übrigen unbenommen, über eine angemessene Reaktion im Gremium, insbesondere über das nach § 112 Abs. 2 BetrVG mögliche Ersuchen des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung vor Einsetzung der Einigungsstelle zu beraten. Der Antrag nach § 100 ArbGG wurde ihm erst am 21.12.2020 zugestellt.
b) Der Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle ist begründet. Die Einigungsstelle ist gem. § 76 Abs. 2 S. 2 BetrVG zu bestellen, da sie jedenfalls nicht offensichtlich unzuständig ist, § 100 Abs. 1 S. 2 ArbGG.
aa) Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 ArbGG kann ein Antrag auf Einrichtung einer Einigungsstelle wegen fehlender Zuständigkeit nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Eine offensichtliche Unzuständigkeit der Einigungsstelle ist dann anzunehmen, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsrechts subsumieren lässt (statt vieler Schlewing in Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 100 ArbGG Rn. 9 m. w. N.). Nur eine solch weitgehende Einschränkung der Zuständigkeitsprüfung, die das Bestellungsverfahren nicht mit der zeitraubenden Lösung schwieriger rechtlicher Probleme belastet, gewährleistet, dass eine formal funktionsfähige Einigungsstelle schnell gebildet wird (vgl. BAG, B. v. 24.11.1981 – 1 ABR 42/79 – unter B. 1. der Gründe zur Vorgängerregelung). Sinn der Regelung des § 100 Abs. 2 Satz 2 ArbGG ist es, in Zweifelsfällen der Einigungsstelle die Prüfung ihrer Zuständigkeit zu überlassen und so eine beschleunigte Durchführung des Einigungsstellenverfahrens zu ermöglichen (vgl. ErfK/Koch, § 100 ArbGG Rn. 3).
Nicht offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, ob dem (Gesamt-)Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zusteht und es an einer Klärung des BAG fehlt (so ErfK/Koch, aaO.).
bb) Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes erweist sich die Einigungsstelle im vorliegenden Fall nicht als offensichtlich unzuständig.
(1) Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Gesamtbetriebsrat zuständig für die Be handlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können.
Nach der Rechtsprechung des BAG obliegt die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte bei Betriebsänderungen (§§ 111 ff. BetrVG) nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und notwendigerweise nur einheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden können. Jedoch folgt aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss des Interessenausgleichs nicht ohne Weiteres auch eine Zuständigkeit auch für den Abschluss eines Sozialplans. Vielmehr ist gesondert zu prüfen, ob der Ausgleich oder die Abbildung der durch die Betriebsänderung entstehenden Nachteile zwingend unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden muss (vgl. BAG, B. v. 03.05.2006 – 1 ABR 15/05 – Rn. 25 ff. m. w. N.). Nur wenn die im Interessenausgleich vereinbarten Betriebsänderungen mehrere Betriebe erfassen und die Durchführung des Interessenausgleichs abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregeln in dem noch abzuschließenden Sozialplan ist, soll diese Aufgabe dem Gesamtbetriebsrat zugewiesen sein (vgl. BAG, B. v. 23.10.2002 – 7 ABR 55/01 – unter II. 2. b) aa) der Gründe). Dies ist der Fall, wenn die Umsetzung der unternehmerischen Maßnahmen betriebsübergreifende Versetzungen zur Folge hat (vgl. BAG, B. v. 23.10.2002 – 7 ABR 55/01 – unter II. 2. b) bb) der Gründe). Dadurch entstehen für die betroffenen Arbeitnehmer Nachteile in Form von zusätzlichen Wegezeiten, Fahrtkosten, Umzugskosten, Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung etc., die nur unternehmenseinheitlich ausgeglichen werden können.
Danach ist im vorliegenden Fall der Gesamtbetriebsrat nicht offensichtlich unzuständig. Hinsichtlich des Interessenausgleichs ist die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats zwischen den Betriebsparteien unstreitig. Aber auch hinsichtlich des abzuschließenden Sozialplans ist unter Zugrundelegung der bisher ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass der Gesamtbetriebsrat zuständig ist. In der landesarbeitsgerichtlichen Rechtsprechung wird jedenfalls die Auffassung vertreten, dass der Abschluss eines Sozialplanes Aufgabe des Gesamtbetriebsrats ist, wenn die Durchführung des Interessenausgleichs im Hinblick auf betriebsübergreifende Versetzungen sowie die Einrichtung einer Transfergesellschaft unter einheitlicher Leitung abhängig von betriebsübergreifend einheitlichen Kompensationsregelungen war (vgl. LAG Hessen, Beschluss vom 14.05.2012 – 16 TaBV 197/11 – Rn. 39; LAG B-Stadt, Beschluss vom 19.10.2011 – 7 TaBV 52/11 – unter II. der Gründe). Soweit der Gesamtbetriebsrat im hiesigen Verfahren im Anschluss an die Entscheidung des BAG vom 03.05.2006 – 1 ABR 15/05 – eine abweichende Auffassung vertritt, liegt eine streitige Rechtsfrage vor, die nicht im Bestellungsverfahren zu klären ist. Dies obliegt vielmehr der Einigungsstelle selbst und den Arbeitsgerichten in einem Beschlussverfahren über die Rechtmäßigkeit eines Spruchs der Einigungsstelle. Die Einigungsstelle ist nur dann nicht zu bestellen, wenn an ihrer Unzuständigkeit keine ernsthaften rechtlichen Zweifel möglich sind. Dies behauptet jedoch nicht einmal der Gesamtbetriebsrat in Bezug auf die Verhandlung und Vereinbarung eines Sozialplans. Die Regeln zum mobilen Arbeiten beziehen sich der Sache nach bereits auf mehrere Betriebe und sind betriebsübergreifend zu gestalten. Insoweit hat der Gesamtbetriebsrat auch keine Bedenken nach § 50 Abs. 1 BetrVG erhoben.
(2) Schließlich ist die Einigungsstelle nicht deshalb offensichtlich unzuständig, weil sich die seitens der Arbeitgeberin geplante Restrukturierung auf Maßnahmen bis 2023 erstreckt, der Regelungsgegenstand der beantragten Einigungsstelle jedoch nur solche des Jahres 1 und mithin bis 31.03.2021 bzw. 31.12.2021 umfasst.
Zwischen den Betriebspartner ist unstreitig, dass bereits mit dem im Jahr 1 geplanten Personalabbau und den gleichfalls geplanten Standortschließungen eine Betriebsänderung i. S. v. § 111 BetrVG vorliegt, die die Beteiligungsrechte des (Gesamt-) Betriebsrats nach § 112 BetrVG auslöst. Streitig ist allein, ob die für 2021 geplanten und die für spätere Zeitpunkte mitgeteilten Entlassungen auf einer einheitlichen unternehmerischen Planung beruhen – so der Gesamtbetriebsrat – oder eine neue Planungsentscheidung – so die Arbeitgeberin – erfordern, weil die erste Entlassungswelle erst abgewartet werden soll. Da Anknüpfungspunkt für die Beteiligungsrechte des Betriebsrats die Planung der Arbeitgeberin ist (vgl. BAG, B. v. 28.03.2006 – 1 ABR 5/05 – Rn. 22), unterlägen im Fall der einheitlichen unternehmerischen Planung die bis 2023 vorgesehenen Maßnahmen der Mitbestimmung des (Gesamt-) Betriebsrats.
Diese zwischen den Beteiligten streitige Frage ist im Bestellungsverfahren nach § 100 ArbGG nicht zu klären. Die Tatsachenfeststellung ist im Verfahren der Bestellung einer Einigungsstelle auf eine Schlüssigkeitsprüfung beschränkt, in die der unstreitige Vortrag der Beteiligten einschließlich in ihrer Echtheit unstreitige Urkunden und die streitigen Tatsachenbehauptungen des Antragstellers einzubeziehen sind. Es besteht insbesondere kein Raum für die Durchführung einer Beweisaufnahme (vgl. LAG Hessen, B. v. 15.07.2008 – 4 TaBV 128/08 m. w. Nach.; Reinhard in MüHdbAR, Bd. 3: Kollektives Arbeitsrecht I. 4. Aufl. 2019, § 308 Rn. 39; Henssen in Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Arbeitsrecht, 4. Aufl. 2017, § 100 ArbGG Rn. 6; Fitting, BetrVG, 30. Aufl. 2020, § 76 BetrVG Rn. 35; Meyer, Festlegung des Regelungsgegenstandes für eine Einigungsstelle im Bestellungsverfahren, RdA 2018, 175, 180; a. A. Richardi BetrVG/Ricardi/Maschmann, 16. Aufl. 2018, BetrVG § 76 Rn. 65; Schlewing in Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 100 Rn. 20). Es würde dem mit § 100 ArbGG verfolgten Zweck, eine schnelle Bildung der Einigungsstelle zu erreichen, nicht entsprechen, eine langwierige, ggf. mit einer Beweisaufnahme verbundene Tatsachenfeststellung vorzunehmen. Die in § 100 ArbGG vorgegebenen Fristen für die Einlassung und Ladung sowie für die Zustellung des Beschlusses ermöglichen keine sachgerechte Vorbereitung und ordnungsgemäße Durchführung einer Beweisaufnahme (so bereits LAG Hessen, B. v. 15.07.2008 – 4 TaBV 128/08 – Rn. 21), wie insbesondere im vorliegenden Verfahren deutlich wird, das Vernehmungen von im Ausland befindlicher Zeugen erfordern würde.
c) Das Arbeitsgericht hat den Regelungsgegenstand zutreffend bestimmt.
Im Verfahren nach § 100 ArbGG bestimmt der Antragsteller den Gegenstand der Einigungsstelle. Dies folgt aus § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, der gemäß §§ 100 Abs. 1 S. 3, 80 Abs. 2, 46 Abs. 2 ArbGG auch für einen Antrag auf Bestellung einer Einigungsstelle gilt. Im Verfahren nach § 100 ArbGG wird nicht nur die Person des Vorsitzenden und erforderlichenfalls die Zahl der Beisitzer festgelegt, sondern auch der Kompetenzrahmen der Einigungsstelle bestimmt. Demensprechend muss der Antragsteller im Bestellungsverfahren zwar nicht den Inhalt der von ihm angestrebten Regelung darlegen, wohl aber hinreichend konkret angeben, über welchen Gegenstand in der Einigungsstelle verhandelt werden soll (vgl. LAG Schleswig-Holstein, B. v. 02.08.2016 – 1 TaBV 17/16 – Rn. 20; LAG Hessen, B. v. 27.10.2015 – 4 TaBV 177/15 – Rn. 22; BAG, B. v. 28.03.2017 – 1 ABR 25/15 – Rn. 11).
Auf der Grundlage des erstinstanzlich zuletzt gestellten Antrags hat das Arbeitsgericht den Regelungsgegenstand der Einigungsstelle zutreffend bestimmt. Strebt der andere Beteiligte die Bildung einer Einigungsstelle mit einem anderen Regelungsgegenstand an, steht es ihm frei, ein eigenes Bestellungsverfahren einzuleiten (vgl. LAG Hessen, B. v. 27.10.2015 – 4 TaBV 177/15 – Rn. 22; LAG Rheinlandpfalz, B. v. 08.01.2021 – 5 TaBV 16/20 – Rn. 24). Die Erweiterung des Regelungsgegenstandes „… zum deutschlandweiten DreiJahres-Restrukturierungsprogramm bezogen auf den Zeitraum … bis 31.03.2023 …“ widerspräche dem ebenfalls im Antragsverfahren nach § 100 ArbGG anzuwendenden § 308 Abs. 1 ZPO. Danach ist das Gericht nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist.
3. Die Beschwerde bleibt auch ohne Erfolg, soweit sie sich hilfsweise gegen die Person des Vorsitzenden wendet. Es kann offenbleiben, ob die diesbezügliche Entscheidung des Arbeitsgerichts lediglich auf Ermessensfehler zu überprüfen ist oder ob das Beschwerdegericht eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen hat (vgl. ErfK/Koch, 21. Aufl. 2021, § 100 ArbGG Rn. 7 einerseits und Schlewing in Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 9. Aufl. 2017, § 100 Rn. 41 jeweils m. w. N.). Nach beiden Maßstäben wäre der Direktor des Arbeitsgerichts Pforzheim a. D. Herr U. als Vorsitzender der streitgegenständlichen Einigungsstelle einzusetzen.
a) Gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist die oder der Vorsitzende der Einigungsstelle durch das Arbeitsgericht zu bestellen, wenn sich die Betriebsparteien nicht auf eine bestimmte Person einigen konnten. Dabei dürfen nach § 76 Abs. 2 Satz 1 BetrVG nur unparteiische Personen bestellt werden. Dies sind Personen, die von den Betriebsparteien unabhängig sind und auch sonst die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung bieten. Außerdem sollte die oder der Vorsitzende die für den konkreten Konflikt notwendige Sach- und Rechtskunde besitzen und in der Lage sein, die Betriebsparteien zu einer für beide Seiten tragfähigen Kompromisslösung zu führen (vgl. LAG Berlin-Brandenburg, B. v. 18.06.2015 – 21 TaBV 745/15 – Rn. 24 m. w. N.).
Da die Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung das diesbezügliche Vertrauen beider Betriebspartner voraussetzt, darf der vorgeschlagene Kandidat gerichtlicherseits nicht bestellt werden, wenn von einem der Beteiligten nachvollziehbare, stichhaltige Gründe für das Fehlen eines solchen Vertrauens vorgetragen werden (vgl. LAG Nürnberg, B. v. 02.07.2004 – 7 TaBV 19/04 – unter B. IV. 2 a) der Gründe).
b) Der Gesamtbetriebsrat hat auch in der Beschwerdeinstanz keine nachvollziehbaren Gründe genannt, warum der von der Arbeitgeberin vorgeschlagene Herr U. keine Gewähr für eine neutrale Verhandlungsführung und Entscheidungsfindung bietet. Der bloße Hinweis, Herr U. besitze nicht das Vertrauen des Gesamtbetriebsrats, reicht hierfür nicht aus. Auch der Hinweis, er werde in Fachkreisen als „deutlich arbeitgebernah“ eingestuft, stellt eine nicht überprüfbare Wertung ohne Darlegung von (stichhaltigen) Gründen dar. Der Umstand, dass die geplante Reorganisation einen Personalabbau von ca. 145 Vollzeitstellen zum 31.03.2021 bedingt, spricht als solches nicht gegen die Besetzung der Vorsitzendenstelle mit Herrn U. Im Übrigen sind über das Freiwilligenprogramm, über das sich die Betriebspartner inzwischen verständigt haben, bereits eine Vielzahl von Arbeitnehmer ausgeschieden. Dabei hat die Moderation durch eine andere Richterin als Frau T. anlässlich der Vereinbarung des Freiwilligenprogramms gezeigt, dass die Einarbeitung in die betrieblichen Verhältnisse schnell möglich ist.
Im Übrigen begründet der Gesamtbetriebsrat, warum Frau T. als geeignet anzusehen ist. Aus ihrer Qualifikation ist jedoch nicht auf die Nichtqualifikation des vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden zu schließen. Auch wenn ihr aus der vergangenen Einigungsstelle die betrieblichen Gegebenheiten im gewissen Umfang bekannt sind, spricht dies nicht gegen die Eignung des vorgeschlagenen Direktors des Arbeitsgerichts Pforzheim a.D. Herrn U. Im Übrigen ist nicht mitgeteilt worden, Frau T. terminlich absehbar zur Verfügung steht. Sind aber beide von den Beteiligten vorgeschlagene Kandidaten gleich geeignet und können sich die Beteiligten nicht auf dritte Person verständigen, ist im Beschwerdeverfahren demjenigen Kandidaten der Vorzug zu geben, den das Erstgericht bestimmt hat. Denn die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung stellt für den erstinstanzlich eingesetzten Einigungsstellenvorsitzenden eine stärkere Beeinträchtigung seines Ansehens dar, als die Nichtbestellung der bisher nicht berücksichtigten vorgeschlagenen Person (vgl. LAG Nürnberg, B. v. 02.07.2004 – 7 TaBV 19/04 – unter B. IV. 2 c) der Gründe).
4. Darüber hinaus war die Beschwerde unbegründet, soweit die Anzahl der Beisitzer der einzusetzenden Einigungsstelle pro Betriebspartei auf drei festgesetzt worden ist.
Nach ganz überwiegender Auffassung ist eine Bestellung von zwei Beisitzern pro Seite regelmäßig angemessen (vgl. LAG B-Stadt, B. v. 08.05.2018 – 4 TaBV 23/17 – Rn. 21 m.w.Nachw.; Künzl in Germelmann/Matthes/Prütting, 9. Aufl. Anhang I. „Einigungsstellenverfahren“ Rn. 67 f.; ErfK/Koch, 21. Aufl. 2021, § 100 ArbGG Rn. 6). Eine solche Besetzung gewährleistet, dass die Einigungsstelle mit einer – meist internen – die betrieblichen Gegebenheiten und die Sachfragen kennenden Person und mit einer – oft externen – rechtkundigen Person auf jeder Seite besetzt wird. Im Übrigen richtet sich die Anzahl der Beisitzer nach der Schwierigkeit und dem Umfang der Regelungsstreitigkeit sowie nach der Zumutbarkeit der mit einer höheren Anzahl von Beisitzern entstehenden Kosten (vgl. LAG Y, B. v. 13.01.1999 – 4 TaBV 9/98 unter II. 2. der Gründe).
Danach erweist sich die Anzahl von drei Beisitzern pro Seite angesichts der Komplexität der Verhandlungen bezüglich Interessenausgleich und Sozialplan als angemessen, aber auch als ausreichend. Über das Freiwilligenprogramm, über das sich die Betriebspartner inzwischen verständigt haben, sind bereits eine Vielzahl von Arbeitnehmer ausgeschieden, so dass die Regelungsgegenstände weniger komplex als zunächst erwartet ausfallen dürften. Sonstige objektive, an den Regelungsgegenständen des Interessenausgleichs und Sozialplans anknüpfende Gründe hat der Gesamtbetriebsrat konkret nicht vorgetragen. Der Umstand, dass von den Maßnahmen letztlich alle fünf Standorte der Arbeitgeberin betroffen sind, rechtfertigt es nicht, jeden Standort mit einem eigenen Vertreter an der Einigungsstelle teilnehmen zu lassen. Es ist anzunehmen, dass die durch den beabsichtigten Personalabbau betroffenen Interessen der Belegschaft auch durch zwei betriebsinterne Beisitzer vermittelt werden können. Ebenso stellt es kein Argument im Sinne der zu berücksichtigen Kriterien dar, dass es in den vergangenen Jahren üblich war, sechs Beisitzer je Seite für eine Einigungsstelle zu bestellen. Soweit der Gesamtbetriebsrat anführt, die Besetzung mit sechs Beisitzern ermögliche eine einfachere Information die Einigungsstelle durch nicht näher definierte lokale Gremien, ist als Nachteil zu benennen, dass die Effizienz und Arbeitsfähigkeit der Einigungsstelle unter einer zu hohen Anzahl von Beisitzern leiden könnte. So haben sich die Terminabsprachen der Beteiligten seit Herbst 2020 außergewöhnlich schwierig gestaltet. Etwaige Emotionen, wie sie das Bestellungsverfahren gezeigt hat, können sich bei einer höheren Anzahl von Beisitzern potenzieren.
5. Schließlich ist der hilfsweise gestellte Widerantrag des Betriebsrats nicht zulässig.
Aufgrund der nur entsprechenden Geltung der §§ 80 bis 84 ArbGG nach § 100 Abs. 1 S. 3 ArbGG sind die Besonderheiten des Bestellungsverfahrens zu berücksichtigen. Gegen die Zulassung eines Widerantrags spricht die besondere Beschleunigungsfunktion von § 100 ArbGG. Nach der Einlegung eines Widerantrags durch den in erster Instanz unterliegenden Beteiligten müsste dem Antragsteller nach § 87 Abs. 3 S. 2 ArbGG eine weitere Erwiderungsfrist gesetzt werden, wodurch sich entgegen der Konzeption von § 100 ArbGG Raum für Verzögerungsstrategien der die Bildung einer Einigungsstelle ablehnenden Stelle bieten würde (vgl. LAG Hessen, B. v. 27.10.2015 – 4 TaBV 177/15 Rn. 22; ebenso LAG RheinlandPfalz, B. v. 08.01.2021 – 5 TaBV 16/20 – Rn. 24). Darüber hinaus ist im Einigungsstellenbestellungsverfahren nur ein Beteiligter antragsbefugt. Strebt der andere Beteiligte die Bildung einer Einigungsstelle mit einem anderen Regelungsgegenstand an, muss er ein eigenes Bestellungsverfahren einleiten (vgl. LAG Hessen, B. v. 27.10.2015 – 4 TaBV 177/15 Rn. 22 unter Bezugnahme auf GK-ArbGG-Schleusener, November 2019, § 100 Rn. 6). Dementsprechend wird ein Widerantrag grundsätzlich als nicht zulässig angesehen (vgl. Wenning-Morgenthaler, Die Einigungsstelle, 8. Aufl. 2019, Rn. 63; Reinhard in MüHdbAR, Bd. 3: Kollektives Arbeitsrecht I. 4. Aufl. 2019, § 308 Rn. 38; Pfeiffer in Spengler/Hahn/Pfeiffer, Betriebliche Einigungsstelle, 2. Aufl. 2018, S. 96).
III.
Gegen diese Entscheidung findet kein Rechtsmittel statt, § 100 Abs. 2 Satz 4 ArbGG).


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