Arbeitsrecht

Einzelfallentscheidung zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitnehmers wegen nicht ordnungsgemäßer Arbeitszeitdokumentation und verbotswidriger privater Internet-/E-Mail-Nutzung

Aktenzeichen  3 Sa 158/15

Datum:
17.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 241 Abs. 2, § 626
GG GG Art. 1, Art. 2
ArbGG ArbGG § 64 Abs. 6, § 66 Abs. 1 S. 1, 2
KSchG KSchG § 4, § 7, § 13 Abs. 1 S. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

2 Ca 1477/14 2015-03-19 Urt ARBGWEIDEN ArbG Weiden

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden – Kammer Schwandorf vom 19.03.2015, Az. 2 Ca 1477/14 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 18.08.2014 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem Ablauf des 18.08.2014 beendet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Höhe von 39.636,71 € brutto nebst Zinsen für den Zeitraum 19.08.2014 bis Ende Januar 2015.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und vom Klägervertreter form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, §§ 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 64 Abs. 6 ArbGG, 519 ZPO.
II.
Die Berufung ist nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche Kündigung vom 18.08.2014 mit Ablauf dieses Tages wirksam beendet worden. Der Kläger hat in seiner Arbeitszeitaufzeichnung Zeiten als Arbeitszeiten angegeben, zu denen er tatsächlich nicht für die Beklagte tätig war. Auch hat er entgegen eines ausdrücklichen Verbots den betrieblichen Computer, das Internet und das E-Mail-Konto zu privaten Zwecken genutzt. Die Interessenabwägung geht zu Lasten des Klägers aus.
Mangels bestehenden Arbeitsverhältnisses zur Beklagten im Zeitraum 19.08.2014 bis Januar 2015 hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Annahmeverzugslohnes.
1. Die erhobene Klage ist zulässig, auch der im Wege der Klageerweiterung erhobene Zahlungsanspruch, §§ 260, 263 ZPO. Das notwendige Feststellungsinteresse im Hinblick auf den Kündigungsschutzantrag folgt schon aus der möglichen Präklusionswirkung der §§ 4, 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
2. Die Kündigungsschutzklage bezüglich der außerordentlichen Kündigung vom 18.08.2014 ist unbegründet. Diese Kündigung hat das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet.
a) Dabei gilt die außerordentliche Kündigung vom 18.08.2014 nicht von Anfang an als rechtswirksam, § 7, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG. Denn der Kläger hat durch die Klageschrift vom 20.08.2014, bei Gericht am 22.08.2014 eingegangen und der Beklagten am 26.08.2014 zugestellt, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung am 18.08.2014 Kündigungsschutzklage erhoben, §§ 4, 13 Abs. 1 Satz 2 KSchG.
b) Die Beklagte kann sich auf einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB berufen, der sie zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung vom 18.08.2014 berechtigte. Die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist eingehalten.
aa) Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Dienstverhältnisses unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Gesetz kennt folglich keine „absoluten“ Kündigungsgründe. Vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen (vgl. BAG vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09, juris). Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist daher in zwei systematisch zu trennenden Abschnitten zu prüfen. Zunächst ist festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 BGB abzugeben. Hierzu gehören vor allem besonders schwere Vertragsverletzungen. Ist ein Sachverhalt an sich geeignet, einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 BGB abzugeben, ist in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen festzustellen, ob auch im konkreten Fall dem Kündigenden die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar war und die außerordentliche Kündigung daher als gerechtfertigt angesehen werden kann (BAG vom 26.03.2009 – 2 AZR 953/07; vom 27.04.2006 – 2 AZR 386/05, beide juris). Die Darlegungs- und Beweislast für alle Tatsachen, die eine außerordentliche Kündigung begründen, trägt im Kündigungsschutzprozess der Arbeitgeber.
bb) Diesem Maßstab wird die außerordentliche Kündigung vom 18.08.2014 gerecht. Dabei kann dahinstehen, ob dem Kläger alle von der Beklagten behaupteten Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind. Denn bereits die zwischen den Parteien unstreitigen Pflichtverletzungen des Klägers tragen die außerordentliche Kündigung vom 18.08.2014.
(1) Der Kläger hat unstreitig am 14.02.2013 von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr einen Kinderarzttermin mit seinem Sohn in R… wahrgenommen und in dieser Zeit keine Arbeitsleistung für die Beklagte erbracht. Dennoch hat der Kläger für diesen Tag eine Anwesenheitszeit von 7.08 Uhr bis 16.23 Uhr im Zeiterfassungssystem gebucht.
Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (vgl. BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10 Rn. 14; vom 24.11.2005 – 2 AZR 39/05 Rn. 18; vom 21.04.2005 – 2 AZR 255/04 Rn. 33, alle juris). Dies gilt für einen vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare (vgl. BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10 Rn. 14; vom 24.11.2005 – 2 AZR 39/05 Rn. 18, beide juris). Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch (vgl. BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10 Rn. 14; vom 24.11.2005 – 2 AZR 39/05 Rn. 18; vom 12.08.1999 – 2 AZR 832/98, alle juris). Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit der am Gleitzeitmodell teilnehmenden Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und füllt ein Arbeitnehmer die dafür zur Verfügung gestellten Formulare wissentlich und vorsätzlich falsch aus, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar (vgl. BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10 Rn. 14; vom 21.04.2005 – 2 AZR 255/04 Rn. 33, beide juris). Nicht anders zu bewerten ist es, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, die geleistete Arbeitszeit mit Hilfe des Arbeitsplatzrechners in einer elektronischen Zeiterfassung zu dokumentieren, und er hierbei vorsätzlich falsche Angaben macht. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine ihm gegenüber dem Arbeitgeber bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme, § 241 Abs. 2 BGB (vgl. BAG vom 09.06.2011 – 2 AZR 381/10 Rn. 14, juris).
So liegt es hier. Der Kläger hat am 14.02.2013 seine Abwesenheit von 9.00 Uhr bis 13.00 Uhr aufgrund eines privaten Termins weder mittels des Zeiterfassungschips durch Aus- und Einstempeln, noch durch nachträgliche manuelle Korrektur dokumentiert. Vielmehr hat er für diesen Tag eine Arbeitszeit von 7.08 Uhr bis 16.23 Uhr gebucht. Damit hat er vorsätzlich gegen seine Pflicht, § 241 Abs. 2 BGB (vgl. auch Ziffer 3.3 der Führungsrichtlinie, Anlage K5 zur Klageschrift vom 20.08.2014 = Bl. 22 d.A.), verstoßen, seine An- und Abwesenheitszeiten ordnungsgemäß zu dokumentieren. Dabei handelt es sich im Falle des Klägers um eine für die Beklagte nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit, denn der Kläger war im Gleitzeitsystem tätig und verpflichtet, die Buchungen im Zeiterfassungssystem mittels Chip selbst vorzunehmen bzw. manuell zu korrigieren. Die fehlerhafte Dokumentation der Arbeitszeit am 14.02.2013 stellt einen schweren Vertrauensmissbrauch und damit einen wichtigen Grund an sich i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB dar.
Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend für die weiteren unstreitigen sieben Abwesenheiten des Klägers am 24.05.2013 (Friseur 12.00-13.00 Uhr), 06.06.2013 (Besuch Kindergarten W… im Jägerhaus 7.00-12.00 Uhr), 13.06.2013 (Kinderarzt 9.00-12.00 Uhr), 13.02.2014 (Kinderarzt 13.00-17.30 Uhr), 15.05.2014 (Kinderarzt 13.30-16.30 Uhr), 10.07.2014 (Kinderarzt 13.00-16.00 Uhr) und 21.07.2014 (Führung Schulklasse im Jägerhaus 8.30-12.00 Uhr).
An dem Vorliegen eines wichtigen Grundes an sich ändert der Umstand, dass der Kläger nach den arbeitsvertraglichen Regelungen zu Mehrarbeit verpflichtet war, ohne dass diese gesondert zu vergüten wäre, nichts. Soweit der Kläger meint, er habe ausreichend Überstunden abgeleistet, die seine Abwesenheiten aufwiegen würden und der Beklagten sei kein wirtschaftlicher Schaden entstanden, zieht er daraus unzutreffende rechtliche Schlüsse. Denn trotz dieser vertraglichen Vereinbarungen und unabhängig von deren rechtlicher Wirksamkeit musste die Beklagte darauf vertrauen, dass der Kläger seine Anwesenheits-/Arbeitszeiten korrekt erfasst. Die arbeitsvertraglichen Regelungen lassen entgegen der Annahme des Klägers auch nicht den Schluss darauf zu, dass es der Beklagten nicht auf die Einhaltung einer bestimmten Arbeitszeit ankam, solange die Ergebnisse stimmen. Hierfür sind keine tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich.
Der Kläger kann sich ebenso wenig damit rechtfertigen, dass ihm die Beklagte die Wahrnehmung der Kontrollbesuche beim Kinderarzt und von 3-4 Terminen pro Jahr tagsüber jeweils anderthalb bis 2 Stunden im Rahmen seines Engagements im Jägerverein erlaubt hat. Insoweit trägt auch der Kläger lediglich vor, dass vereinbart war, dass er diese Termine während seiner eigentlichen Arbeitszeit wahrnehmen könne. Eine Vereinbarung hinsichtlich der Erfassung dieser Zeiten als Arbeitszeit oder gar der Vergütungspflicht behauptet nicht einmal der Kläger selbst. Eine solche durfte er richtigerweise aus dem Zugeständnis des Vorstandes der Beklagten, er könne solche Termine während der Arbeitszeit wahrnehmen, auch nicht ableiten. Damit war der Kläger ungeachtet der Vereinbarung mit dem Vorstand der Beklagten verpflichtet, die Termine beim Kinderarzt und im Jägerhaus als Abwesenheitszeiten per Aus- und Einstempeln oder über eine manuelle Korrektur zu dokumentieren.
Hinsichtlich der Kinderarztbesuche hat sich der Kläger auch nicht darauf berufen, dass ihm für diese Zeiten ein Anspruch auf bezahlte Freistellung zur Betreuung und Pflege eines erkrankten Kindes nach §§ 616, 611 BGB zustehe, oder Tatsachen zu dessen Voraussetzungen dargelegt.
Der vom Kläger nicht bestrittene Sachvortrag der Beklagten zu den vorgenannten Abwesenheiten unterliegt vor dem Hintergrund der maßgeblichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 16.12.2010 – 2 AZR 485/08 Rn. 29 ff., 36 ff. m.w.N., juris), der sich das erkennende Gericht anschließt, keinem Verwertungsverbot wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers vor dem Hintergrund, dass dieser auf den Kalendereinträgen des Klägers beruht. Mit dem Arbeitsgericht, auf dessen Ausführungen auf Seite 20 f. des Urteils vom 19.03.2015 Bezug genommen wird, geht das erkennende Gericht davon aus, dass die Güterabwägung im vorliegenden Fall nicht dazu führt, dass das Geheimhaltungsinteresse des Klägers überwiegt. Dies gilt schon deswegen, weil es sich bei dem Kalender um ein von der Beklagten zur Verfügung gestelltes Arbeitsmittel zur Koordination dienstlicher Termine handelt. Solche Termine konnte auch die Sekretärin des Klägers, Frau W…, eintragen und einsehen. Andere Nutzer des Systems konnten freie Termine anfragen. Damit ist das Persönlichkeitsrecht des Klägers allenfalls in seinem Rand-, nicht aber im Kernbereich berührt. Die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers wiegt nicht so schwer mit der Folge, dass das Interesse der Beklagten an der Aufklärung arbeitsvertraglicher Pflichtverletzungen überwiegt. Im Übrigen hat die Beklagte von den Kalendereintragungen des Klägers durch das Gespräch mit der Sekretärin Frau W… am 14.08.2014 erfahren, die ihrerseits berechtigt war, auf den Kalender des Klägers zuzugreifen. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts des Klägers gebietet es aber nicht, solche unstreitigen Tatsachen nicht zu verwerten, die der Beklagten ohne Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers aus einer anderen Quelle bekannt geworden sind (vgl. BAG vom 16.12.2010 – 2 AZR 485/08 Rn. 40, juris).
(2) Der Kläger hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB weiterhin dadurch verletzt, dass er im Zeitraum 20.06.-13.08.2014 entgegen des auch für ihn maßgeblichen ausdrücklichen Verbots in Ziffer 5.8 der Betriebsordnung zu privaten Zwecken im Internet gesurft hat. Dabei hat der Kläger 270 Seiten zum Thema „Einkaufen“ und 338 Seiten zum Thema „Bildung“ aufgerufen. Dabei tat er dies bspw. bezüglich der Internetseite www.f…de am 23.06.2014 zwischen 8.19 Uhr und 8.28 Uhr, am 17.07.2014 zwischen 11.04 Uhr und 11.13 Uhr und am 22.07.2014 zwischen 16.54 Uhr und 18.14 Uhr und damit während eines als Arbeitszeit gebuchten Zeitraums.
Die private Nutzung des Internets kann je nach Fallgestaltung mit verschiedenen Pflichtverletzungen verbunden sein. Ein wichtiger Grund an sich kann darin liegen, dass der Arbeitnehmer entgegen eines ausdrücklichen Verbots das Internet zu privaten Zwecken nutzt. Hat der Arbeitgeber kein ausdrückliches Verbot ausgesprochen, kommt ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB bei einer über das übliche Maß hinausgehenden, exzessiven und nicht mehr sozial üblichen Internetnutzung in Betracht. Daneben kann die private Nutzung dem Arbeitgeber zusätzliche Kosten verursachen und eine unberechtigte Inanspruchnahme von Betriebsmitteln darstellen. Als Pflichtverletzung in Betracht kommt auch das unbefugte Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten, insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr einer möglichen Vireninfizierung oder anderer Störungen des betrieblichen Betriebssystems verbunden sein können oder es sich andererseits um solche Daten handelt, bei deren Rückverfolgung eine mögliche Rufschädigung des Arbeitgebers im Raum steht (z.B. Herunterladen strafbarer oder pornografischer Darstellungen). Schließlich stellt die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit eine Verletzung der Arbeitspflicht des Arbeitnehmers dar (vgl. zu den möglichen Fallgruppen von Pflichtverletzungen BAG vom 27.04.2006 – 2 AZR 386/05 Rn. 23 f.; vom 07.07.2005 – 2 AZR 581/04 Rn. 23 f., beide juris).
Im vorliegenden Fall stellt die private Nutzung des Internets durch den Kläger im Zeitraum 20.06.-13.08.2014 bereits deswegen eine erhebliche Pflichtverletzung dar, da er dies entgegen eines ausdrücklichen Verbots der Beklagten tat. Hinzu kommt, dass mit dem Aufruf der privaten Internetseiten ein entsprechender Datendownload (insgesamt 53,35 MB für 270 Seiten im Bereich „Einkaufen“ und 56,19 MB für 338 Seiten im Bereich ‚“Bildung“) verbunden war, der die Gefahr einer möglichen Vireninfizierung oder anderer Störungen des betrieblichen Betriebssystems begründet. Zusätzlich stellt die private Internetnutzung den unbefugten Gebrauch von Betriebsmitteln dar. Letztendlich hat der Kläger am 23.06.2014 zwischen 8.19 Uhr und 8.28 Uhr, am 17.07.2014 zwischen 11.04 Uhr und 11.13 Uhr und am 22.07.2014 zwischen 16.54 Uhr und 18.14 Uhr die Seite www.f…de zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit aufgerufen und damit seine Arbeitspflicht verletzt.
Dabei kann sich der Kläger hinsichtlich der Verletzung seiner Arbeitspflicht nicht damit rechtfertigen, dass systemseitig automatisch eine tägliche Pause abgezogen wird. Es ist unzureichend, worauf schon das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, dass der Arbeitnehmer pauschal und ohne nachprüfbare Angaben Rechtfertigungsgründe geltend macht. Nur auf substantiiertes Behaupten hin ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Rechtfertigungsgrund seinerseits auszuschließen (vgl. Fischermeier in: KR, 10. Aufl. 2013, § 626 BGB Rn. 382; Müller-Glöge in: ErfK, 15. Aufl. 2015, § 626 BGB Rn. 235 m.w.N.).
(3) Weiterhin hat der Kläger seine vertraglichen Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB dadurch in erheblicher Weise verletzt, dass er entgegen des Verbots in Ziffer 5.8 der Betriebsordnung ca. 4.800 Musikdateien (MP3-Dateien) im Umfang von 24.439,8 MB auf dem ihm von der Beklagten zur Verfügung gestellten Betriebsrechner gespeichert hat. Dabei ist es irrelevant, ob die Speicherung nur auf der Festplatte des Arbeitsplatzrechners oder auf dem Server erfolgte. Durch die Speicherung hat der Kläger zudem unberechtigterweise Betriebsmittel zur privaten Zwecken genutzt. Gleiches gilt für die weiteren unstreitig auf dem betrieblichen Computer gespeicherten privaten Dateien (z.B. 2.332,7 MB Jagd, 326,4 MB Studium D…, vgl. Klageerwiderung der Beklagten vom 02.12.2014 Seite 41 = Bl. 87 d.A.).
(4) Schließlich hat der Kläger durch das Versenden privater E-Mails seine vertraglichen Pflichten nach § 241 Abs. 2 BGB in erheblicher Weise verletzt. Der Kläger hat im Zeitraum Januar bis August 2014 unstreitig 609 private E-Mails versandt. Hiervon hat der Kläger nach seiner eigenen Angabe 108 E-Mails außerhalb der Arbeitszeit versandt, mithin 501 E-Mails während seiner Arbeitszeit. Dementsprechend hat er unter Zugrundelegung der vom Bundesarbeitsgericht dargestellten Fallgruppen (vgl. oben unter (2) und BAG vom 27.04.2006 – 2 AZR 386/05 Rn. 23 f.; vom 07.07.2005 – 2 AZR 581/04 Rn. 23 f., beide juris) zum einen entgegen des ausdrücklichen Verbots in Ziffer 5.8 der Betriebsordnung das von der Beklagten ausschließlich zu betrieblichen Zwecken zur Verfügung gestellte E-Mail-System zu privaten Zwecken genutzt sowie hierdurch wiederum Betriebsmittel unberechtigterweise zur privaten Zwecken verwendet. Hinzu kommt, dass der Kläger durch das Versenden von 501 E-Mails während der Arbeitszeit seine Arbeitspflicht vernachlässigt hat.
Soweit sich der Kläger damit rechtfertigen möchte, dass das Lesen, Schreiben und Versenden der E-Mails während der automatisch vom System abgezogenen Pause geschah, greift dieser Rechtfertigungseinwand aus den oben unter (2) dargestellten Gründen nicht durch.
Die Verwertung dieses unstreitigen Sachvortrags der Beklagten unterliegt nach Maßgabe der entsprechenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG vom 16.12.2010 – 2 AZR 485/08 Rn. 29 ff., 36 ff. m.w.N., juris) keinem prozessualen Verwertungsverbot. Auch hier überwiegt das Interesse der Beklagten an der Feststellung erheblicher Pflichtverletzungen das Interesse des Klägers an dem Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger seine privaten E-Mails entgegen eines ausdrücklichen Verbots über das betriebliche E-Mail-System versandt hat. Er hat sie damit selbst einer Kontrolle durch die Beklagte zugänglich gemacht. Sein allgemeines Persönlichkeitsrecht ist allenfalls im Randbereich betroffen und überwiegt unter Berücksichtigung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör nicht deren Interessen.
(5) Die außerordentliche Kündigung vom 18.08.2014 ist unter Berücksichtigung alle Umstände des vorliegenden Falles und nach Abwägung der beiderseitigen Interessen verhältnismäßig und gerechtfertigt. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumindest bis zum Ablauf der einzuhaltenden ordentlichen Kündigungsfrist ist der Beklagten nicht zumutbar.
(aa) Die außerordentliche Kündigung vom 18.08.2014 erweist sich nicht deswegen als unverhältnismäßig, weil die Beklagte den Kläger nicht abgemahnt hat. Eine Abmahnung war im vorliegenden Fall entbehrlich.
Auch für die verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung gilt das Prognoseprinzip (BAG vom 12.01.2006 – 2 AZR 21/05, juris). Es ist zu fragen, ob sich das zu recht beanstandete Verhalten in Zukunft abstellen lässt. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (vgl. BAG vom 20.11.2014 – 2 AZR 651/13, juris). Die Kündigungsankündigung (Abmahnung) spielt deshalb gerade bei den verhaltensbedingten Kündigungsgründen eine erhebliche Rolle (BAG vom 17.02.1994 – 2 AZR 616/93, juris). Es ist nicht stets und von vorneherein ausgeschlossen, verlorenes Vertrauen durch künftige Vertragstreue zurückzugewinnen (vgl. BAG vom 04.06.1997 – 2 AZR 526/96, juris). Die Abmahnung dient der Objektivierung der negativen Prognose (BAG vom 12.01.2006 – 2 AZR 21/05, juris). Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (vgl. BAG vom 13.12.2007 – 2 AZR 818/06, juris).
Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB i.V.m. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren (vgl. BAG vom 12.01.2006 – 2 AZR 179/05, juris). Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich auch für den Arbeitnehmer erkennbar ausgeschlossen ist (vgl. BAG vom 20.11.2014 – 2 AZR 651/13; vom 23.06.2009 – 2 AZR 103/08; vom 19.04.2007 – 2 AZR 180/06, alle juris).
Im vorliegenden Fall stehen so schwere Pflichtverletzungen des Klägers im Raum, dass selbst deren erstmalige Hinnahme der Beklagten nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich auch für den Kläger erkennbar ausgeschlossen ist. Der Kläger hat unstreitig in insgesamt 8 Fällen 27 Stunden zu Unrecht als Arbeitszeit dokumentiert und in einer Vielzahl von Fällen privat das Internet genutzt. Hinzu kommen der Versand privater E-Mails, davon 501 E-Mails während der Arbeitszeit, sowie die Speicherung erheblicher Mengen privater Daten auf dem betrieblichen Computer. Durch dieses Verhalten hat sich der Kläger vorsätzlich unter Missachtung auf ein in regelmäßigen Abständen wiederholtes Verbot der privaten Internetnutzung über berechtigte Interessen der Beklagten hinweggesetzt. Daneben hat er Betriebsmittel zu privaten Dingen zweckentfremdet. In der Summe sind die qualitativ schwerwiegenden und quantitativ erheblichen Pflichtverletzungen objektiv für die Beklagte unzumutbar, so dass eine Hinnahme auch für den Kläger erkennbar offensichtlich ausgeschlossen war.
(bb) Die ausgesprochene außerordentliche Kündigung ist verhältnismäßig im engeren Sinn.
Bei der hierbei gebotenen umfassenden Interessenabwägung ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen (vgl. BAG vom 27.09.2012 – 2 AZR 955/11 Rn. 37; vom 19.07.2012 – 2 AZR 989/11 Rn. 42; vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 Rn. 26, alle juris). Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung – etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlustes und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (vgl. BAG vom 27.09.2012 – 2 AZR 955/11 Rn. 38; vom 19.07.2012 – 2 AZR 989/11 Rn. 43; vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 Rn. 27, alle juris). Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können – je nach Lage des Falls – Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls bei der Interessenabwägung nicht generell ausgeschlossen und können zu berücksichtigen sein (vgl. BAG vom 27.09.2012 – 2 AZR 955/11 Rn. 38; vom 19.07.2012 – 2 AZR 989/11 Rn. 43; vom 09.06.2011 – 2 AZR 323/10 Rn. 27; vom 16.12.2004 – 2 ABR 7/04 Rn. 28, alle juris).
Im vorliegenden Fall kommt der Schwere und Anzahl der Pflichtverletzungen zunächst besonderes Gewicht zu. Der Kläger hat in 8 Fällen ohne Rücksicht auf die Pflicht, seine Arbeitszeit korrekt zu erfassen, private und dienstliche Angelegenheiten vermischt und privaten Dingen den Vorzug eingeräumt, ohne dies für die Beklagte nachvollziehbar und erkennbar zu dokumentieren. Dabei ist insbesondere zu bedenken, dass der Kläger in Gleitzeit arbeitet und die Beklagte nach der bei ihr praktizierten Handhabung der Arbeitszeitdokumentation auf eine ordnungsgemäße Erfüllung dieser Verpflichtung angewiesen ist. Wenn der Kläger durch den Hinweis, der Beklagten sei anscheinend die Einhaltung der Arbeitszeit weniger wichtig gewesen als das Ergebnis seiner Arbeitsleistung, seine Verfehlungen zu relativieren versucht, zeigt auch dies, dass er den Umfang seiner vertraglichen Pflichten verkennt. Im Zusammenhang mit der nicht ordnungsgemäßen Zeiterfassung ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in zwei Fällen (13.06.2013 Ende 16.15 Uhr und 21.07.2014 Beginn 8.00 Uhr) eine manuelle Zeitbuchung vorgenommen hat. Dies bedeutet, dass er in diesen Fällen in Kenntnis des Umstandes, dass er zu den gebuchten Zeiten nicht für die Beklagte tätig, wohl noch nicht einmal im Betrieb der Beklagten anwesend war, sondern private Angelegenheiten wahrgenommen hat, ein Arbeitsende bzw. einen Arbeitsbeginn in das Zeiterfassungssystem der Beklagten eingepflegt hat, der unzutreffend war. Dies zeigt mit einem besonderen Unrechtsgehalt, wie sich der Kläger über seine Pflichten und die berechtigten Interessen der Beklagten hinwegsetzt. Dabei kann sich der Kläger nicht darauf zurückziehen, dass ihm die Wahrnehmung der privaten Termine während seiner Arbeitszeit erlaubt gewesen sind. Denn mit dieser Erlaubnis verbunden war lediglich das Zugeständnis der Beklagten, dass der Kläger private Termine auch tagsüber zu Zeiten, zu denen er an sich arbeiten muss, wahrnehmen kann. Nicht verbunden war damit die Zusage der Beklagten, dass diese Zeiten als Arbeitszeiten zu behandeln und zu vergüten sind. Dies behauptet der Kläger selbst nicht.
Hinzu kommen die im Zusammenhang mit der ausdrücklich verbotenen privaten Computer-, Internet- und E-Mail-Nutzung stehenden Pflichtverletzungen, die sich nicht nur in dem Verstoß gegen Ziffer 5.8 der Betriebsordnung und einem Missbrauch von Betriebsmitteln erschöpfen, sondern jedenfalls teilweise auch eine Verletzung der Arbeitspflicht, d.h. der Hauptpflicht des Klägers darstellen. Auch dies zeigt, dass der Kläger im betrieblichen Bereich seinen Interessen gegenüber den Interessen der Beklagten den Vorzug gibt. Dies ist mit einem hohen Vertrauensverlust auf Beklagtenseite verbunden – für die Beklagte ist weder das Maß der geleisteten Arbeitszeit des Klägers noch qualitativ der Einsatz für den Betrieb zuverlässig feststellbar. Dabei kommt dem Umstand, dass der Kläger als Führungskraft und Geschäftsbereichsleiter mit Vorgesetztenfunktion und Personalverantwortung (vgl. Ziffer 16 der Aufgabenbeschreibung des Klägers, Anlage K6 zur Klageschrift vom 20.08.2014 = Bl. 25 ff. d.A.) eine herausgehobene Stellung (seine Stelle ist unter dem Vorstand angesiedelt) einnimmt, eine besondere Bedeutung zu. Letztlich nicht unberücksichtigt bleiben kann auch, dass der Kläger hinsichtlich der Arbeitszeitdokumentation seine unterstellte Sekretärin Frau W… gewissermaßen zu seinem Werkzeug gemacht hat. Dass der Kläger auf den Einwand von Frau W… hin, die große Anzahl an manuellen Zeitkorrekturen könne nicht richtig und zulässig sein, sein Verhalten nicht überdacht, sondern fortgesetzt und nunmehr Frau W… wöchentliche Kalenderausrisse zur Übertragung der Arbeitszeiten in das System gegeben hat, zeigt wiederum das fehlende Bewusstsein des Klägers für die mit seiner Stellung und Funktion im Betrieb verbundenen Pflichten. Diese sind bereits in der für den Kläger geltenden Führungsrichtlinie der Beklagten unter Ziffer 3.3 „Vermittlung und Überwachung der Unternehmenserwartungen“ niedergelegt. Dort heißt es:
„Die Führungskräfte sind verpflichtet ihren Mitarbeitern folgende Erwartungen zu vermitteln und zu überwachen:
– Pünktlichkeit, Einhaltung von Arbeitszeiten – Ehrlichkeit gegenüber Führungskräften und Mitarbeitern
– …
– keine privaten Aktivitäten während der Arbeitszeit
– …“
Es lässt sich seitens der Beklagten gegenüber den Mitarbeitern ihres Hauses nicht vermitteln, dass der Kläger als Führungskraft diese Unternehmenserwartungen an die Mitarbeiter vermitteln und bei diesen überwachen soll, wenn er selbst in seiner Person nicht die Gewähr dafür bietet, diese Unternehmenserwartungen zu erfüllen und hinter ihnen zu stehen.
Sofern der Kläger meint, die Beklagte hätte seine Arbeitszeiten oder seine private Internet-/E-Mail-Nutzung beanstanden oder ihn auf den Verstoß gegen Ziffer 5.8 der Betriebsordnung hinweisen müssen, verdreht er das Rechte- und Pflichtengefüge, in dem er sich befindet. Denn die korrekte Erfassung der Arbeitszeit ist seine selbstverständliche Pflicht, ebenso wie die Beachtung von Ziffer 5.8 der Betriebsordnung. Dabei ließ sich der Kläger hinsichtlich der Nutzung des Internets auch von den regelmäßig angezeigten Hinweisen auf das Verbot in der Betriebsordnung, die als gelesen markiert werden mussten, um das Internet zu starten, von der Verletzung seiner Pflichten nicht abhalten. Auch dies zeigt, dass er sich bewusst über Interessen der Beklagten hinwegsetzt. Seine Fortsetzung findet dies in seinen schriftsätzlichen Ausführungen, in denen er unter Berufung auf seine Stellung als Führungskraft eine Sonderstellung für sich annimmt, bei der betriebliche Verbote nicht gelten. Dies alles lässt sich mit der gerade aufgrund seiner Stellung bestehenden Vorbildfunktion, wie sie u.a. in der Führungsrichtlinie und der Aufgabenbeschreibung zum Ausdruck kommt, nicht in Einklang bringen und rechtfertigt die begründete Prognose, dass dies auch zukünftig nicht der Fall sein wird.
Vor dem Hintergrund dieser Erwägungen können, worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend hingewiesen hat, die Betriebszugehörigkeit von 14 Jahren und der bisher beanstandungsfreie Verlauf des Arbeitsverhältnisses sowie die Unterhaltspflichten des Klägers die Interessen der Beklagten nicht überwiegen und ein anderes Ergebnis nicht rechtfertigen.
cc) Der Zugang der Kündigung vom 18.08.2014 an diesem Tag bei dem Kläger wahrt die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB.
Nach § 626 Abs. 2 BGB kann die außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen gerechnet ab dem Zeitpunkt erfolgen, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung beim Kündigungsempfänger. Die Frist beginnt, sobald der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis vom Kündigungssachverhalt hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (vgl. BAG vom 17.03.2005 – 2 AZR 245/04, ).
Von den im Zusammenhang mit der Dokumentation der Arbeitszeit stehenden Pflichtverletzungen hat die Beklagte unstreitig durch das Gespräch mit der Sekretärin Frau W… am 14.08.2014 und damit innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB erfahren. Die Pflichtverletzungen hinsichtlich der unerlaubten privaten Internetnutzung sind mit dem Arbeitsgericht als ein fortgesetztes Gesamtverhalten zu bewerten, so dass die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB erst mit dem letzten Teilakt in der Kette der Ereignisse zu laufen beginnt (vgl. hierzu BAG vom 17.08.1972 – 2 AZR 359/71, , II. 2. C) der Gründe; vom 10.04.1975 – 2 AZR 113/74 Rn. 13, juris; Müller-Glöge in: ErfK, 16. Aufl. 2016, § 626 BGB Rn. 214 f. m.w.N.). Die letzte private Internetnutzung des Klägers erfolgte am 13.08.2014 mit Aufruf von zwei Seiten „www….-schulen.de“, 12 Seiten „www.d…de“ und 15 Seiten „www.fernlehrinstitut-e…de“. In den Kontext dieses fortgesetzten Gesamtverhaltens sind gleichermaßen die unbefugte private E-Mail-Nutzung und das unbefugte Speichern privater Daten auf dem betrieblichen Rechner einzuordnen, so dass die Beklagte insgesamt die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB eingehalten hat.
3. Die Kündigungsschutzklage bezüglich der hilfsweisen ordentlichen Kündigung vom 18.08.2014 zum 28.02.2015 ist unbegründet. Dies gilt schon deswegen, weil die Begründetheit einer Kündigungsschutzklage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und auch zum Zeitpunkt des beabsichtigten Beendigungstermins voraussetzt (vgl. BAG vom 27.04.2006 – 2 AZR 360/05 Rn. 17; vom 14.06.2006 – 5 AZR 592/05 Rn. 14, beide juris; vgl. auch schon BAG vom 17.11.1958 – 2 AZR 277/58 Rn. 15 ff., juris; Friedrich in: KR, 10. Aufl. 2013, § 4 KSchG Rn. 225 f.). Nachdem mit der vorliegenden Entscheidung festgestellt wurde, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 18.08.2014 mit dem Ablauf dieses Tages beendet wurde, bestand am 28.02.2015 zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr. Dies führt zur Abweisung des Kündigungsschutzantrages betreffend die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 18.08.2014.
4. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Höhe von 39.636,71 € brutto für den Zeitraum 19.08.2014 bis Januar 2015. Voraussetzung eines solchen Anspruchs nach §§ 615 Satz 1, 293 ff. BGB ist, das zwischen den Parteien im streitgegenständlichen Zeitraum ein Arbeitsverhältnis bestand. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der außerordentlichen Kündigung vom 18.08.2014 mit Ablauf dieses Tages.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Danach hat der Kläger die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
Gesetzliche Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor, § 72 Abs. 2 ArbGG.


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