Arbeitsrecht

Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe wegen mangelnder Bewährung

Aktenzeichen  M 5 K 17.2300

Datum:
20.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 9378
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 56 Abs. 2, Abs. 5 S. 1
BeamtStG § 10 S. 1, § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
LlbG Art. 12 Abs. 1 S. 5, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Die Feststellung mangelnder Bewährung ist gerichtlich nur dahingehend überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden fachlichen Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine mangelnde Bewährung liegt nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich oder fachlich gewachsen sein wird. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ein Beamter darf bei unangemessen langer Verzögerung der Entscheidung über die Bewährung von seiner Bewährung ausgehen und darauf vertrauen, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden. Ein solcher Vertrauensschutz entfällt jedoch, wenn es für den Beamten auf Grund besonderer Umstände offenkundig war, dass der Dienstherr von keiner bereits festgestellten Bewährung ausgeht. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Zeiten einer Beschäftigung mit einer ermäßigten Arbeitszeit sind bei der Berechnung der Probezeit in vollem Umfang zu berücksichtigen. Nur Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge gelten nicht als Probezeit. (Rn. 31 – 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
1. Die Entlassungsverfügung der Regierung von Oberbayern vom 14. November 2016 und deren Widerspruchsbescheid vom 26. April 2017 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Rechtlicher Prüfungsmaßstab für die Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung ist im vorliegenden Fall die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetzes –BeamtStG) i.V.m. Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen (Leistungslaufbahngesetz – LlbG). Danach können Beamtinnen und Beamte auf Probe entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben. Allerdings besteht für den Dienstherrn im Rahmen der „Kann – Regelung“ des § 23 Abs. 3 BeamtStG kein Handlungsermessen mehr, wenn die mangelnde Bewährung eines Beamten auf Probe feststeht, vgl. Art. 12 Abs. 5 LlbG.
Diese Entscheidung ist (anders als die Beurteilung der – hier nicht relevanten – gesundheitlichen Eignung) gerichtlich nur dahingehend überprüfbar, ob der Begriff der mangelnden fachlichen Bewährung und die gesetzlichen Grenzen des Beurteilungsspielraums verkannt worden sind, ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde liegt und ob allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt worden sind (BVerwG, U.v. 18.7.2001 – 2 A 5/00 – ZBR 2002, 184). Die beamtenrechtliche Probezeit soll dem Beamten die Möglichkeit geben, während des gesamten Laufs der Probezeit seine Eignung und Befähigung zu beweisen. Eine Entlassung wegen mangelnder Bewährung ist sachlich bereits dann gerechtfertigt, wenn sich während der Probezeit Zweifel an der persönlichen oder fachlichen Eignung des Beamten ergeben (BVerwG, U.v. 29.9.1960 – II C 79.59 – BVerwGE 11, 139/140). Der Feststellung der Bewährung während der Probezeit kommt als Voraussetzung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit der Charakter einer Prognose im Hinblick darauf zu, dass der Beamte aufgrund der während der Probezeit erbrachten Leistungen, seines während der Probezeit gezeigten Verhaltens oder sonstiger während der Probezeit bekannt gewordener Umstände voraussichtlich auf Dauer den an einen Beamten seiner Laufbahn zu stellenden persönlichen und fachlichen Anforderungen gewachsen sein wird. Eine mangelnde Bewährung liegt also nicht erst dann vor, wenn endgültig die fehlende Eignung, Befähigung oder fachliche Leistung erwiesen ist, sondern schon dann, wenn begründete Zweifel bestehen, ob der Beamte den an ihn zu stellenden Anforderungen persönlich oder fachlich gewachsen sein wird (Zängl in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: November 2017, § 23 BeamtStG Rn. 136 m.w.N.). Bei der Feststellung der Bewährung oder mangelnden Bewährung, die von den zahlreichen Anforderungen des konkreten Aufgabengebiets sowie von der Beurteilung der Persönlichkeit des Beamten abhängt, handelt es sich um ein an den Anforderungen der konkreten Laufbahn auszurichtendes, persönlichkeitsbedingtes Werturteil. Letztlich kann nur die Dienstbehörde sachverständig und zuverlässig beurteilen, welche fachlichen und persönlichen Anforderungen an ein konkretes Aufgabengebiet zu stellen sind und ob ein Beamter diesen Anforderungen gewachsen ist (VG München, U.v. 9.6.2015 – M 5 K 14.1598 – juris; U.v. 14.6.2016 – M 5 K 16.453 – juris).
Formale Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung ist in erster Linie die Probezeitbeurteilung (BayVGH, B.v. 30.11.2009 – 3 CS 09.1773 – juris; Zängl in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., § 23 BeamtStG Rn. 146).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen ist gegen die streitgegenständliche Entlassungsverfügung rechtlich nichts zu erinnern.
a) Der Entlassungsverfügung haftet kein formeller Mangel an.
Die Regierung von Oberbayern war die für die an einer … tätig gewesene Klägerin zuständige Ernennungsbehörde (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 a) der Verordnung über dienstrechtliche Zuständigkeiten im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 4. September 2002 [StMBW-Zuständigkeitsverordnung – ZustV-KM; zuletzt geändert durch V.v. 23.11.2017]) und damit auch zuständig für deren Entlassung, Art. 56 Abs. 2 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG).
Eine Anhörung (Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes – BayVwVfG) ist vor Erlass der Entlassungsverfügung in der erforderlichen Form durchgeführt worden. Der Bevollmächtigte der Klägerin hat die – fristmäßig verlängerte – Gelegenheit zur Stellungnahme auch umfangreich genutzt.
Der Bezirkspersonalrat ist auf Antrag der Klägerin nach Art. 76 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (BayPVG) beteiligt worden und hat der Entlassung am 1. Dezember 2016 zugestimmt.
Auch die in Art. 56 Abs. 5 Satz 1 BayBG genannten Entlassungsfristen sind eingehalten. Denn der Bescheid vom 14. November 2016 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin am 18. November 2016 zugestellt.
b) Der Entlassungsbescheid ist im Rahmen der dem Gericht zukommenden Prüfung auch materiell nicht zu beanstanden.
Die Regierung von Oberbayern hat die Klägerin ohne Rechtsfehler wegen fehlender fachlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen. Aus der Begründung des Entlassungsbescheids sowie des Widerspruchsbescheids ergibt sich, dass der Beklagte nach der ihm als Dienstherr zukommenden Einschätzung davon ausgegangen ist, dass die Klägerin sich während der Probezeit nach den insofern maßgeblichen Kriterien der fachlichen Eignung nicht bewährt hat, somit nach § 10 Satz 1 BeamtStG die Voraussetzungen für die Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit nicht erfüllt und nach § 23 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BeamtStG zu entlassen war.
Grundlage für die Feststellung der fachlichen Bewährung ist in erster Linie die Probezeitbeurteilung (vgl. Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., § 23 BeamtStG Rn. 146; Hüllmantel/Eck/Hoffmeier/Luber/Weißgerber, LlbG, 1. Auflage 2011, Art. 12 Rn. 27), hier maßgeblich diejenige vom 31. Juli 2016.
Vorliegend wurde der Klägerin zunächst in der Probezeitbeurteilung vom 16. Januar 2016 attestiert, dass sie „noch nicht geeignet“ sei. Dagegen hat die Klägerin keine rechtlichen Schritte unternommen. In der nach Rückkehr aus der dritten Elternzeit nach Unterrichtsbesuchen erstellten Probezeitbeurteilung vom 31. Juli 2016 erhielt die Klägerin dann das endgültige Prädikat „Nicht geeignet“. Auch hiergegen hat die Klägerin keine Rechtsmittel ergriffen. Zuletzt verzichtete sie in der mündlichen Verhandlung am 20. Februar 2018 auf die Einvernahme des damaligen Beurteilers, Schulamtsdirektor J.S., und ihrer damaligen unmittelbaren Vorgesetzten, Rektorin R.R., als Zeugen. Substantiierte Einwände gegen die Probezeitbeurteilung vom 31. Juli 2016 wurden von der Klägerin also nicht vorgetragen. Auch im Übrigen sind keine Rechtsfehler dieser Beurteilung ersichtlich.
c) Aus der von der Klagepartei zunächst vorgebrachten Argumentation, die Probezeit für die Klägerin sei mangels Verlängerung längst abgelaufen gewesen, und der dahingehend in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich nichts anderes.
Zwar gilt danach, dass der Beamte bei unangemessen langer Verzögerung der Entscheidung über die Bewährung von seiner Bewährung ausgehen darf und darauf vertrauen kann, in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit übernommen zu werden (BVerwG, U.v. 25.2.1993 – 2 C 27/90 – juris Rn. 13). Ein solcher Vertrauensschutz entfällt jedoch, wenn es für den Beamten auf Grund besonderer Umstände offenkundig war, dass der Dienstherr von keiner bereits festgestellten Bewährung ausgeht (vgl. Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, a.a.O., § 10 BeamtStG Rn. 36).
So liegen die Umstände hier. Der Klägerin wurde in den Zeiten, in denen sie eine Dienstleistung erbrachte, immer wieder mitgeteilt, dass ihre fachliche Leistung noch nicht für ausreichend befunden wurde. Das ergibt sich nach Aktenlage aus Gesprächsnotizen über Gespräche mit der Klägerin am … Januar 2005, am *. Juli 2009 und am *. Juli 2009 sowie aus der Probezeitbeurteilung vom 16. Januar 2006. Die Klägerin konnte danach nicht ernsthaft ein Vertrauen gebildet haben, es sei bereits von ihrer Bewährung ausgegangen worden.
d) Aus der sodann vorgebrachten Argumentation, die Probezeit sei noch gar nicht ausgeschöpft gewesen bzw. hätte noch verlängert werden müssen, weil die Klägerin insbesondere wegen Anrechnung von Zeiten unterhälftiger Teilzeit (vor dem 1.4.2009) und Miteinrechnung von Zeiten, während derer sie eine Dienstleistung nicht habe erbringen können (wegen Krankheit, Beschäftigungsverbot und Mutterschutz), und somit keine ausreichend lange Zeitspanne mit Dienstleistung gehabt habe, in der sie sich hätte bewähren können, ergibt sich ebenfalls nichts anderes.
Diese Argumentation fußt zum einen erkennbar auf der Ansicht, Zeiten unterhälftiger Teilzeitbeschäftigung vor dem 1. April 2009 seien nicht „angemessen“ berücksichtigt (§ 8 Abs. 1 Satz 4, § 13 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung über die Laufbahnen der bayerischen Beamten – Laufbahnverordnung – LbV – in der bis 31.3.2009 gültigen Fassung), sondern unangemessen umfangreich angerechnet worden. Es hätte vielmehr eine Ermessenentscheidung dahin ergehen müssen, weniger Zeiten anzurechnen. Das steht im Gegensatz zur Intention des Normgebers, eine unangemessene Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten zu vermeiden, was daran erkennbar wird, dass seit dem 1. April 2009 zunächst nach § 6 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 12 Abs. 2 LbV und nunmehr nach Art. 12 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Art. 15 Abs. 2 LlbG Zeiten einer Beschäftigung mit einer ermäßigten Arbeitszeit bei der Berechnung der Dienstzeit und der Probezeit in vollem Umfang berücksichtigt werden. Die Klägerin kann demgegenüber keine Entscheidung dahingehend verlangen, ihr isoliert nur hinsichtlich der Probezeit möglichst wenig anzurechnen, damit eine möglichst lange Probezeit verbleiben möge.
Zum anderen entspricht diese Auffassung nicht der geltenden Rechtslage, nach der nur Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge – vorliegend der Elternzeiten der Klägerin – nicht als Probezeit gelten (Art. 25 Satz 2 BayBG, Art. 12 Abs. 3 Satz 2 LlbG). Zeiten einer Dienstunfähigkeit wegen Krankheit, eines individuellen Beschäftigungsverbotes oder die gesetzlichen Mutterschutzzeiten sind unabdingbar als Dienstzeit anzusehen.
Letztlich würde aber auch diese Auffassung nicht dazu führen, dass der Klägerin eine weitere Probezeit einzuräumen gewesen wäre. Denn wenn – wie hier durch die Probezeitbeurteilung vom 31. Juli 2016 – feststeht, dass sich ein Beamter oder eine Beamtin nicht bewährt haben, so sind diese zwingend zu entlassen (§ 10 Satz 1 BeamtStG, Art. 12 Abs. 5 LlbG).
3. Die Klägerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).


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