Arbeitsrecht

Erfolglose Beschwerde gegen einen Streitwertbeschluss im Verfahren gegen den Widerruf einer Gewerbeerlaubnis

Aktenzeichen  22 C 21.2496

Datum:
13.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 966
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GewO § 34d
GKG § 52, § 68 Abs. 1 S. 1, Abs. 3
Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 Nr. 54.1, Nr. 54.2.1

 

Leitsatz

1. Bei der Anfechtung eines Widerrufsbescheids betreffend eine Gewerbeerlaubnis wie auch bei der Anfechtung einer Gewerbeuntersagung ist zur (ermessensgerechten) Bestimmung der Bedeutung der Sache für den Kläger Nr. 54.1 bzw. Nr. 54.2.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 heranzuziehen. Demnach ist der Streitwert auf mindestens 15.000 EUR festzusetzen, wenn keine Anhaltspunkte für einen höheren erzielten oder erwarteten Gewinn bestehen.  (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Hinter der Empfehlung eines Mindestbetrags iHv 15.000 EUR in Nr. 54.1 und Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs steht – grob vereinfacht – die Erwägung, dass nur ab einem solchen Betrag das notwendige Existenzminimum durch eine Gewerbeausübung dauerhaft erwirtschaftet werden kann, was folglich auch der Bedeutung der Sache für den jeweiligen Kläger (mindestens) entspricht bzw. entsprechen muss.  (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 21.476 2021-08-06 Bes VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Beschwerde der Klägerin richtet sich gegen den Streitwertbeschluss des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 6. August 2021.
Mit ihrer am 3. März 2021 erhobenen Klage (Au 5 K 21.476) wandte sich die Klägerin gegen den Widerruf einer ihr nach § 34d GewO erteilten Erlaubnis. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 6. August 2021 ab und setzte zugleich den Streitwert für das Verfahren auf 15.000 Euro fest.
Zur Begründung ihres als Beschwerde auszulegenden (vgl. II.) Antrags auf Korrektur des Streitwerts bringt die Klägerin im Wesentlichen vor, dass der Streitwert im zugleich von ihr angestrengten Eilverfahren (Au 5 S 21.478) mit Beschluss vom 1. April 2021 auf 7.500 Euro festgesetzt, anlässlich des Urteils am 6. August 2021 aber auf 15.000 Euro erhöht worden sei. Dieses Prozedere widerspreche dem in § 52 GKG zum Ausdruck kommenden Wunsch des Gesetzgebers, wonach laut § 52 Abs. 2 GKG der anzunehmende Streitwert mit 5.000 Euro beziffert werde. Mit dem Urteil vom 6. August 2021 sei der Klägerin die Geschäftsgrundlage entzogen worden, verbunden mit zusätzlichen finanziellen Belastungen. Es werde daher eine Reduzierung auf den ursprünglichen Streitwert von 7.500 Euro beantragt, welcher von der Klägerin akzeptiert werde. Die Beklagte sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts und Interessenverband der Wirtschaft sowie der Gewerbetreibenden letztendlich auch aufgrund ihrer Statuten verpflichtet, einer solchen Reduzierung des Streitwerts zuzustimmen.
Die Beklagte trat der Beschwerde entgegen.
Das Verwaltungsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die gemäß § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG zulässige, als solche auszulegende (§ 88 VwGO i.V.m. dem Rechtsgrundsatz der §§ 133,157 BGB) und auch ohne Mitwirkung eines Prozessbevollmächtigten wirksam eingelegte (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 1 GKG) Streitwertbeschwerde der Klägerin, über die nach § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 Halbs. 2 GKG der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet, hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Streitwert für das Verfahren Au 5 K 21.476 zu Recht auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist in verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen. Bei der Anfechtung eines Widerrufsbescheids betreffend eine Gewerbeerlaubnis wie auch bei der Anfechtung einer Gewerbeuntersagung entspricht es dabei ständiger Rechtsprechung (auch) des Senats, zur (ermessensgerechten) Bestimmung der Bedeutung der Sache für den Kläger Nr. 54.1 bzw. Nr. 54.2.1 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abrufbar etwa unter www.bverwg.de/rechtsprechung/streitwertkatalog; im Folgenden: Streitwertkatalog) heranzuziehen. Demnach ist der Streitwert auf mindestens 15.000 Euro festzusetzen, wenn keine Anhaltspunkte für einen höheren erzielten oder erwarteten Gewinn bestehen (vgl. für den Widerruf einer Erlaubnis nach § 34d Abs. 1 GewO etwa BayVGH, B.v. 8.9.2014 – 22 ZB 13.1049 – juris Rn. 39; für den im Streitwertkatalog wortgleich formulierten Fall der Gewerbeuntersagung vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 3.3.2021 – 22 ZB 20.1576; B.v. 19.10.2020 – 22 ZB 20.362; B.v. 17.8.2020 – 22 ZB 20.1037; alle juris; für andere Obergerichte vgl. exemplarisch OVG Saarl, B.v. 29.8. 2017 – 1 A 399/17 – juris Rn. 14).
Unter diesen Prämissen ergeben sich aus dem Beschwerdevorbringen keine Anhaltspunkte für eine nicht ermessensgerechte Streitwertfestsetzung. Dass der Streitwert im korrespondierenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf 7.500 Euro, im vorliegenden (Hauptsache-)Verfahren aber auf 15.000 Euro festgelegt wurde, entspricht der in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs formulierten Empfehlung, dass der Streitwert in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes regelmäßig halbiert werden soll. Auf den von der Klägerin angeführten § 52 Abs. 2 GKG ist seinem Wortlaut und seiner Funktion („Auffangstreitwert“) nach ausschließlich dann zurückzugreifen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet, was vorliegend der o.g. ständigen Rechtsprechung folgend für den Widerruf gewerblicher Erlaubnisse gerade nicht der Fall ist. Hinter der Empfehlung eines Mindestbetrags in Höhe von 15.000 Euro in Nr. 54.1 und Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs steht – grob vereinfacht – die Erwägung, dass nur ab einem solchen Betrag das notwendige Existenzminimum durch eine Gewerbeausübung dauerhaft erwirtschaftet werden kann, was folglich auch der Bedeutung der Sache für den jeweiligen Kläger (mindestens) entspricht bzw. entsprechen muss (vgl. dazu bereits – in Bezug auf eine Gewerbeuntersagung – OVG NW, B.v. 13.11.1980 – 4 B 1215/80 – juris Rn. 24; zur Anwendung dieses Mindestbetrags auch bei nur geringen Erträgen aus dem Gewerbe vgl. – ohne nähere Begründung – BayVGH, B.v. 27.6.2012 – 22 ZB 12.605 – juris Rn. 16 sowie BayVGH, B.v. 2.11.2016 – 22 C 16.2008 – juris Rn. 7). Soweit die Klägerin schließlich anführt, dass die Beklagte verpflichtet sei, einer Reduzierung des Streitwerts zuzustimmen, steht dem bereits entgegen, dass die Höhe des Streitwerts nicht zur ihrer oder allgemein nicht zur Disposition der Beteiligten steht, sondern von Amts wegen vom Gericht und zudem als Grundlage für die Gerichtsgebühren festgesetzt wird, vgl. §§ 68 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Das Beschwerdeverfahren ist nach § 68 Abs. 3 Satz 1 GKG gebührenfrei. Kosten werden gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 GKG nicht erstattet. Demnach erübrigt sich die Festsetzung eines Streitwerts für die Beschwerdeverfahren.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG, § 152 Abs. 1 VwGO).


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