Arbeitsrecht

Erinnerung gegen Kostenansatz für Sachverständigen

Aktenzeichen  M 10 M 20.336

Datum:
20.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 7966
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 3 Abs. 2, § 21 Abs. 1 S. 1, § 22 Abs. 1 S. 1, § 66 Abs. 6 S. 1
VwGO § 188
JVEG § 13

 

Leitsatz

1. Die Sachverständigenentschädigung wird in voller Höhe gegenüber dem Kostenschuldner angesetzt, einschließlich der Zeit für die Vorbereitung und Wahrnehmung des Termins sowie die Reisekosten. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ob die vom Sachverständigen angesetzte Zeit erforderlich war, wird nur im Rahmen grober Plausibilität überprüft, wenn der Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Erinnerung gegen die Kostenrechnung vom 7. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Kostenrechnung der Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts München vom 7. Januar 2020, soweit darin eine Sachverständigenentschädigung erhoben worden ist.
Im Verfahren M 10 K 14.4988 wendete sich der Antragsteller gegen Bescheide der Antragsgegnerin, mit denen diese ihm gegenüber Gebühren für die Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung festgesetzt hatte. Mit Beschluss vom 20. Juli 2017 erhob das Gericht Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die den festgesetzten Gebühren zugrunde liegende Kalkulation den rechtlichen Vorgaben des Kommunalabgabengesetzes genüge. Mit der Gutachtenserstellung wurde der Bayerische Kommunale Prüfungsverband (BKPV) betraut. Mit Schreiben vom 20. September 2017 teilte der BKPV mit, dass die Abrechnung der Sachverständigenleistung aufgrund einer Vereinbarung zwischen den Parteien nach § 13 Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (JVEG) in Verbindung mit der jeweils geltenden Haushaltssatzung des BKPV erfolgen solle. Die Beteiligten erklärten sich hiermit einverstanden.
Zu dem Gutachten des BKPV vom 28. Juni 2018 warf der Antragsteller mit Schriftsätzen vom 24. Oktober und 9. November 2018 13 Fragen auf.
In der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2019 wurden zwei Gutachter des BKPV als Sachverständige vernommen. Mit Urteil vom gleichen Tag hat das Gericht die Klage abgewiesen, dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt und mit Beschluss den Streitwert auf 1.652,76 EUR festgesetzt.
Mit Rechnungen vom 20. Februar 2019, 25. März 2019 und 2. September 2019 bat der BKPV das Gericht um Zahlung von insgesamt 11.631,77 EUR für die Erstellung des Gutachtens, die Vorbereitung der sowie die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung durch die zwei Gutachter zuzüglich Nebenkosten (Reiseaufwand) und Kosten für die Gutachtensausfertigung.
Mit Kostenrechnung vom 7. Januar 2020 wurde der Antragsteller aufgefordert, gemäß § 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und Anlage 1 zum GKG eine Verfahrensgebühr für die erste Instanz in Höhe von 267,- EUR (dreifacher Satz aus einem Streitwert von 1.652,76 EUR) sowie eine Sachverständigenentschädigung in Höhe von insgesamt 11.631,77 EUR als Kosten des Verfahrens zu entrichten.
Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 14. Januar 2020 hinsichtlich der geforderten Sachverständigenentschädigung Erinnerung eingelegt. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die in der Rechnung vom 2. September 2019 angesetzten 2 x 8 Stunden für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung seien nicht gerechtfertigt, da die mündliche Verhandlung nur von 11:28 Uhr bis 14:15 Uhr gedauert habe. Da der BKPV seinen Sitz in München habe, sei auch der geforderte Reiseaufwand in Höhe von 106 EUR weder belegt noch angemessen. Für die Anfertigung des Gutachtens seien 37,25 Stunden in Rechnung gestellt worden (Rechnung vom 20.2.2019). Dies werde nicht beanstandet. Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, wieso die mit Rechnung vom 25. März 2019 geforderten zusätzlichen 14,5 Stunden angefallen seien. Insbesondere habe der BKPV mit Schreiben vom 26. November 2018 abgelehnt, die klägerseits zusätzlich aufgeworfenen Fragen schriftlich zu beantworten.
Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2020 nahm die Antragsgegnerin unter Vorlage eines Schreibens des BKPV vom 14. Februar 2020 zur Erinnerung Stellung. Wie vereinbart, habe der BKPV auf Grundlage seiner jeweiligen Haushaltssatzung abgerechnet. Auf der Grundlage von § 5 Abs. 2 Satz 3 Haushaltssatzung für das Jahr 2019 vom 22. November 2018 (Haushaltssatzung für das Jahr 2019) seien für die Teilnahme der zwei Gutachter an der mündlichen Verhandlung zweimal die Regelarbeitszeit von 8 Stunden abgerechnet worden, da die Gutachter aufgrund der für 11 Uhr terminierten mündlichen Verhandlung an diesem Tag eine andere Arbeit nicht mehr hätten aufnehmen können. Pro Reisetag könne zudem nach der jeweiligen Haushaltssatzung eine Nebenkostenpauschale von 53,- EUR verlangt werden. Die Anreise der Gutachter von einem anderen Ort als dem Sitz des BKPV sei dem Gericht mit E-Mail vom 24. Mai 2019 mitgeteilt worden. Die Abrechnung der zusätzlichen Stunden im Februar 2019 beruhe darauf, dass zur Vorbereitung der ursprünglich für Ende Februar 2019 terminierten mündlichen Verhandlung eine Besprechung der Gutachter in der Geschäftsstelle des BKPV in München stattgefunden habe. Darüber hinaus seien noch weitere Stunden angefallen, da die Gutachter die Beantwortung der 13 ergänzenden Fragen des Antragstellers für die mündliche Verhandlung hätten vorbereiten müssen. Für die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2019 seien weitere Kosten nicht in Rechnung gestellt worden.
Die Kostenbeamtin des Verwaltungsgerichts München hat der Erinnerung am 27. Januar 2020 nicht abgeholfen und diese dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 10 K 14.4988, Bezug genommen.
II.
1. Gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG ist zur Entscheidung über die Erinnerung die Einzelrichterin berufen.
2. Die Erinnerung gegen den Kostenansatz nach § 66 GKG richtet sich vorliegend nur gegen die in der Kostenrechnung vom 7. Januar 2020 geforderte Sachverständigenentschädigung, nicht gegen die zudem erhobene Verfahrensgebühr. Der Antragsteller hat in seinem Erinnerungsschreiben vom 14. Januar 2020 die Erinnerung explizit nur im Hinblick auf die Sachverständigenentschädigung erhoben; auch die Begründung der Erinnerung ist ausschließlich hierauf bezogen.
3. Die insoweit eingeschränkt eingelegte Erinnerung gegen den Kostenansatz hat keinen Erfolg. Sie ist zwar zulässig, aber unbegründet, da gegen die geltend gemachte Sachverständigenentschädigung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach keine rechtlichen Bedenken bestehen.
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG werden für Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Kosten werden gemäß § 3 Abs. 2 GKG nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben. Nach Nr. 9005 der Anlage 1 zum GKG werden nach dem JVEG zu zahlende Beträge in voller Höhe angesetzt.
a) Dem Grunde nach ist vorliegend das Honorar der Gutachter als Auslage ansetzbar, da die Sachverständigenentschädigung ein nach dem JVEG zu zahlender Betrag im Sinne der Nr. 9005 der Anlage 1 zum GKG ist. Der BKPV rechnete nach § 13 JVEG i.V.m. seiner jeweiligen Haushaltssatzung ab. Eine Kostenfreiheit nach § 2 GKG oder § 188 VwGO liegt hier nicht vor. Der Antragsteller ist auch richtiger Kostenschuldner (§ 22 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG).
Der Heranziehung des Antragstellers zur Zahlung der Sachverständigenentschädigung steht nicht die Unverwertbarkeit des Gutachtens entgegen. Nach der Rechtsprechung (vgl. hierzu: BayVGH, B.v. 22.11.2007 – 8 C 07.1535 – BeckRS 2010, 48502) führt die Unverwertbarkeit des Gutachtens zum Erlöschen des Vergütungsanspruchs des Sachverständigen. Eine solche Unverwertbarkeit ist hier jedoch nicht anzunehmen und wird von der Antragstellerseite auch nicht behauptet.
Auch Anhaltspunkte dafür, dass die Kosten für den gerichtlich beauftragten Sachverständigen wegen unrichtiger Sachbehandlung gemäß § 21 Absatz 1 Satz 1 GKG (zu den Voraussetzungen hierfür vgl.: BayVGH, B.v. 22.11.2007, a.a.O.) nicht erhoben werden dürften, sind weder vom Antragsteller dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens war im Klageverfahren notwendig, da zur Beurteilung der vom Antragsteller substantiiert erhobenen Kalkulationsrügen eine besondere Sachkunde erforderlich war.
b) Auch die Höhe der erhobenen Sachverständigenentschädigung ist rechtlich nicht zu beanstanden; der Antragsteller dringt mit seinen Einwänden gegen die vom BKPV in Rechnung gestellten Posten nicht durch.
Gemäß Nr. 9005 der Anlage 1 zum GKG wird die Sachverständigenentschädigung in voller Höhe gegenüber dem Kostenschuldner angesetzt. Die Abrechnung der Sachverständigenleistung ist vorliegend aufgrund der Vereinbarung der Parteien gemäß § 13 JVEG nach der jeweiligen Haushaltssatzung des BKPV erfolgt.
Nach der Haushaltssatzung des BKPV für das Jahr 2019 bemisst sich die Höhe der Gebühr nach dem Zeitaufwand des Gutachters einschließlich der Zeit für die Erstellung des Gutachtensentwurfs und der Zeit für Besprechungen (§ 5 Abs. 2 Satz 1). Die Gebühr beträgt für besondere Beratungs- und Gutachterleistungen bei juristischen Personen, die nicht Mitglied sind, pro Stunde 142 EUR (§ 5 Abs. 2 Satz 4 Nr. 4). Wenn der Prüfer wegen eines Einzeltermins an einem Tag eine andere Arbeit nicht mehr aufnehmen kann, tritt an die Stelle der kürzeren tatsächlichen Arbeitszeit die Regelarbeitszeit (§ 5 Abs. 2 Satz 3). Neben den Gebühren wird eine Nebenkostenpauschale (Reiseaufwand) von 53 EUR je Reisetag erhoben (§ 5 Abs. 4 Satz 1).
Vorliegend begegnen die Kosten, die der BKPV mit Rechnungen vom 20. Februar 2019, 25. März 2019 und 2. September 2019 angesetzt hat, keinen rechtlichen Bedenken; sie wurden daher zu Recht in voller Höhe auf den Antragsteller übergewälzt.
aa) Das vom BKPV geforderte Honorar für die Gutachterleistung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der BKPV hat in seinen Rechnungen den zutreffenden Gebührensatz nach § 5 Abs. 2 Satz 4 Nr. 4 der jeweiligen Haushaltssatzung zugrunde gelegt. Die Anzahl der berechneten Beratungsstunden ist nachvollziehbar und plausibel.
Sofern Einwände gegen die vom Sachverständigen angesetzte Zeit erhoben werden, besteht nur dann ein Anlass zu einer Nachprüfung, ob die vom Sachverständigen berechnete Zeit erforderlich war, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch erscheint. Die dabei vorzunehmende Prüfung kann nur eine grobe Plausibilitätsprüfung sein (vgl. hierzu: OLG Brandenburg, B.v. 4.3.2010 – 6 W 168/09 – NJOZ 2011, 457).
(1) Die in der Rechnung vom 20. Februar 2019 für die Anfertigung des Gutachtens angesetzten 37,5 Stunden sind angesichts des umfangreichen Gutachtens nicht unverhältnismäßig hoch. Der Antragsteller hat diesen Zeitaufwand explizit auch unbeanstandet gelassen.
(2) Die mit Rechnung vom 25. März 2019 zusätzlich berechneten 14,5 Stunden sind von der Antragstellerseite angezweifelt, aber nach Auffassung des Gerichts nachträglich vom BKPV mit Schreiben vom 14. Februar 2020 plausibilisiert worden. Es ist für das Gericht nachvollziehbar, dass zur Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung, in der die Gutachter als Sachverständige vernommen werden sollen, weiterer Aufwand anfällt, zumal hier vom Antragsteller 13 Fragen zum Gutachten vom 28. Juni 2018 aufgeworfen worden sind, die die Gutachter in der mündlichen Verhandlung beantworten mussten. Der Zeitaufwand von 14,5 Stunden für zwei Gutachter ist aus Sicht des Gerichts auch nicht unangemessen hoch, zumal der BKPV für die weitere (zweite) Vorbereitung der mündlichen Verhandlung, die wegen der Terminsverlegung aus Gründen, die der Antragsteller zu vertreten hatte, erforderlich wurde, keine weiteren Kosten in Rechnung gestellt hat.
(3) Auch die mit Rechnung vom 2. September 2019 nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Haushaltssatzung für das Jahr 2019 zweifach angesetzte Regelarbeitszeit, insgesamt also 16 Stunden, für die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist schlüssig, dass die Prüfer wegen der für 11 Uhr angesetzten mündlichen Verhandlung, die bis 14:15 Uhr dauerte, an diesem Tag eine andere Arbeit nicht mehr aufnehmen konnten. Entgegen der Auffassung des Antragstellers darf hier nicht nur auf die Zeit der tatsächlichen Teilnahme an der mündlichen Verhandlung abgestellt werden. Zur Verhandlungsdauer hinzu kommen erhebliche Fahrzeiten von rund 8 Stunden für den einen Gutachter und 2 Stunden für den anderen Gutachter (vgl. die Angaben in den von den Gutachtern ausgefüllten Formularen „Angaben zur Berechnung der Entschädigung“ jeweils vom 13.9.2019) sowie Warte-, Puffer- und kurze Vorbesprechungszeiten.
bb) Die vom BKPV mit Rechnungen vom 20. Februar und 2. September 2019 geforderten Reisekosten für eine Besprechung der Gutachter in München im Rahmen der Gutachtenserstellung sowie für deren Teilnahme an der mündlichen Verhandlung sind auf der Grundlage des § 5 Abs. 4 Satz 1 der jeweiligen Haushaltssatzung des BKPV korrekt berechnet worden. Die Gutachter leben ausweislich der ausgefüllten Formulare „Angaben zur Berechnung der Entschädigung“ nicht in München, so dass eine Anreise nach München jeweils erforderlich war.
cc) Schließlich sind Einwände gegen die mit Rechnung vom 20. Februar 2019 erhobenen Auslagen für die Gutachtensausfertigung nicht erhoben worden; insoweit sind Fehler auch nicht ersichtlich. Insbesondere erscheinen die hierfür berechneten Kosten in Höhe von 44,10 EUR nicht unangemessen hoch.
4. Eine Kostenentscheidung war in diesem Verfahren nicht veranlasst, weil das Verfahren nach § 66 Abs. 8 GKG gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019 § 151 Rn 6).


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