Arbeitsrecht

Erwachsenenadoption – fehlende sittliche Rechtfertigung für die Änderung des Vornamens des Anzunehmenden, Bemessung des Verfahrenswerts

Aktenzeichen  1 F 146/20

Datum:
28.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 46921
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Eggenfelden
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 22 Abs. 1 S. 1
BGB § 1743, § 1752 Abs. 2, § 1757 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 1767 Abs. 2, § 1768 Abs. 1, § 1770
FamFG § 197 Abs. 3 S. 1
FamGKG § 42 Abs. 2, Abs. 3

 

Leitsatz

1. Da nicht ersichtlich ist, wie die Veränderung des Vornamens eines volljährigen Anzunehmenden dem Zweck der Adoptionsvorschriften entsprechend sittlich gerechtfertigt sein könnte, ist der Antrag auf eine solche Namensänderung abzulehnen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei der Adoption eines Volljährigen handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, für die das FamGKG keine besonderen Vorschriften enthält. Der Verfahrenswert ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs, der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500.000,- Euro (§ 42 Abs. 2 FamGKG). (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Bei der Bestimmung des Verfahrenswerts ist es gerechtfertigt, einen Prozentsatz von 20% des gemeinsamen Reinvermögens der Beteiligten als Verfahrenswert festzusetzen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Auf Antrag der Annehmenden und der Anzunehmenden vom 11.03.2020 wird die Annahme der Anzunehmenden (…) – Anzunehmende – als gemeinsames Kind der Eheleute (…) und (…) – Annehmende – ausgesprochen.
2. Die Angenommene führt nunmehr den Geburtsnamen (…).
3. Der Antrag auf Abänderung des Vornamens der Anzunehmenden wird zurückgewiesen.
4. Die Angenommene und die Annehmenden tragen die Gerichtskosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Ihre außergerichtlichen Auslagen tragen die Beteiligten jeweils selbst.
5. Der Verfahrenswert wird auf (…) festgesetzt.

Gründe

Das Amtsgericht Eggenfelden ist zum Ausspruch der Annahme als Kind sachlich und örtlich zuständig, da die Annehmenden im Bezirk des Gerichts ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Die Adoption unterliegt gemäß Artikel 22 Abs. 1 Satz 1 EGBGB deutschem Recht, da die Annahme als Kind im Inland erfolgt.
Der Antrag auf Annahme des Kindes wurde formgerecht gestellt (§ 1767 Abs. 2, § 1768 Abs. 1, § 1752 Abs. 2 BGB).
Das Alterserfordernis der § 1767 Abs. 2, § 1768 Abs. 1, § 1743 BGB ist gewahrt.
Die Annehmenden und die Anzunehmende wurden persönlich gehört.
Von der Anhörung der leiblichen Eltern der Anzunehmenden wurde abgesehen. Sie sind nicht Beteiligte des Verfahrens, nach glaubhafter Angabe der Beteiligten wurde sie aus der eigenen Familie verstoßen, Bedrohungen aus ihrem familiären Umfeld führten dazu, dass sie sich zeitweise im Frauenhaus aufhielt. Das Gericht sieht es aus Gründen des Wohls und der Gesundheit der Anzunehmenden und der Annehmenden nicht als möglich an, diese anzuhören. Nachdem die vorliegende Adoption die Rechtsbeziehungen der Anzunehmenden zu ihren leiblichen Eltern nicht ändert, erscheint die Anhörung auch nicht geboten.
Die Kinder des Annehmenden(…)wurden gehört. Der Beteiligte(…)wendet sich gegen den Ausspruch der Adoption. Auf die von seinem anwaltlichen Vertreter eingereichten Schriftsätze wird Bezug genommen.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Annahme als Kind liegen vor. Nach Überzeugung des Gerichts ist zwischen Anzunehmender und den Annehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis, in dem sich die Beteiligten zur gegenseitigen Beistandschaft in allen Lebenslagen bereit zeigen, bereits entstanden.
Überwiegende Interessen des Beteiligten(…), welche der Adoption gem. § 1769 BGB entgegenstehen, liegen nicht vor. Ungeachtet des weiteren Vortrags der Annehmenden mit Schriftsatz vom 25.09.2020, der für das Gericht nicht mehr entscheidungsrelevant war, steht für das Gericht nach den insoweit durchaus übereinstimmenden Angaben des Annehmenden und seines Sohnes fest, dass zwischen ihnen seit vielen Jahren ein zerrüttetes Verhältnis besteht.(…)Nachdem sich Vater und Sohn über viele Jahre hinweg emotional voneinander entfernt haben und ersichtlich auch von keiner Seite der Wunsch besteht, wieder Kontakt zueinander herzustellen, sieht das Gericht auf Seiten des Sohnes von Herrn(…)durch die Adoption im Wesentlichen vermögensrechtliche Interessen berührt, was der Sohn auch klar zum Ausdruck bringt. Im Endeffekt bewirkt die Adoption eine Verringerung des Pflichtteils, welcher dem Sohn nach dem Tod des Annehmenden ggf. zufallen würde. Der Annehmende bringt klar zum Ausdruck, dass der Sohn aufgrund seiner dürftigen Vermögenssituation ohnehin nicht viel zu erwarten hätte. Ungeachtet dessen ist aber bei der Entscheidung darauf abzustellen, ob die vermögensrechtlichen Interessen des Sohnes die Interessen der anderen Beteiligten an der Adoption überwiegen. Dies ist nach Auffassung des Gerichts nicht der Fall. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist jahrzehntelang zerrüttet, eine Besserung nicht in Sicht. Demgegenüber versichern die Anzunehmende ihrerseits die Annehmenden sich gegenseitig den Willen zur gegenseitigen Unterstützung in allen Lebenslagen. Es besteht daher ein billigenswertes Interesse, die entstandene Bindung auch rechtlich nachzuvollziehen.
Die Annahme als Kind gründet sich auf §§ 1767, 1770 BGB.
Den Antrag auf Abänderung des Vornamens der Anzunehmenden im Adoptionsverfahren weist das Gericht zurück. Zwar verweist § 1767 Abs. 2 Satz 1 BGB für die Volljährigenadoption auch auf die Regelung des § 1757 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB. Das Gericht folgt der in weiten Teilen der Literatur vertretenen Auffassung, dass das in § 1757 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB genannte „Kindeswohl“ – wie stets bei der Volljährigenadoption – durch die „sittliche Rechtfertigung“, § 1767 Abs. 1 BGB, zu ersetzen ist. Es ist jedoch nicht ersichtlich, wie die Veränderung des Vornamens eines volljährigen Anzunehmenden sittlich gerechtfertigt werden könnte, was den Zweck der Adoptionsvorschriften angeht (vgl. z.B. beckonline.Großkommentar-Löhnig, § 1757 BGB rn. 35 m.w.N.). Ob andere gesetzliche Möglichkeiten mit anderer Zweckrichtung eine Namensänderung erlauben, ist nicht vom Adoptionsgericht zu beurteilen.
Der Beschluss ist hinsichtlich des Ausspruchs der Annahme als Kind unanfechtbar. (§ 197 Abs. 3 Satz 1 FamFG), die Ablehnung der beantragten Vornamensänderung ist mit der fristgebundenen Beschwerde anfechtbar.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG.
Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 42 Abs. 2 und 3 FamGkG.
Bei der Adoption eines Volljährigen handelt es sich um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit, für die das FamGKG keine besonderen Vorschriften enthält. Der Verfahrenswert ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht über 500.000,- Euro (§ 42 Abs. 2 FamGKG).
Bei der Bestimmung des Verfahrenswerts ist dabei vor allem auf die wirtschaftliche Situation des Annehmenden und des Anzunehmenden, insbesondere auf die beiderseitigen Vermögensverhältnisse abzustellen, zumal die Adoption eines Volljährigen für beide Seiten erhebliche wirtschaftliche Folgen hat (vgl. OLG München, FamRZ 2015, 1509-1511). Aufgrund der hohen Bedeutung der Adoption für die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beider Seiten hält es das Gericht für gerechtfertigt, hier einen Prozentsatz von 20% des gemeinsamen Reinvermögens der Beteiligten als Verfahrenswert festzusetzen. Nach Angaben der Beteiligten beläuft sich das Reinvermögen der Annehmenden auf ca. (…), des Annehmenden auf ca.(…), während die Anzunehmende keine wesentlichen Vermögenswerte besitzt. Der Verfahrenswert wird somit auf (…) Euro festgesetzt.


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