Arbeitsrecht

Fehlen der Voraussetzungen für eine Erwachsenen-Adoption

Aktenzeichen  2 F 145/18

Datum:
18.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34302
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Erding
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1752 Abs. 2 S. 2, § 1767 Abs. 1 S. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1. Für die Annahme eines Eltern-Kind-Verhältnisses iSv § 1767 Abs. 1 BGB kommt es darauf an, ob aufgrund einer emotionalen Verbundenheit zwischen den Annehmenden und dem Anzunehmenden ein sozialer Familienverband entstanden ist oder entstehen kann, der seinem Inhalt nach der durch die natürliche Abstammung geschaffenen familiären Bindung ähnelt. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Äußeres Zeichen einer derartigen Verbindung ist unter erwachsenen Personen insbesondere eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand. Dieses familienbezogene Motiv muss in zweifelsfreier Weise das Hauptmotiv für die beabsichtigte Annahme sein. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ergibt sich nach den tatsächlichen Umständen der Eindruck, dass dem Motiv einer möglichst schenkungs- bzw. erbschaftssteuerminimierenden Übertragung des Vermögens des Annehmenden auf den Anzunehmenden eine zentrale Rolle zukommt, begründet dies Zweifel an einem familienbezogenen Hauptmotiv für die beabsichtigte Annahme. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag des Anzunehmenden und der Annehmenden vom 12.03.2018, eingegangen bei Gericht am 15.03.2018, auf Annahme
– Anzunehmender –
als Kind der …
Staatsangehörigkeit: deutsch
– Annehmende –
Weitere Beteiligte: Ehegattin des Anzunehmenden: …
wegen Annahme als Kind
des deutschen Staatsangehörigen …
Familienstand: ledig, wohnhaft …
wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Annehmende und der Anzunehmende als Gesamtschuldner.
3. Der Verfahrenswert wird auf 150.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Gegenstand des Verfahrens ist eine Erwachsenenadoption des Beteiligten zu 1) durch die Beteiligte zu 2).
□er Beteiligte zu 1) ist das biologische Kind des Ehepaars H. Zu seinen Eltern, die ebenfalls im Landkreis… wohnen, hat er ein gutes Verhältnis. Seine Mutter ist die Schwester der Beteiligten zu 2) Der Beteiligte zu 1) wuchs bei seinen Eltern auf. Er ist verheiratet, hat zwei minderjährige Kinder und übt den Beruf des Kfz-Meisters aus.
Die Beteiligte zu 2) blieb – wie ihre weiteren Geschwister – unverheiratet und kinderlos. Fast ihr gesamtes bisheriges Leben haben die drei Geschwister auf dem bäuerlichen Anwesen in … verbracht. Gemeinsam bewirtschaftete sie bis in das Jahr 2012, als der Bruder … verstarb, den landwirtschaftlichen Betrieb in der Größe von ca 25 ha Bereits von Kindheit an half der Beteiligte zu 1) bei den in der Landwirtschaft anfallenden Arbeiten häufig mit und unterstützte so seinen Onkel und Tanten in seiner Freizeit nach Kräften.
Aufgrund der letztwilligen Verfügung des Eigentümers des Betriebs. … beerbte ihn der Beteiligte zu 1), wobei der Beteiligten zu 2) und deren Schwester … jeweils ein Wohnrecht am Hof sowie eine vom Beteiligten zu 2) zu zahlende Rente vermacht wurden. Seither bewirtschaftet der Beteiligte zu 1) den landwirtschaftlichen Betrieb im Nebenerwerb alleine. Darüber hinaus ist er seinen beiden Tanten bei den Verrichtungen des täglichen Lebens behilflich. Diese wiederum unterstützen auch seine Familie durch Gefälligkeiten beim Bestreiten des Alltags. Festtage und Familienfeiern werden gemeinsam gestaltet.
Doppelhaushälfte in … deren zweite Hälfte im Ei … steht. Daneben verfügt sie noch über ein Vermögen im Wert von ca. 80.000 € Sie beabsichtigt die Immobilie dem Beteiligten zu 1) zu übereignen, der sich bereits seit Längerem um ihren Erhalt kümmert.
Mit Beschluss des Amtsgerichts Erding vom 07.03 2012 wurde die Annahme des Beteiligten zu Mit notariell beurkundetem Antrag vom 12.03.2018, eingegangen bei Gericht am 15.03.2018 beantragten die Beteiligten die Annahme des volljährigen Beteiligten zu 1) als Kind der Beteiligten zu 2) auszusprechen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die von den Beteiligten vorgelegten Dokumente und den Anhörungsvermerk vom 18.06.2018 Bezug genommen.
II.
1. Die formellen Voraussetzungen für die beantragte Volljährigenadoption liegen vor. Die Anträge wurden in notarieller Form gestellt. §§ 1767 Abs. 2,1752 Abs. 2 Satz 2 BGB.
2. Die Annahme des Beteiligten zu 1) als Kind der Beteiligten zu 2) konnte nicht ausgesprochen werden, da die materiellrechtlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.
Gemäß § 1767 Abs. 1 1 BGB kann ein Volljähriger dann als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. Die Vorschrift bestimmt weiter, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist oder bei objektiver Betrachtung der bestehenden Bindungen und ihrer Entwicklungsmöglichkeiten das Entstehen eines derartigen Verhältnisses für die Zukunft zu entarten ist. Es kommt mithin entscheidend darauf an, ob aufgrund einer emotionalen Verbundenheit zwischen den Beteiligten ein sozialer Familien verband entstanden ist oder entstehen kann, der seinem Inhalt nach der durch die natürliche Abstammung geschaffenen familiären Bindung ähnelt. Äußeres Zeichen einer derartigen Verbindung ist unter erwachsenen Personen insbesondere eine auf Dauer angelegte Bereitschaft zum gegenseitigen Beistand. Dieses familienbezogene Motiv muss in zweifelsfreier Weise das Hauptmotiv für die beabsichtigte Annahme sein; das Vorliegen weiterer Motive schadet dem gegenüber nicht, solange es sich nur um Nebenmotive handelt. Dass das familienbezogene Motiv das Hauptmotiv für die beantragte Annahme als Kind ist, muss zur Überzeugung des Gerichts positiv feststehen. Dabei sind sämtliche in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls gegeneinander abzuwägen.
Vorliegend bleiben Zweifel daran, ob ein familienbezogen es Motiv bei der beantragten Adoption im Vordergrund steht.
Zwar tragen die Beteiligten übereinstimmend vor, dass sie sich bereits seit vielen Jahren bei der Erledigung alltäglicher Verrichtungen gegenseitig nach Kräften unterstützen. Dennoch war nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass die Beteiligten auch in einer Weise miteinander emotional verbunden sind, die über ein gutes Tanten-Neffen-Verhältnis hinausgeht Vorliegend handelt es sich um ein situativ besonderes Verhältnis, da die Beteiligte zu 2) im Haus des Beteiligten zu 1) lebt und hierzu durch ein Wohnrecht berechtigt ist. Beide Beteiligten haben schon deshalb ein natürliches Interesse an einem guten Miteinander und dem Erhalt des bäuerlichen Anwesens. Schon aus diesem Grund liegt eine hohe gegenseitige Rücksichtnahme mit der Bereitschaft den jeweils anderen zu unterstützen im Interesse jedes Beteiligten. Die Situation ist grundlegend anders, als zwischen einem Neffen und einer Tante, deren Eigentum und Existenzgrundlage nicht derart verflochten sind. Ein hohes Engagement der Beteiligten kann daher in der vorliegenden Situation nicht ohne weiteres als Anzeichen einer besonders emotionalen Bindung, wie man sie zwischen Sohn und Mutter erwartet, gewertet werden.
Aus der Gesamtschau der bereits vorgenommenen Adoptionen des Beteiligten zu 1) durch seinen Onkel J J im Jahr 2012 und dessen fr:; hwesler… im Jahr 2017 in Verbindung mit dem nunmehr gestellten Adoptionsantrag des dritten Geschwisterteils, der Beteiligten zu 2), ergibt sich zudem der Eindruck, dass dem Motiv einer möglichst schenkungs- bzw. erbschaftssteuerminimierenden Übertragung des Vermögens der Beteiligten zu 2) auf den Beteiligten zu 1) bei der beantragten Adoption eine zentrale Rolle zukommt. So erfolgte die Adoption des Beteiligten zu 1) durch J kurze Zeit vor dessen Ableben, woraufhin dessen landwirtschaftlicher Betrieb im Wege der gewillkürten Erbfolge auf den Beteiligten zu 1) überging. Sowohl … als auch deren Schwester, die Beteiligte zu 2), verfügen ebenfalls über ein beträchtliches Vermögen und die Beteiligte zu 2) beabsichtigt auch ihre Immobilie auch auf den Beteiligten zu 1) zu übertragen.
Angesichts dieser Umstände reichen die von den Beteiligten zur Begründung ihres Adoptionsantrags vorgetragenen langjährigen wechselseitigen Hilfeleistungen bei der Bewältigung des täglichen Lebens nicht aus. um die Annahme eines bereits entstandenen Eltern-Kind-Verhältnis oder die Perspektive, dass sich ein derartiges Verhältnis entwickeln könnte, zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG. Die Festsetzung des Verfahrenswertes beruht auf § 42 Abs. 2 und 3 FamGKG.


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