Arbeitsrecht

Festsetzung einer Zeugenentschädigung für einen nur an zwei Tagen in der Woche beruflich tätigen Selbstständigen

Aktenzeichen  8 K 2/20

Datum:
10.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt 8. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGST:2022:0310.8K2.20.00
Normen:
§ 4 JVEG
§ 20 JVEG
§ 22 JVEG
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Einem regelmäßig nur an zwei Tagen in der Woche beruflich tätigen Selbstständigen steht keine Entschädigung für Verdienstausfall nach § 22 JVEG zu, wenn er seine Arbeit auch vor und nach dem Termin durchführen kann.(Rn.5)
(Rn.9)

Tenor

Die Entschädigung des Zeugen C. für die Wahrnehmung des Termins vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg am 31. August 2021 wird auf 234 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Zeuge C. nahm am 31. August 2021 in dem Verfahren 8 K 2/20 den Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg wahr.
Mit Antrag vom 24. September 2021 beantragte er die Festsetzung einer Zeugenentschädigung. Er gab eine Reisezeit von 7:45 Uhr bis 15:50 Uhr, eine Reisestrecke von 280 km, Kosten für Parkgebühren von 2,00 € und einen Verdienstausfall von 53,00 € pro Stunde an. Zu seinem Verdienstausfall teilte er mit Schreiben vom 12. Oktober 2021 mit, er sei seit dem 1. Mai 2019 Rentner und arbeite seit dem 1. März 2020 selbständig ca. 500 Stunden jährlich für seinen bisherigen Arbeitgeber. Seine Arbeitszeit verteile sich im Wesentlichen auf die Tage Dienstag und Donnerstag. Die Bearbeitungen, die am Dienstag, den 31. August 2021, zu erledigen gewesen seien, habe er soweit möglich am Montag und den Rest am Mittwoch erledigt. Dafür habe sich eine Arbeitszeit von 4,5 Stunden ergeben.
Am 18. Oktober 2021 bewilligte die Kostenbeamtin eine Entschädigung vom 310,50 €, die sich wie folgt zusammensetzten:
o Verdienstausfall (§ 22 JVEG) 4,5 Stunden x 25 €/Stunde =
112,50 €
o Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG) 560 km zu 0,35 €/km =
196 € 
o Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG) (Parkticket) =
   2 €
o Gesamt =
310,50 €
Mit Schreiben vom 7. Februar 2022 hat die Bezirksrevisorin bei dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt einen Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Entschädigung des Zeugen C. gestellt. Sie macht geltend, dem Zeugen C. stehe keine Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG zu, sondern lediglich eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG, da er die für den 31. August 2021 vorgesehenen Arbeiten auf andere Tage verschoben und hierfür die vorgesehene Vergütung erhalten habe.
Der Zeuge C. ist hierzu angehört worden und hat mit Schreiben vom 1. März 2022 Stellung genommen.
II.
Auf den Antrag der Bezirksrevisorin vom 7. Februar 2022 wird die Entschädigung des Zeugen C. für die Wahrnehmung des Termins vor dem Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt in Magdeburg am 31. August 2021 gemäß § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt. Zuständig hierfür ist gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 Halbs. 1 JVEG der Berichterstatter als Einzelrichter.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG stellt keine Überprüfung der von der Kostenbeamtin vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Mit dem Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung wird die Festsetzung durch die Kostenbeamtin gegenstandslos (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. August 2016 – 3 B 14.1431 – juris Rn. 2). Der Berichterstatter hat eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor von der Kostenbeamtin festgesetzt worden ist.
Dem Zeugen C. steht – aus den von der Bezirksrevisorin genannten Gründen – keine Entschädigung für Verdienstausfall gemäß § 22 JVEG, sondern (nur) eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG zu. Hieraus ergibt sich folgende (neue) Berechnung der Entschädigung:
o Zeitversäumnis (§ 20 JVEG)
o 9 Stunden (§ 19 Abs. 2 Satz 4 JVEG) zu 4 € =
 36 € 
o Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG) 560 km zu 0,35 €/km =
196 € 
o Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG) (Parkticket) =
   2 €
o Gesamt =
234 € 
Im Ergebnis ergibt sich eine Rückforderung in Höhe von 76,50 € (310,50 € – 234 €).
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).


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