Arbeitsrecht

Förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeit für die Beamtentätigkeit

Aktenzeichen  3 B 19.1558

Datum:
14.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36164
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBesG Art. 30, 31 Abs. 2 S. 1
BayBeamtVG Art. 18 S. 1 Nr. 2
VwGO § 108 Abs. 2, § 114, § 154 Abs. 1, § 167 Abs. 2
BeamtVG § 10 Abs. 1 Nr. 2
LlbG Art. 34 Abs. 3, Art. 39 Abs. 1
BayBG Art. 47, Art. 48, Art. 49 Abs. 1 S. 1
RDGEG § 3, § 5
BayVwSG Art. 1 Abs. 1
BBesG § 28
StRGVV § 8 S. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Förderlich im Sinne des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der gerichtlich voll überprüfbar ist und keinen Beurteilungsspielraum eröffnet. (Rn. 16)
2. Nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG muss die Beschäftigungszeit für die Tätigkeiten eines Beamten der jeweiligen Qualifikationsebene innerhalb der angetretenen Fachlaufbahn und des jeweiligen Geschäftsbereiches seiner obersten Dienstbehörde förderlich sein. (Rn. 27 – 28)

Verfahrensgang

M 5 K 15.3979 2017-02-08 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. Februar 2017 wird abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten (Schriftsätze vom 19./28.5.2020) ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 125 Abs. 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht teilweise stattgegeben. Der Bescheid des Landesamtes vom 5. März 2015 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12. August 2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beschäftigung des Klägers als freiberuflicher Nachhilfelehrer für ein privatrechtliches Nachhilfeinstitut in der Zeit vom 1. Februar 2004 bis 30. September 2011 ist für seine Beamtentätigkeit nicht als förderlich anzusehen.
1. Rechtsgrundlage für das von dem Kläger geltend gemachte Begehren ist Art. 30 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 und Satz 6 i.V.m. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG. Nach letzterer Bestimmung kann der Zeitpunkt des Diensteintritts auf Antrag mit Wirkung vom Ersten des Antragsmonats um sonstige für die Beamtentätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten fiktiv vorverlegt werden.
Diese Voraussetzungen sind bereits tatbestandlich nicht erfüllt, sodass sich eine Nachprüfung der Ermessensbetätigung des Beklagten gemäß § 114 VwGO erübrigt.
1.1 Die „Förderlichkeit“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen Kontrolle (BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 2 C 25.16 – juris Rn. 15) und eröffnet keinen Beurteilungsspielraum (VGH BW, U.v. 18.3.2014 – 4 S 2129/13 – juris Rn. 20; OVG NW, U.v. 17.8.2018 – 1 A 1044/16 – juris Ls. 1, Rn. 38; a.A. Kuhlmey in Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Stand: September 2020, Art. 31 BayBesG Rn. 45).
Das Rechtsstaatsgebot des Art. 19 Abs. 4 GG gebietet grundsätzlich eine vollständige gerichtliche Nachprüfung hoheitlicher Maßnahmen, soweit nicht der Gesetzgeber der Verwaltung erkennbar Gestaltungs-, Ermessens- oder Beurteilungsspielräume belässt. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss zum einen normativ angelegt sein, d.h. sich durch Normauslegung ermitteln lassen. Zum anderen muss die Bestimmung des Bedeutungsgehalts einer Rechtsnorm so vage oder ihre fallbezogene Anwendung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle wegen der hohen Komplexität oder der besonderen Dynamik der geregelten Materie an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts zu treffen ist. Hinzukommen muss, dass die Gerichte die Aufgabe, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, selbst dann nicht bewältigen können, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (BVerwG, U.v. 25.7.2013 – 2 C 18.12 – juris Rn. 24 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Beurteilung der „Förderlichkeit“ nicht erfüllt:
Der Spielraum des Dienstherrn bei der Bestimmung der dienstlichen Anforderungen für eine Laufbahn rechtfertigt keine Einschränkung der gerichtlichen Kontrolldichte bei der Beurteilung der daran anknüpfenden Förderlichkeitsbetrachtung hinsichtlich zuvor ausgeübter hauptberuflicher Beschäftigungszeiten. Der Dienstherr hat die Förderlichkeitsbeurteilung auf der Grundlage einer fundierten und nachvollziehbaren Tatsachengrundlage zu treffen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die Verwaltungsgerichte im Gegensatz zum Dienstherrn gehindert wären, sich ein dahingehendes eigenverantwortliches Urteil zu bilden (VGH BW, U.v. 18.3.2014 – 4 S 2129/13 – juris Rn. 22).
Vor diesem Hintergrund ist es unbeachtlich, wenn die Gesetzesbegründung (LT-Drs. 16/3200, S. 382) ebenso wie die Nr. 31.2.5 der Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. Dezember 2010 (FMBl 2011, 9), zuletzt geändert am 22. Oktober 2018 (FMBl S. 186) davon ausgehen, die „Förderlichkeit“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum.
1.2 Die Förderlichkeitsbetrachtung ist weder beschränkt auf Dienstposten innerhalb der Einstellungsbehörde (hier Landesamt) noch auf das Amt im konkret-funktionellen Sinne, auf dem der Beamte nach seiner Einstellung zuerst eingesetzt wurde (1.2.1). Hierfür ergibt sich schon aus dem Wortlaut („für die Beamtentätigkeit“) kein Anhaltspunkt. Es wäre aber zu weitgehend, würde man vom Dienstherrn verlangen, sämtliche Dienstposten der jeweiligen (hier dritten) Qualifikationsebene des Beamten außerhalb dessen angetretener Fachlaufbahn und Geschäftsbereichs seiner obersten Dienstbehörde in die Förderlichkeitsbeurteilung miteinzubeziehen (1.2.2).
Ausgangspunkt ist die Auslegung der Einschränkung „für die Beamtentätigkeit“ förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten in Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG, die nach dem Wortlaut hinsichtlich des Maßstabs und Bezugspunktes der Förderlichkeit der Vortätigkeit nicht eindeutig ist. Diese Einschränkung lässt Raum hinsichtlich der Auslegung für welchen Aufgabenbereich des Beamten seine Vortätigkeit förderlich sein muss.
1.2.1 Bei der Bewertung der Förderlichkeit einer beruflichen Vortätigkeit sind alle möglichen Tätigkeiten innerhalb der Fachlaufbahn des Beamten in den Blick zu nehmen, weil die Einstufung nach Art. 30 i.V.m. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG zu Beginn der Beamtenlaufbahn für die gesamte Beschäftigungszeit des Klägers unter Berücksichtigung seiner jeweiligen Fachlaufbahn erfolgt (zu den Auswirkungen des Qualifikationserwerbs der jeweiligen Fachlaufbahn auf die Stufenzuordnung vgl. Art. 30 Abs. 1 Satz 3 BayBesG i.V.m. Art. 34 Abs. 3 LlbG, Art. 30 Abs. 1 Satz 4 BayBesG i.V.m. Art. 39 Abs. 1 LlbG, Art. 31 Abs. 1 Nr. 1 BayBesG, Art. 31 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 BayBesG i.V.m. Art. 34 Abs. 2, Art. 38 Abs. 2 LlbG; OVG NW, U.v. 17.8.2018 – 1 A 1044/16 – juris Rn. 44 m.w.N. zu § 28 BBesG a.F.; a.A. wohl Kuhlmey in Schwegmann/Summer a.a.O. Art. 31 BayBesG Rn. 45 „Tätigkeiten der betreffenden Laufbahngruppe“).
Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung des weiten Wortlauts des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG („für die Beamtentätigkeit förderliche“) wäre es eine zu enge Betrachtungsweise, würde man verlangen, dass die Vortätigkeit für einen Dienstposten bei der Einstellungsbehörde förderlich sein müsste. Denn bei der Frage der Förderlichkeit muss ein möglicher Wechsel des Beamten auf andere Dienstposten in dem Geschäftsbereich (Art. 53 Satz 2 BV) seines Dienstherrn berücksichtigt werden, da zunehmend sowohl von Probe- als auch Lebenszeitbeamten flexible Einsatzmöglichkeiten – auch außerhalb der Einstellungsbehörde – erwartet werden und sie daher ihre „künftigen Dienstaufgaben“ (LT-Drs. 16/3200 S. 382) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit an unterschiedlichen Dienststellen ausüben werden. Der mehrmalige Wechsel des Dienstpostens erscheint heutzutage eher die Regel als die Ausnahme. Mit vorübergehenden Abordnungen an eine andere Dienststelle (Art. 47 BayBG) oder Versetzungen (Art. 48 BayBG) hat eine Beamtin oder ein Beamter im Laufe seiner Dienstzeit – wie die im vorliegenden Fall erfolgte Abordnung zeigt – zu rechnen. Insoweit wäre es sachwidrig, die Festsetzung der Erfahrungsstufen von dem bloßen Zufall abhängig zu machen, bei welcher Dienststelle und auf welchem der möglichen Dienstposten seiner Qualifikationsebene und Fachlaufbahn der Beamte nach seiner Einstellung zuerst eingesetzt wird (vgl. OVG NW, U.v. 17.8.2018 – 1 A 1044/16 – juris Rn. 44; VG Köln, U.v. 1.7.2013 – 15 K 4360/12 – juris Rn. 12).
1.2.2 Andererseits wäre es unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens zu weitgehend, stellte man im Rahmen der Förderlichkeitsbetrachtung auf die gesamte Qualifikationsebene des Beamten außerhalb der angetretenen Fachlaufbahn und des Geschäftsbereichs der jeweiligen obersten Dienstbehörde ab. Dies stünde weder mit den Gesetzesmaterialien und der Gesetzessystematik noch mit dem Regelungszweck des Art. 31 Abs. 2 BayBesG in Einklang. Denn die Vorverlagerung des Diensteintritts nach Art. 31 Abs. 2 BayBesG bedarf als Ausnahmeregelung vom Grundsatz des Art. 30 Abs. 1 BayBesG einer besonderen Rechtfertigung (LT-Drs. 16/3200 S. 382). Zwar deutet der Wortlaut des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG („für die Beamtentätigkeit“) – wie dargestellt – auf eine grundsätzlich weite Auslegungsmöglichkeit hin (vgl. Nr. 31.2.3 Satz 1 BayVwVBes; vgl. VG Freiburg, U.v. 22.1.2013 – 5 K 437/12 – juris Rn. 26 zu § 28 BBesG). Der gesetzgeberische Wille, Berufszeiten nur dann als förderlich anzusehen, wenn diese für die „Wahrnehmung der künftigen Dienstaufgaben“ von konkretem besonderen Interesse sind (LT-Drs. 16/3200, S. 382), erfordert allerdings eine im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung einschränkende Auslegung. Bei der rechtlichen Beurteilung, für welche Dienstposten die Vortätigkeit förderlich sein muss, haben solche außer Betracht zu bleiben, die künftig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu den Dienstaufgaben des Beamten gehören werden. Sehr weit außerhalb der amtstypischen Tätigkeiten liegende Verwendungen sind daher nicht in die Förderlichkeitsbetrachtung einzubeziehen. Entsprechend verhält es sich bei Dienstposten außerhalb der Fachlaufbahn eines Beamten. Denn ein Wechsel zwischen den Fachlaufbahnen und zu einer anderen obersten Dienstbehörde ist (nur) unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen zulässig. Ein Laufbahnwechsel ist nur unter den strengen Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 2 LlbG möglich. Er setzt voraus, dass die Qualifikation für die neue Fachlaufbahn aufgrund der bisherigen Vorbildung, Ausbildung und Tätigkeit durch Unterweisung, förderliche praktische Tätigkeiten oder zusätzliche Fortbildungsmaßnahmen erworben werden kann, und ist ausgeschlossen, wenn für die neue Fachlaufbahn oder den neuen fachlichen Schwerpunkt eine bestimmte Vorbildung, Ausbildung oder Prüfung durch besondere Rechtsvorschrift vorgeschrieben oder nach ihrer Eigenart zwingend erforderlich ist.
Ließe man die jeweilige Fachlaufbahn außer Acht, böte darüber hinaus gerade das Tätigkeitsfeld eines Beamten der dritten Qualifikationsebene – wie der Beklagte zu Recht anmerkt – ein überaus vielfältiges Spektrum von Verwaltungstätigkeiten, das der jeweils obersten Dienstbehörde als zuständige Stelle (Art. 31 Abs. 2 Satz 5 BayBesG) die Durchführbarkeit einer entsprechend weitreichenden Förderlichkeitsbetrachtung unmöglich machen würde. Die Einsatzmöglichkeiten reichen vom Steuer-, Dienst-, Arbeits-, Sicherheitsrecht etc. über das Gesundheitswesen und Aufgaben im technischen Dienst (IT, Vermessung) bis hin zu Tätigkeiten ohne jeglichen rechtlichen oder technischen Bezug (Pressestellen, persönlicher Referent, in der Organisation von Behörden). Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass jedwede Art von Vordiensttätigkeit bei einem Vergleich mit dem gesamten Tätigkeitsbereich von Beamten mit Einstieg in der (hier dritten) Qualifikationsebene in gewisser Weise förderlich erscheint, sehr hoch. Gerade für die jeweilige Qualifikationsebene bzw. Fachlaufbahn atypische Tätigkeiten können aber vernünftigerweise nicht in eine zu Beginn der Beamtentätigkeit zu treffende Prognoseentscheidung einbezogen werden. Die zuständige Behörde kann sich allenfalls auf Tätigkeiten beziehen, die von einem Beamten mit der jeweiligen Aus- und Fortbildung im eigenen Geschäftsbereich typischerweise wahrgenommen werden. Eine sich auf die gesamte Staatsverwaltung erstreckende Erkundigungspflicht, ob dort ein Dienstposten der (hier dritten) Qualifikationsebene zur Verfügung steht, für die die Vordienstzeit des Beamten förderlich sein könnte, kann dem Dienstherrn nicht zugemutet werden und widerspricht dem gesetzgeberischen Willen.
Vor diesem Hintergrund rechtfertigt sich auch die Beschränkung auf den jeweiligen Geschäftsbereich der obersten Dienststelle des Beamten. Die Abordnung oder Versetzung zu einer anderen obersten Dienstbehörde oder einem anderen Dienstherrn ist gleichfalls nur unter eingeschränkten Voraussetzungen möglich, da hierfür die aufnehmende Stelle ihr Einvernehmen erteilen muss (Art. 49 Abs. 1 Satz 1 BayBG). Im Übrigen trifft die Entscheidung über die Anerkennung sonstiger für die Beamtentätigkeit förderlicher Beschäftigungszeiten die oberste Dienstbehörde (Art. 31 Abs. 2 Satz 5 BayBesG). Im Umkehrschluss dazu muss sich die Förderlichkeitsbeurteilung auf Tätigkeiten innerhalb des Geschäftsbereichs der obersten Dienstbehörde beschränken.
Würde man im Rahmen der Förderlichkeitsbetrachtung auf die gesamte Qualifikationsebene des Beamten ohne entsprechende Beschränkungen abstellen, stünde dies mit Nr. 31.2.3 Satz 2 BayVwVBes in Widerspruch, der verlangt, dass sich die Förderlichkeit auf die künftig auszuübende Beamtentätigkeit und die mit dem Amt verbundenen Aufgaben beziehen muss. Dadurch wird deutlich, dass auf den Inhalt der auszuübenden Tätigkeit abzustellen ist, der durch den fachlichen Schwerpunkt der jeweiligen Fachlaufbahn des Beamten näher bestimmt wird. Die Tätigkeiten der betreffenden Qualifikationsebene müssen künftig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit jedenfalls möglich sein („möglicher Tätigkeiten“ Nr. 31.2.3 Satz 3 BayVwVBes). Die norminterpretierende Verwaltungsvorschrift Nr. 31.2.3 BayVwVBes erläutert den unbestimmten Rechtsbegriff der Förderlichkeit, um eine landesweit einheitliche Rechtsanwendung zu gewährleisten. Die Gerichte sind bei ihrer Kontrolltätigkeit gegenüber der Verwaltung aber mangels normativer Wirkung an norminterpretierende Verwaltungsvorschriften grundsätzlich nicht gebunden (Art. 19 Abs. 4 GG). Sie dürfen ihren Entscheidungen vielmehr nur materielles Recht, zu den Verwaltungsvorschriften nicht gehören, zugrunde legen und sind lediglich befugt, sich einer Gesetzesauslegung, die in einer Verwaltungsvorschrift vertreten wird, aus eigener Überzeugung anzuschließen (BVerwG, U.v. 26.6.2002 – 8 C 30.01 – juris Rn. 23; U.v. 22.10.1989 – 5 C 33.88 – juris Rn. 18; BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 20; Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 1 Rn. 213 f.).
Da die Bayerischen Verwaltungsvorschriften zum Besoldungsrecht und Nebengebieten im oben genannten Sinne auslegt werden können, stimmen sie mit der objektiven Rechtslage überein und können daher weiterhin den nachgeordneten Behörden als Interpretationshilfe dienen. Nr. 31.2.3 BayVwVBes entspricht der Begriffsbestimmung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Danach ist eine Tätigkeit förderlich, wenn sie für die Dienstausübung des Beamten nützlich ist, d.h. wenn diese entweder erst aufgrund der früher gewonnenen Fähigkeiten und Erfahrungen ermöglicht oder wenn sie jedenfalls erleichtert und verbessert wird; die Förderlichkeit ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Diese Grundsätze, die das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 14.03.2002 – 2 C 4.01 – juris Rn. 13) zu § 10 Abs. 1 Nr. 2 BeamtVG a.F. entwickelt hat, gelten gleichermaßen für Art. 31 Abs. 2 BayBesG (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 2 C 25.16 – juris Rn. 15 m.w.N. zu § 28 BBesG; VGH BW, U.v. 18.3.2014 – 4 S 2129/13 – juris Rn. 22; OVG NW, U.v. 17.8.2018 – 1 A 1044/16 – juris Rn. 42; Kuhlmey, in: Schwegmann/Summer a.a.O. § 28 BBesG Rn. 50). Die Verwaltungsvorschriften greifen in Nr. 31.2.3 diese Formulierungen auf und ergänzen sie, indem sie konkretisierend ausführen, dass sich die Förderlichkeit auf die künftig auszuübende Beamtentätigkeit und die mit dem Amt verbundenen Aufgaben bezieht und dementsprechend als förderliche Zeiten insbesondere Tätigkeiten in Betracht kommen, die mit den Anforderungsprofilen möglicher Tätigkeiten der betreffenden Qualifikationsebene in sachlichem Zusammenhang stehen oder durch die Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen erworben wurden, die für die auszuübende Tätigkeiten von Nutzen oder Interesse sind.
Art. 18 Satz 1 Nr. 2 BayBeamtVG („für die Fachlaufbahn des Beamten oder der Beamtin förderlichen Tätigkeit“) ist für die Auslegung des maßgeblichen Anknüpfungspunktes der Förderlichkeitsbetrachtung in Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG nicht von Belang. Ungeachtet des Umstandes, dass sich Art. 18 Satz 1 BayBeamtVG lediglich auf Zeiten im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis im öffentlichen Dienst bezieht, die zur Ernennung des Beamten geführt haben muss, steht es dem Gesetzgeber frei, auch innerhalb einer (größeren) Regelungsmaterie einen Begriff in den einzelnen (speziellen) Regelungskomplexen unterschiedlich zu verwenden, sofern dies sachlich gerechtfertigt ist (vgl. BVerfG, B.v. 24.05.2005 – 2 BvR 1683/02 – juris Rn. 34). Gleiches gilt dann erst recht auch hinsichtlich der (jeweiligen) Bestimmung des Anknüpfungspunktes für die Beurteilung einer vordienstlichen Tätigkeit als förderlich. Angesichts der unterschiedlichen Zielrichtung der versorgungs- und besoldungsrechtlichen Regelungsbereiche wäre jedenfalls auch eine unterschiedliche Regelung sachlich gerechtfertigt (VGH BW, U.v. 9.7.2018 – 4 S 1462/17 – juris Rn. 50). Denn während die Berücksichtigung von – auch förderlichen – Vordienstzeiten im Versorgungsrecht dazu dient, versorgungsrechtliche Nachteile zu vermeiden (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2002 – 2 C 4.01 – juris Rn. 11; U.v. 25.5.2005 – 2 C 20.04 – juris Rn. 21, jeweils zu § 10 Satz 1 Nr. 1 BeamtVG), ist Sinn und Zweck der besoldungsrechtlichen Stufenregelung nach Art. 31 Abs. 2 Sätze 1 BayBesG vordienstlich erworbene, als förderlich angesehene Erfahrung, die dem Beamten bei der künftigen Ausübung seines Dienstes zugutekommt und die dem öffentlichen Dienstherrn nützt, auch besoldungsrechtlich zu honorieren und damit im Wettbewerb um gutes Personal mit der Privatwirtschaft besser konkurrieren zu können.
Schließlich verfängt auch der Einwand des Klägers nicht, durch die Bezugnahme der Förderlichkeit auf die angetretene Fachlaufbahn finde eine Verengung auf mögliche Vortätigkeiten statt, die ihrerseits selbst Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind. Zwar werden von „sonstigen“ Beschäftigungszeiten im Sinne des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG nur Zeiten erfasst, die nicht schon unter Art. 31 Abs. 1 BayBesG fallen und damit insbesondere nicht Voraussetzung für den Erwerb der Qualifikation für eine Fachlaufbahn sind (vgl. VG Würzburg, U.v.17.7.2012 – W 1 K 11.985 – juris Rn. 32; Wonka a.a.O. S. 67; Nr. 31.2.1 BayVwVBes; vgl. Art. 31 Abs. 5 Satz 2 BayBesG für Zeiten nach Art. 31 Abs. 1 bis 3 BayBesG; LT-Drs. 16/3200 S. 383), jedoch verbleibt neben diesen noch ein weiter Anwendungsbereich für hauptberufliche Beschäftigungszeiten, die für die Beamtentätigkeit der jeweiligen Qualifikationsebene innerhalb der Fachlaufbahn förderlich sein könnten.
1.2.3 Für die Frage der Beurteilung der Förderlichkeit ist damit in dem streitgegenständlichen Fall das Tätigkeitsspektrum eines Beamten der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst (Art. 5 Abs. 2 LlbG, § 1 Abs. 1 FachV nVD) im Geschäftsbereich des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration (StMI; Art. 2 Satz 1 BayBG i.V.m. §§ 2, 3 Nr. 11 der Verordnung über die Geschäftsverteilung der Bayerischen Staatsregierung – StRGVV) zugrunde zu legen.
1.3 Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs der Förderlichkeit handelt es sich bei der hauptberuflichen Tätigkeit des Klägers als freiberuflicher Nachhilfelehrer für ein privatrechtliches Nachhilfeinstitut vom 1. Februar 2004 bis 30. September 2011 nicht um eine für die Beamtentätigkeit förderliche Beschäftigungszeit.
Der Kläger trägt zur Begründung im Verwaltungs-, Klage- und Berufungsverfahren im Wesentlichen vor, seine Tätigkeit als Nachhilfelehrer zeuge von hoher Flexibilität, Ausdauer und Beharrlichkeit, die als grundlegende Charaktereigenschaften für das jetzige Dienstverhältnis von Interesse seien. Durch die betreffenden Zeiten habe er Fähigkeiten im Bereich der Personalführung und der wissenschaftlichen Arbeitstechniken erworben. Der Vergleich der Anforderungsprofile eines Realschullehrers und eines Diplom-Verwaltungswirts (FH), wie sie sich aus der Datenbank „Berufenet“ der Arbeitsagentur ergeben (http://berufenet.arbeitsagentur.de/), zeigten eine Reihe von Übereinstimmungen. In beiden Profilen dominierten organisatorische und verwaltende Tätigkeiten. Konkret müsse ein Diplom-Verwaltungswirt (FH) Sachverhalte und Problemstellungen frei vortragen können. Er fertige zudem Listen und Pläne an, schreibe Beurteilungen und Stellungnahmen, nehme Informationen entgegen und leite diese weiter. Auch das Führen von Personalakten sei mit dem Erstellen von Zeugnissen vergleichbar. Als Arbeitsgruppenleiter fördere er seine Mitarbeiter entsprechend ihrer Fähigkeiten. Volljährige Schüler unterschieden sich vom Entwicklungsstand kaum von erwachsenen Mitarbeitern, so dass die Förderungsprozesse bei beiden Personengruppen vergleichbar seien. An die Stelle der Vorbereitung von Unterrichtsstunden trete die Vorbereitung von Verwaltungsentscheidungen. Bei der Beratung von Bürgern in Rechtsfragen und bei Verwaltungsentscheidungen könnten Konfliktsituationen auftreten, in der pädagogische und psychologische Kenntnisse und Erfahrungen aus der früheren Lehrtätigkeit gewinnbringend eingesetzt werden könnten. Die Arbeitsprozesse seien trotz der Verschiedenartigkeit der Arbeitsergebnisse identisch. Auch eine Lehrkraft wende Rechtsnormen (aus dem Schulrecht) an, wenn es z.B. um die Schullaufbahnberatung oder um Fragen der Versetzung in eine höhere Klasse gehe. Bei einer Tätigkeit als Diplom-Verwaltungswirt (FH) in der Schulaufsicht würde das größte Maß an Übereinstimmung erreicht. Diplom-Verwaltungswirte (FH) könnten auch als hauptberuflich Lehrende an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege oder der Bayerischen Verwaltungsschule tätig sein. Der Erwerb von methodisch-didaktischen Kompetenzen während der freiberuflichen Nachhilfetätigkeit könne nicht abgestritten werden. Die Kenntnisse seien universell und nicht ausschließlich auf die Arbeit mit Jugendlichen beschränkt. Von großer Bedeutung für seine aktuelle Beschäftigung als Diplom-Verwaltungswirt (FH) in der Kosten- und Leistungsrechnung und der Stabsstelle Controlling sei die im fachwissenschaftlichem Studium erworbene analytische Arbeits- und Denkweise. Bei der Erstellung des monatlichen Controlling-Berichts für die Amtsleitung seien Genauigkeit und Sorgfalt relevant, wie sie bei der Vermittlung von wissenschaftlichen Arbeitstechniken gelehrt würden. Zu der aktuellen Tätigkeit gehöre auch die Durchführung von zwei Einführungsfortbildungen zum Controlling und zur Kosten- und Leistungsrechnung. Diese Dozententätigkeit greife methodisch ausschließlich auf Vorkenntnisse und Erfahrungen aus der freiberuflichen Lehrtätigkeit zurück. Die Registrierung von Asylbewerbern während der Zeit seiner Abordnung erforderte neben Sprachkenntnissen auch Konfliktbewältigungsstrategien, die Gegenstand seines Erststudiums gewesen und während der freiberuflichen Lehrtätigkeit eingeübt und angewendet worden seien. Er habe regelmäßig administrative Aufgaben in den Nachhilfeinstituten erledigt, etwa die Führung von Schülerkarteien über erteilte Unterrichtsinhalte. Auf Wunsch der Schüler oder deren Eltern hätten Informationsgespräche zu den Leistungsdefiziten der Schüler mit den entsprechenden Fachlehrern und regelmäßige Gespräche mit den Eltern über den Lernfortschritt stattgefunden. Der Kontakt zu den Bürgern und deren Beratung sei wesentlicher Bestandteil des Anforderungsprofils eines Diplom-Verwaltungswirts (FH). Die didaktischen und pädagogischen Fähigkeiten habe er nicht schon während des Lehramtsstudiums erworben, andernfalls hätte er die Zweite Staatsprüfung erfolgreich abgelegt. Hilfreiche nützliche mathematische Kenntnisse seien erst während der außerschulischen Lehrtätigkeit erworben worden, da sich seine Ausbildung nur auf Fachkenntnisse für den Unterricht bis zur 10. Klasse erstrecke. Seine Nachhilfetätigkeit habe jedoch auch die Oberstufe umfasst, sodass er sich diese Kenntnisse erst während der Berufstätigkeit habe erwerben müssen. Durch das Angebot eines zweitätigen Inhouse-Seminar der BVS mit dem Titel „Klar-Text: Sicher argumentieren und vortragen“ für Mitarbeiter der dritten und vierten Qualifikationsebene erkenne das Landesamt die Förderlichkeit von Kenntnissen und Fähigkeiten an, die üblicherweise auch für eine Lehrtätigkeit erforderlich seien. Seit April 2018 nehme der Kläger im Rahmen einer Nebentätigkeit tatsächlich Lehraufträge an der Hochschule für den öffentlichen Dienst war. Zudem gebe der Kläger als nebenamtlicher Lehrbeauftragter Kurse zur Statistik in der Verwaltung.
Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass der Kläger umfassend zur Förderlichkeit seiner Nachhilfetätigkeit Stellung genommen hat, so dass eine weitere Anhörung nicht erforderlich war (§ 108 Abs. 2 VwGO). Dies gilt auch in Anbetracht des in erster Instanz ergangenen Bescheidungsurteils. Dass der Kläger mit einer Entscheidung in der Sache rechnen konnte, ergibt sich nicht nur aus seinem umfangreichen Vortrag, sondern auch aus den Ausführungen seines (damaligen) Bevollmächtigten, der unter Angabe verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung selbst anführte, dass der Wortlaut des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG für einen Beurteilungsspielraum nichts hergebe (Zulassungsbegründung v. 4.7.2017).
Mit seinem Vortrag zur Förderlichkeit seiner Vortätigkeit dringt der Kläger jedoch nicht durch. Der Beklagte stellt zu Recht fest, dass weder im Allgemeinen noch in den vom Kläger genannten Beispielen ein hoher Grad an Übereinstimmung hinsichtlich der Anforderungsprofile von Nachhilfelehrern und Verwaltungsbeamten der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst, vorliegt. Der Kläger geht bereits von unzutreffenden Voraussetzungen aus, wenn er die Anforderungsprofile eines Realschullehrers – und nicht eines Nachhilfelehrers – mit denen eines Diplom-Verwaltungswirts (FH) vergleicht.
Das Berufsprofil eines (freiberuflichen) Nachhilfelehrers zeichnet sich durch die außerschulische fachliche Unterstützung von Schülern beim Erlernen des Unterrichtsstoffs in den gängigen Schulfächern (hier Mathematik und Englisch) aus. Der Nachhilfeunterricht erfolgte dabei in Einzelförderung in kleinen Lerngruppen sowie Einzelunterricht von Schülern „aller Schulformen, auch der gymnasialen Oberstufe“ (vgl. Bescheinigungen v. 4.11./29.9.2011 – Personalakte S. 79 f.). Es handelt sich dabei also um eine (außerschulische) Lehrtätigkeit, auch wenn sie in Art und Umfang nicht vollumfänglich mit der Tätigkeit eines im Schuldienst eingesetzten Realschullehrers vergleichbar ist.
Organisatorische, sachbearbeitende oder verwaltende Aufgaben fallen im Rahmen einer freiberuflichen Nachhilfetätigkeit nur in nachgeordnetem bzw. geringem Umfang an; der dominierende Schwerpunkt der Tätigkeiten liegt unzweifelhaft in der Vermittlung des schulfächerbezogenen Lerninhalts. Da der Kläger seine Tätigkeit selbstständig bzw. auf Honorarbasis ausübte und er keine Nachweise vorgelegt hat, dass er darüber hinaus (in nennenswertem Umfang) mit ggf. in den Nachhilfeinstituten anfallenden Verwaltungs- oder Sachbearbeitungstätigkeiten befasst war, muss davon ausgegangen werden, dass sich der Aufgabenbereich des Klägers während seiner Nachhilfetätigkeit im Wesentlichen auf die Vermittlung von Schulwissen beschränkte. Dies ergibt sich auch aus den taggenauen, handschriftlichen und stichpunktartigen Aufzeichnungen des Klägers (Personalakte S. 113 ff., z.B. „Laplace-Experimente“, „Funktionsuntersuchung“, „Zinsrechnung“, „Polynomdivision“, „Pythagoras“, „Monotonieverhalten“, „Kosinussatz“, „present simple progressive“, „gerund oder infinitive“ etc.).
Demgegenüber zählen zur allgemeinen Tätigkeitsbeschreibung von Ämtern der dritten Qualifikationsebene in der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen, fachlicher Schwerpunkt nichttechnischer Verwaltungsdienst im wesentlichen Fach- bzw. Sachbearbeitungsaufgaben in den unterschiedlichen Bereichen der Inneren Verwaltung. Hierzu gehören u.a. die Anwendung von Rechtsvorschriften sowie die Überwachung von deren Einhaltung, das Bearbeiten von Anträgen und die Entscheidung über deren Bewilligung oder Ablehnung. Darüber hinaus übernehmen vergleichbare Verwaltungsbeamte unter anderem Sachbearbeitungsaufgaben im Bereich Personalwesen, Haushalts- oder Finanzwesen oder führen Ausschreibungs- bzw. Vergabeverfahren durch und beraten gegebenenfalls Bürger/innen. Dabei wird für die auszuübenden Tätigkeiten ein sehr hoher Anteil an speziellem Fachwissen in den Bereichen öffentliches und privates Recht, Wirtschafts- und Finanzlehre, Sozialwissenschaften, Verwaltungslehre oder Informatik benötigt, welches an der HföD vermittelt wird. Der Inhalt von Fortbildungsseminaren oder auch nebenamtliche (Lehr) Tätigkeiten bestimmen entgegen der Auffassung des Klägers nicht das maßgebliche Anforderungsprofil. Sofern Beamte der dritten Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen Führungsverantwortung im Geschäftsbereich des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration übertragen erhalten, leiten sie die ihnen unterstellten Mitarbeiter/innen an. Eine Lehrtätigkeit zählt hingegen nicht zu deren originären Aufgabenbereich. Auch bei den im Landesamt regelmäßig abgehaltenen Einführungsfortbildungsveranstaltungen handelt es sich nicht um Lehrveranstaltungen im engeren Sinn, sondern um eine Vortragsreihe für neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, bei der zu verschiedenen organisatorischen und statistischen Themen Kurzvorträge von jeweils ca. 20 bis 30 Minuten gehalten werden (vgl. Klageerwiderung v. 19.10.2015).
Der Beklagte führt daneben zu Recht an, dass die genannten Charaktereigenschaften (Flexibilität, Ausdauer und Beharrlichkeit) in der modernen Arbeitswelt bei einem durchschnittlichen Arbeitnehmer als grundlegende Charaktereigenschaften vorausgesetzt werden. Ferner steht außer Zweifel, dass ein Diplom-Verwaltungswirt (FH) in der Lage sein sollte, Sachverhalte und Problemstellungen frei vorzutragen, Listen und Pläne anzufertigen sowie Stellungnahmen zu schreiben, Informationen entgegenzunehmen und diese weiterzuleiten. Dies sind aber grundlegende Fähigkeiten, die allgemein vorausgesetzt werden können und daher nicht spezifisch das Anforderungsprofil eines/r Beamten/in prägen. Ferner ist nicht nachvollziehbar, was das Erstellen von Zeugnissen mit dem Führen von Personalakten gemein haben könnte. Im Übrigen ist weder aus den handschriftlichen Aufzeichnungen noch aus den Arbeitszeugnissen ersichtlich, inwieweit der Kläger in seiner Funktion als Nachhilfelehrer überhaupt mit dem Erstellen von Zeugnissen betraut war. Inwieweit das Vorbereiten von Unterrichtsstunden im Rahmen einer Nachhilfetätigkeit mit der Vorbereitung von Verwaltungsentscheidungen vergleichbar sein soll, ist ebenfalls nicht zu erkennen. Verwaltungsentscheidungen basieren in der Regel auf einer Vielzahl von Rechtsvorschriften. Dabei geht es nicht um die didaktische Aufbereitung des zu vermittelnden Unterrichtsstoffs z.B. in den Fächern Mathematik oder Englisch, sondern um die sachlich und rechtlich korrekte Darstellung, Bewertung und Verbescheidung zum Teil sehr komplexer rechtlicher Sachverhalte. Auch die Tatsache, dass im Schuldienst eingesetzte Lehrer (im Unterschied zu einem Nachhilfelehrer) nicht ungeachtet einschlägiger Rechtsvorschriften handeln können, lässt keineswegs den Schluss zu, dass deren Arbeitsprozesse mit denen eines Verwaltungsbeamten vergleichbar sind.
Das Unterrichten bzw. Anleiten von Schülern jedweden Alters ist hinsichtlich der damit verbundenen Anforderungen und Voraussetzungen nicht mit Personalführung im öffentlichen Dienst vergleichbar. Der Kläger verkennt, dass Personalführung weit umfassender und komplexer zu verstehen ist als die Förderung von (teilweise erwachsenen) Schülern entsprechend ihrer Fähigkeiten und damit weitergehendere Kompetenzen erfordert. Zudem ist der Ausbildungsgrad (abgeschlossene Schul- bzw. Berufsausbildung), die Lebenserfahrung und -situation von Schülern mit Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung, die ein Beamter der dritten Qualifikationsebene gegebenenfalls im Rahmen einer Vorgesetztenfunktion zu führen hat, nicht vergleichbar. Damit steht die vom Kläger ausgeübte Nachhilfetätigkeit in nicht ausreichendem Maße in einem sachlichen Zusammenhang mit den Tätigkeiten eines Beamten der dritte Qualifikationsebene der Fachlaufbahn Verwaltung und Finanzen.
Ferner ist nicht erkennbar, dass der Kläger im Rahmen seiner Nachhilfetätigkeit Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen erworben hätte, die für seine Beamtentätigkeit (im oben genannten Sinne) von maßgeblichem Nutzen oder Interesse sind. Seine wissenschaftlichen Arbeitstechniken, seine Fachkenntnisse in Mathematik, Geographie und Geschichte, seine Fähigkeiten zur analytischen Arbeits- und Denkweise sowie seine Pädagogikkenntnisse wurden dem Kläger ursprünglich im Rahmen seines abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulstudiums – mangels Hauptberuflichkeit können Zeiten einer Ausbildung allerdings nicht als förderlich gemäß Art. 31 Abs. 2 BayBesG anerkannt werden – vermittelt und während seines Studiums an der Verwaltungsfachhochschule weiter ausgebaut, so dass er sich nicht darauf berufen kann, diese erst im Rahmen seiner Tätigkeit als Nachhilfelehrer erworben zu haben, auch wenn er diese Kenntnisse und Fähigkeiten ebenfalls im Rahmen seiner außerschulischen Lehrtätigkeit einsetzte. Selbst wenn der Kläger seine Erfahrungen mit einer selbstständigen Dozententätigkeit, die praktische Anwendung seiner didaktischen und pädagogischen Kenntnisse und Fertigkeiten sowie seine Fähigkeiten zur Wissensvermittlung und Konfliktbewältigung auch durch seine Nachhilfetätigkeit weiter ausgebaut und stetig verbessert haben sollte, so sind diese Fähigkeiten auf sein Hochschulstudium und seinen anschließenden Vorbereitungsdienst als Lehramtsanwärter zurückzuführen. Die grundlegende Vermittlung der didaktischen und pädagogischen Fähigkeiten während des Lehramtsstudiums, das er erfolgreich mit der Ersten Staatsprüfung abgeschlossen hat, wird durch das Nichtbestehen der Zweiten Staatsprüfung grundsätzlich nicht in Frage gestellt.
Soweit der Kläger darüber hinaus vorträgt, Diplom-Verwaltungswirte (FH) könnten auch als hauptberuflich Lehrende an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege oder der Bayerischen Verwaltungsschule tätig sein, so führt dies zu keiner anderen Sichtweise. Denn sowohl die Hochschule als auch die Bayerischen Verwaltungsschule unterliegen nicht dem Geschäftsbereich des Staatsministeriums des Innern, für Sport und Integration. Die HföD ist eine verwaltungsinterne Einrichtung des Freistaates Bayern (Art. 2 Satz 1 HföDG) und dem Geschäftsbereich des Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat zugeordnet, das für die Grundsatzfragen des öffentlichen Dienstes zuständig ist (§ 8 Satz 1 Nr. 3 StRGVV). Die Bayerische Verwaltungsschule ist eine dienstherrnfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit dem Recht der Selbstverwaltung (Art. 1 Abs. 1 BayVwSG).
2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
3. Die Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2, § 191 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 127 BRRG nicht zuzulassen.


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