Arbeitsrecht

Formelle Rechtskraft; Anhörungsrüge; Terminsgebühr

Aktenzeichen  9 KSt 1/10 und 9 KSt 2/10, 9 KSt 1/10, 9 KSt 2/10

Datum:
18.2.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 63 Abs 3 GKG
§ 68 Abs 1 S 5 GKG
§ 66 Abs 3 S 2 GKG
§ 705 ZPO
§ 152a VwGO
Nr 3104 RVG-VV
§ 93 VwGO
Spruchkörper:
9. Senat

Gründe

I.
1
In dem Termin zur mündlichen Verhandlung über die Klage der Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 19. Oktober 2007 für den Ausbau und die Verlegung der Bundesautobahn A 4 zwischen den Anschlussstellen Düren und Kerpen am 22. April 2009 wurden neben der Klage der Kläger gleichzeitig drei weitere Klagen anderer Kläger gegen denselben Planfeststellungsbeschluss aufgerufen (BVerwG 9 A 72.07, 73.07 und 74.07). Der Beklagte war bei Aufruf aller vier Sachen durch einen seiner prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte vertreten. Der Vorsitzende stellte zunächst die für die Beteiligten jeweils anwesenden Personen fest und verkündete dann den Beschluss, dass alle vier Verfahren zu gemeinsamer Verhandlung verbunden würden. Die Verhandlung über das Verfahren BVerwG 9 A 73.07 wurde später wieder abgetrennt. Durch am 13. Mai 2009 verkündetes Urteil – BVerwG 9 A 71.07 – hat das Bundesverwaltungsgericht die Klage der Kläger abgewiesen und die Kosten des Verfahrens den Klägern zu je einem Drittel auferlegt. Durch gesonderten Beschluss hat es zugleich den Wert des Streitgegenstandes auf 45 000 € festgesetzt. In den anderen drei Verfahren wurden Streitwerte von 15 000 €, 30 000 € und 60 000 € bestimmt.
2
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die aufgrund des rechtskräftigen Urteils vom 13. Mai 2009 von den Klägern an den Beklagten zu erstattenden außergerichtlichen Kosten durch Beschluss vom 21. Dezember 2009 festgesetzt und dabei eine Terminsgebühr nach dem Wert von 45 000 € berücksichtigt. Hiergegen haben die Kläger am 4. Januar 2010 Entscheidung des Gerichts beantragt und zugleich Beschwerde gegen den Streitwertbeschluss vom 13. Mai 2009 eingelegt.
II.
3
1. Eine Beschwerde gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Mai 2009 findet nicht statt. Wie sich aus § 66 Abs. 3 Satz 2 und 3, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG ergibt, ist dieser Beschluss unanfechtbar.
4
Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen der Kläger gegen die Streitwertfestsetzung können darüber hinaus auch dann keinen Erfolg haben, wenn man sie in eine Gegenvorstellung mit der Anregung umdeutet, die Festsetzung des Streitwerts von Amts wegen zu ändern. Denn nach § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG ist eine solche Änderung nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt hat. Dies war hier mit der Verkündung des Urteils am 13. Mai 2009 der Fall. Der Eintritt der Rechtskraft gemäß § 705 ZPO i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO wurde durch die Einlegung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO nicht gehemmt. Denn dieser außerordentliche Rechtsbehelf ist kein Rechtsmittel im Sinne des § 705 ZPO (vgl. BTDrucks 15/3706 S. 13 f.).
5
Abgesehen davon entspricht es der ständigen Praxis des Senats, für Klagen drittbetroffener Privater wegen mittelbarer nachteiliger Auswirkungen von Planfeststellungsbeschlüssen in Anlehnung an Nr. 34.2 i.V.m. Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.) einen Wert von 15 000 € je betroffener Wohneinheit in Ansatz zu bringen.
6
Die Entscheidung über die Streitwertbeschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (vgl. § 68 Abs. 3 GKG).
7
2. Die Erinnerung der Kläger gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 21. Dezember 2009 ist gemäß §§ 151, 165 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.
8
Im Kostenfestsetzungsverfahren können die Kläger nicht mehr mit Einwendungen gegen die Sach- und Kostenentscheidung des rechtskräftigen Urteils, sondern nur noch mit Einwendungen gegen die Berechnung des Kostenerstattungsbetrages gehört werden. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss für das Klageverfahren der Kläger jedoch zu Recht eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG aus dem Einzelstreitwert dieses Verfahrens zugunsten des Beklagten in Ansatz gebracht. Diese Gebühr war bereits vor der Verbindung zur gemeinsamen Verhandlung entstanden und kann von dieser schon deshalb nicht mehr beeinflusst werden (vgl. BayVGH, Beschluss vom 17. April 2007 – 4 C 07.659 – NVwZ-RR 2008, 504; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 18. Aufl. 2008, VV 3104 Rn. 92). Nach Abs. 3 der Vorbemerkung zum Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entsteht die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Verhandlungstermin. Es genügt dafür, dass dieser Termin stattfindet und der Rechtsanwalt vertretungsbereit anwesend ist (vgl. Müller-Rabe, a.a.O. VV Vorb. 3 Rn. 30). Beide Voraussetzungen waren erfüllt, als der Vorsitzende am 22. April 2009 den Verbindungsbeschluss verkündete. Denn der Verhandlungstermin hatte mit dem Aufruf der Sache begonnen, und zu diesem Zeitpunkt war einer der prozessbevollmächtigten Rechtsanwälte des Beklagten ausweislich der Sitzungsniederschrift vertretungsbereit anwesend. Der von den Klägern hiergegen ins Feld geführten abweichenden Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 17. August 2006 – 3 S 1425/06 – NVwZ-RR 2006, 855), wonach die Terminsgebühr bei einer solchen Fallgestaltung aus der Summe der Einzelstreitwerte der verbundenen Verfahren zu errechnen und bei der Kostenerstattung auf die Verfahren aufzuteilen ist, kann sich der Senat nicht anschließen. Denn sie lässt außer Acht, dass die Terminsgebühr nach dem Einzelstreitwert – wie dargelegt – bereits entstanden war, bevor die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung verbunden wurden.


Ähnliche Artikel

Krankschreibung – was darf ich?

Winterzeit heißt Grippezeit. Sie liegen krank im Bett und fragen sich, was Sie während ihrer Krankschreibung tun dürfen und was nicht? Abends ein Konzert besuchen? Schnell ein paar Lebensmittel einkaufen? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Regeln.
Mehr lesen

Minusstunden im Sommerloch: Was ist erlaubt?

In vielen Branchen ist das Sommerloch sehr präsent. Doch wie ist das eigentlich bei einem flexiblen Arbeitszeitmodell, wenn durch weniger Arbeit Minusstunden entstehen? Wir erklären, was zulässig ist und was nicht erlaubt ist.
Mehr lesen


Nach oben