Arbeitsrecht

Gaslieferungsvertrag: Verjährungsbeginn für Rückzahlungsansprüche aufgrund unwirksamer Preisänderungsklauseln

Aktenzeichen  VIII ZR 249/11

Datum:
26.9.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 4 AVBGasV
§ 199 Abs 1 BGB
§ 204 Abs 1 Nr 1 BGB
§ 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB
§ 256 Abs 1 ZPO
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Leitsatz

Zum Beginn der Verjährung für Rückzahlungsansprüche aufgrund unwirksamer Preisänderungsklauseln in einem Gaslieferungsvertrag mit Sonderkunden.

Verfahrensgang

vorgehend OLG Koblenz, 7. Juli 2011, Az: U 955/10.Kartvorgehend LG Koblenz, 13. Juli 2010, Az: 1 HK O 88/09

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Koblenz vom 7. Juli 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die zum 1. Mai 2007 vorgenommene Preisbestimmung der Beklagten unwirksam ist.
Auf die Revision des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil des Kartellsenats des Oberlandesgerichts Koblenz im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht die vom Landgericht getroffene Feststellung der Unwirksamkeit der zum 1. Juli 2005, 1. Januar 2006, 1. Mai 2006, 15. Oktober 2006, 1. Mai 2007 und 1. Januar 2008 vorgenommenen Preisanpassungen mit der Einschränkung “soweit der festgesetzte Arbeitspreis einen Betrag von netto 2,15 ct/kWh und der festgesetzte Grundpreis einen Betrag von 15,34 € im Monat übersteigt” versehen hat sowie als dort unter Ziffer 8 der Feststellungswiderklage auch hinsichtlich derjenigen Rückzahlungsansprüche stattgegeben worden ist, die auf Abschlagszahlungen zurückzuführen sind, die erst nach dem 31. Dezember 2006 abgerechnet wurden. Insoweit wird die Feststellungswiderklage abgewiesen.
Die weitergehende Revision des Klägers wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der in der Berufungsinstanz gestellte Klageantrag zu 2 als unzulässig abgewiesen wird.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs und des Berufungsverfahrens haben der Kläger 60 % und die Beklagte 40 % zu tragen. Die Kosten des Revisionsverfahrens haben der Kläger zu 70 % und die Beklagte zu 30 % zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger bezieht von der Beklagten seit 1991 leitungsgebunden Erdgas.
2
Die Parteien schlossen am 18./19. Juni 1991 einen vorformulierten “Gasversorgungs-Sondervertrag”. Als Arbeitspreis waren 4,20 Pf/kWh (2,15 ct/kWh) netto, als Grundpreis 30,00 DM/Monat (15,34 €/Monat) netto vereinbart. Unter II 2 des Vertrages heißt es, dass sich der Gaspreis ändert, wenn eine Änderung der allgemeinen Tarife der Beklagten eintritt.
3
Nach Ziffer VI des Vertrages kann dieser erstmals nach Ablauf von 24 Monaten und danach jeweils mit einer Frist von drei Monaten zum Ende eines Abrechnungsjahres schriftlich gekündigt werden.
4
Die Beklagte änderte aufgrund der Preisanpassungsklausel wiederholt ihre Preise. Der Kläger widersprach den Preiserhöhungen erstmals mit Schreiben vom 3. Januar 2006; die vorangegangenen Jahresabrechnungen beanstandete er nicht.
5
Mit der Klage hat der Kläger zunächst die Feststellung begehrt, dass diverse – im Einzelnen mit Daten benannte – Gaspreisbestimmungen der Beklagten im Zeitraum von 2004 bis 2008 sowie die Endabrechnungen aus den Jahren 2005 bis 2008 unwirksam und unbillig seien. Ferner hat er beantragt festzustellen, dass die von der Beklagten aufgrund der Jahresabrechnungen für die Jahre 2007 und 2008 ermittelten Abschlagszahlungen unbillig und unwirksam seien.
6
Das Landgericht hat – unter Abweisung der Klage im Übrigen – festgestellt, dass die von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag vorgenommenen – im Einzelnen mit Daten benannten – Preisbestimmungen im Zeitraum vom 1. Juli 2005 bis 1. Januar 2008 (Ausspruch zu 1) sowie die Endabrechnungen der Beklagten aus den Jahren 2006 bis 2008 auf den Gasverbrauch unwirksam (Ausspruch zu 3) und die von der Beklagten ermittelten Abschlagszahlungen unbillig und unwirksam sind (Ausspruch zu 2).
7
Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt.
8
Der Kläger hat beantragt, das angefochtene Urteil insoweit abzuändern, als die Klage abgewiesen wurde, und beantragt festzustellen, dass die zum 1. Dezember 2004 von der Beklagten in dem zwischen den Parteien bestehenden Gaslieferungsvertrag vorgenommene Erhöhung des Gaspreises insoweit unwirksam und unbillig sei, als diese den vereinbarten Arbeitspreis von netto 3,73 ct/kWh und den vereinbarten Grundpreis von 8,18 € monatlich übersteige (Antrag zu 1). Ferner hat er die Feststellung begehrt, dass die Forderung aus der Endabrechnung vom 18. April 2005 bezogen auf den Gasverbrauch nicht fällig, hilfsweise, dass die Endabrechnung der Beklagten vom 18. April 2005 bezogen auf den Gaspreis unbillig und unwirksam sei, soweit sie auf Preisbestimmungen beruhe, die den Arbeitspreis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von netto 3,73 ct/kWh und den vereinbarten Grundpreis von 8,18 € pro Monat überstiegen (Antrag zu 2). Daneben hat der Kläger beantragt festzustellen, dass ihm aus dem Zeitraum der Versorgung zwischen dem 1. Dezember 2004 und dem 17. April 2008 Rückzahlungsansprüche zustünden (Antrag zu 3). Hinsichtlich der in der ersten Instanz gestellten Anträge auf Feststellung der Unwirksamkeit der Abschlagszahlungen hat der Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
9
Die Beklagte hat beantragt, das angefochtene Urteil im Hinblick auf die Urteilsaussprüche zu 2 und 3 (Abschlagszahlungen und Endabrechnungen) abzuändern und die Klage insoweit ebenso wie hinsichtlich des in der Berufungsinstanz gestellten Klageantrags zu 3 abzuweisen. Ferner hat sie im Wege der Widerklage die Feststellung begehrt, dass sie berechtigt sei, die Rückerstattung gezahlter Gasentgelte für den Zeitraum vom 1. Dezember 2004 bis zum 31. Dezember 2006 wegen Verjährung zu verweigern.
10
Das Berufungsgericht hat – unter teilweiser Abänderung und vollständiger Neufassung des erstinstanzlichen Urteils sowie unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen – festgestellt, dass die von der Beklagten zum 1. Dezember 2004 vorgenommene Gaspreisbestimmung unwirksam ist, sofern der festgesetzte Arbeitspreis einen Betrag von netto 3,73 ct/kWh und der festgesetzte Grundpreis einen Betrag von 15,34 € pro Monat übersteigt. Weiter hat es festgestellt, dass die Gaspreisbestimmungen zum 1. Juli 2005, 1. Januar 2006, 1. Mai 2006, 15. Oktober 2006 und 1. Januar 2008 unwirksam sind, sofern der festgesetzte Arbeitspreis einen Betrag von netto 2,15 ct/kWh und der festgesetzte Grundpreis einen Betrag von 15,34 € pro Monat übersteigt. Daneben hat es festgestellt, dass Forderungen aus der Endabrechnung vom 18. April 2005 für das bezogene Gas insoweit nicht bestehen, als diese auf Preisbestimmungen beruhen, die den Arbeitspreis zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses von netto 3,73 ct/kWh und den vereinbarten Grundpreis von 15,34 € pro Monat übersteigen. Für die Endabrechnungen aus den Jahren 2006, 2007 und 2008 hat es das Nichtbestehen von Forderungen insoweit festgestellt, als diese auf Preisbestimmungen beruhen, die einen Arbeitspreis von netto 2,15 ct/kWh und einen Grundpreis von 15,34 € pro Monat übersteigen.
11
Schließlich hat das Berufungsgericht antragsgemäß das Bestehen von Rückzahlungsansprüchen und die Erledigung der Hauptsache bezüglich der Abschlagszahlungen festgestellt. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen und der Feststellungswiderklage stattgegeben.
12
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger zunächst die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils im Hinblick auf die Feststellung, dass auch die von der Beklagten zum 1. Mai 2007 vorgenommene Preisbestimmung unwirksam ist. Ferner wendet er sich dagegen, dass das Berufungsgericht die Feststellung der Unwirksamkeit der Preisanpassungen zum 1. Juli 2005, 1. Januar 2006, 1. Mai 2006, 15. Oktober 2006 und 1. Januar 2008 mit der Einschränkung “soweit der festgesetzte Arbeitspreis einen Betrag von netto 2,15 ct/kWh und der festgesetzte Grundpreis einen Betrag von 15,34 € pro Monat übersteigt” versehen hat. Auch hinsichtlich der Feststellung des Nichtbestehens von Forderungen aus den Endabrechnungen der Jahre 2006, 2007 und 2008 wendet sich der Kläger gegen die genannte Einschränkung. Schließlich verfolgt er seinen Klageantrag auf Feststellung, dass die Endabrechnung vom 18. April 2005 nicht fällig sei, sowie seinen Klageabweisungsantrag bezüglich der Widerklage weiter.


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