Arbeitsrecht

Kostenerinnerung in Streitigkeiten wegen Befreiung von Rundfunkgebühren

Aktenzeichen  M 6 M 19.2197

Datum:
30.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43101
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GKG § 66, § 21 Abs. 1 S. 1
VwGO § 188

 

Leitsatz

1. Verwaltungsstreitsachen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Befreiung von Rundfunkbeiträgen unterfallen nicht der Kostenfreiheit nach § 188 S. 2 VwGO, wenn eine Befreiung nicht aus sozialen, sondern aus religiösen Gründen beantragt wird. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. In einer unterbliebenen Verfahrensverbindung zweier isoliert erhobener, auf das selbe Ziel gerichteter Klagen liegt für sich genommen keine zur Ermäßigung des Kostenansatzes führende unrichtige Sachbehandlung. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Erinnerungen gegen die Kostenrechnungen vom 6. März 2019 werden zurückgewiesen.

Gründe

I.
Der Kläger und Erinnerungsführer wendet sich gegen die Kostenrechnungen vom 6. März 2019 in den Verfahren M 6 K 17.4170 und M 6 K 17.3672.
In den Kostenrechnungen wurden Gebühren und Auslagen nach § 3 Gerichtskostengesetzes – GKG – und nach Anlage 1 zum GKG jeweils wie folgt festgesetzt:
– KV 5110 Verfahrensgebühr I. Instanz 3-facher Satz
aus einem Streitwert von EUR 840.159 €.
In beiden Ausgangsverfahren beantragte der Erinnerungsführer die Feststellung seiner Rundfunkbeitragsfreiheit aus religiösen Gründen.
Im Verfahren M 6 K 17.4170 wurde die Klage mit Gerichtsbescheid vom 8. November 2018 rechtskräftig abgewiesen und der Streitwert mit Beschluss vom selben Tage auf 840 € festgesetzt.
Im Verfahren M 6 K 17.3672 erging am 12. Februar 2019 ebenfalls ein klageabweisendes Prozessurteil, gegen das Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wurde, über den noch nicht entschieden wurde. Mit Beschluss vom selben Tage wurde der Streitwert ebenfalls auf 840 € festgesetzt.
Mit beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 1. April 2019 eingegangenem Schreiben erhob der Kläger Erinnerung gegen die o.g. Kostenrechnungen, der nicht abgeholfen wurde. Mit seiner Erinnerung macht er geltend, die Verfahren seien gerichtskostenfrei. Hinsichtlich der Höhe der Kosten führt er hilfsweise aus, bei beiden Verfahren habe es sich „um ein und dieselbe“ Angelegenheit gehandelt, so dass die Verfahren hätten verbunden werden müssen mit der Folge, dass nur in einem Verfahren Gerichtskosten angefallen wären. Bei einer Klage auf Befreiung wegen eines Härtefalls könne es auch kein Ansatz eines Streitwerts geben.
Dem Beklagten und Erinnerungsgegner wurde die Erinnerung mit der Gelegenheit zur Stellungnahme zugestellt; eine Rückäußerung ging innerhalb der gesetzten Fristen und auch danach nicht ein.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Über die Erinnerung gegen den Kostenansatz entscheidet nach § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG i.V.m. § 87a Abs. 1 Nr. 5, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – der Berichterstatter als Einzelrichter.
Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet. Der Kostenansatz ist sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach nicht zu beanstanden.
Nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 GKG werden für das Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der Verwaltungsgerichtsordnung Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Gem. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG werden die Kosten des ersten Rechtszugs beim dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig war, angesetzt. Kostenschuldner ist gem. § 22 Nr. Abs. 1 Satz 1 GKG sowohl derjenige, der das Verfahren beantragt hat, als auch derjenige, dem die Kosten durch gerichtliche Entscheidung auferlegt wurde, § 29 Nr. 1 GKG; dies ist in beiden Fällen der Kläger und Erinnerungsführer.
Die Verfahren sind entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht gem. § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei. § 188 VwGO umfasst „Angelegenheiten der sozialen Fürsorge“. Verwaltungsstreitsachen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Befreiung von Rundfunkbeiträgen – oder wie hier der begehrten gerichtlichen Feststellung der Beitragsfreiheit – unterfallen der Kostenfreiheit daher auch nur dann, wenn eine Befreiung aus sozialen Gründen beantragt wird (vgl. BVerwG, B.v. 20.4.2011 – 6 C10/10 – NVwZ-RR 2011, 622). Dies ist beim Kläger und Erinnerungsführer nicht der Fall, der sich mit seinem Klagebegehren ausdrücklich auf religiöse Gründe bezieht. In einem solchen Fall besteht kein Anlass, den Rechtsstreit als Fürsorgeangelegenheit anzusehen (vgl. auch VG Augsburg, B.v. 26.2.2018 – Au 7 K 17.1416 – juris Rn. 56).
Auch die Höhe der Gebühren ist rechtmäßig. Gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 GKG richten sich die Gebühren nach dem Streitwert, der in den o.g. Beschlüssen jeweils auf 840 € festgesetzt wurde. Soweit sich der Kläger in seiner Begründung der Kostenerinnerung auch gegen den Streitwert wendet, hätte er dies im Rahmen einer Streitwertbeschwerde rügen müssen. Eine entsprechende Auslegung des letzten Absatzes überspannt im Hinblick auf die ausdrückliche Bezeichnung des Rechtsmittels als „Kostenerinnerung gegen den Kostenansatz“ jedoch die Grenzen der Auslegung gem. § 88 VwGO. Sie wäre aber auch in der Sache nicht erfolgreich, wie das Gericht in beiden Streitwertbeschlüssen bereits dargelegt hat. Im Hinblick auf das noch nicht rechtskräftige Verfahren M 6 K 17.3672 hätte das Gericht im Rahmen einer Streitwertbeschwerde wohl auch von Amts wegen gem. § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 GKG zu prüfen, ob die Ausführungen des Erinnerungsführers, „es gehe gerade nicht um die Anfechtung eines monetären Festsetzungsbescheides“ nunmehr nicht doch für den Ansatz des Auffangstreitwerts von 5.000 € sprechen (§ vgl. § 52 Abs. 2 GKG), den das Gericht in seinen Beschlüssen bewusst nicht zum Ansatz brachte. Bei einem Streitwert bis 1.000 € beträgt die einfache Gebühr 53,00 Euro (§ 34 Abs. 1 Satz 3 GKG i.V.m. Anlage 2). Der 3-fache Satz ergibt sich aus der angeführten Nummer 5110 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Die Beträge wurden richtig multipliziert.
Eine Ermäßigung des Kostenansatzes im Verfahren M 6 K 17.4170 kam auch nicht gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG in Betracht. Nach dieser Vorschrift werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Sachbehandlung nicht entstanden wären. Entscheidungserheblich ist damit die Frage, ob das Gericht gem. § 93 VwGO dazu verpflichtet gewesen wäre, beide Klagen, die vom Verwaltungsgericht Ansbach sukzessive an das Verwaltungsgericht München verwiesen wurden, zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden, weil sie, wie dem Erinnerungsführer zuzugeben ist, auf dasselbe Klageziel – Feststellung der Beitragsfreiheit – gerichtet waren. Gegen eine derartige Verpflichtung spricht bereits, dass der Kläger und Erinnerungsführer eine solche Verbindung während des Verfahrens nicht angeregt hat. Trotz der Hinweise sowohl des Verwaltungsgerichts Ansbach als auch des Verwaltungsgerichts München, die zweite, später erhobene Klage sei schon aufgrund der doppelten Rechtshängigkeit unzulässig, beharrte der Kläger umgekehrt auf die Fortführung auch dieses Rechtsstreits. Eine aus Sicht des Klägers fehlerhaft unterbliebene Verfahrensverbindung zweier isoliert erhobenen Klagen stellt sich schließlich auch anders dar als eine vom Gericht vorgenommene Trennung von Verfahren, die sich abhängig von den Umständen des Einzelfalls als verfahrensfehlerhaft (wenn auch nicht unmittelbar anfechtbar) erweisen und gem. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG zur Kostenanrechnung führen kann. Bei Identität des Streitgegenstandes ist eine Verbindung rechtlich gerade nicht geboten (vgl. BeckOK, VwGO, § 93 Rn. 4); die Kostenfolgen für die Beteiligten müssen bei der Prüfung einer Verbindung von Verfahren nicht berücksichtigt werden (BeckOK, VwGO, § 93 Rn. 3 unter Verweis auf BVerfG, B.v. 27. 3. 1980 – 2 BvR 316/80 – juris = NJW 1980, 1511). Maßstab für die Trennung wie Verbindung von Verfahren ist es, eine Ordnung des Prozessstoffes im Interesse einer besseren Übersichtlichkeit zu ermöglichen (vgl. BVerwG, B.v. 29.1.1998 – 8 B 2/98 – juris). Inwiefern die Verbindung beider Verfahren der besseren Übersichtlichkeit gedient hätte und daher zwingend geboten war, stellt auch der Erinnerungsführer nicht weiter dar. Die von ihm zitierte Rechtsprechung (BGH, B.v. 10.7.2012 – VI ZB 7/12 – juris; BVerfG, B.v. 30.1.1990 – 2 BvR 1085/89 – juris; BVerwG, U.v. 9.5.2000 – 11 C 1/99 – juris) hat lediglich Fragen des Rechtsanwaltsvergütungsrechts und der Prozessführung der Parteien zum Gegenstand, die sich nach anderen Vorschriften richtet.
Der unterlegene Erinnerungsführer hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2018 § 151 Rn. 6), weil das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 66 Abs. 8 GKG).


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