Arbeitsrecht

Kostenfestsetzungsbeschluß, Kostenfestsetzungsverfahren, Verwaltungsgerichte, Materiellrechtliche Einwendungen, Rechtsanwaltsgebühren, Prozessualer Kostenerstattungsanspruch, Verjährungsfrist, Einrede der Verjährung, Kostenentscheidung, Vollstreckbarkeit, Erstattungsanspruch, Prozeßbevollmächtigter, Rechtskräftige Feststellung, materielle Kostenerstattungsansprüche, Prozeßkostenhilfeverfahren, Vollstreckungsgegenklage, Verwirkung, Erinnerung gegen, Vergütungsvereinbarung, Kostenlastentscheidung

Aktenzeichen  M 19 M 20.31628

Datum:
30.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42818
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 165, § 151
BGB § 197 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. März 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Im Verfahren M 19 K 16.32884 wandten sich die Kläger über ihren Bevollmächtigten gegen die Versagung der Gewährung von internationalem Flüchtlingsschutz. Mit Urteil vom 4. November 2016 folgte das Gericht diesem Antrag und verurteilte die Beklagte (die jetzige Erinnerungsführerin) dazu, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Asylgesetz zuzuerkennen. Der Beklagten wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2017 beantragten die Kläger über ihren Bevollmächtigten, ihre Kosten aus diesem Verfahren (1,3 Verfahrensgebühr, Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) in Höhe von insgesamt 571,44 EUR vollstreckbar festzusetzen. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. Februar 2017 wurde dem entsprochen.
Mit Schreiben vom 11. März 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 13. März 2020 eingegangen, beantragten die Kläger über ihren Bevollmächtigten, aus diesem Verfahren weitere Kosten (fiktive Terminsgebühr und Mehrwertsteuer) in Höhe von 505,51 EUR vollstreckbar festzusetzen, da diese bisher versehentlich noch nicht abgerechnet worden seien.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. März 2020 wurde auch diesem Antrag entsprochen.
Mit Schreiben vom 27. März 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 3. April 2020 eingegangen, beantragte die Beklagte gegen diesen Beschluss die Entscheidung des Gerichts. Begründet wurde dies damit, dass Rechtsanwaltsgebühren nach § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) der 3-jährigen Verjährungsfrist unterlägen. Der Kostenanspruch aus dem zugrundeliegenden Verfahren sei damit bereits zum Ende des Jahres 2019 verjährt.
Der Urkundsbeamte des Verwaltungsgerichts half dieser Erinnerung nicht ab und legte die Streitsache dem Gericht zur Entscheidung vor.
Die Kläger schlossen sich mit Schreiben vom 10. Juni 2020 der Auffassung des Urkundsbeamten an, wonach der Kostenanspruch einer 30-jährigen Verjährungsfrist nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB unterliege.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und des Verfahrens M 19 K 16.32884 Bezug genommen.
II.
Die nach § 165 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i.V.m. § 151 VwGO zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Erinnerung hat keinen Erfolg, da sie unbegründet und damit zurückzuweisen ist.
Die Entscheidung über die Kostenerinnerung erfolgt dabei durch den Berichterstatter als Einzelrichter, da die insoweit maßgebliche Kostenlastentscheidung in der Hauptsache ebenfalls durch den Einzelrichter getroffen wurde und das Gericht über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss grundsätzlich in der Besetzung entscheidet, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde (vgl. Kaufmann in BeckOK, VwGO, 53. Edition, Stand:01.01.2020, § 151 Rn. 2).
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß §§ 164, 173 VwGO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO werden auf Antrag durch Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des ersten Rechtszugs die zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits untereinander zu erstattenden Kosten festgesetzt, § 164 VwGO. Die im Kostenfestsetzungsverfahren gemäß §§ 164, 173 VwGO i.V.m. §§ 103 ff. ZPO zu erstattenden Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 24. März 2020 ist dabei nicht zu beanstanden.
Die Höhe der festgesetzten Kosten ist insoweit zwischen den Parteien unstreitig. Von der Beklagten geltend gemacht, wird jedoch die Einrede der Verjährung. Im Kostenfestsetzungsverfahren wird allerdings grundsätzlich nur über die die Höhe der gemäß der Kostenlastentscheidung des Gerichts zu erstattenden Beträge entschieden. Materiellrechtliche Einwendungen und Einreden, wie die Einrede der Verjährung, kann der Kostenschuldner nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage geltend machen (vgl. Geiger in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 164 Rn. 5). Ausnahmsweise ist dies allerdings anders bei solchen materiell-rechtlichen Einwendungen und Einreden – wie hier der Einrede der Verjährung -, die keine Tatsachenaufklärung erfordern und sich mit den im Kostenfestsetzungsverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln ohne weiteres klären lassen (vgl. BGH, B.v. 23.3.2006 – V ZB 189/05 – juris Rn. 4).
Der prozessuale Kostenerstattungsanspruch ist, entgegen der Ansicht der Beklagten, hinsichtlich der noch nicht geltend gemachten Terminsgebühr auch noch nicht verjährt. Materielle Kostenerstattungsansprüche, also vor allem die Ansprüche des Rechtsanwalts gegen seinen Auftraggeber, auch aufgrund einer Vergütungsvereinbarung, unterliegen zwar die Regelverjährung nach § 195 BGB (vgl. Mayer in Geroldt/Schmidt, RVG-Kommentar, 24. Aufl. 2019, § 8 RVG, Rn. 33 ff.). Prozessuale Kostenerstattungsansprüche, also Erstattungsansprüche der Gegenpartei gegen die unterliegende Partei, verjähren nach im Ergebnis einhelliger Ansicht allerdings erst nach 30 Jahren, § 197 Nr. 3 BGB (vgl. u.a. Grothe in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018. § 197 Rn. 15 ff. m.w.N.). Der Kostenerstattungsanspruch wird nämlich im Sinne von § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB rechtskräftig festgestellt. Eine in diesem Sinne rechtskräftige Feststellung liegt dabei nicht erst vor, wenn der Schuldner zu einer bezifferten Zahlung oder zu einer bestimmten anderen Leistung verurteilt worden ist. Es genügt ein Urteil oder eine andere Entscheidung, die seine Leistungspflicht rechtskräftig feststellt (vgl. BGH, B.v. 23.3.2006 – V ZB 189/05 – juris Rn. 5 ff.).
Für eine weitere Einschränkung des Erstattungsanspruches, etwa aufgrund von Verwirkung, gibt es keine Anhaltspunkte. Zwar ist der Rechtsgedanke der Verwirkung als Unterfall des Grundsatzes von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht anwendbar. Für die Annahme der Verwirkung genügt aber – anders als für den Eintritt der Verjährung – nicht der bloße Zeitablauf, sondern es wird zusätzlich ein bestimmtes Verhalten des Berechtigten vorausgesetzt, dass beim Verpflichteten die Vorstellung begründen kann, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht werde. An einem solchen Verhalten fehlt es vorliegend.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss war damit zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben