Arbeitsrecht

Kürzung der Dienstbezüge eines Oberstudienrates aufgrund unzulässiger Drittentscheidung hinsichtlich der Bewertung von Abiturprüfungen

Aktenzeichen  AN 13b D 17.00766

Datum:
31.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 3895
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GSO § 76, § 78 Abs. 2, § 82 Abs. 2, § 88
BayEUG Art. 9 Abs. 4 S. 2, Art. 57 Abs. 2
BayDG Art. 9, Art. 14 Abs. 1, Abs. 2, Art. 15
BayBG Art. 3 S. 2
LDO § 24 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Hebt ein Schulleiter eines Gymnasiums, der auch Vorsitzender des Prüfungsausschusses ist, sämtliche Noten der Abituraufgaben eines Prüfungsfaches an und bezeichnet diese Anhebung auf den Mantelbögen als (zulässigen) Drittentscheid des Prüfungsausschussvorsitzenden, obwohl sich die Berichterstatter in ihrer Korrektur und Bewertung einig sind, begeht er ein Dienstvergehen. (Rn. 101) (redaktioneller Leitsatz)
2. Damit hat er die rechtlichen Vorgaben der Gymnasialschulordnung nicht beachtet und zudem unter Missachtung des prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Unmittelbarkeit und Eigenverantwortlichkeit unzulässig in den Bewertungsspielraum der Erst- und Zweitkorrektoren eingegriffen. (Rn. 101) (redaktioneller Leitsatz)
3. Vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses sind fachliche Differenzen zwischen dem Prüfungsausschuss bzw. dessen Vorsitzenden und den Fachprüfern über die Angemessenheit einer Bewertung, welche die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung nicht tangieren, nur einvernehmlich dadurch zu lösen, dass die Fachprüfer selbst nach Überdenken ihrer Prüfungsentscheidung diese gegebenenfalls abändern. (Rn. 115) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auch aus Art. 57 Abs. 2 S. 2 BayEUG, wonach der Schulleiter in Erfüllung der Aufgaben nach Art. 57 Abs. 2 S. 1 BayEUG den Lehrkräften gegenüber weisungsberechtigt ist, lässt sich eine Befugnis eines Schulleiters zur Anhebung von Bewertungen nicht herleiten. § 82 Abs. 2 GSO modifiziert als Ausführungsvorschrift zum BayEUG insoweit zulässigerweise das Weisungsrecht aus Art. 57 Abs. 2 S. 2 BayEuG. (Rn. 116 und 118) (redaktioneller Leitsatz)
5. Kommt bei einer materiell rechtswidrigen Prüfungsentscheidung eine Beschlussfassung des Prüfungsausschusses zur Abänderung der Note nicht zustande, so ist der Vorsitzende bzw. Schulleiter verpflichtet, gegebenenfalls die Entscheidung des Ministerialbeamten herbeizuführen. (Rn. 122 – 123) (redaktioneller Leitsatz)
6. Zu den Zumessungskriterien insbesondere bei statusverändernden Disziplinarmaßnahmen. (Rn. 139 – 172) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um ein Zehntel auf die Dauer von drei Jahren erkannt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Disziplinarklage führt in Anwendung des Art. 9 Abs. 1 BayDG zu einer Kürzung der Dienstbezüge des Beklagten um ein Zehntel für die Dauer von drei Jahren.
I.
Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche werden auch nicht geltend gemacht. Der Beklagte wurde im Disziplinarverfahren ordnungsgemäß belehrt und angehört (Art. 22 BayDG). Er konnte sich gemäß Art. 32 BayDG abschließend äußern.
II.
Der dem Beklagten in der Disziplinarklage zur Last gelegte Sachverhalt (Ziffer II. des Tatbestandes) ist mit den nachfolgend bezeichneten Modifikationen erwiesen durch die schriftlichen und mündlichen Einlassungen des Beklagten (Memoranden vom 21.6.2013 und vom 5.8.2013; Angaben des Beklagten im Strafverfahren, insbesondere in der Beschuldigtenvernehmung vom 2.10.2013, sowie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Ansbach) und durch das Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Kammer am 31. Januar 2018.
Die Kammer geht nach der Anhörung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung trotz der insoweit abweichenden Angaben des Beklagten im Memorandum vom 21. Juni 2013 und der Stellungnahme vom 13. September 2013 nach dem Grundsatz in dubio pro reo (vgl. hierzu Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, Rn. 34 zu § 13; Rn. 15 zu § 60; BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38/10, juris) zu dessen Gunsten davon aus, dass er vor seiner Entscheidung, die Noten sämtlicher Abituraufgaben im Fach Deutsch um einen Punkt anzuheben, alle 23 Arbeiten, die mit 0 bis 3 Punkten bewertet worden waren, durchgelesen hat und (lediglich) hinsichtlich der restlichen 70 Arbeiten eine nur stichprobenartige Überprüfung durch den Beklagten erfolgt ist.
Zudem ist der dem Beklagten von der Disziplinarbehörde zur Last gelegte Sachverhalt dahin zu berichtigen, dass die Überprüfung der schriftlichen Abituraufgaben im Fach Deutsch durch die Fachreferenten der Ministerialbeauftragten in Mittel-, Unter- und Oberfranken ergeben hat, dass in einigen Fällen die Aufwertung mangelhafter und ungenügender Arbeiten nicht nur möglich, sondern zwingend angezeigt war (vgl. Schreiben des Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Oberfranken vom 15.7.2013 an das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus).
Ausgehend von dem so modifizierten Sachverhalt hat der Beklagte ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Er hat gegen seine die Pflicht die Gesetze zu beachten und die Pflicht zur ordnungsgemäßen Dienstausübung gem. § 33 Abs. 1 Satz 3 BayDG, § 34 Satz 1 BeamtStG verstoßen.
Durch seine Entscheidung, sämtliche Noten der Abituraufgaben in Deutsch um einen Punkt anzuheben und diese Anhebung auf den Mantelbögen als (zulässigen) Drittentscheid des Prüfungsausschussvorsitzenden zu bezeichnen, hat er die rechtlichen Vorgaben der Gymnasialschulordnung nicht beachtet und zudem unter Missachtung des prüfungsrechtlichen Grundsatzes der Unmittelbarkeit und Eigenverantwortlichkeit unzulässig in den Bewertungsspielraum der Erst- und Zweitkorrektoren des Deutschabiturs eingegriffen:
1. Der Beklagte hat entgegen dem eindeutigen Wortlaut des § 82 Abs. 2 GSO vom 23. Januar 2007 in der Gültigkeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Juli 2013 eine unzulässige Drittentscheidung getroffen
§ 82 Abs. 2 GSO lautet: „Die schriftlichen Prüfungsarbeiten werden gesondert von zwei der gemäß § 76 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 bestimmten Berichterstatterinnen oder Berichterstattern korrigiert und bewertet, wobei eine davon die Kursleiterin bzw. einer davon der Kursleiter sein soll. Kommt eine Einigung nicht zustande, wird die Punktzahl von der oder dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses oder von einer Prüferin oder einem Prüfer festgesetzt, die sie oder er bestimmt hat.“
Ein Drittentscheid findet daher nach dem eindeutigen, keiner anderen Auslegung möglichen Wortlaut der genannten Bestimmung nur statt, wenn die beiden Berichterstatterinnen oder Berichterstatter sich nicht einig sind.
Die genannten Voraussetzungen lagen zweifelsfrei nicht vor. Sowohl die Erstkorrektoren als auch die Zweitkorrektoren waren sich bei der Bewertung sämtlicher Abituraufgaben im Fach Deutsch einig und lehnten eine von dem Beklagten gewünschte Nachkorrektur ab.
Von einer für den Beklagten unklaren Rechtslage kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Den Bevollmächtigten des Beklagten ist zwar zuzugestehen, dass die Bayerische Gymnasialschulordnung keine den Bestimmungen des § 66 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 der Bayerischen Realschulordnung (BayRSO) oder des § 60 Abs. 3 Satz 4 der Fachober- und Berufsoberschulordnung – FOBOSO vergleichbare Regelung enthält.
So bestimmt § 66 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BayRSO in der vom 1. August 2010 bis zum 29. August 2014 gültigen Fassung, dass der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die Jahresfortgangsnoten sowie die Bewertung der von den Schülerinnen und Schülern während des Schuljahres erbrachten schriftlichen und praktischen Leistungsnachweise und der schriftlichen und praktischen Prüfungsarbeiten überprüfen und nach Anhörung des Prüfungsausschusses die Bewertung der schriftlichen und praktischen Prüfungsarbeiten ändern kann.
Die Bayerische Gymnasialschulordnung enthält eine derartige Regelung jedoch gerade nicht, woraus im Umkehrschluss folgt, dass eine derartige Befugnis nicht besteht. Dies folgt auch das der Regelung des § 76 Abs. 4 Nr. 3 GSO, wonach das Staatsministerium für jede öffentliche oder staatlich anerkannte Schule eine Ministerialkommissärin oder einen Ministerialkommissär insbesondere mit der Befugnis bestellen kann, die Ergebnisse der schriftlichen Abiturprüfungsarbeiten anhand der schriftlichen Arbeiten zu überprüfen und nach Anhörung des Prüfungsausschusses die Bewertung der Abiturprüfungsaufgaben zu ändern.
Dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses wird eine derartige Befugnis gerade nicht eingeräumt. Aus dieser Regelung folgt damit ebenfalls im Umkehrschluss, dass dem Vorsitzenden des Prüfungsausschusses keine entsprechende Befugnis zukommen soll und es bei der in § 82 Abs. 2 GSO getroffenen Regelung verbleibt.
Die eindeutigen, keiner anderen Auslegung zugänglichen Vorgaben des § 82 Abs. 2 Satz 2 GSO für einen Drittentscheid lagen zweifelsfrei nicht vor, da Erst- und Zweitkorrektor sich in der Bewertung jeweils einig waren.
Der Beklagte kann sich im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auch nicht auf das von ihm selbst geschaffene Konstrukt eines „speziellen Drittentscheides“ berufen. Denn der Erst- und Zweitkorrektor können nicht in der vom Beklagten vorgenommenen Zusammenschau als Erstkorrektor mit einer gemeinsamen Auffassung, und der Beklagte mit seiner abweichenden Auffassung als Zweitkorrektor angesehen werden.
2. Der Beklagte war weder in seiner Eigenschaft als Schulleiter noch als Vorsitzender des Prüfungsausschusses befugt, die in der schriftlichen Abiturprüfung im Fach Deutsch jeweils von den beiden Fachprüfern einvernehmlich erteilten Punktzahlen um einen Punkt anzuheben.
§ 78 Abs. 2 GSO berechtigt den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses dazu, in die Prüfungsvorgänge einzugreifen und selbst Fragen zu stellen. Diese Regelung erfasst jedoch nur Fälle, in denen der Prüfungsvorsitzende selbst an einer Prüfung teilnimmt, wie dies durch das eingeräumte Recht, Fragen zu stellen, deutlich gemacht wird.
§ 78 Abs. 2 GSO erstreckt sich damit nicht auf die allein den gemäß § 76 GSO bestimmten Berichterstatterinnen und Berichterstattern obliegende Korrektur und Bewertung der Prüfungsarbeiten, da insoweit § 82 Abs. 2 Satz 1 GSO eine abschließende Regelung enthält (vgl. VG Augsburg, U.v. 15.10.2013 – Au 3 K 13.1262, juris Rn. 50).
Vor Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses sind fachliche Differenzen zwischen dem Prüfungsausschuss bzw. dessen Vorsitzenden und den Fachprüfern über die Angemessenheit einer Bewertung, welche die Rechtmäßigkeit der Prüfungsentscheidung nicht tangieren, nur einvernehmlich dadurch zu lösen, dass die Fachprüfer selbst nach Überdenken ihrer Prüfungsentscheidung diese gegebenenfalls abändern (Niehus/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 6. Aufl., Rn 722).
Auch aus Art. 57 Abs. 2 Satz 2 BayEUG, wonach der Schulleiter in Erfüllung der Aufgaben nach Art. 57 Abs. 2 Satz 1 BayEUG den Lehrkräften gegenüber weisungsberechtigt ist, lässt sich eine Befugnis des Beklagten zur Anhebung der Bewertungen nicht herleiten.
Die nach Abs. 2 Satz 2 bestehende Weisungsberechtigung gegenüber den Lehrkräften, dem sonstigen pädagogischen Personal sowie dem Verwaltungs- und Hauspersonal findet sich in gleicher Weise in § 24 Abs. 1 Satz 1 LDO. Die Bestimmungen wiederholen das in Art. 3 Satz 2 BayBG für Vorgesetzte allgemein normierte Weisungsrecht. Diese Weisungsbefugnis macht die Stellung des Schulleiters als Vorgesetzter des genannten Personenkreises deutlich. Vorgesetzter ist nämlich nach Art. 3 Satz 2 BayBG, wer „dem Beamten für seine dienstliche Tätigkeit Anordnungen erteilen kann“ (vgl. Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Rn. 9 zu Art. 57 BayEUG).
Das Weisungsrecht des Beklagten als Vorgesetzter der Fachprüfer erstreckt sich jedoch nicht auf die den gemäß § 76 GSO bestimmten Berichterstatterinnen oder Berichterstattern zukommende Befugnis, die schriftlichen Prüfungsarbeiten der Abiturprüfung zu korrigieren und zu bewerten. § 82 Abs. 2 GSO modifiziert als Ausführungsvorschrift zum BayEUG (Art. 9 Abs. 4 Satz 2 BayEUG) insoweit zulässigerweise das Weisungsrecht aus Art. 57 Abs. 2 Satz 2 BayEUG.
Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, es liege keine Dienstpflichtverletzung vor, da der Prüfungsausschuss die Anhebung der Bewertung sämtlicher Abituraufgaben im Fach Deutsch um einen Punkt gebilligt habe.
Wie sich der Regelung des § 76 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und 6 GSO ergibt, hat der Prüfungsausschuss den Prüfungsablauf zu überwachen und die Entscheidungen gemäß § 88 (bei Unterschleif) zu treffen und die Prüfungsergebnisse festzustellen. Aus der Befugnis, die Prüfungsergebnisse festzustellen, folgt jedoch nicht das Recht des Prüfungsausschusses, die Prüfungsergebnisse selbst festzusetzen.
Zwar hat der Prüfungsausschuss (in seiner Gesamtheit) im Rahme des § 76 Abs. 1 Satz 2 GSO die Befugnis zur Überwachung des Prüfungsablaufs und in diesem Rahmen zur Abänderung einer Note im Falle einer materiell rechtswidrigen Prüfungsentscheidung, an welcher die Fachprüfer festhalten. Auch in diesem Fall ist jedoch vor einer Notenänderung eine Überprüfung jeder Prüfungsklausur notwendig, um festzustellen, ob jeweils eine materiell rechtswidrige Prüfungsentscheidung vorliegt, was vorliegend nicht beachtet wurde.
Kommt in einem solchen Fall einer materiell rechtswidrigen Prüfungsentscheidung eine Beschlussfassung des Prüfungsausschusses zur Abänderung der Note nicht zustande, so ist der Vorsitzende des Prüfungsausschusses bzw. der Schulleiter nach §§ 78 Abs. 3 Satz 1, 8 Abs. 4 GSO in Verbindung mit Art. 58 Abs. 5 BayEUG verpflichtet, gegebenenfalls die Entscheidung des Ministerialbeauftragten herbeizuführen.
Auch in einer solchen Fallkonstellation ist der Vorsitzende des Prüfungsausschusses in dieser Funktion bzw. in seiner Eigenschaft als Schulleiter somit nicht zur Abänderung einer rechtswidrigen Prüfungsentscheidung durch einen Drittentscheid nach § 82 Abs. 2 GSO befugt.
Der Beklagte hat mit der durch einen unzulässigen Drittentscheid erfolgten Anhebung der Bewertungen um einen Punkt gegen allgemein gültige Bewertungsmaßstäbe verstoßen, wonach Vorbedingung jeder Prüfungsentscheidung die eigene, vollständige Kenntnis der Prüfungsleistung ist. Das Bundesverfassungsgericht vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass eine prüfungsrechtliche Bewertungstätigkeit nur aufgrund eigener, unmittelbarer und vollständiger Kenntnis der konkreten Prüfungsaufgabe und der darauf bezogenen Lösungen oder Antworten sachgerecht wahrgenommen werden kann (vgl. B.v. 16.1.1995 – 1 BvR 1505/94, juris Rn. 17). Dies gilt auch und insbesondere dann, wenn es um die Bewertung schriftlicher Arbeiten durch Stichentscheid eines Dritten, beispielsweise des Vorsitzenden einer Prüfungskommission oder eines Prüfungsausschusses geht (Niehues/ Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, Rn. 567). Bei der Begutachtung schriftlicher Prüfungsarbeiten ist es deshalb erforderlich, dass der Prüfer die Darlegungen des Verfassers auf sich einwirken lässt, sie nachzuvollziehen sucht und ihre Richtigkeit oder Vertretbarkeit überprüft (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, Rn. 320 f.).
Gegen diese Vorgabe hat der Beklagte verstoßen, da er nur die ungenügenden und mangelhaften Arbeiten gesichtet, im Übrigen jedoch nur stichprobenartig die besseren Arbeiten überprüft, gleichwohl aber die Entscheidung getroffen hat, sämtliche Bewertungen um einen Punkt anzuheben. Dies hatte zur Folge, dass sich die Durchschnittsabiturnote bei insgesamt 16 Prüfungsteilnehmern um jeweils ein Zehntel erhöhte.
Durch das Vorgehen des Beklagten ist deshalb auch der Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt worden, insbesondere im Verhältnis zu Schülern anderer Gymnasien. Eine Berufszugangsprüfung, wie das Abitur, greift in die Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG ein. Das gilt nicht allein für die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen. Wenn erfolgreiche Prüfungen durch abgestufte Noten zu bewerten sind, werden auch auf diese Weise berufliche Chancen stark beeinflusst, weshalb sich auch solche Prüfungsentscheide am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen müssen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83, juris Rn. 50).
Der Beklagte hat auch selbst eingeräumt, durch die Anhebung der Arbeiten, die er nicht selbst geprüft hat, gegen allgemeine Bewertungsgrundsätze verstoßen zu haben (Schriftsatz seines Bevollmächtigten Rechtsanwalt … vom 5.10.2015).
Einer Beweiserhebung durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Einhaltung des Bewertungsspielraums bei der Notenanhebung durch den Beklagten bedurfte es daher mangels Entscheidungserheblichkeit nicht.
Das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst weist zudem zutreffend darauf hin, dass aus fachlicher Sicht es im Übrigen auch völlig unangemessen ist, die Bewertung von Schülerarbeiten im Fach Deutsch pauschal um einen Notenpunkt anzuheben. Den Schulnoten 1 – 5 werden jeweils drei Notenpunkte zugeordnet, um die Tendenz der Note auszudrücken, 12 Punkte entsprechen +2, 11 Punkte entsprechen glatt 2 usw. (Ausnahme: 0 Punkte = Note 6, ohne Tendenz). Die Anhebung um einen Punkt bei zum Beispiel 7 Punkten ändert die Bewertung der Arbeit als „befriedigende Leistung“ nicht, die Anhebung von 3 auf 4 Punkte macht aber aus einer mangelhaften Leistung eine ausreichende.
3. Der Beklagte hat die ihm zur Last gelegte Pflichtverletzung schuldhaft begangen.
Das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit setzt in der Regel keine juristisch genaue Kenntnis der verletzten Rechtsvorschriften und Verwaltungsanordnungen voraus. Es genügt, wenn der Beklagte Umfang und Inhalt seiner auf diesen Regelungen beruhenden Dienstpflichten im weitesten Sinne erfasst hat.
Dem Beklagten war bewusst, dass er nur einen Teil der Prüfungsarbeiten durchgesehen, gleichwohl aber bei allen Arbeiten im Wege eines (nicht zulässigen) Drittentscheides die Noten jeweils um einen Punkt angehoben hat. Jedem Lehrer ist bekannt, dass eine ordnungsgemäße Prüfungsbewertung voraussetzt, dass die Leistungen des Prüflings selbst unmittelbar und vollständig zur Kenntnis genommen worden sind. Dem Beklagten ist deshalb vorsätzliches Handeln zur Last zu legen.
4. Rechtfertigungs- und Schuldausschließungsgründe liegen nicht vor.
Der Beklagte kann sein Verhalten nicht damit rechtfertigen, er trage als Schulleiter die Gesamtverantwortung und sei verpflichtet, auf seiner Meinung nach zu strenge Bewertungsmaßstäbe der Erst- und Zweitkorrektoren bei der Korrektur der Abiturarbeiten zu achten und ggf. korrigierend einzugreifen. Auch wenn sich letztlich nach der Überprüfung der Abiturarbeiten durch Fachreferenten für Deutsch bestätigt hat, dass jedenfalls bei vier als ungenügend bzw. mangelhaft bewerteten Arbeiten eine Notenanhebung zwingend geboten war (Gutachten des StD ……), rechtfertigt dies keinesfalls eine pauschale Anhebung der Benotung sämtlicher Arbeiten der Deutschabiturprüfung, die – wie bereits ausgeführt – bei 16 Prüfungsteilnehmern zu einer Anhebung der im Abitur erreichten Durchschnittsnote um ein Zehntel geführt hat.
Der Beklagte kann sich auch nicht auf einen für ihn unvermeidbaren Verbotsirrtum berufen.
Die Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums bestimmt sich nach der von dem Beamten gemäß seiner Amtsstellung (Status, Dienstposten) und seine persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten (Vorbildung, dienstliche Werdegang) zu fordernden Sorgfalt unter Berücksichtigung ihm zugänglicher Informationsmöglichkeiten. Das Bewusstsein der Pflichtwidrigkeit setzt in der Regel keine juristisch genaue Kenntnis der verletzten Rechtsvorschriften und Verwaltungsanordnungen voraus. Es genügt, wenn der Beamte Umfang und Inhalt seiner auf diesen Regelungen beruhenden Dienstpflichten im weitesten Sinne erfasst. Davon ist im Regelfall aufgrund der Ausbildung der Beamten und der praxisdienstzeitbegleitenden Belehrungen über Rechte und Pflichten im Dienstverhältnis auszugehen. Im Zweifel wird von einem Beamten – im eigenen Interesse – erwartet, dass er sich rechtzeitig über Umfang und Inhalt seiner Dienstpflichten erkundigt.
Die Unvermeidbarkeit eines Verbotsirrtums setzt somit voraus, dass der Täter alle seine geistigen Erkenntniskräfte eingesetzt und etwa aufkommende Zweifel durch Nachdenken und erforderlichenfalls durch Einholung verlässlichen und sachkundigen Rechtsrat beseitigt hat (BGH, U.v. 22.2.2017 – 2 StR 573/15, juris Rn. 25; OVG NW, B.v. 7.7.2016 – 3d A 1203/16.O, juris Rn. 8).
Der Beklagte ist seit …1998 Schulleiter des Gymnasiums … in … Er war zuvor für den Zeitraum von mehr als fünf Jahren zum Bayerischen Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst abgeordnet worden. Gerade im Hinblick darauf, dass es bereits während der Abiturprüfung 2012 ebenfalls zu Problemen mit der Bewertung der Deutschabituraufgaben gekommen war, wäre der Beklagte verpflichtet gewesen, vor einem Drittentscheid beim Ministerialbeauftragten für Gymnasien bzw. im Kultusministerium Rücksprache zu halten. Wie das Kultusministerium im Disziplinarverfahren dargelegt hat, wären Ansprechpartner telefonisch erreichbar gewesen und es hätte wohl auch die Möglichkeit bestanden, den Zeitpunkt der vorgesehenen Notenbekanntgabe zu verschieben, um eine Nachkorrektur zu ermöglichen (KMS vom 11.11.2015). Das Ministerium hat insoweit auf die Handhabung u.a. bei hochwassergeschädigten Schulen verwiesen.
III.
Das Fehlverhalten des Beklagten wiegt schwer i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 BayDG. Es hat – unter Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beklagten, seines bisherigen dienstlichen Verhaltens und des Verhaltens nach der Tat – zur Folge, dass gegen den Beklagten auf die Kürzung der Dienstbezüge um ein Zehntel auf die Dauer von drei Jahren zu erkennen ist.
Die Kammer folgt hinsichtlich der Zumessungskriterien des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (U.v. 23.9.2009 – 16a D 07.2355, juris; U.v. 15.2.2012 – 16a D 10.1974, juris; U.v. 21.1.2015 – 16a D 13.1904, juris; U.v. 11.5.2016 – 16a D 13.1540, juris; B.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991. juris; U.v. 18.1.2017 – 16a D 14.1992; U.v. 12.7.2017 – 16a D 15.368, juris) der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U.v. 29.5.2008 – 2 C 59/07, juris) zu § 13 BDG.
Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall erforderlich ist, richtet sich gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG nach der Schwere des Dienstvergehens unter angemessener Berücksichtigung der Persönlichkeit des Beamten und des Umfangs der durch das Dienstvergehen herbeigeführten Vertrauensbeeinträchtigung, wobei Beamte, die durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren haben, gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen sind. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung haben die Gerichte zunächst die im Einzelfall bemessungsrelevanten Tatsachen zu ermitteln und sie mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Bewertung einzubeziehen. Dieses Erfordernis beruht letztlich auf dem im Disziplinarverfahren geltenden Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot). Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller belastender und entlastender Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, B.v. 11.2.2014 – 2 B 37/12, juris Rn. 18).
Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden (BVerwG, U.v. 20.10.2005 – 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14, NVwZ 2015, 1680). Bei der Ausübung des den Gerichten nach Art. 14 Abs. 1 BayDG eröffneten Ermessens, bei dem sie nicht an die Wertungen des Dienstherrn gebunden sind, ist jede Schematisierung zu vermeiden (BVerwG, U.v. 20.10.2005 – 2 C 12.04, BVerwGE 124, 252 und U.v. 18.6.2015 – 2 C 9.14, NVwZ 2015).
Maßgebendes Kriterium für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist die Schwere des Dienstvergehens. Sie ist richtungsweisend für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale), zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten (subjektive Handlungsmerkmale) sowie nach den unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, B.v. 10.12.2015 – 2 C 6/14, juris Rn. 16; B.v. 11.2.2014 – 2 B 37/12, juris Rn. 20; B.v. 25.5.2012 – 2 B 133.11, juris Rn. 9 mit weiteren Nachweisen).
Das Bemessungskriterium „Persönlichkeitsbild des Beamten“ erfasst dessen persönliche Verhältnisse und sein sonstiges Verhalten vor, bei und nach der Tatbegehung. Dies erfordert eine Prüfung, ob das festgestellte Dienstvergehen mit dem bisher gezeigten Persönlichkeitsbild des Beamten übereinstimmt oder es – etwa als persönlichkeitsfremdes Verhalten in einer Notlage oder gar einer psychischen Ausnahmesituation – davon abweicht (BVerwG, U.v. 29.5.2008, a.a.O., Rn. 14).
Der Gesichtspunkt der „Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit“ verlangt eine Würdigung des Fehlverhaltens des Beamten im Hinblick auf ihren allgemeinen Status, ihren Tätigkeitsbereich innerhalb der Verwaltung und ihre konkret ausgeübte Funktion (BVerwG, U.v. 29.5.2008, a.a.O., Rn. 15).
Bei der Anwendung des Bemessungskriteriums „Schwere des Dienstvergehens“ ist das festgestellte Dienstvergehen nach seinem Gewicht einer der im Gesetz aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Davon ausgehend kommt es für die Bestimmung der Disziplinarmaßnahme darauf an, ob Erkenntnisse zum Persönlichkeitsbild und zum Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung im Einzelfall derart ins Gewicht fallen, dass eine andere als die durch die Schwere des Dienstvergehens indizierte Disziplinarmaßnahme geboten ist (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008, a.a.O., Rn. 20).
Fallen einem Beamten mehrere Dienstpflichtverletzungen zur Last, die in ihrer Gesamtheit das einheitliche Dienstvergehen ergeben, so bestimmt sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme in erster Linie nach der schwersten Verfehlung (BayVGH, U.v. 13.7.2011 – 16a D 09.3127, juris Rn. 127).
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 BayDG). Das Beamtenverhältnis wird auf Lebenszeit begründet und kann vom Dienstherrn nicht einseitig aufgelöst werden. Pflichtverletzungen des Beamten machen daher Reaktions- und Einwirkungsmöglichkeiten des Dienstherrn erforderlich. Das Disziplinarrecht stellt hierfür Maßnahmen zur Verfügung, um den Beamten im Falle des Dienstvergehens zur Pflichterfüllung anzuhalten oder ihn aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn das notwendige Vertrauen endgültig verloren ist. Nur so können die Integrität des Berufsbeamtentums und das Vertrauen in die ordnungsgemäße Aufgabenwahrnehmung der Beamten aufrechterhalten werden (BVerwG, U.v. 23.1.1973 – 1 D 25.72, BVerwGE 46, 64; U.v. 25.7.2013 – 2 C 63.11, BVerwGE 147, 229; U.v. 27.2.2014 – 2 C 1.13, BVerwGE 149, 117; U.v. 10.12.2015 – 2 C 6/14, juris). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch eine Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.
In Hinblick auf die dargestellte aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommen statusberührende Disziplinarmaßnahmen nur bei besonders schwerwiegenden Verfehlungen in Betracht.
Zur Frage der Maßnahmenzumessung liegt für vorliegende Fallgestaltung keine sog. Regelrechtsprechung vor.
Der Freispruch des Beklagten vom strafrechtlichen Vorwurf der Falschbeurkundung im Amt steht einer disziplinaren Ahndung nicht entgegen. Der dem Beklagten zur Last gelegte Sachverhalt erfüllt somit zwar keine Straf- oder Bußgeldvorschrift, stellt aber gleichwohl ein Dienstvergehen dar (vgl. Art. 15 Abs. 2 BayDG).
Das Strafverfahren und das Disziplinarverfahren verfolgen zudem unterschiedliche Zwecke. Das Strafrecht ist vom Vergeltungsprinzip mit dem Ziel der individuellen Sühne durch ein Unwerturteil über gemeinschaftswidriges Verhalten und strafrechtliche Sanktionen geprägt. Demgegenüber ist es ausschließlich Zweck des Disziplinarverfahrens, das Vertrauen in die Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit der Beamten und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes sicherzustellen (std. Rspr., vgl. zuletzt: BVerwG, B.v. vom 27.12.2017 – 2 B 18/17, juris Rn. 9).
Gemessen an den bezeichneten Grundsätzen wiegt das Fehlverhalten des Beklagten zwar schwer i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG. Unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände ist zur Überzeugung der Kammer jedoch keine statusberührende Disziplinarmaßnahme mit Außenwirkung, hier in Form einer Zurückstufung, erforderlich.
Der Beklagte hat durch die Anhebung der Noten sämtlicher Abituraufgaben im Fach Deutsch vorsätzlich gegen Rechtsvorschriften der Gymnasialschulordnung und elementare Grundsätze des Prüfungsrechts verstoßen, dadurch das Vertrauen der Schülerinnen und Schüler, ihrer Eltern und der Öffentlichkeit in den ordnungsgemäßen Ablauf der Abiturprüfung erschüttert und damit das Ansehen der Schule in der Öffentlichkeit nachhaltig beschädigt. Darüber hinaus hat er die Atmosphäre vertrauensvoller Zusammenarbeit im öffentlichen Dienst erheblich gestört, da er eigenmächtig ohne Rückfrage bei übergeordneten Stellen gehandelt hat.
Der Beklagte hat durch die Anhebung der Noten des Deutschabiturs – zumindest im oberen Prädikatsbereich – eine erhebliche Manipulation im Rahmen einer zentralen schulischen Abschlussprüfung bewirkt, deren Ergebnis Auswirkungen auf die weiteren beruflichen Qualifikationschancen der Schülerinnen und Schüler gehabt hat bzw. zumindest gehabt haben kann.
Wie bereits ausgeführt, hatte das Vorgehen des Beklagten zur Folge, dass sich bei sechzehn Prüfungsteilnehmern die Durchschnittsabiturnote um ein Zehntel erhöht hat.
Erschwerend ist zu berücksichtigen, dass der Beklagte gerade seine Funktion und Autorität als Schulleiter missbraucht hat, um seinen Willen eigenmächtig und ohne Rücksprache mit dem Ministerium durchzusetzen, indem er sich über Rechtsvorschriften hinweggesetzt und gegenüber den Lehrern seiner Schule im nicht zustehende Kompetenzen vorgegeben hat.
Erschwerend ist weiter zu werten, dass er durch sein Vorgehen und die dadurch bewirkte Besserstellung der Deutsch-Abiturienten seines Gymnasiums eine entsprechende Schlechterstellung aller anderen Deutsch-Abiturienten an bayerischen Gymnasien in Kauf genommen hat. Mit seiner dienstlichen Stellung als Schulleiter, der eine Vorbildfunktion innehat, ist das geschilderte Verhalten nicht zu vereinbaren. Aufgrund der einschlägigen Erfahrungen im Jahr 2012 wäre es dem Beklagten auch leicht möglich gewesen, bereits im Vorfeld Auskünfte zum korrekten Vorgehen einzuholen. Zudem hätte auch noch nach der Feststellung der teilweise rigiden Korrekturen durch den Beklagten, die in vier Fällen eine Anhebung zwingend erforderlich machten, für eine Rücksprache mit dem Ministerialbeauftragten bzw. dem Kultusministerium ausreichend Zeit bestanden, weshalb der Beklagte sich nicht darauf berufen kann, in Folge Zeitdrucks habe keine Handlungsalternative bestanden.
Als die Schwere des Dienstvergehens deutlich mindernd ist zu berücksichtigen, dass die spätere Überprüfung der Arbeiten durch die Fachreferenten ergeben hat, dass der Beklagte mit seiner Einschätzung, es seien zu strenge Bewertungsmaßstäbe angelegt worden, bei mehreren Arbeiten, insbesondere im unteren Bewertungsbereich, richtig gelegen hat und bei vier mit ungenügend bzw. mangelhaft bewerteten Arbeiten eine Anhebung der Bewertung zwingend notwendig war. Ein Tätigwerden des Beklagten war deshalb in der Sache notwendig, allerdings nicht in der von ihm gewählten, rechtlich nicht zulässigen Handlungsweise.
Zu Gunsten des Beklagten ist weiter zu werten, dass er nicht mit dem Ziel gehandelt hat, einzelnen Schülern zu einer besseren Note zu verhelfen oder um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen. Er hat zwar eigenmächtig gehandelt, jedoch nicht eigennützig.
Ebenfalls zu Gunsten des Beklagten ist seine erhebliche Belastung durch das Strafverfahren zu berücksichtigen. Der Beklagte wurde erst in dritter Instanz durch das Oberlandesgericht aus Rechtsgründen freigesprochen. Über das Strafverfahren wurde ausführlich in den Medien mit Fotos des Beklagten berichtet. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer glaubhaft über seine psychischen Probleme als Folge des genannten Strafverfahrens berichtet.
Schließlich ist zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass er weder strafrechtlich noch disziplinarrechtlich vorbelastet ist, nach dem hier relevanten Vorfall bis heute das … in … erfolgreich als Schulleiter geführt und sich in dieser Funktion – weiterhin – bewährt hat. Der Beklagte genießt einen ausgezeichneten Ruf. Bei der externen Evaluation 2013/2014 hat … Bestnoten erhalten. Die Schule nimmt mit einer weiteren Schule in Bayern an dem Projekt „Digitale Schule 2.0“ teil.
Auch ist der Beklagte in der Vergangenheit sehr gut dienstlich beurteilt worden.
Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung im Vollzug des Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Kammer deshalb zu der Einschätzung gelangt, dass eine Zurückstufung des Beklagten weder zur Pflichtenmahnung noch zur Wiederherstellung des Vertrauens der Allgemeinheit und des Dienstherren in den Beklagten geboten und verhältnismäßig ist.
Die Zurückstufung ist die zweitschwerste Disziplinarmaßnahme gegen aktive Beamte und setzt entsprechend ihrer Einstufung in den Maßnahmenkatalog mindestens ein schweres Dienstvergehen im mittleren Bereich voraus, das mit einer Bezügekürzung nicht mehr angemessen geahndet werden kann, bei dem eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aber unverhältnismäßig wäre. Die Dienstpflichtwidrigkeit muss zu einer nachhaltigen Erschütterung des Vertrauens im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 BayDG in die pflichtgemäße Amtsausübung geführt haben, so dass es eines längeren Zeitraums bedarf, um dieses Vertrauen wieder zu festigen. Ausdruck dieser „Wiederherstellungsphase“ ist das lange Beförderungsverbot von regelmäßig fünf Jahren nach Art. 9 Abs. 3 BayDG. Die Zurückstufung dient einerseits dazu, den Beamten zur künftigen Pflichterfüllung anzuhalten (spezialpräventive Pflichtenmahnung, Erziehungsfunktion) und wegen ihrer Außenwirkung auf seine Umgebung abschreckend (generalpräventiv) einzuwirken. Die Maßnahme wird andererseits im Interesse der Integrität des öffentlichen Dienstes und des Berufsbeamtentums auch deshalb ausgesprochen, weil dem Dienstherrn oder der Allgemeinheit ein Verbleiben des Beamten in seinem bisherigen statusrechtlichen Amt nicht zugemutet werden kann. Die Unzumutbarkeit folgt daraus, dass dieses Amt regelmäßig mit größerer Verantwortung oder sogar Führungsaufgaben verbunden ist und der Beamte durch sein Verhalten dieser Verantwortung nicht gerecht geworden ist oder sich als Führungsperson diskreditiert hat (zum Ganzen: Urban/Wittkowski, Bundesdisziplinargesetz, Rn. 3 zu § 9 BDG m.w.N.).
Das Bundesverwaltungsgericht sieht eine derartige Disziplinarmaßnahme insbesondere dann für geboten an, wenn dem Beamten ein wiederholtes und von grober Uneinsichtigkeit geprägtes vorsätzliches Fehlverhalten zur Last liegt (vgl. U.v. 20.1.2004 – 1 D 33/02, juris Rn. 114; Zängl, Bayerisches Disziplinargesetz, Rn. 3 zu Art. 10).
Hiervon ausgehend ist die Kammer in der Gesamtschau zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nach Art. 9 Abs. 1 BayDG für den maximal zulässigen Zeitraum von drei Jahren gemäß Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 BayDG zur Pflichtenmahnung zwingend erforderlich, im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens jedoch auch schuldangemessen und verhältnismäßig ist.
Dem Beklagten wird kein wiederholtes und von grober Uneinsichtigkeit geprägtes vorsätzliches Fehlverhalten zur Last gelegt. Er hat auch nach den hier relevanten Vorgängen im Jahr 2013 das … beanstandungsfrei geführt und die Schule erfolgreich weiterentwickelt. Das Vertrauen in den Beklagten hat sich in diesem fast fünfjährigen Zeitraum wieder gefestigt, so dass es auch aus generalpräventiven Erwägungen nicht mehr geboten ist, eine statusberührende Disziplinarmaßnahme festzusetzen.
Die Kammer ist der Überzeugung, dass der Beklagte aus den persönlichen Belastungen durch das gegen ihn geführte Strafverfahren und der mit der ausgesprochenen Disziplinarmaßnahme zusätzlich verbundenen Pflichtenmahnung seine Lehren ziehen wird und deshalb im Rahmen der zu treffenden Zukunftsprognose davon auszugehen ist, dass der Beklagte auch weiterhin – wie bereits seit den hier relevanten Vorfällen im Jahr 2013 – seine Dienstpflichten als Rektor beachten wird.
Mit der verhängten Disziplinarmaßnahme wird damit neben der notwendigen Pflichtenmahnung auch dem Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit, die Funktionsfähigkeit der Verwaltung sicherbzw. wiederherzustellen, ausreichend Rechnung getragen.
Die Höhe der Kürzung der Dienstbezüge wurde auf ein Zehntel festgesetzt, da der Beklagte der 4. QE angehört (vgl. Zängl, Bayerisches Disziplinarrecht, Rn. 7 zu Art. 9 BayDG m.w.N.).
Wirtschaftliche Gründe, die zu Gunsten des Beklagten eine abweichende, niedrigere Festsetzung geboten hätten, liegen nicht vor und wurden auch nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.


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