Arbeitsrecht

Mindestlohn – Entgeltfortzahlung

Aktenzeichen  10 AZR 335/14

Datum:
13.5.2015
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2015:130515.U.10AZR335.14.0
Normen:
Art 3 EGRL 71/96
§ 98 Abs 6 ArbGG
§ 2 Nr 1 AEntG 2009
§ 5 S 1 Nr 1 AEntG 2009
§ 7 Abs 1 AEntG 2009
§ 8 Abs 1 AEntG 2009
§ 2 Abs 1 EntgFG
§ 12 EntgFG
Spruchkörper:
10. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Cottbus, 6. Juni 2013, Az: 3 Ca 355/13, Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 11. Februar 2014, Az: 3 Sa 1412/13, Urteil

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 11. Februar 2014 – 3 Sa 1412/13 – wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über Entgeltfortzahlung an Feiertagen.
2
Der Kläger ist seit dem 1. April 2000 bei der Beklagten als Ausbilder mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden zu einem vertraglichen Bruttomonatsgehalt von 1.894,00 Euro beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden weder kraft beiderseitiger Tarifbindung noch aufgrund vertraglicher Bezugnahme Tarifverträge Anwendung.
3
Die Beklagte erbringt in ihrem Betrieb in C Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch.
4
Mit der am 1. August 2012 in Kraft getretenen „Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch“ vom 17. Juli 2012 (MindestlohnVO) erklärte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemäß § 7 AEntG in der im Zeitraum vom 20. April 2009 bis zum 15. August 2014 geltenden Fassung die Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal vom 15. November 2011 für allgemein anwendbar. In der MindestlohnVO heißt es auszugsweise:
        
„§ 1   
        
Zwingende Arbeitsbedingungen
        
Die in der Anlage zu dieser Verordnung aufgeführten Rechtsnormen des Tarifvertrags zur Regelung des Mindestlohns für pädagogisches Personal vom 15. November 2011 (…) finden auf alle unter seinen Geltungsbereich fallenden und nicht an ihn gebundenen Arbeitgeber sowie Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Anwendung, wenn der Betrieb oder die selbständige Betriebsabteilung überwiegend Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nach dem Zweiten und Dritten Buch Sozialgesetzbuch durchführt; ausgenommen sind Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation im Sinne des § 35 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch. Die Rechtsnormen des Tarifvertrags gelten auch für Arbeitsverhältnisse zwischen einem Arbeitgeber mit Sitz im Ausland und seinen im Geltungsbereich der Verordnung beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen.“
5
Der TV Mindestlohn enthält ua. folgende Regelungen:
        
„§ 1   
        
Geltungsbereich
        
Dieser Tarifvertrag gilt
        
…       
        
2.    
sachlich für Betriebe oder selbständige Betriebsabteilungen von Trägern der beruflichen Bildung, soweit diese Betriebe oder selbständigen Betriebsabteilungen überwiegend Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen nach dem Zweiten oder Dritten Buch des Sozialgesetzbuches erbringen. Ausgenommen sind die Träger der beruflichen Rehabilitation behinderter Menschen;
        
…       
        
§ 2     
        
Regelungsgegenstände
        
1.    
Dieser Tarifvertrag regelt ausschließlich die Mindeststundenvergütung und den jährlichen Urlaubsanspruch. Für andere Regelungsgegenstände ist die Vereinbarung eines tariflichen Anspruchs aus diesem Tarifvertrag ausdrücklich nicht gewollt.
        
2.    
Für die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer günstigere Regelungen bleiben unberührt.
        
§ 3     
        
Entgelt
        
1.    
Die Mindeststundenvergütung (brutto) beträgt – abhängig vom Einsatzort – mindestens
        
        
12,60 €
(Berlin, Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Baden-Württemberg, Bayern)
        
        
11,25 €
(Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen).
        
…       
        
§ 4     
        
Urlaub
        
Die Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer haben unter Fortzahlung des Arbeitsentgeltes Anspruch auf Jahresurlaub; Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Unter Zugrundelegung einer 5-Tage-Woche beträgt der Urlaubsanspruch 26 Arbeitstage; der volle Urlaubsanspruch entsteht erstmalig nach einem ununterbrochenen Arbeitsverhältnis von sechs Monaten.“
6
Die Beklagte nahm eine Nachberechnung des Entgelts des Klägers für die Monate August 2012 bis Januar 2013 auf Basis der Mindeststundenvergütung von 11,25 Euro brutto vor und erbrachte Nachzahlungen für tatsächlich geleistete Arbeits- und Urlaubsstunden in Höhe von insgesamt 190,50 Euro brutto. Aufgrund von Feiertagen ausgefallene Arbeitszeit berücksichtigte sie dabei nicht.
7
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Mindeststundenvergütung nach § 3 TV Mindestlohn stehe ihm auch für Feiertagsstunden zu. Ausgehend von einer Gesamtzahl von 1.030 Arbeits- oder Urlaubsstunden oder wegen Feiertagen ausgefallener Stunden ergebe sich für den Zeitraum 1. August 2012 bis 31. Januar 2013 unter Anrechnung erhaltener Zahlungen ein Differenzanspruch in Höhe von 180,00 Euro brutto.
8
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
        
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 180,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 131,00 Euro seit dem 16. November 2012 und aus weiteren 49,00 Euro seit dem 16. Februar 2013 zu zahlen.
9
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Mindeststundenvergütung nach § 3 TV Mindestlohn sei nur für tatsächlich geleistete Arbeitsstunden zu zahlen, nicht aber an Feiertagen.
10
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.


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