Arbeitsrecht

Nichtannahmebeschluss: Ersichtlich unzureichend begründete Urteilsverfassungsbeschwerde (§ 23 Abs 1 S 2, 92 BVerfGG) – Auferlegung einer Missbrauchsgebühr iHv 300 Euro zu Lasten des Bevollmächtigten

Aktenzeichen  1 BvR 2704/10

Datum:
8.12.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2010:rk20101208.1bvr270410
Normen:
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG
§ 34 Abs 2 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
Spruchkörper:
1. Senat 1. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend BGH, 16. September 2010, Az: V ZR 55/10, Beschlussvorgehend KG Berlin, 9. Februar 2010, Az: 27 U 174/07, Urteil

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
Dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers wird eine Missbrauchsgebühr in Höhe von 300 € (in Worten: dreihundert Euro) auferlegt.

Gründe

1
1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG
nicht vorliegen. Der Verfassungsbeschwerde kommt weder grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme
zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Rechte angezeigt. Vielmehr ist die Verfassungsbeschwerde offensichtlich unzulässig,
weil sie nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG entsprechend begründet ist.

2
a) Eine substantiierte Begründung in diesem Sinne erfordert, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner
Grundrechte oder grundrechtsähnlichen Rechte hinreichend deutlich aufzeigt (vgl. BVerfGE 6, 132 ; 20, 323 ; 28,
17 ; 89, 155 ; 98, 169 ). Dabei hat der Beschwerdeführer auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht
durch die angegriffene Maßnahme verletzt sein soll (vgl. BVerfGE 99, 84 ) und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen
die Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 ). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung,
bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und
deren konkreter Begründung (vgl. BVerfGE 88, 40 ; 101, 331 ; 105, 252 ; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des
Ersten Senats vom 5. Januar 2010 – 1 BvR 2973/06 -, juris, Rn. 2; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 11.
März 2010 – 1 BvR 2909/08 -, juris, Rn. 2).

3
b) Zwar bezeichnet der Beschwerdeführer seine Rechte aus Art. 14 GG und Art. 19 Abs. 4 GG als verletzt. Er legt aber nicht
einmal ansatzweise dar, weshalb diese Rechte unter Berücksichtigung der vom Bundesverfassungsgericht geklärten Maßstäbe tatsächlich
verletzt sein sollten. Vielmehr beklagt der Beschwerdeführer ohne jede verfassungsrechtliche Würdigung pauschal einen vermeintlichen
Verfahrensfehler des Kammergerichts und eine “den Vorschriften der Zivilprozessordnung zuwiderlaufende Beweiswürdigung”; hierzu
schildert er bruchstückhaft und zusammenhanglos einzelne Zeugenaussagen und rügt deren angeblich fehlerhafte Würdigung durch
das Kammergericht, ohne auf die ausführlichen Erwägungen des Kammergerichts einzugehen. Der Beschwerdebegründung lässt sich
nicht einmal der zugrunde liegende Sachverhalt entnehmen. Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss des Bundesgerichtshofs
setzt der Beschwerdeführer sich überhaupt nicht auseinander. Dies genügt den Anforderungen an eine substantiierte Begründung
ersichtlich nicht.

4
2. Die Auferlegung einer Missbrauchsgebühr beruht auf § 34 Abs. 2 BVerfGG.

5
a) Das Bundesverfassungsgericht kann nach § 34 Abs. 2 BVerfGG eine Gebühr bis zu 2.600 € auferlegen, wenn die Einlegung der
Verfassungsbeschwerde einen Missbrauch darstellt. Ein Missbrauch liegt vor, wenn die Verfassungsbeschwerde offensichtlich
unzulässig oder unbegründet ist und ihre Einlegung deshalb von jedem Einsichtigen als völlig aussichtslos angesehen werden
muss (vgl. etwa BVerfGK 6, 219; 10, 94 ), etwa bei einer – wie hier – völlig substanzlosen Verfassungsbeschwerde (vgl.
BVerfGK 10, 94 ). Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, an der Erfüllung seiner Aufgaben durch erkennbar
substanzlose Verfassungsbeschwerden gehindert zu werden, wodurch anderen Bürgern der ihnen zukommende Grundrechtsschutz nur
verzögert gewährt werden kann (vgl. BVerfGK 6, 219; 10, 94 ).

6
b) Gerade von einem Rechtsanwalt, der ein Mandat zur Führung eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht annimmt, ist
zu verlangen, dass er sich mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Verfassungsbeschwerde auseinandersetzt, die Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zu den aufgeworfenen Fragen prüft, die Erfolgsaussichten einer beabsichtigten Verfassungsbeschwerde
eingehend abwägt und sich entsprechend den Ergebnissen seiner Prüfung verhält (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten
Senats vom 9. Juni 2004 – 1 BvR 915/04 -, NJW 2004, S. 2959; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 19. Februar 2009
– 2 BvR 191/09 -, juris, Rn. 4). Diesen Anforderungen wird das jede verfassungsrechtliche Substanz entbehrende Vorbringen
des Verfahrensbevollmächtigten des Beschwerdeführers nicht gerecht. Dies rechtfertigt es, ihm die Missbrauchsgebühr aufzuerlegen.

7
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

8
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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