Arbeitsrecht

Notargebührenrecht – Vereinbarung über Rückabwicklung eines bereits vollständig vollzogenen Grundstückskaufvertrages keine Vertragsaufhebung

Aktenzeichen  31 T 1014/19

Datum:
3.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 27333
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Amberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GNotKG § 94 Abs. 2 S. 1, § 109, § 129, § 130
KV GNotKG Nr. 21100, Nr. 21102
BGB § 433, § 873, § 925

 

Leitsatz

Die Beurkundung einer Vereinbarung über die Rückabwicklung eines bereits vollständig vollzogenen Grundstückskaufvertrages (Rückerstattung der bereits ausgetauschten Leistungen einschließlich der neuerlichen Auflassung des Grundstücks nach grundbuchmäßigem Vollzug) betrifft keine Vertragsaufhebung im Sinne von Nr. 21102 KV GNotKG. Vielmehr löst sie eine 2,0-Gebühr nach Nr. 21100 KV GNotKG aus.  (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Auf den Antrag des Notars vom 22.10.2019 auf gerichtliche Entscheidung wird die vom Notar dem Antragsgegner … am 10.11.2015 unter der Rechnungsnummer 19681 erteilte Kostenberechnung abgeändert:
Anstelle der nach Nummer 21102 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG angesetzten Gebühr zu 1,0 in Höhe von netto 435 € werden nach Nummer 21100 des Kostenverzeichnisses zum GNotKG 2,0 Gebühren aus dem Geschäftswert von 200.000 €, mithin netto 870 € angesetzt, sodass sich der Rechnungsbetrag von brutto 824,08 € um netto 435 € und brutto 517,65 € auf insgesamt 1.334,13 € erhöht.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
3. Der Gegenstandswert wird auf 517,65 € festgesetzt.

Gründe

I.
Mit Urkunde des Notars vom 01.04.2015, URNr. 5…3/15, verkaufte …n die Eheleute … das Anwesen …. Beurkundet wurden der Kaufvertrag nebst Auflassung und eine Vormerkung. Mit der Vertragsabwicklung und der Antragstellung an das Grundbuchamt wurde der Notar beauftragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urkunde (Blatt 4-14) Bezug genommen.
Nach Eintragung der Eheleute …in das Grundbuch als Eigentümer beurkundete der Notar am 09.11.2015 unter der URNr. 1…4/15 eine Aufhebung des Kaufvertrags vom 01.04.2015, eine Auflassung des genannten Anwesens von den Eheleuten … an … als nunmehrigen Erwerber und eine zugehörige Auflassungsvormerkung. Mit der Vertragsabwicklung und der Antragstellung an das Grundbuchamt wurde wiederum der Notar beauftragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urkunde (Blatt 15-22) Bezug genommen.
Vereinbarungsgemäß richtete der Notar seine Kostenrechnung für die Beurkundung vom 09.11.2015 an … Diese erstellte er am 10.11.2015 unter der Rechnungsnummer 19681. Darin setzte er für die Vertragsaufhebung eine 1,0 Gebühr nach Nummer 21102 des Kostenverzeichnisses an. Wegen der Einzelheiten wird auf die Kostenberechnung Bezug genommen (Blatt 32).
Die Notarkasse beanstandete im Rahmen einer turnusmäßigen Kostenrevision die vorgenannte Rechnung. Deshalb wies der Präsident des Landgerichts als Dienstvorgesetzter mit Schreiben vom 08.10.2019 den Notar dazu an; eine Entscheidung des Landgerichts Amberg herbeizuführen (Blatt 28).
Dem entsprach der Notar mit Antragsschreiben vom 22.10.2019 (Blatt 1-3). Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass er die Ansicht der Notarkasse nicht teile, wonach nach dem Vollzug des Vertrags die Privilegierung der Nummer 21102 des Kostenverzeichnisses nicht mehr greife. Zivilrechtlich bleibe auch ein vollzogener Kaufvertrag bestehen. Nach dem Wortlaut der Kostenregelung betreffe die Privilegierung eine „Aufhebung“ und nicht nur eine „Aufhebung eines noch nicht vollständig erfüllten Vertrages“. Eine derartige Differenzierung beinhaltete die aktuelle Kostenregelung im Gegensatz zum früheren § 38 Abs. 2 Nummer 3 Kostenordnung nicht mehr. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sei die Privilegierung der Rückabwicklung eines (fehlgeschlagenen) Vertrages. Wegen der Einzelheiten wird auf die Antragsschrift Bezug genommen.
Die Kammer hat sich mit Verfügung vom 08.11.2019 die verfahrensgegenständliche Kostenrechnung vorlegen lassen und … am Verfahren beteiligt. Dieser äußerte sich binnen der ihm eingeräumten Stellungnahmefrist von 3 Wochen nicht.
Anschließend hat die Kammer mit Verfügung vom 03.12.2019 eine Stellungnahme der Notarkasse erholt, die am 02.06.2020 bei Gericht einging. Die Privilegierung der Abrechnung nach Nummer 21102 des Kostenverzeichnisses bestehe nur, wenn ein aufhebungsfähiger Vertrag vorliege. Hierfür müssten für die Vertragspartner aus dem Vertrag noch zu erfüllende Rechte oder Ansprüche bestehen. Wurde, wie ihm zur Entscheidung stehenden Fall, bereits die Eigentumsumschreibung im Grundbuch eingetragen, fehle es an einem Vertragsverhältnis, das aufgehoben werden könne. Die Beseitigung der Vollziehung im Grundbuch stehe gebührenrechtlich einem Rückkaufvertrag gleich, der nach Nummer 21100 des Kostenverzeichnisses mit 2,0 Gebühren abzurechnen sei. Spätestens die am 09.11.2015 mit beurkundete Auflassung habe die 2,0-Gebühr ausgelöst. Dies folge aus § 94 Abs. 2 GNotKG. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme (Blatt 35-38) Bezug genommen.
Die Kammer hat mit Verfügung vom 16.06.2020 den Beteiligten Gelegenheit zur etwaigen Äußerung zur Stellungnahme der Notarkasse binnen 2 Wochen gewährt. … äußerte sich nicht. Der Notar verwies darauf, dass die Mitbeurkundung der Auflassung nach § 109 GNotKG derselbe Beurkundungsgegenstand sei und damit kostenrechtlich überhaupt nicht relevant (Blatt 40).
II.
Der zulässige Antrag des Notars führt zu der tenorierten Abänderung der Kostenrechnung vom 10.11.2015. Für die Anrufung des Landgerichts nach § 130 Abs. 2 GNotKG ist eine Frist nicht vorgesehen (vgl. Korintenberg/Sikora, 21. Aufl. 2020, GNotKG § 130).
Die Beurkundung vom 09.11.2015 löste nach Nummer 21100 des Kostenverzeichnisses eine 2,0-Gebühr aus. Tatsächlich betraf der Vertrag vom 09.11.2015 die Aufhebung des Kaufvertrags, sodass insoweit an Nummer 21102 des Kostenverzeichnisses zu denken war. Nach dem grundbuchmäßigen Vollzug bedurfte es aber einer neuerlichen Auflassung des Grundstücks von den Eheleuten … an … Die Beurkundung dieser Einigung, die keine Vertragsaufhebung darstellt, unterfällt der Nummer 21100 des Kostenverzeichnisses. Der Verweis des Notars auf § 109 GNotKG, wonach es sich insoweit um einen für die Kosten irrelevanten einheitlichen Beurkundungsgegenstand handle, verfängt nicht. Denn soweit mehrere Beurkundungsgegenstände nach § 109 GNotKG als ein Gegenstand zu behandeln sind, werden die Gebühren nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensatz berechnet, § 94 Abs. 2 Satz 1 GNotKG. Damit ist vorliegend nicht maßgeblich die Aufhebungsabrede, sondern die Auflassung als dinglicher Vertrag.
Die gerichtliche Entscheidung konnte nach § 130 Abs. 2 Satz 2 GNotKG auch auf eine Erhöhung der Kostenberechnung lauten.
Das Verfahren vor dem Landgericht löst für die Beteiligten keine Gerichtskosten aus (vgl. Korintenberg/Sikora, 21. Aufl. 2020, GNotKG § 127 Rn. 52a). Gerichtskosten hat der Notar nicht zu tragen, § 130 Abs. 2 Satz 3 GNotKG. Außergerichtliche Kosten sind anderen Beteiligten ersichtlich nicht entstanden (§ 130 Abs. 2 Satz 4 GNotKG).


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