Arbeitsrecht

Rechtmäßigkeit der Versetzung in den Ruhestand

Aktenzeichen  RO 1 K 16.1699

Datum:
22.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 150273
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 44, § 45, § 47, § 48
VwGO § 98, § 113 Abs. 1 S. 1, § 154 Abs. 1
VwVfG § 28
ZPO § 412 Abs. 1
BeamtVG § 5 Abs. 3
PersVG § 78 Abs. 1 Nr. 5

 

Leitsatz

1. Ärztliche oder amtsärztliche Gutachten stellen nur eine von einem Arzt als sachverständiger Helfer erstellte medizinisch-fachliche Hilfestellung zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit dar, auch wenn ihr Ergebnis faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde hat; dieser obliegt jedoch die letztendliche rechtliche Würdigung und Einschätzung der Dienstfähigkeit, da nur sie die konkreten Amtsanforderungen mit dem diagnostizierten Gesundheitszustand des Beamten in Relation setzen kann (ebenso BVerwG BeckRS 2015, 46551). (Rn. 67) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wie detailliert eine ärztliche Stellungnahme sein muss, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles; es gilt jedoch: wenn aufgrund der Schwere einer Erkrankung und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Beamten nur die Feststellung der Dienstunfähigkeit in Betracht kommt, ist keine (bloß aus formalen Gründen) umfangreiche Stellungnahme des Amtsarztes mehr erforderlich. (Rn. 67) (Rn. 78) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Spannungsverhältnis zwischen den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an gutachterliche Stellungnahmen einerseits und den Rechten des untersuchten Beamten sowie der insoweit bestehenden ärztlichen Schweigepflicht des Amts- bzw. Betriebsarztes andererseits aufzulösen, gestaltet sich in der Praxis oftmals schwierig und die Frage, ob eine ausreichende medizinische Tatsachengrundlage für die von der Behörde zu treffende Entscheidung über die Dienstfähigkeit eines Beamten noch gegeben ist, kann jeweils nur im konkreten Einzelfall beantwortet werden. (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die fehlende Suche des Dienstherrn auch bei anderen Dienstellen für eine Weiterverwendung ist nicht zu beanstanden, wenn feststeht, dass der Beamte in absehbarer Zeit keinerlei Dienste mehr leisten kann oder erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erwarten sind. (Rn. 89) (redaktioneller Leitsatz)
5. Bei der Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, bei der dem Dienstherrn kein Ermessen eingeräumt ist; Erwägungen wie ruhegehaltsfähige Dienstzeiten oder Wirksamkeit einer zuvor erfolgten Beförderung haben daher dabei keine Rolle zu spielen. (Rn. 91) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage führt nicht zum Erfolg.
Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist zwar zulässig.
Die Ruhestandsversetzungsverfügung des Klägers hat sich nicht dadurch schon erledigt, dass der am …1951 geborene Kläger während des gerichtlichen Verfahrens mit Ablauf des Monats November 2016 in den regulären Ruhestand wegen Erreichens der Altersgrenze getreten ist. Die streitgegenständliche Verfügung entfaltet weiterhin Rechtswirkung, weil der Zeitraum bis zum Erreichen der Altersgrenze für die Bemessung des Ruhegehalts außer Betracht bleibt, die zum 28.10.2014 erfolgte Beförderung des Klägers zum Bundesbahnhauptsekretär in BesGr A 8 nicht mehr ruhegehaltfähig wird und die Ruhestandsversetzung gemäß § 47 Abs. 4 Satz 2 BBG Grundlage für die Einbehaltung eines Teils der Dienstbezüge ist (vgl. insoweit auch BayVGH, B.v. 13.8.2014 – 6 ZB 14.50 – juris Rn. 6).
Die Klage ist aber unbegründet.
Der Bescheid des BEV, Dienststelle Süd vom 8.6.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des BEV, Dienststelle Süd vom 30.9.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Entscheidung des BEV weist keine formellen Fehler auf.
Der Kläger wurde mit Schreiben des BEV, Dienststelle Süd vom 13.4.2016 gemäß § 47 Abs. 1 BBG i.V.m. § 28 VwVfG zur beabsichtigten Klärung seiner Dienstfähigkeit und weiteren Verwendungsfähigkeit angehört und ihm die Möglichkeit eingeräumt, gem. § 47 Abs. 2 BBG innerhalb eines Monats Einwendungen gegen die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand zu erheben. Im Ruhestandsversetzungsverfahren wurde auch die Personalvertretung nach § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG mit Schreiben vom 25.4.2016 an den Besonderen Personalrat des BEV, Dienststelle Süd ordnungsgemäß beteiligt. Mit Schreiben vom 4.5.2016 teilte dieser mit, dass gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung keine Einwände erhoben würden.
Die Entscheidung der Beklagten ist auch materiell rechtmäßig.
Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Verfügung ist § 44 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BBG. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG ist die Beamtin auf Lebenszeit oder der Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. In den Ruhestand wird nicht versetzt, wer ander-weitig verwendbar ist.
Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der uneingeschränkten Nachprüfung der Verwaltungsgerichte unterliegt. Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit eines Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 und U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – jeweils juris). Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, vorliegend somit bei Erlass des Widerspruchsbescheids vom 30.9.2016. Die materielle Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung hängt mithin von den Kenntnissen ab, die der zuständigen Behörde zu diesem Zeitpunkt zur Frage der Dienstunfähigkeit zur Verfügung stehen (vgl. BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 46/08 -; BayVGH, B.v. 12.8.2005 – 3 B 98.1080 – jeweils juris; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 113 Rn. 53a m.w.N.; BeckOK BeamtenR Bund/Heid BeamtStG § 26 Rn. 15). Zu diesem Zeitpunkt durfte die Beklagte nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln zu Recht annehmen, dass der Kläger dienstunfähig im Sinne von § 44 Abs. 1 BBG war.
Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht das von dem Beamten zuletzt wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten), sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (BayVGH, U.v. 25.1.2013 – 6 B 12.2062 – unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteile vom 23.9.2004 – 2 C 27.03 – sowie 26.3.2009 – 2 C 73.08 – jeweils juris).
Die Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestands wegen (dauernder oder prog-nostischer) Dienstunfähigkeit setzt die Feststellung seiner krankheitsbedingten Leistungseinschränkungen voraus. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medi-zinische Sachkenntnisse, über die nur ein Arzt verfügt. Dabei wird amtsärztlichen Gutachten gegenüber privatärztlichen Gutachten nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung ein Vorrang eingeräumt (u.a. BayVGH, B.v. 28.11.2016 – 3 ZB 13.1665 – juris). Dieser Vorrang findet seine Rechtfertigung in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes. Im Gegensatz zu einem Privatarzt, der ggf. bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, nimmt der Amtsarzt von der Aufgabenstellung her seine Beurteilung unbefangen und unabhängig vor. Er steht so Beamten und Dienstherrn gleichermaßen fern.
Die gutachterliche Stellungnahme soll dem Dienstherrn die Prognoseentscheidung darüber ermöglichen, ob der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten dauernd unfähig ist, ob er im Fall der Dienstunfähigkeit anderweitig verwendet werden kann und ob er ggf. begrenzt dienstunfähig ist. Zugleich muss das Gutachten dem Beamten ermöglichen, sich mit den Feststellungen und Schlussfolgerungen des Arztes und der darauf basierenden Entscheidung des Dienstherrn auseinanderzusetzen, um diese ggf. substantiiert anzugreifen. (BayVGH, U. v. 25.1.2013 – 6 B 12.2062 – juris). Wie detailliert eine ärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles. Ärztliche oder amtsärztliche Gutachten stellen allerdings nur eine medizinisch-fachliche Hilfestellung zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit dar, auch wenn ihr Ergebnis faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde hat. Die letztendliche rechtliche Würdigung und Einschätzung der Dienstfähigkeit muss daher der für die Ruhestandsversetzung zuständigen Behörde vorbehalten bleiben, da nur sie die konkreten Amtsanforderungen mit dem diagnostizierten Gesundheitszustand des Beamten in Relation setzen kann. Den Gesundheitszustand des Beamten muss daher der Arzt feststellen und medizinisch bewerten, die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen ist dagegen Aufgabe der Behörde und ggfs. des Gerichts. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 sowie B.v. 6.3.2012 – 2 A 5.10 – jeweils juris).
Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes (amts-)ärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist. Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, das heißt die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde, darstellen als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (vgl. BVerwG, U.v. 19.03.2015 – 2 C 37.13 – unter Verweis auf BVerwG, U.v. 30.10.2013 – 2 C 6.12 – sowie B.v. 13.03.2014 – 2 B 49.12 – jeweils juris).
Vorliegend lagen der Behörde für ihre Entscheidung bezüglich der Leistungsfähigkeit des Klägers die Gutachten über den Gesundheitszustand des Klägers vom 15.12.2015, 16.2.2016 und 31.3.2016 sowie die im späteren Verfahren eingeholten Stellungnahmen vom 25.5.2016 (zu den Einwendungen des Klägers) und 16.8.2016 (zu der Widerspruchsbegründung des Klägers) vor. Der Behörde standen hingegen nicht die erst später im Gerichtsverfahren vom Klägervertreter vorgelegten Dienstunfähigkeitsmeldungen (Bl. 60-62 der Gerichtsakte) zur Verfügung. Die darin enthaltenen Feststellungen (Gesundheitsanamnese, Befund, Diagnose und Entscheidung zum weiteren Vorgehen) waren ausführlicher als die Gutachten über den Gesundheitszustand . Mit Schreiben vom 22.9.2017 erklärte die Beklagte bereits schriftsätzlich, dass es sich bei den vom Kläger übersandten Dienstunfähigkeitsmeldungen um Aktennotizen des Bahnarztes für seine Kartei (sog. Bahnarztkartei) handele. Der Kläger habe diese von Dr. D. auf seinen Wunsch hin in Kopie erhalten. Dem Beklagten würden die Dienstunfähigkeitsmeldungen nicht vorliegen, da der Bahnarzt gesetzlich (§ 48 BBG) nur befugt sei, der Dienststelle die tragenden Gründe des Gutachtens mitzuteilen. Dies bestätigte die Beklagte auch nochmal in der mündlichen Verhandlung.
Die Beklagte ist auf Grundlage der ihr vom Bahnarzt Dr. D. vorliegenden Stellungnahmen im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vom 30.9.2016 dennoch zu Recht von der Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen. Eine ausreichende medizinische Tatsachengrundlage lag für die Behörde vor, um eine Entscheidung über die Dienstfähigkeit des Klägers treffen zu können. Konkrete Anhaltspunkte, die Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde vom Bahnarzt Dr. D. oder an der Stimmigkeit und Nachvollziehbarkeit seiner Ausführungen geben würden, trägt der Kläger nicht substantiiert vor und sind auch für das Gericht nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Kläger weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren gegenteilige für ihn positive privatärztliche Gutachten vorgelegt, die die medizinischen Feststellungen von Dr. D. substantiiert in Frage gestellt hätten.
Der Bahnarzt Dr. D. war auch gegenüber dem Kläger nicht voreingenommen. Dies bestätigte der Sachverständige auf Nachfrage des Gerichts im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Danach habe er den Kläger erstmalig im Dezember 2015 gesehen und auch vorher hätten ihm über diesen keinerlei medizinischen oder andere Informationen vorgelegen. Im Übrigen sei es auch nicht seine Art, jemanden anzuherrschen wie der Kläger behauptet habe. Selbst wenn der Kläger die Reaktion des Bahnarztes vielleicht aus seiner subjektiven Sicht als schroff empfunden haben mag, führt dies noch nicht zu dessen Voreingenommenheit. Im Übrigen lässt sich diese auch nachvollziehen, wenn der Bahnarzt auf die Mitwirkung des Klägers zur Diagnose der bei ihm vorliegenden Erkrankung angewiesen ist und dieser dann trotz mehrmaliger Anforderung keine ärztlichen Gutachten seines Hausarztes oder Neurologen vorlegt und zudem auch relativ umständlich und weitschweifig von seiner Erkrankung berichtet. Der Vorwurf der Voreingenommenheit wurde vom Kläger im Übrigen auch zu einem relativ späten Verfahrenszeitpunkt erhoben, so dass er eher den Eindruck einer Schutzbehauptung erweckt. Obwohl sich die angeblichen Vorfälle bereits bei den Untersuchungen im Dezember 2015 bzw. Februar und März 2016 ereignet haben sollen, wurden sie erst mit Schreiben vom 20.6.2017 thematisiert. Wenn sich aber aus Sicht des Klägers derartige das Vertrauensverhältnis erschütternde Vorfälle so ereignet haben, dann hätte es sich geradezu aufgedrängt, diese schon im behördlichen Einwendungs- oder Widerspruchsverfahren anzuzeigen, um frühzeitig die medizinischen Feststellungen in Frage zu stellen und die von der Behörde zu treffende Entscheidung zu seinen Gunsten zu beeinflussen.
Nachvollziehbar kommt der Bahnarzt Dr. D. in seiner Stellungnahme vom 31.3.2016 zu der Diagnose einer o. M. und der sich aus diesem Krankheitsbild ergebenden Dienstunfähigkeit des Klägers, da trotz fachärztlicher Behandlung seit Monaten keine wesentliche Besserung seines Gesundheitszustands eingetreten sei. Die Erkrankung habe beide Augen betroffen. Auch wenn das Gutachten vom 31.3.2016 (Gutachten über den Gesundheitszustand) relativ kurz gefasst und nur knappe Feststellungen zur Diagnose und sonstige Bemerkungen enthält und auch im Übrigen nur im Ankreuzverfahren mit ja oder nein ausgefüllt worden ist, lagen dem Bahnarzt nach seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung jedenfalls zu diesem Zeitpunkt zwei Gutachten des den Kläger behandelnden Neurologen Herrn L. vom 16.9.2015 und vom 19.2.2016 vor. Beide bestätigten letztendlich die von ihm gestellte Diagnose einer o. M. Die Erkrankung sei auch nach den Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung so speziell, dass sie nur von einem Facharzt, einem Neurologen, festgestellt werden könne. Die Diagnose sei auch deshalb so schwer, weil das Problem bei der Muskelschwäche der Augen darin liege, dass sich diese erst dann zeige, wenn die Muskulatur angespannt sei und sich erst dann die Beweglichkeit oder Nichtbeweglichkeit der Augenlider feststellen ließe.
Im Gegensatz zu dem Gutachten von Herrn L. vom 19.2.2016 (vom Klägervertreter als Anlage K 8 zum Schreiben vom 3.4.2017 vorgelegt (Bl. 37 der Gerichtsakte)), das nur knapp gefasste Aussagen zur Diagnostik und Prognose hinsichtlich der Stabilisierung des Krankheitsbildes und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers beinhaltete, habe das andere Gutachten von Herrn L. vom 16.9.2015 nach den Aussagen des Bahnarztes umfangreichere Aussagen auf über einer Seite enthalten. Hinzu kommt, dass das spätere Gutachten von Herrn L. vom 19.2.2016 selbst die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestätigt und davon ausgeht, dass innerhalb des nächsten halben Jahres lediglich mit einer Stabilisierung des Krankheitsbildes zu rechnen sei. Dass lediglich eine Stabilisierung innerhalb der nächsten sechs Monate möglich sei, habe unter Berücksichtigung des konkreten Krankheitsbildes bei einer o. M. nach den nachvollziehbaren Aussagen des Bahnarztes in der mündlichen Verhandlung jedoch nicht für die Tätigkeit des Klägers ausgereicht. Entgegen den Aussagen des Klägers haben nach den Angaben des Bahnarztes in der mündlichen Verhandlung auch körperliche Untersuchungen (u. a. ein Sehtest) stattgefunden. Zudem hätten ihm auch noch einige Laboruntersuchungen und andere bildgebende Verfahren vom Kläger vorgelegen.
Diese Feststellungen wurden durch die nachträglichen Stellungnahmen von Dr. D. vom 25.5.2016 zu den vom Kläger im Ruhestandsversetzungsverfahren mit Schreiben vom 2.5.2016 erhobenen Einwendungen sowie vom 16.8.2016 zu der Widerspruchsbegründung des Klägers vom 11.7.2016 ausführlicher erläutert und nochmals bestätigt. Die ergänzenden Stellungnahmen von Dr. D. lagen der Beklagten auch zusätzlich im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vom 30.9.2016 vor.
Die Frage des Gerichts, warum die ersten beiden Gutachten über den Gesundheitszustand vom 11.12.2015 und 16.2.2016 zunächst nicht ausgefüllt worden seien, erklärte Dr. D. damit, dass dies erst dann der Fall sei, wenn es letztendlich zur Ruhestandsversetzung kommt. Denn zu dem Zeitpunkt, als er die Gutachten abgegeben habe, interessiere sich der Dienstherr mehr dafür, ob der Beamte eventuell wieder dienstfähig werde. Deshalb sei es auch entgegen der Auffassung des Klägers nicht widersprüchlich gewesen, dass er ihn bei der ersten Untersuchung für voraussichtlich dienstfähig ab 21.12.2015 erachtet habe. Diese Feststellung habe er nämlich unter dem Vorbehalt einer neurologischen Kontrolluntersuchung am 16.12.2015 getroffen. Dies ergibt sich auch aus der vom Kläger vorgelegten Dienstunfähigkeitsmeldung vom 11.12.2015 (Blatt 0 Aktennotiz für die Kartei (Bl. 60 der Gerichtsakte)), aus der die Diagnose einer o. M. zwar schon zu diesem Zeitpunkt hervorgeht, wobei die Erkrankung zu dieser Zeit noch erscheinungsfrei verlaufen sei. Wie er schon zu diesem frühen Zeitpunkt zu der Diagnose einer o. M. gekommen sei erklärte der Sachverständige damit, dass ihm der Kläger schon bei seiner ersten Untersuchung am 11.12.2015 verschiedene Medikamentenpackungen vorgelegt habe, aus denen man auf diese Erkrankung habe schließen können.
Zu den Auswirkungen der Erkrankung des Klägers führte der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung weiter aus, dass es sich um eine chronische Erkrankung handele, die auch überwiegend fortschreite. Dies habe man auch im Fall des Klägers gesehen, als später noch Schluckstörungen hinzugekommen seien. Mit verschiedenen Medikamenten (z. B. Mestinol) könne man die Symptome zwar eine Zeit lang „in Schach halten“, eine nachhaltige Besserung trete jedoch nicht ein. Bei der o. M. handele es sich nämlich um eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper gegen sich selbst arbeite. So könne es zwar durchaus sein, dass der Betroffene am Morgen noch beschwerdefrei sei, bei Anspannung der Augenmuskeln würden diese jedoch im Laufe des Tages normalerweise rasch erschöpfen und die Folgen seien Doppelbilder. Die o. M. sei weiterhin ein Stadium der M. g., bei der nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie auch in 80 bis 90% der Fälle davon ausgegangen werden könne, dass sich diese Erkrankung auch noch generalisiere.
Eine Kontaktaufnahme mit dem behandelnden Neurologen Herrn L. hat der Sachverständige für das Gericht nachvollziehbar nicht für erforderlich erachtet. Denn auch wenn es sich bei dem Krankheitsbild um ein „exotisches“ weil sehr seltenes handele, haben ihm von dem den Kläger behandelnden Neurologen zwei ärztliche Berichte (neben dem vom 19.2.2016 noch eine weitere Stellungnahme vom 16.9.2015 an den Hausarzt des Klägers) vorgelegen. Diese hätten ausgereicht, um die Diagnose treffen zu können.
Auch unter Berücksichtigung der oben dargestellten Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an die Formalien und den Inhalt gutachterlicher Stellungnahmen bestehen vorliegend keine Bedenken, dass der Behörde eine ausreichende medizinische Tatsachengrundlage vorgelegen hat, um eine Entscheidung über die Dienstfähigkeit des Klägers treffen zu können. Zu berücksichtigen ist insbesondere die beim Kläger konkret vorliegende Erkrankung und seine dadurch bedingten körperlichen Einschränkungen. Denn je schwerwiegender eine Erkrankung und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit eines Beamten sind (die Dienstunfähigkeit gleichsam auf der Hand liegt und für jeden offensichtlich ist), desto weniger ausführlich müssen die Feststellungen des Amtsarztes sein. Wenn letztlich für die Behörde nur eine Entscheidung in Frage kommt, nämlich die der Feststellung der Dienstunfähigkeit, ist keine (bloß aus formalen Gründen) umfangreiche Stellungnahme des Amtsarztes mehr erforderlich. Dennoch wäre es vorliegend wünschenswert gewesen, wenn auch das vom Bahnarzt Dr. D. angesprochene und seiner medizinischen Einschätzung ebenfalls zugrunde liegende zweite neurologische Gutachten von Herrn L. vom 16.9.2015 oder die Laboruntersuchungen oder bildgebende Verfahren, die ihm vorgelegen hätten, in seinen Gutachten konkret benannt worden wären. Dass auch eine körperliche Untersuchung stattgefunden hat, lässt sich jedenfalls aus der ergänzenden Stellungnahme von Dr. D. vom 25.5.2016 erkennen. Auch aus dem Befund der (der Behörde allerdings nicht vorliegenden) Dienstunfähigkeitsmeldungen vom 11.12.2015 und 10.2.2016 geht hervor, dass der Kläger körperlich untersucht worden ist (insbes. Herz- und Kreislauf, Lunge und neurologische Untersuchung). Der Sachverständige hat auch in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt, dass schon im Dezember 2015 eine umfassende körperliche Untersuchung stattgefunden habe.
Die erkennende Kammer sieht in diesen Fällen immer das Spannungsverhältnis zwischen den Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung an gutachterliche Stellungnahmen einerseits und den Rechten der untersuchten Beamten/innen und die insoweit bestehende ärztliche Schweigepflicht des Amts- bzw. Betriebsarztes andererseits. Deshalb sollen nach § 48 Abs. 2 BBG auch nur die tragenden Gründe des Gutachtens und nicht das komplette Gutachten (vorliegend also auch die vom Bahnarzt für seine eigenen Unterlagen ausgefüllte Bahnarztkartei) an die Behörde bekanntgegeben werden, soweit deren Kenntnis für diese unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Dieses Spannungsverhältnis angemessen aufzulösen, gestaltet sich in der Praxis oftmals schwierig und die Frage, ob eine ausreichende medizinische Tatsachengrundlage für die von der Behörde zu treffenden Entscheidung über die Dienst- und Restleistungsfähigkeit eines Beamten noch gegeben ist, kann jeweils nur im konkreten Einzelfall beantwortet werden.
Das Gericht sieht auch keinen Anlass an der Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung des Ärztlichen Dienstes des BEV zu zweifeln. Über die Anregung der Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens entscheidet das Gericht nach seinem eigenen Ermessen (§ 98 VwGO, § 412 Abs. 1 ZPO). Die Weigerung, ein weiteres Gutachten einzuholen, findet im Prozessrecht dann eine Stütze, wenn das bereits vorliegende Gutachten nicht geeignet ist, dem Gericht die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen zu vermitteln. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das Gutachten von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, unlösbare inhaltliche Widersprüche enthält oder Anlass gibt, an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln. Ein weiteres Gutachten muss nicht schon dann eingeholt werden, wenn ein Beteiligter ein vorliegendes Gutachten als Erkenntnisquelle für unzureichend hält (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.2014 – 2 B 97.13 – juris Rn. 22 unter Verweis auf BVerwG, B.v. 29.5.2009 – 2 B 3.09 – juris Rn. 7). Einen derartigen Mangel der Stellungnahme des Bahnarztes vom 31.3.2016 sowie der ergänzenden Stellungnahmen vom 25.5.2016 sowie vom 16.8.2016 hat der Kläger jedoch schon nicht dargelegt. Auch aufgrund der Befragung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung bestand für das Gericht keine derartige Veranlassung, auch wenn der Kläger zutreffend darauf hingewiesen hat, dass es sich bei dem beim Kläger vorliegenden Erkrankungsbild um eine relativ seltene Krankheit handelt, was der Sachverständige letztlich ebenfalls mit seiner Aussage bestätigt hat. Hinzukommt, dass der Kläger im (behördlichen und gerichtlichen) Ruhestandsversetzungsverfahren auch keine ärztlichen Gutachten vorgelegt hat, die seine Erkrankung und die dadurch bedingten Leistungseinschränkungen in Zweifel gezogen hätten.
Soweit der Kläger beanstandet, dass vorliegend keine ordnungsgemäße Untersuchungsanordnung seitens der Beklagten vorgelegen habe und diesbezüglich auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – juris) verweist, weist das Gericht darauf hin, dass es sich bei dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren um eine andere Konstellation gehandelt hat. In diesem Verfahren ist die Klägerin gerade nicht untersucht worden, sondern ist die Dienstunfähigkeit darauf gestützt worden, dass sich der Betroffene der amtsärztlichen Untersuchung entzogen habe. Vorliegend ist der Kläger jedoch dreimal vom zuständigen Bahnarzt auf seine Dienstunfähigkeit bzw. Dienstfähigkeit hin untersucht und überprüft worden. Jedenfalls zum dritten Untersuchungstermin am 30.3.2016 wurde der Kläger mit Schreiben vom 17.3.2016 zur ärztlichen Untersuchung (vom Kläger selbst als Anlage K 5 zum Schriftsatz vom 19.12.2016 vorgelegt (Bl. 41 der Gerichtsakte)) eingeladen. Aus dieser Einladung ging für diesen klar hervor, dass es sich um eine Tauglichkeitsprüfung im Bahnbetrieb sowie eine Dienstunfähigkeitsuntersuchung handelt, nachdem beide Kästchen angekreuzt worden waren.
Die Dienstunfähigkeit des Klägers wurde vorliegend sowohl auf § 44 Abs. 1 Satz 1 (dauernde) als auch auf Satz 2 (prognostische) BBG gestützt. Der Kläger dringt bezüglich der prognostischen Dienstunfähigkeit mit seinem Einwand nicht durch, dass er am 22.12.2015 an einer Fortbildungsveranstaltung teilgenommen habe und dadurch der Drei-Monats-Zeitraum i. S. v. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG unterbrochen gewesen wäre. Zum einen ist die Beklagte aufgrund der medizinischen Feststellungen des Bahnarztes Dr. D. schon von einer dauerhaften Dienstunfähigkeit ausgegangen. Zum anderen bezieht sich der Drei-Monats-Zeitraum i. S. v. § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG auch nicht auf einen ununterbrochenen Zeitraum, sondern schon von seinem Wortlaut her darauf, dass infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate kein Dienst geleistet wird und keine Aussicht darauf besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt wird. Beim Kläger lagen ausweislich der Ziffer 3 b) der „Dokumentation über die Feststellung der Dienstunfähigkeit nach § 44 BBG“ (vgl. Blatt V 7-16 der Behördenakte vom 13.4.2016 als interner Vermerk) innerhalb der letzten sechs Monate 183 Krankheitstage vor. Die zeitliche Komponente des § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG ist somit unproblematisch gegeben.
Im entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 30.9.2016 war das bahnärztliche Attest auch noch hinreichend aktuell. Der Hinweis des Klägers auf ein Urteil des VG München vom 25.10.2016 (M 5 K 15.3769) verfängt nicht, denn in diesem Verfahren hat die Klägerin nach ihrer Erkrankung im Wege einer Wiedereingliederung bereits stundenweise wieder Dienst geleistet. Dies hätte den Dienstherrn nach Auffassung des Gerichts veranlassen müssen, nochmal eine konkrete Untersuchung und Befundung der Klägerin durchzuführen. Im vorliegenden Verfahren war der Kläger jedoch durchgehend arbeitsunfähig (vgl. auch die zuletzt von der Beklagten mit Schreiben vom 16.11.2017 vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (Bl. 79-83 der Gerichtsakte), zudem hat sich auch keine Verbesserung seines Gesundheitszustands angedeutet, die seine nochmalige Untersuchung bedingt hätte. Im Übrigen ist das letzte Gutachten von Dr. D. vom 31.3.2016 auch im weiteren Verlauf des Verfahrens nochmal überprüft und bestätigt worden, als er zu den Einwendungen bzw. zum Widerspruch noch einmal mit Schreiben vom 25.5.2016 und 16.8.2016 Stellung genommen hat. Dass beide Gutachten nicht auf einer nochmaligen ärztlichen Untersuchung oder sonstigen neuen medizinischen Erkenntnissen beruht haben, ist unschädlich. Zumal auch keine neuen ärztlichen Atteste des Klägers und somit neue medizinische Aspekte vorlagen, die für den Bahnarzt ersichtlich eine neue Bewertung des Gesundheitszustandes des Klägers erforderlich gemacht hätten.
Auch die versehentliche Bezeichnung des Dienstpostens des Klägers in einem der Schriftsätze der Beklagten (Fahrdienstleiter im Dienst statt Weichenwärter) war unschädlich, insbesondere war dem untersuchenden Bahnarzt Dr. D. dessen konkreter Dienstposten ausweislich der vorgelegten Gutachten bekannt. Ebenso verhielt es sich im entscheidungserheblichen Zeitpunkt bei der von der Behörde zu treffenden Entscheidung.
Von einer Versetzung in den Ruhestand soll dann abgesehen werden, wenn der Betroffene anderweitig verwendbar ist (vgl. §§ 44 Abs. 2 bis 4, 45 BBG).
Nach § 44 Abs. 2 BBG ist eine anderweitige Verwendung möglich, wenn ein anderes Amt, auch einer anderen Laufbahn, übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ohne Zustimmung ist zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass die Beamtin oder der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt. Zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand kann einer Beamtin oder einem Beamten unter Beibehaltung des übertragenen Amtes ohne Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist (§ 44 Abs. 3 BBG). Zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand kann die Beamtin oder der Beamte nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn auch ohne Zustimmung in ein Amt dieser Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt versetzt werden, wenn eine dem bisherigen Amt entsprechende Verwendung nicht möglich und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar ist (§ 44 Abs. 4 BBG).
Nach § 45 Abs. 1 BBG ist von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abzusehen, wenn die Beamtin oder der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit). Von der begrenzten Dienstfähigkeit soll abgesehen werden, wenn der Beamtin oder dem Beamten nach § 44 Abs. 2 oder 3 ein anderes Amt oder eine geringerwertige Tätigkeit übertragen werden kann.
Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken; im Einzelfall kann sich jedoch insbesondere durch Fürsorgeaspekte eine räumliche Begrenzung ergeben (vgl. insoweit BVerwG, B.v. 6.3.2012 – 2 A 5/10 – juris Rn. 4). Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Die obergerichtliche Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 18) hält insoweit einen Zeitraum von sechs Monaten für angemessen. Eine Verpflichtung anderer Behörden, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen besteht hingegen nicht (BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73.08 – juris Rn. 29). Es ist dabei Sache des Dienstherrn schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die gesetzlichen Vorgaben beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel ent-zogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat (BVerwG, U.v. 17.08.2005 – 2 C 37.04 – juris).
Eine Suche der Beklagten hat zwar vorliegend weder bei anderen Dienststellen im Bereich der Bundesbahn, noch bei anderen Bundesbehörden stattgefunden. Dies ist vorliegend jedoch nicht zu beanstanden. Der Dienstherr ist nämlich von der Suche nach einer Funktion für die Weiterverwendung dann entbunden, wenn feststeht, dass der Beamte in absehbarer Zeit keinerlei Dienste mehr leisten kann oder erheblich krankheitsbedingte Fehlzeiten zu erwarten seien. Unter dieser Voraussetzung kommt es auf die konkreten Anforderungen der für die Weiterverwendung in Betracht kommenden Dienstposten nicht mehr an. Daher besteht in diesem Fall keine Pflicht zur Suche nach einem solchen Dienstposten. Dies war vorliegend der Fall, denn der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar ausgeführt, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung weder auf seinem konkret-individuellen Dienstposten (als Weichenwärter an einem Stellwerk) eingesetzt werden kann, noch auf anderen Dienstposten, auf denen er in seinem abstrakt-generellen Amt als Bundeshauptbahnsekretär amtsangemessen beschäftigt werden kann. Folgen der Erkrankung des Klägers seien nämlich Doppelbilder, Ermüdungserscheinungen der Augenmuskeln und dadurch bedingt herabfallende Augenlider. Mit diesen körperlichen Einschränkungen sei auch kein Bildschirmarbeitsplatz mehr für den Kläger vorstellbar, nachdem er aufgrund seiner Erkrankung immer sehr schnell ermüde.
Soweit der Kläger auf Fälle hingewiesen hat, bei denen angeblich selbst bei größeren Einschränkungen des Hör- und Sehvermögens oder chronischen Erkrankungen, wie einer Diabetes, die Betroffenen noch weiter gearbeitet hätten, führt die Beklagte zutreffend in der mündlichen Verhandlung aus, dass es sich dabei immer um konkrete Einzelfälle handle, in denen der Bahnarzt wohl auch noch ein Restleistungsvermögen festgestellt habe. Nachdem dies beim Kläger nicht mehr der Fall gewesen sei, habe der Dienstherr nicht mehr nach einer anderen Verwendung suchen müssen. Zu berücksichtigen war insbesondere auch der ohnehin kurz bevorstehende reguläre Ruhestandseintritt des Klägers zum 30.11.2016. Einweisungen in neue Aufgabenbereiche insbesondere bei anderen Bundesbehörden, die zudem mit längeren Schulungen, Qualifizierungsmaßnahmen etc. verbunden gewesen wären, wären insoweit schon nicht zielführend gewesen.
Auch der Zeitpunkt des eingeleiteten Ruhestandsverfahrens kurz vor dem regulären gesetz-lichen Ruhestand des Klägers ist nicht zu beanstanden. Es ist zwar aus Sicht des Klägers durchaus nachvollziehbar, dass der Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung für ihn unglücklich gewesen ist, zumal dadurch eine zum Ende seiner beruflichen Laufbahn im Oktober 2014 erfolgte Beförderung nicht mehr ruhegehaltfähig wird. Ein Zeitraum, in dem eine Ruhestandsversetzung nicht mehr einzuleiten wäre, ist gesetzlich jedoch nicht vorgegeben. Bei der Entscheidung über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gemäß § 44 Abs. 1 BBG handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, bei der dem Dienstherrn schon kein Ermessen eingeräumt ist. Erwägungen wie etwa ruhegehaltfähige Dienstzeiten, Wirksamkeit einer zuvor erfolgten Beförderung etc. spielen daher keine Rolle. Dies ist auch nachvollziehbar, da mit der Ruhestandsversetzung aus krankheitsbedingten Gründen nicht nur die Gesundheit des betroffenen Beamten selbst geschützt werden soll, sondern auch andere Kollegen oder Dritte, insbesondere wenn der Kläger seinen Dienst im sicherheitsrelevanten Bereich ausübt. Insoweit hat die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit des Klägers als Weichenwärter an einem Stellwerk im sicherheitsrelevanten Betriebsdienst ausgeübt wird (vgl. § 48 der Eisenbahn–Bau und Betriebsordnung (EBO)). Die EBO gebe u. a. die grundsätzlichen gesundheitlichen Anforderungen an Beamte im Betriebsdienst vor.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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