Arbeitsrecht

Rechtsanwaltsvergütung bei Vertretung mehrerer Auftraggeber im Spruchverfahren

Aktenzeichen  31 Wx 305/18

Datum:
24.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AG – 2019, 563
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BRAGO § 6, § 7, § 31 Abs. 1 Nr. 1
FamFG § 85
ZPO § 104

 

Leitsatz

Der Mehraufwand eines Anwalts bei einer Vertretung mehrerer Antragsteller in einem Spruchverfahren wird allein dadurch abgegolten, dass für die Berechnung der Vergütung ein Geschäftswert zugrunde gelegt wird, der sich aus der Addition der Geschäftswerte betreffend die vertretenen Auftragsgeber ergibt. Für eine zusätzliche Erhöhung der Vergütung im Hinblick auf die Anzahl der Vertretenen ist kein Raum. (Rn. 6)

Verfahrensgang

5HK O 13475/01 2018-07-30 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. a) Der Beschluss des Landgerichts München I vom 30.7.2018 wird insoweit mit der Maßgabe abgeändert, dass die Höhe des von der Antragsgegnerin zu erstattenden Betrags 6928,18 €
(in Worten: sechstausendneunhundertachtundzwanzig 18/100) beträgt.
b) Im Übrigen verbleibt es bei dem Ausspruch in dem Beschluss vom 30.7.2018.
2. Die Beteiligten zu 1-5 haben die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

I.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Für die von der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 – 5 erstrebte Festsetzung der geltend gemachten Erhöhungsgebühr im Sinne des hier anzuwendenden § 6 BRAGO (vgl. Hinweisbeschluss des Senats vom 18.09.2018) ist kein Raum. Diese ist nicht festsetzungsfähig.
1. Allein der Umstand, dass die Verfahrensbevollmächtigte mehrere Beteiligte (2,3, 4 und 34 = hier: Beteiligte zu 1-5) vertreten hat, führt nicht bereits zur Erhöhung der Gebühr im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO.
Dies ist nur dann der Fall, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO erfüllt sind, also die Mehrfachvertretung dieselbe Angelegenheit und denselben Gegenstand betrifft. Betrifft hingegen die Vertretung mehrerer Personen nur eine Angelegenheit, aber verschiedene Gegenstände so fallen die Gebühren zwar nur einmal an (§ 6 Abs. 1 Satz 1 BRAGO), aber nach dem zusammengerechneten Wert aller Gegenstände (§ 7 Abs. 2 BRAGO; vgl. dazu Schnapp in: Schnapp in: Gebauer/Schneider BRAGO § 6 Rn. 2). Eine Kombination der Vergütungssysteme sieht das Gesetz nicht vor (vgl. Schnapp in: Schnapp in: Gebauer/Schneider BRAGO § 6 Rn. 2 sowie v. Eicken in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert BRAGO 15. Auflage § 6 Rn. 1 und 25). Das von der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2, 3 4 und 34 (= hier: Beteiligte zu 1-5) angebrachte Argument, dass grundsätzlich eine „subjektive Klagehäufung“ neben dem objektiv erhöhten Klagewert zu einer Erhöhungsgebühr führt, trägt daher nicht.
2. Maßgebend ist also allein, ob in dem hier durchgeführten Spruchverfahren die Vertretung durch die Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 2, 3, 4 und 34 (= hier Beteiligte zu 1-5) „verschiedene Gegenstände“ (dann § 7 Abs. 2 BRAGO) oder „denselben Gegenstand“ (dann § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO) betrifft.
a) Die Gegenstandsgleichheit fehlt, wenn sich die unterschiedlichen Rechtspositionen zwar sachlich nicht voneinander unterscheiden, sie aber inhaltlich unterschiedlich sind. Demgemäß liegt vorliegend eine Gleichartigkeit der mit den jeweiligen Anträgen verfolgten Anträgen, nicht aber eine Identität des Verfahrensgegenstandes betreffend die Beteiligten zu 2, 3 4 und 34 (= hier: Beteiligte zu 1-5) vor, da in den Antragsschriften jeweils die individuelle Rechtsposition der jeweiligen Antragsteller verfolgt wird, nicht aber eine gemeinschaftliche Rechtsposition (vgl. hierzu Schnapp in: Schnapp in: Gebauer/Schneider BRAGO § 6 Rn. 31/32; v. Eicken in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert BRAGO 15. Auflage § 6 Rn. 25 sowie BGH NJW-RR 1991, 119; BayObLG Beschluss v. 22.5.2002 – 3 Z BR 74/02, 3 Z BR 75/02 Tz. 13). Insofern greifen die Einwände der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1 – 5, dass es sich bei den Anträgen nicht um unterschiedliche Anträge und nicht um unterschiedliche Streitgegenstände handelt, die Inhaberschaft betreffend die Aktien bei allen Antragstellern gleich ist und auch die materiell-rechtliche Prüfung für jeden Antragsteller die Gleiche ist, nicht durch. Denn der gleiche Antrag wie auch die gleiche materiell-rechtliche Prüfung, die im Verfahren vorgenommen wird, wie auch die gleiche Antragsberechtigung aufgrund der Inhaberschaft von Aktien stellt insofern lediglich eine Gleichartigkeit der jeweils verfolgten Ansprüche der einzelnen Antragsteller dar, nicht aber eine gemeinschaftliche Rechtsposition.
b) Demgemäß ist auch allgemein erkannt, dass in Spruchverfahren die Werte mehrerer Auftraggeber zusammenzurechnen sind (vgl. Drescher in: Spindler/Stilz Aktiengesetz 3. Auflage Rn. 28; im Ergebnis auch BayObLG Beschluss v. 22.5.2002 – 3 Z BR 74/02, 3 Z BR 75/02 Tz. 13 -juris). Werden die Werte aber zusammengerechnet (§ 7 Abs. 2 BRAGO), wird nach dem Gebührensystem der BRAGO die zusätzliche Arbeit des Rechtsanwalts infolge der Tätigkeit für mehrere Auftraggeber allein durch die sich aus dem höheren Gegenstandswert ergebenen erhöhte Vergütung abgegolten. Für den Ansatz der Gebühr im Sinne des § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO ist dann aber kein Raum.
c) Demgemäß errechnet sich ein festzusetzender Betrag wie folgt:
„Prozessgebühr: § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO 10/10 1.934,00 €
Verhandlungsgebühr: § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO 10/10 1.934,00 €
Beweisgebühr: § 31 Abs. 1 Nr. 3 BRAGO 10/10 1.934,00 €
Auslagen: § 26 S. 1, 2 BRAGO 20,00 €
5.822,00 €
19% USt. Nr. 25 BRAGO 1.106,18 €
6928,18 €
d) Soweit die Berechnung in dem Hinweisbeschluss vom 18.9.2018 einen Betrag von 6948,18 € ergeben hat, ist dies darauf zurückzuführen, dass die Auslagenpauschale versehentlich nochmal zum Brutto-Betrag hinzugerechnet wurde. Insoweit liegt ein offensichtlicher Rechenfehler vor, auf den bereits der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin in seinem Schriftsatz vom 27.9.2018 hingewiesen hat.“
II.
Die Beteiligten zu 1-5 haben entsprechend § 91 ZPO (iVm § 85 FamFG iVm § 17 Abs. 1 SpruchG) die der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu tragen (Keidel/Zimmermann 18. Auflage § 85 Rn 17). Eine Kostenentscheidung betreffend die Gerichtskosten ist nicht veranlasst, da die Beschwerde vollumfänglich erfolgreich war und insofern keine Gerichtskosten erwachsen.
Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG): Übergabe an die Geschäftsstelle am 24.10.2018.  


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