Arbeitsrecht

Rechtsbeschwerde; Zuständigkeit für Disziplinarmaßnahmen; Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen; Uniformtragepflicht

Aktenzeichen  2 WRB 1/10

Datum:
10.11.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 22a WBO
§ 29 Abs 1 S 1 WDO 2002
§ 29 Abs 1 S 3 WDO 2002
§ 14 Abs 2 SBG
§ 51 Abs 3 S 2 SBG
§ 96 Abs 1 SGB 9
§ 96 Abs 2 SGB 9
§ 96 Abs 3 SGB 9
§ 11 SG
Spruchkörper:
2. Wehrdienstsenat

Leitsatz

1. Zuständig für die Verhängung einfacher Disziplinarmaßnahmen ist auch bei Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen der nächste Disziplinarvorgesetzte. Die Regelung des § 14 Abs. 2 SBG findet keine entsprechende Anwendung.
2. Die Pflicht, im Dienst Uniform zu tragen (Nr. 104 Abs. 1 ZDv 37/10), gilt auch für einen als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen vom Dienst freigestellten Soldaten.

Verfahrensgang

vorgehend Truppendienstgericht Nord, 6. Mai 2010, Az: N 2 BLc 1/09, Beschluss

Tatbestand

Der Beschwerdeführer ist Berufssoldat. Seit dem 31. Oktober 2006 ist er als stellvertretende Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen für die Wahrnehmung der Aufgaben der Bezirksschwerbehindertenvertretung von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt.
Der nächste Disziplinarvorgesetzte verhängte gegen den Soldaten eine Disziplinarbuße von 700 €, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach erfolgloser Beschwerde hat der Soldat weitere Beschwerde eingelegt, die das Truppendienstgericht mit dem angefochtenen Beschluss unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen hat. Die Rechtsbeschwerde des Soldaten hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


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1. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist sie ausreichend begründet. Bei einer zugelassenen Rechtsbeschwerde bedarf es nicht der Darlegung der Zulassungsgründe, wie dies in § 22b Abs. 2 Satz 2 WBO für die Nichtzulassungsbeschwerde vorgeschrieben ist. Vielmehr ist die Frage, ob Zulassungsgründe im Sinne des § 22a Abs. 2 WBO vorliegen, durch die Entscheidung des Truppendienstgerichts, mit der die Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgte und die für den Senat bindend ist (§ 22a Abs. 3 WBO), abschließend entschieden. Der Beschwerdeführer muss daher zur Begründung der Rechtsbeschwerde nur noch vortragen, dass die angefochtene Entscheidung des Truppendienstgerichts auf einer unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen beruht. Dies hat der Soldat in der rechtzeitig beim Truppendienstgericht eingereichten Beschwerdebegründung (§ 22a Abs. 4 WBO) getan.
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2. Die Rechtsbeschwerde ist aber unbegründet. Aus der gesetzlichen Bezeichnung als “Rechtsbeschwerde” folgt, dass der Senat nur zu prüfen hat, ob die angefochtene Entscheidung gegen Rechtsvorschriften verstößt. Der vom Truppendienstgericht festgestellte Sachverhalt ist dabei zugrunde zu legen (vgl. Dau, WBO, 5. Auflage 2009, § 22a Rn. 1; vgl. auch zur Rechtsbeschwerde in Personalvertretungssachen § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; Ilbertz/Widmaier, BPersVG, 11. Auflage 2008, § 83 Rn. 67; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, BPersVG, 6. Auflage 2008, § 83 Rn. 112). Allerdings ist der Senat bei der rechtlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung nicht an die in der Beschwerdebegründung geltend gemachten Gründe gebunden (vgl. für das Revisionsverfahren § 137 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
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Die Entscheidung des Truppendienstgerichts, die weitere Beschwerde des Soldaten gegen die verhängte Disziplinarmaßnahme zurückzuweisen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Truppendienstgericht den Disziplinarvorgesetzten des Soldaten als für die Verhängung der Disziplinarmaßnahme zuständig angesehen (a) und ein Dienstvergehen des Soldaten darin gesehen, dass er bei der Ausübung seiner Tätigkeit teilweise fahrlässig, teilweise vorsätzlich gegen die Pflicht verstoßen hat, im Dienst Uniform zu tragen (b), dass er die Befehle des Chefs des Stabes nicht nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und unverzüglich ausgeführt hat (c) und dass er entgegen der Weisung Unterlagen mit personenbezogenen Daten Dritter bei Dienstschluss nicht in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt hat (d).
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a) Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 WDO übt der nächste Disziplinarvorgesetzte die Disziplinarbefugnis aus, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Eine solche abweichende Regelung lässt sich für eine Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen dem Gesetz nicht entnehmen. In § 29 Abs. 1 Satz 3 WDO i.V.m. § 14 Abs. 2 SBG ist lediglich für Vertrauenspersonen nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz geregelt worden, dass für die disziplinare Ahndung der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte zuständig ist. Die Regelung des § 14 Abs. 2 SBG gilt gemäß § 51 Abs. 3 Satz 2 SBG für Soldatenvertreter in Personalräten entsprechend. Zwar besitzen Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen nach § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Dienstherrn die gleiche persönliche Rechtsstellung, insbesondere den gleichen Kündigungs-, Versetzungs- und Abordnungsschutz wie ein Mitglied des Betriebs-, Personal-, Staatsanwalts- oder Richterrates. Dies führt aber nicht zur Anwendung des § 51 Abs. 3 Satz 2 SBG und damit des § 14 Abs. 2 SBG auch auf die Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen. § 51 Abs. 3 SBG enthält eine Spezialvorschrift für die Soldatenvertreter im Personalrat, die für die übrigen Mitglieder des Personalrats insbesondere aus der Gruppe der Beamten keine Entsprechung findet. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass die Soldatenvertreter nach § 52 Abs. 1 Satz 1 SBG in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen, die Befugnisse der Vertrauensperson nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz haben. Dies legt es nahe, dass für sie hinsichtlich der Ahndung von Dienstpflichtverletzungen dieselbe Regelung gilt wie für die Vertrauenspersonen nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz. Hätte der Gesetzgeber für die Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuchs außer der Verweisung auf die für alle Mitglieder der Personalräte geltenden Vorschriften speziell für Soldaten als Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen eine gesonderte Zuständigkeit für die Ahndung von Dienstpflichtverletzungen treffen wollen, hätte er eine entsprechende Regelung in das Gesetz ausdrücklich aufnehmen müssen. Da dies nicht geschehen ist, bleibt es mangels abweichender gesetzlicher Regelung bei der Zuständigkeit des nächsten Disziplinarvorgesetzten nach § 29 Abs. 1 WDO. Der gegenteiligen Ansicht in dem Beschluss der 6. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 30. Juli 2008 (N 6 BLc 2/08) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
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b) Zurecht ist das Truppendienstgericht davon ausgegangen, dass der Soldat seine Dienstpflicht schuldhaft dadurch verletzt hat, dass er teilweise fahrlässig, teilweise vorsätzlich seinen Dienst in Zivil und nicht in Uniform versehen hat.
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aa) Die Verpflichtung der Soldaten, im Dienst Uniform zu tragen, findet ihre Grundlage in der Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG). Ermächtigt durch § 4 Abs. 3 Satz 2 SG hat der Bundespräsident in Art. 2 Abs. 1 der Anordnung über die Dienstgradbezeichnungen und die Uniformen der Soldaten vom 14. Juli 1978 allgemeine Bestimmungen über die Uniformen der Soldaten erlassen und im Übrigen die Befugnisse zur Bestimmung der Uniform der Soldaten dem Bundesminister der Verteidigung übertragen (§ 4 Abs. 3 Satz 3 SG, Art. 2 Abs. 2 der Anordnung). Dieser hat hiervon in Gestalt der Anzugsordnung für die Soldaten der Bundeswehr von Juli 1996 (ZDv 37/10) Gebrauch gemacht, die die Art, die Ausgestaltung und das Tragen der Uniform im Einzelnen regelt.
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Gemäß Nr. 104 Abs. 1 ZDv 37/10 ist im Dienst Uniform zu tragen, wenn diese Dienstvorschrift nichts anderes bestimmt. Eine solche andere Bestimmung ergibt sich z.B. aus Fußnote 2 zu Nr. 104 ZDv 37/10 für die Universitäten und Fachschulen der Bundeswehr. Dagegen enthält die Anzugsordnung keine entsprechende ausdrückliche Regelung für die Mitglieder von Personalvertretungen, Vertrauenspersonen nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz oder Vertrauenspersonen für schwerbehinderte Menschen.
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Die Nr. 112 ZDv 37/10, wonach bei der Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes, einer ehrenamtlichen Tätigkeit, einer Nebentätigkeit oder einer hauptberuflichen Tätigkeit bei nicht zur Bundeswehr gehörenden Einrichtungen die Uniform nicht getragen werden darf, begründet im vorliegenden Zusammenhang keine Ausnahme von der Uniformtragepflicht. Zwar führen die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen ebenso wie die Mitglieder des Personalrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt (§ 96 Abs. 1 SGB IX, § 46 Abs. 1 BPersVG). Nr. 112 ZDv 37/10 bezieht sich jedoch nur auf Ehrenämter außerhalb des dienstlichen Bereichs (wie z.B. in kommunalen oder kirchlichen Gremien), also nicht auf die Personalratstätigkeit oder die Tätigkeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Für diese Auslegung spricht schon der Wortlaut der Vorschrift, weil der Zusatz “bei nicht zur Bundeswehr gehörenden Einrichtungen” sinngemäß alle vier zuvor aufgeführten Fallgruppen (Ehrenamt, ehrenamtliche Tätigkeit, Nebentätigkeit, hauptberufliche Tätigkeit) umgreift. Im Übrigen entspricht diese Auslegung der ständigen Verwaltungspraxis, der bei der Auslegung von Verwaltungsvorschriften, die Außenwirkung nur über den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vermitteln, entscheidende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. Beschluss vom 28. Mai 2008 – BVerwG 1 WB 19.07 – Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44 m.w.N.). Die Auslegung, wonach auch die ehrenamtliche Ausübung des Amtes als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen oder als Personalratsmitglied Nr. 112 ZDv 37/10 unterfällt, würde im Übrigen zu einem Ergebnis führen, das mit Sicherheit nicht dem Willen des Vorschriftengebers entspricht. Denn Nr. 112 ZDv 37/10 ist nicht als Freistellungs-(“… muss nicht …”), sondern als Verbotsvorschrift formuliert (“… darf die Uniform nicht getragen werden”). Die Annahme, der Bundesminister der Verteidigung habe den – freigestellten ebenso wie nicht freigestellten – Vertrauenspersonen und Personalratsmitgliedern das Tragen der Uniform während ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit verbieten wollen, erscheint ausgeschlossen.
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Eine Ausnahme von der Uniformtragepflicht nach Nr. 104 Abs. 1 ZDv 37/10 ergibt sich ferner nicht aus dem Schreiben des Bundesministeriums der Verteidigung – VR I 1 – vom 12. Juli 1982. Das Schreiben nimmt zu der Frage Stellung, ob ein freigestelltes Mitglied des Personalrats, “das freiwillig an einem militärischen Appell teilnimmt, zum Tragen der Uniform und zum Antreten mit seiner Einheit verpflichtet ist”. Das Schreiben hält bereits eine “freiwillige” Teilnahme an einem militärischen Appell nicht für möglich, weil dieser als Teil des militärischen Dienstes der Freistellung unterfalle; insofern könne der freigestellte Soldat nur wie andere zivile Gäste oder Bürger als Zuschauer zugegen sein. Es betrifft damit einen anderen Sachverhalt als die hier zu klärende Frage, ob freigestellte Vertrauenspersonen oder Personalratsmitglieder während der Ausübung ihres Amtes zum Tragen der Uniform verpflichtet sind.
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bb) Wie der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden hat (Beschluss vom 28. September 2010 – BVerwG 1 WB 41.09 – ) verstößt die Uniformtragepflicht auch für freigestellte Personalratsmitglieder nicht gegen die gesetzlichen Vorschriften über die Rechtsstellung der Personalvertretungen. Nichts anderes gilt für die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen.
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Die vollständige Freistellung eines Soldaten von der dienstlichen Tätigkeit gebietet es nicht, ihn auch von der Pflicht zu befreien, im Dienst Uniform zu tragen. Die Freistellung bezieht sich nur auf die Aufgaben des zuvor inne gehabten Dienstpostens, nicht aber auf die allgemeinen soldatischen Pflichten aus dem Dienstverhältnis wie z.B. die Pflicht zur Tätigkeit an einem festgelegten Dienstort (im vorliegenden Fall …), zur Einhaltung von Dienstzeiten oder zur Beachtung der allgemeinen Urlaubsvorschriften (vgl. Beschluss vom 14. Juni 1990 – BVerwG 6 P 18.88 – Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 24 S. 4 f., Urteil vom 23. Februar 1994 – BVerwG 1 D 65.91 – BVerwGE 103, 70 und Beschluss vom 28. September 2010 – BVerwG 1 WB 41.09 -; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, a.a.O. § 46 Rn. 71 ff.; Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 46 Rn. 13). Zu diesen allgemeinen, aus dem Soldatenstatus folgenden und nicht dienstpostengebundenen Pflichten zählt auch die Verpflichtung, im Dienst Uniform zu tragen (ebenso TDG Nord, Beschluss vom 11. Dezember 2007 – N 8 BLa 13/07 -; für Polizeibeamte im Bundesgrenzschutz OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Mai 1993 – 2 L 88/89 – OVGE 43, 453).
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Die Anordnung, während der Ausübung des Ehrenamtes Uniform zu tragen, stellt auch keine Behinderung im Sinne von § 96 Abs. 2 SGB IX oder § 8 BPersVG dar. Zwar ist der Begriff der Behinderung im Sinne dieser Vorschriften weit auszulegen und umfasst grundsätzlich jede Form der Erschwerung, Störung oder Verhinderung bei der Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben oder Befugnisse (vgl. Ilbertz/Widmaier, a.a.O. § 8 Rn. 4 m.w.N.). Entgegen der Ansicht des Soldaten ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern das Tragen einer Uniform, zumal in einer militärischen Dienststelle, einen unzulässigen Einfluss auf die unabhängige Wahrnehmung des Mandats als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen haben soll. Bereits bei der Wahl des Soldaten in die Funktion einer Vertrauensperson war sein statusrechtliches Amt den Wahlberechtigten bekannt. Daran ändert sich nichts, ob er aktuell Uniform trägt oder nicht. Weil Status und Dienstgrad wesentliche Strukturelemente des öffentlichen Dienstes sind, stellen sie in der Gruppe der Soldaten – ebenso wie ihre dienst- oder tarifrechtlichen Entsprechungen in den anderen Beschäftigtengruppen – für sich genommen keine Merkmale dar, denen eine im Sinne von § 96 Abs. 2 SGB IX oder § 8 BPersVG “behindernde Wirkung” bei der Wahrnehmung von Aufgaben oder Befugnissen ihres Ehrenamtes zukommt. Ob Status und Dienstgrad nur bekannt oder durch die getragene Uniform auch unmittelbar sichtbar sind, macht insoweit keinen beachtlichen Unterschied.
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c) Schließlich hat das Truppendienstgericht zutreffend ausgeführt, dass der Soldat den ihm erteilten Befehlen des Chefs des Stabes entsprechend der Verpflichtung nach § 11 Abs. 1 Satz 2 SG unverzüglich hätte nachkommen müssen. Selbst wenn die Befehle – wie der Soldat vorträgt – rechtswidrig gewesen wären, wären sie dennoch für ihn verbindlich geblieben, weil sie weder die Menschenwürde verletzten noch zu nicht dienstlichen Zwecken erteilt worden waren (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SG). Schließlich hätte die Befolgung der Befehle auch nicht zur Begehung einer Straftat geführt (§ 11 Abs. 2 Satz 1 SG). Der Soldat hätte daher im Rahmen seiner Gehorsamspflicht die Befehle befolgen müssen, wobei es ihm freigestanden hätte, nachträglich Beschwerde einzulegen. Auch der Hinweis des Soldaten, die Dauer eines solchen Beschwerdeverfahrens hätte dazu führen können, dass er über längere Zeit in seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beeinträchtigt gewesen wäre, insbesondere weil sich entsprechende Befehle jederzeit hätten wiederholen können, ändert nichts an seiner Gehorsamspflicht. Dem Soldaten hätte es freigestanden, gegebenenfalls neben der Beschwerde auch vorläufigen Rechtsschutz nach § 3 Abs. 2 WBO, unter Umständen bei drohender Wiederholungsgefahr auch vorbeugenden vorläufigen Rechtsschutz zu beantragen.
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d) Der Soldat stellt selbst nicht in Frage, dass er gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat, indem er Unterlagen mit personenbezogenen Daten Dritter der Schutzbereiche 2 und 3 beim endgültigen Verlassen seines Dienstzimmers offen auf seinem Schreibtisch liegen gelassen hat. Soweit er zu seiner Entschuldigung anführt, er habe es während seiner langjährigen Dienstzeit noch nicht erlebt, dass aus einem verschlossenen Dienstzimmer Unterlagen entwendet worden seien, verkennt er, dass die Anordnung, derartige Unterlagen in einem verschlossenen Schrank aufzubewahren, nicht in erster Linie dem Schutz vor Entwendung, sondern dem Datenschutz dient. Dieser ist aber bereits dadurch gefährdet, dass ein Dritter, der das Zimmer – sei es berechtigt oder unberechtigt – betritt, ohne Weiteres in die offen auf dem Tisch liegenden Unterlagen Einsicht nehmen kann.
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Die vom Disziplinarvorgesetzten verhängte und vom Truppendienstgericht bestätigte Disziplinarmaßnahme verstößt auch weder ihrer Art nach noch in der Höhe gegen gesetzliche Vorschriften.


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