Arbeitsrecht

Rechtswidriger Ausschluss von der Förderung von Varroosebehandlungsmitteln wegen unzutreffender Angaben im Bewilligungsverfahren

Aktenzeichen  RO 5 K 17.1019

Datum:
5.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 19856
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VO (EU) Nr. 1308/2013 Art. 55
VO (EU) Nr. 1304/2013 Art. 63 Abs. 2
GG Art. 20 Abs. 3

 

Leitsatz

1 Die Richtlinie zur Förderung der Bienenhaltung ist mangels normativen Charakters keine taugliche Grundlage für eine Verwaltungssanktion. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
2 Der vollständige Ausschluss der Förderung im Folgejahr wegen unzutreffender Angaben stellt eine unzulässige Doppelsanktionierung dar und verstößt gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn auf dieser Grundlage ausgezahlte Fördermittel bereits teilweise zurückgefordert wurden. (Rn. 35 – 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 29.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.2017 wird aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die von dem Kläger mit Antrag vom 26.7.2016 beantragte Förderung zu bewilligen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn der Kläger nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Das Gericht entscheidet nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung nunmehr durch Urteil.
A.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Statthafte Klage ist eine Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage. Die Ablehnung des Antrags des Klägers vom 26.7.2016 auf Förderung durch den Bescheid des Beklagten vom 29.9.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.2017 ist rechtswidrig und war deshalb aufzuheben und der Beklagte zu verpflichten, die von dem Kläger mit Antrag vom 26.7.2016 beantragte Förderung zu bewilligen.
Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig.
1. Der angefochtene Bescheid kann sich nicht auf Punkt 7.8 der Richtlinie zur Förderung der Bienenhaltung stützen. Die Richtlinie hat nicht den notwendigen normativen Charakter für eine Verwaltungssanktion wie in Punkt 7.8 der Richtlinie vorgesehen. Als Rechtsgrundlage bedarf der Bescheid nach dem Grundsatz des Vorbehalts eines Gesetzes, der in Art. 20 Abs. 3 GG verankert ist, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung, da es sich um eine belastende Maßnahme handelt. Nach Art. 2 Abs. 2 VO (EG, Euratom) Nr. 2988/95, der für alle Bereiche der Gemeinschaftspolitik einen gemeinsamen Rahmen festlegt (so EuGH vom 5.6.2012-C 489/10-, juris, Rn.31), kann eine verwaltungsrechtliche Sanktion nur verhängt werden, wenn sie in einem Rechtsakt der Gemeinschaften vor dem Zeitpunkt der Unregelmäßigkeit vorgesehen ist. Diese liegt aber nicht vor. Zudem enthält die oben genannte Verordnung Euratom Definitionen für Verwaltungsmaßnahmen und Sanktionen. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. b) gehört der Ausschluss von einem Vorteil für den Zeitraum, der nach dem Zeitraum der Unregelmäßigkeit liegt, zu einer verwaltungsrechtlichen Sanktion (vgl. Nr. 12 VEKOS Bienen „Sanktionen“). Die Beihilfen im Bienenzuchtsektor insbesondere für die Bienenkrankheiten sind in Art. 55 ff der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 geregelt. Nach Art. 1 und 2 dieser Verordnung gelten die Vorschriften der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 auch für den Bienenzuchtsektor. Art. 63 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 sieht zwar vor, dass die Mitgliedstaaten gemäß den in den Artikeln 64 und 67 dieser Verordnung festgelegten Vorschriften auch Verwaltungssanktionen verhängen können. In Deutschland müssen aber diese Verwaltungssanktionen ebenfalls wie im Unionsrecht wegen des Eingriffs in Freiheitsrechte eine normative Rechtsgrundlage haben, die den Vertrauensschutz und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten müssen. Normative Rechtsgrundlagen liegen aber nur für die Rücknahme und den Widerruf vor, nicht aber für die Verwaltungssanktion, dass eine Förderung für das Folgejahr ausgeschlossen wird. Hierfür reicht eine Vergaberichtlinie als Verwaltungsvorschrift nicht aus.
Außerdem verstößt der vollständige Ausschluss der Förderung in dem Folgejahr hier auch gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil die mit Bescheid der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft vom 2.10.2014 bewilligte Zuwendung für den Kauf von Varroosebehandlungsmitteln in Höhe von insgesamt 725,08 € und am 10.10.2014 ausbezahlte Zuwendung dann mit Bescheid vom 09.11.2015 der Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise aufgehoben und ein Betrag von 173,17 € zurückgefordert wurde. Dies wurde damit begründet, dass der Kläger hinsichtlich eines Teilbetrags von 81,19 € gemäß den Ausgabelisten für die Mittelverteilung weniger Behandlungsmittel an Imker im Landkreis R1* … ausgegeben habe als beantragt und bewilligt worden sei, siehe Anhörungsschreiben der LfL vom 26.2.2016, Blatt 51, und hinsichtlich eines Teilbetrags von 91,98 € die Ausgabenlisten des Imkervereins B* … und die Vollmacht der Herrn W* … und R3* …, auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht bei der Landesanstalt eingereicht und deshalb die Auflage des Bescheids vom 2.10.2014 nicht erfüllt habe.
Damit war der Verstoß bereits sanktioniert. Der Ausschluss einer künftigen Förderung würde zu einer doppelten Sanktion führen, für die aber normative Rechtsgrundlage fehlt und die auch unverhältnismäßig ist. In den Erwägungsgründen der oben genannten Verordnung Euratom ist ausgeführt, dass gemäß „dem allgemeinen Erfordernis der Billigkeit und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geeignete Bestimmungen vorzusehen sind, um eine Kumulierung finanzieller Sanktionen der Gemeinschaft und einzelstaatlicher strafrechtlicher Sanktionen bei ein und derselben Person für dieselbe Tat zu verhindern“. So hat der EuGH im Urteil vom 20.3.2018 – C – 537/16 -, juris Rn. 48 betont, dass bei der Kumulierung von Verfolgungsmaßnahmen und Sanktionen nicht die Grenzen dessen überschritten werden dürfen, was zur Erreichung der mit dieser Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist; stehen mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl, ist die am wenigsten belastende zu wählen, und die durch sie bedingten Nachteile müssen in angemessenem Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen. Der Ausschluss der Klägerin bei der Förderung für ein Folgejahr ist aber neben der bereits erfolgten Rückforderung unverhältnismäßig, wie auch ein Vergleich mit Unionsvorschriften ergibt. So sieht Art. 99 Abs. 2 und 3 der VO (EU) Nr.1306/2013 bei Fahrlässigkeit nur Kürzungen zwischen 5% und 15% vor und nur bei vorsätzlichen Verstößen kann die Kürzung bis zum vollständigen Ausschluss von einen oder mehreren Kalenderjahren gelten. Art. 138 Abs. 2 VO (EU) Nr. 1973/2004 sah nur bei absichtlichen Falschangaben den Ausschluss der Beihilfe für ein Kalenderjahr vor. Ebenso sieht etwa die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 bei „Übererklärungen“ nur prozentuale Abzüge vor. Auch wenn diese Vorschriften bei der streitgegenständlichen Förderung nicht anzuwenden sind, so können sie doch als Maßstab für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei einem Ausschluss für Förderungen im Folgejahr herangezogen werden.
2. Unabhängig davon liegen aber auch die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Versagung der Förderung gemäß Punkt 7.8 der „Richtlinie zur Förderung der Bienenhaltung, insbesondere zur Verbesserung der Erzeugungs- und Vermarktungsbedingungen für Bienenzuchterzeugnisse“ vom 13.09.2013 nicht vor.
Die Rechtsfolge der Richtlinie besagt, dass im Fall falscher Angaben, die vorsätzlich oder fahrlässig gemacht wurden, der Zuwendungsempfänger im folgenden Jahr von der Beihilfegewährung ausgeschlossen wird. Gemäß Punkt 7.8 der Richtlinie wird der Zuwendungsempfänger als Rechtsfolge im folgenden Jahr von der Beihilfegewährung ausgeschlossen. Zeitlicher Bezugspunkt hierfür ist nach Auffassung des Beklagten das Jahr der Feststellung des Vorliegens falscher Angaben durch die Behörde. Es kommt danach darauf an, in welchem Zeitpunkt die Behörde Kenntnis von der Unrichtigkeit der Angaben im Förderantrag erlangt und nicht auf den Zeitpunkt des Antrages mit den falschen Angaben.
Der Wortlaut der Richtlinie ist nicht eindeutig. Er lässt sprachlogisch sowohl die Interpretation zu, dass es auf den Zeitpunkt des „Machens der falschen Angaben“ als auch, dass es auf den Zeitpunkt der „Kenntniserlangung von der Unrichtigkeit der Angaben“ ankommt.
Für letztere Auslegung sprechen nach Auffassung des Beklagten in erster Linie Praktikabilitätserwägungen und die Steigerung der Verwaltungsökonomie, weil sonst immer die Zuwendungen des Folgejahres mit Zinsen zurückgefordert werden müssten (so Schriftsatz vom 9.4.2018 der LfL). Es kann aber offen bleiben, ob die Auslegung der LfL mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen der Bestimmtheit und Klarheit von Eingriffs- und Sanktionsbefugnissen noch vereinbar ist (vgl. dazu EuGH im Urteil vom 20.3.2018 a.a.O Rn. 51, der klare und präzise nationale Regeln fordert, die es dem Bürger ermöglichen, vorherzusehen, bei welchen Handlungen und Unterlassungen eine solche Kumulierung infrage kommt), weil die Ausgabelisten der Bewilligungsbehörde gar nicht vorgelegt werden mussten und damit nicht zu den Angaben gehörten, die der Bewilligungsbehörde prüfte. Der Kläger musste im Jahr 2014 bei der Antragstellung nach der Vollzugspraxis des Beklagten nur die Rechnungen des Landkreises R1* … vorlegen, nicht mehr aber die Mittelverteilungslisten, so Widerspruchsbescheid der LfL vom 25.07.2016 und auch Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 16.7.2019,dass die Ausgabelisten von der Bewilligungsbehörde nicht gesichtet werden. Wenn der Kläger aber die Ausgabelisten gar nicht vorlegen musste, können daraus auch nicht „unrichtige Abgaben“ konstruiert werden, an denen dann die zusätzliche Verwaltungssanktion des Ausschlusses der Förderung in einem Kalenderjahr anknüpft.
a) Es ist auch nicht nachgewiesen, dass tatsächlich weniger Behandlungsmittel als gefördert wurden, an berechtigte Imker ausgeteilt wurden. Zwar wurden bei dem Vor -Ort-Termin laut Kontrollbericht 2015 nur 320 Behandlungsmittel gezählt, die an Landkreis-Imker ausgegeben wurden. Wie der Beklagte im Schriftsatz vom 16.07.2019 vortrug, wurde die Differenz von 35 Mitteln an Imker mit Wohnsitz in der Stadt R1* …, 25 Mittel, verteilt oder deren Abgabe, 10 Mittel, hätten mangels Unterschriften auf den Ausgabelisten nicht sicher nachgewiesen werden können. Aber der Kläger hat im Schriftsatz vom 14.11.2018 substantiiert durch Vorlage der Mittelausgabelisten dargelegt, dass sich die mengenmäßigen Bestellungen und die mengenmäßigen Ausgaben der Behandlungsmittel 2014 zahlenmäßig decken. Der Beklagte bestreitet dies zwar im Schriftsatz vom 10.12.2018 und begründet dies damit, dass die vorgelegten Ausgabelistenkopien nicht die erforderliche Beweiskraft hätten, da nach Punkt 6 des Merkblatts zur Abwicklung der Bienenförderung 2014 insbesondere die Originalmittelausgabelisten bis zum 30.12.2019 für Prüfungen aufzubewahren sind. Dem Kläger wurden mit Bescheid der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft vom 2.10.2014 eine Zuwendung für den Kauf von Varroosebehandlungsmitteln in Höhe von insgesamt 725,08 € bewilligt und am 10.10.2014 ausbezahlt. Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft hat dann mit Bescheid vom 09.11.2015 den Zuwendungsbescheid der Landesanstalt vom 2.10.2014 mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise aufgehoben und einen Betrag von 173,17 €, später geändert auf 168,09 €, zurückgefordert. Dies wurde damit begründet, dass der Kläger den Nachweis der ausgegebenen Mitteln durch die Ausgabenlisten nicht vollständig führen könne. Nachdem der dazu ergangene Widerspruchsbescheid vom 20.7.2016 bestandskräftig ist, hat der Bescheid insoweit Tatbestandswirkung, dass die Ausgabeliste für die Landkreisimker nicht vollständig war und der Kläger die Ausgabeliste des Imkereivereins B* … ebenso wie die Vollmachten der Herren R2* …R3* … nicht vorgelegt hat. Gleichwohl ist für den Kläger ein nachträglicher Beweis für die vollständige Ausgabe der geförderten Mittel an die betreffenden Imker nicht ausgeschlossen. Diese Frage braucht aber nicht mehr näher vertieft und aufgeklärt zu werden, da jedenfalls keine grob fahrlässigen Angaben vorliegen.
b) Der frühere 1. Vorstand des Klägers hat beim Antrag auf Förderung im August 2014 nicht grob fahrlässig falsche Angaben gemacht. Dem Kläger wird offenbar zum Vorwurf gemacht, dass er für die Stadtimker, zu viel beantragt habe, weil die Ausgabe von Mitteln an die Stadt-Imker nicht nachgewiesen sei, so Widerspruchsbescheid der LfL vom 25.7.2016 und Schriftsatz des Beklagten vom 16.7.2019. Wie der Beklagte im Schriftsatz vom 16.7.2019 ausführt, hat der Kläger von der Stadt R1* … eine Rechnung datiert vom 7.8.2014 und vom Landkreis R1* … eine Rechnung datiert vom 21.7.2014 über die bestellten Mittel erhalten. Der Kreisverband hat diese Rechnungen auch bezahlt. Der Beklagte wirft dem Kläger offenbar deshalb grobe Fahrlässigkeit vor, weil er die Rechnungen des Landratsamtes nicht nochmals stichprobenartig überprüft habe, ob darin nicht Ausgaben an Imker des Stadtvereins B* … enthalten sind und deshalb die dort aufgeführten Beträge für die Förderung der Mittelbeschaffung der Imker mit Wohnsitz im Landkreis ungeprüft übernommen habe. Auch wird ihm vorgeworfen, dass auf einem Beiblatt der Mittelausgabeliste die Unterschriften für den Erhalt der aufgeführten Mittel gänzlich fehlen würden. Dem Kläger kann aber nach Auffassung des Gerichts nicht grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden.
Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (vgl. dazu BSG vom 08.02.2001 Az. B 11 AL 21/ 00 R, Rn. 23, juris). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist mit dem Begriff der groben Fahrlässigkeit, wie in zahlreichen Rechtsordnungen und so auch in der deutschen, eine qualifizierte Verletzung von Sorgfaltspflichten gemeint (so BVerwG vom 03.09.2012 – 3 B 9/12 – Rn.14, juris). Der BGH verlangt für den leichtfertigen Subventionsbetrug eine besondere Gleichgültigkeit oder grobe Unachtsamkeit. Die Tathandlung beim Subventionsbetrug nach § 264 Abs. 1 Nr.3 i.V.m. Abs. 4 StGB besteht darin, dass der Täter die Subventionsbehörde leichtfertig in Unkenntnis über subventionserhebliche Tatsachen lässt. Maßgeblich ist deshalb, dass er nach seinen individuellen Fähigkeiten die an sich gebotene Handlung ohne weiteres hätte erkennen können. Leichtfertig in diesem Zusammenhang muss in einer groben Verkennung der Umstände liegen, die eine Unterrichtung der Subventionsbehörde geboten hätten (vgl. BGH vom 24.01.2006 – 1 StR 357/05 u. BGH vom 13.12.2012 – 5 StR 542/12, Rn. 6, juris).
Ein solch qualifizierter Verstoß, den man als besondere Gleichgültigkeit oder grobe Unachtsamkeit ansehen könnte oder bei dem der frühere 1. Vorstand des Klägers bei der Antragstellung einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat und nicht beachtet hätte, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste, kann dem Vorstand des Klägers aber keinesfalls vorgeworfen werden. Nach Punkt 6 des Merkblatts zur Abwicklung der Bienenförderung 2014 musste der Kläger die dort aufgeführten Anlagen zur Berechnung der Zuschüsse vorlegen, unter anderem „Rechnung des Veterinäramtes über die abgegebenen Mittel mit Angabe der abgegebenen Arzneimittelmengen.“
Bei der Antragstellung wurde die Rechnung des Landratsamts vom 21.07.2014 über 355 Varroosebehandlungsmittel eingereicht. Der Wortlaut der Rechnung lautet: „Die ihnen angeschlossenen Bienenzuchtvereine haben durch das Veterinäramt die erforderlichen Medikamente erhalten. Hierfür haben sie innerhalb eines Monats nach Erhalt dieser Rechnung … den Rechnungsbetrag zu entrichten“. Ferner hat der Kreisverband nach Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 16.07.2019 auch eine Rechnung der Stadt R1* … datiert vom 7.8.2014 über die bestellten Mittel erhalten. Wenn in diesen Rechnungen bestätigt wird, dass die ihnen angeschlossenen Bienenzuchtvereine durch das Veterinäramt die erforderlichen Medikamente erhalten haben, konnte sich auch der frühere 1. Vorstand des Klägers darauf verlassen, dass dies auch so ist. Denn nach dem von dem Beklagten vorgegebenen Ausgabesystem der Medikamente wurden die Medikamente ja durch das Veterinäramt ausgegeben und vom Veterinäramt auch die Ausgabelisten geführt. Dem Veterinäramt war auch bekannt, dass der Kläger, wie früher auch, nicht nur für LandkreisImker den Förderantrag stellt, sondern im Interesse der Verwaltungsvereinfachung auch für die Stadt Imker. Ob nun das Veterinäramt die Ausgabenlisten getrennt nach Kreisimkern und Stadtimkern führt, hatte der Kläger nicht in der Hand. Wenn der Beklagte hier eine getrennte Listenführung fordert, hätte er dies in den entsprechenden Merkblättern deutlich machen müssen und auch das Veterinäramt, als beauftragte Ausgabestelle, davon informieren müssen. Der frühere 1. Vorstand des Klägers durfte deshalb darauf vertrauen, dass die Ausgabenlisten vom Veterinäramt ordnungsgemäß auch hinsichtlich der Unterschriften geführt werden und dass ihn entweder das Landratsamt oder das Veterinäramt informiert, wenn bestellte Medikamente nicht abgeholt worden sind. Dies war aber nicht der Fall. Deshalb musste der frühere 1. Vorstand des Klägers jedenfalls damals bei der Antragstellung nicht auch noch die Ausgabeliste überprüfen, auch wenn Punkt 6 des Merkblattes vorsieht, dass die Ausgabelisten beim Kreisverband verbleiben. Bei der Ausgabe der Behandlungsmittel hat die Verantwortung über die Ausgabeliste und der ausgegebenen Medikamente das Veterinäramt. Das Veterinäramt hat dann die Verantwortung, dass dann die Ausgabeliste an den Kreisverband übersandt wird, der diese Ausgabeliste dann nach Punkt 6 des Merkblattes aufzubewahren hat. Wenn im Antragsformular vom Kläger die Versicherung verlangt wird, dass die Ausgabelisten auf Vollständigkeit überprüft wurden und diese vollständig seien, geht dies an der von dem Beklagten eingeführten Vollzugspraxis vorbei, bei der zu Recht die fachkundige Behörde mit der Ausgabe der Medikamente betraut ist und die dann auch die Kontrolllisten führt. Hinzuweisen ist auch darauf, dass im Antragsformular die Vorlage der Ausgabeliste als Anlage nicht verlangt wird. Der Kläger durfte deshalb davon ausgehen, dass nur die im Antragsformular vorgesehenen Anlagen für den Förderantrag maßgebend sind. Der Kläger darf darauf vertrauen, dass eine Fachbehörde nach den für die Leistung erheblichen Tatsachen fragt. Dies gilt auch, soweit Kläger über ihre Rechte und Pflichten durch Merkblätter aufgeklärt werden, die abstrakte Erläuterungen über Voraussetzungen von Ansprüchen und deren Bemessung enthalten. Andernfalls würde Begünstigten durch Merkblätter das Risiko für die sachgerechte Berücksichtigung von eindeutigen Tatsachen durch eine Fachbehörde aufgebürdet (vgl. BSG vom 08.02.2001, a.a.O. Rn. 25, juris). Wenn im Förderantrag nur die Vorlage der Rechnungen, nicht aber die Vorlage der Ausgabelisten verlangt wird, kann die Bewilligungsbehörde dem Kläger nicht den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit machen, dass er die Ausgabelisten nicht überprüft hat, ob die Medikamente vollständig ausgegeben wurden. Wie oben bereits ausgeführt, hat die Vollständigkeit der Ausgabe der Medikamente das Veterinäramt zu überprüfen, das die Medikamente auch bestellt. Darauf durfte sich der Kläger auch verlassen. Denn wie er vorträgt, waren zuvor die Bestelllisten bzw. Ausgabelisten noch nie von den Rechnungen des Landkreises abgewichen. Hinzu kommt ja noch, dass der Kläger im Jahr 2014 bei der Antragstellung nach der Vollzugspraxis des Beklagten nur die Rechnung des Landkreises R1* … vorlegen musste, nicht mehr aber die Mittelverteilungslisten, so Widerspruchsbescheid der LfL vom 25.07.2016 und auch unbestrittenen Vortrag des Beklagten im Schriftsatz vom 16.7.2019, dass die Ausgabelisten von der Bewilligungsbehörde nicht gesichtet werden. Der Kläger wusste aber bei der Antragstellung im Jahr 2014 noch nicht, dass sich bei einer Vor-Ort-Kontrolle im Jahr 2015 Beanstandungen bezüglich der Ausgabelisten ergeben könnten. Es kann ihm nicht nachträglich vorgeworfen werden, dass er unrichtige Angaben gemacht hat. Außerdem berücksichtigt der Beklagte nicht, dass es hier nicht um die Kontrolle der Ausgabe von Behandlungsmitteln an eine Einzelperson geht, sondern es geht hier um die Ausgabe von 8 verschiedenen Behandlungsmitteln an eine Vielzahl von Bestellern, die teils Mitglieder der Imker-Ortsvereine des Landkreises R1* …, aber auch Mitglieder des Stadtvereins B* … waren. Die Nachkontrolle solcher Ausgabelisten ist nicht so leicht möglich, wie der Beklagte meint, sondern ist sehr arbeitsaufwendig. Nach dem Vortrag des Klägervertreters waren an dem Ortstermin am 14.4.2015 fünf Prüfer anwesend, die über 2 Stunden hinweg geprüft haben und zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen sind. Außerdem hat der frühere erste Vorstand des Klägers in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er die Ortsvereine gebeten habe, dass die betreffenden Imker ihre Unterschriften noch nachholen. Zudem hat er beim Veterinäramt auch die Bestell- und Ausgabeliste angefordert und mit den eigenen Bestelllisten verglichen und festgestellt, dass keine Abweichungen vorliegen. Schließlich zeigt sich, dass der frühere Vorstand des Klägers bei der Nachkontrolle im erforderlichen Maß mitgewirkt hat, auch darin, dass er die Imker des Stadtverbandes B* … in den Ausgabelisten markiert hatte. Warum die Ausgaben für Stadtimker „doppelt gefördert“ worden sein sollen, erschließt sich dem Gericht nicht. Wenn der Stadtverband B* … anders als früher einen eigenen Förderantrag gestellt hat, (Bl. 109 FA 2014) hätte dies die Bewilligungsbehörde erkennen müssen und durch entsprechende Hinweise an den Antragsteller verhindern können. Dem Kläger können somit keine grob fahrlässigen Angaben vorgeworfen werden. Im Übrigen wird auf die zutreffenden Ausführungen des Klägervertreters im Schriftsatz vom 30.1.2019 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
3. Deshalb war der Beklagte, wie in Ziffer I. tenoriert, zu verurteilen. Die Sache ist auch spruchreif. Der Beklagte hätte sich im Förderungsverfahren noch fehlende Unterlagen vorlegen lassen müssen. Im gerichtlichen Verfahren trägt der Beklagte nach Erlass des Gerichtsbescheids nun erstmals vor, dass ein Nachweis der Zahlung der Rechnungen nicht vorliegen soll. Allerdings führt er in seinem Schriftsatz vom 6.7.2019 aus, dass der Kläger die Rechnungen bezahlt hat. Wenn der Kläger die Rechnungen nicht bezahlt hätte, hätte dies das Landratsamt schon angemahnt. Außerdem könnte dies der Beklagte auch noch selbst ermitteln. Zudem hat der Kläger mit Schriftsatz vom 1.8.2016 als Zahlungsnachweis die Überweisung vom 27.7.2016 nochmals vorgelegt. Damit ist die Sache auch spruchreif.
B.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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