Arbeitsrecht

Reichweite des Flugrisiko-Ausschlusses in der privaten Unfallversicherung: Unfall beim Fallschirmspringen

Aktenzeichen  130 C 234/17

Datum:
24.10.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
r+s – 2018, 153
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Aschaffenburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
AUB 2008 Ziff. 5.1.4
VVG § 178

 

Leitsatz

Ein Unfall, den der Versicherte einer privaten Unfallversicherung im Rahmen seiner Ausbildung zum Fallschirmspringer erleidet, unterfällt dem Flugrisiko-Ausschluss in Ziff. 5.1.4 AUB 2008, wonach kein Versicherungsschutz für Unfälle der versicherten Person als Luftfahrzeugführer (auch Luftsportgerätführer), soweit er nach deutschem Recht dafür eine Erlaubnis benötigt, sowie als sonstiges Besatzungsmitglied eines Luftfahrzeugs besteht. (Rn. 2 und 5) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 507,00 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet, da Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte aufgrund des Unfallereignisses vom 11.06.2016 aufgrund der Ziffer 5.1.4 der AUB 2008 ausgeschlossen ist. Ziffer 5.1.4 der AUB 2008 lautet: Unfälle der versicherten Person als Luftfahrzeugführer (auch Luftsportgerätführer) soweit sie nach deutschem Recht dafür eine Erlaubnis benötigt, sowie als sonstiges Besatzungsmitglied eines Luftfahrzeugs sind im Versicherungsschutz nur enthalten, sofern diese Unfälle gegen einen Risikozuschlag ausdrücklich eingeschlossen werden. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger über eine entsprechende Lizenz nicht verfügt.
1. Zwischen den Parteien ist zunächst unstreitig, dass ein Fallschirm und die Begrifflichkeit Luftfahrzeug bzw. Luftsportgerät fällt. Auch ist zwischen den Parteien im Ergebnis unstreitig, dass der Kläger als „Führer“ dieses Luftfahrzeugs bzw. Luftsportgeräts bei der Verwendung des Fallschirms anzusehen war.
2. Das Verständnis der vertraglichen Leistungsbeschreibung ergibt sich aus der Auslegung des vertraglichen Regelwerks, das grundsätzlich gem. §§ 133, § 157 BGB nach Treu und Glauben vom Verständnishorizont des jeweiligen Erklärungsempfängers auszulegen ist. Dabei sind die im streitgegenständlichen Vertrag von der Beklagten vorgegebenen Versicherungsbedingungen nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs auszulegen. Es kommt so auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83 juris, Rn. 14). Die Versicherungsbedingungen sind aus sich heraus zu interpretieren, wobei in erster Linie vom Wortlaut der jeweiligen Klausel auszugehen ist (BGH, NJW 2011, 681 (681)). Der mit ihr verfolgte Zweck und der erkennbare Sinnzusammenhang sind zusätzlich zu berücksichtigen, soweit sie für den Versicherungsnehmer erkennbar sind (BGH, NJW 2011, 681 (681)).
3. Der Unfall am 11.06.2016 im Rahmen der Ausbildung des Klägers zum Fallschirmspringer war nicht von der streitgegenständlichen Unfallversicherung gedeckt; es liegt mithin kein Versicherungsfall vor. Soweit die Klägerseite argumentiert, der Wortlaut der Regelung der Ziffer 5.1.4 der AUB 2008 beziehe sich ausschließlich auf Luftfahrzeugführer, die eine entsprechende Lizenz haben, so geht diese Interpretation fehl. Das Wort „benötigen“ bedeutet nach dem Wortsinn in diesem Zusammenhang „besitzen müssen“, nicht (tatsächlich) „besitzen“. Entscheidend ist demnach, dass die Ausübung des Fallschirmspringens nach deutschem Recht eine (gültige) Lizenz erfordert, nicht ob der Kläger über eine solche verfügte. Demnach ist unerheblich, ob der Kläger diese Lizenz im Zeitpunkt des Unfalls besaß oder nicht. Eine andere Interpretation scheidet daher bereits nach dem Wortsinn aus. Dies gilt um so mehr, da die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 28.04.2016 (vgl. Anlage B 1, Bl. 57 d.A.) explizit darauf hinwies, dass Fallschirmspringen nicht von seiner Versicherung gedeckt sei.
III.
Mangels Hauptsacheanspruch steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Zinsen bzw. Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 708 Nr. 11, 713 ZPO.


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