Arbeitsrecht

Rentenversicherung, Krankenversicherung, Versicherungspflicht, Beschwerde, Arbeitgeber, Sozialversicherung, Bescheid, Arbeitsvertrag, Leistungen, Krankheit, Widerspruchsbescheid, Versorgung, Beitragspflicht, Rechtsweg, weitere Beschwerde, Beschluss des Landessozialgerichts, gesetzlichen Rentenversicherung

Aktenzeichen  L 1 SV 6/22 B

Datum:
28.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 11934
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Für den Anspruch auf den Beitragszuschuss nach § 172a SGB VI ist der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben.

Verfahrensgang

S 12 R 765/21 2022-01-26 Bes SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

 I. Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 26. Januar 2022 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist zulässig.
II. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die weitere Beschwerde an das Bundessozialgericht wird zugelassen.

Gründe

I.
In dem der Rechtswegbeschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin von der Beklagten einen Beitragszuschuss zu ihrer privaten Krankenversicherung (PKV) für die Zeit vom 27.2.2014 bis 31.7.2021 sowie einen Arbeitgeberzuschuss zur berufsständischen Versorgungseinrichtung für die Zeit vom 27.2.2014 bis 31.8.2021.
Die im streitigen Zeitraum wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze privat gegen Krankheit versicherte Klägerin war aufgrund eines sog. Honorararztvertrags seit 31.1.2014 als Fachärztin für plastische Chirurgie bei der Beklagten tätig. Im August 2014 beantragte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV)… die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Letztere stellte fest, dass die Honorararzttätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung ab 27.2.2014 bestehe (Bescheid vom 16.2.2015; Widerspruchsbescheid vom 20.10.2015). Die dagegen zum Sozialgericht Nürnberg erhobene Klage (S 14 R 1196/15) der Klägerin blieb ohne Erfolg (Urteil vom 13.5.2016). Das anschließende Berufungsverfahren vor dem Bayerischen Landessozialgericht (L 7 R 5097/16) endete durch Vergleich, in dessen Ausführung die DRV … die Klägerin ab dem 27.2.2014 aufgrund ihrer seit dem 1.7.2001 bestehenden Mitgliedschaft in der Bayerischen Ärzteversorgung (berufsständische Versorgungseinrichtung) von der Versicherungspflicht in der GRV für die Tätigkeit als angestellte Ärztin bei der Beklagten befreite (Bescheid vom 23.4.2018).
Am 20.9.2021 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage zum Sozialgericht Nürnberg erhoben, gerichtet auf Zahlung eines Beitragszuschusses zur PKV in Höhe von 31.644,31 Euro für die Zeit vom 27.2.2014 bis 31.7.2021 gemäß § 257 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie eines Arbeitgeberzuschusses zur berufsständischen Versorgungseinrichtung in Höhe von 42.093,56 Euro für die Zeit vom 27.2.2014 bis 31.8.2021 gemäß § 172a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Die Anspruchsvoraussetzungen dieser Vorschriften lägen vor. Auch sei der Sozialrechtsweg eröffnet, weil sowohl § 257 SGB V als auch § 172a SGB VI vom sog. Beschäftigtenbegriff des § 7 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) als Anspruchsvoraussetzung ausgingen.
Die Beklagte hat die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten gerügt und eine Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Nürnberg-Fürth beantragt. Es handele sich nicht um eine sozialrechtliche Streitigkeit. Dies zeigten Entstehungsgeschichte, Systematik sowie Sinn und Zweck sowohl des § 172a SGB VI als auch des § 257 SGB V. Auch sei nicht von einer arbeitsrechtlichen Streitigkeit auszugehen, weil zwischen den Beteiligten kein Arbeitsvertrag vorgelegen habe.
Mit Schreiben vom 9.11.2021 hat das Sozialgericht den Beteiligten mitgeteilt, dass es beabsichtige, den streitigen Anspruch aus § 257 SGB V vom Verfahren abzutrennen und als eine Rechtsstreitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) fortzuführen. Bezüglich des geltend gemachten Anspruchs aus § 172a SGB VI sei beabsichtigt, den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Nürnberg zu verweisen.
Die Beteiligten sind dem unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens entgegengetreten.
Mit Beschluss vom 26.1.2022 hat das Sozialgericht den Sozialrechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit insgesamt an das Arbeitsgericht Nürnberg verwiesen. Das Gericht folge der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 29.1.2013 – L 18 R 773/12 B – juris), wonach für die gerichtliche Durchsetzung der Zahlung des Arbeitgeberbeitrags zu einem berufsständischen Versorgungswerk der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet sei. Dies müsse zur Vermeidung divergierender Entscheidung und einer nicht gewollten Aufspaltung des Rechtswegs auch für die Beitragszuschüsse zur PKV gelten. Es handele sich vorliegend um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus einem behaupteten Arbeitsverhältnis. Sowohl § 172a SGB VI als auch § 257 SGB V seien materiell-rechtlich Normen des Arbeitsrechts. Denn Tatbestandsvoraussetzung dieser Ansprüche sei das Vorliegen der von der Klägerpartei behaupteten Eigenschaft als Arbeitnehmer.
Gegen die ihr am 7.2.2022 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 14.2.2022 Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Das Bundesarbeitsgericht habe mit Beschluss vom 19.8.2008 (AZB 75/08 – juris) zutreffend ausgeführt, dass der Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss seine Grundlage in § 257 SGB V und damit im Recht der Sozialversicherung habe. § 257 SGB V gehe vom Beschäftigtenbegriff aus und verweise damit hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen auf § 7 SGB IV. Die Beschäftigung sei zwar regelmäßig Ausfluss eines Arbeitsverhältnisses, unterliege jedoch eigenen sozialrechtlichen Voraussetzungen. Das Arbeitsgericht sei nicht in der Lage, eine Entscheidung darüber zu treffen, ob diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien. Etwas Anderes könne auch nicht für die Voraussetzungen des § 172a SGB IV gelten. Die vom Sozialgericht in Bezug genommene Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) betreffe eine andere Sachverhaltskonstellation, weil es in diesem Verfahren nicht – wie hier – um das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 257 SGB V und § 172a SGB IV, sondern um Fragen der Erfüllung und Verwirkung gegangen sei.
Die Klägerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 26. Januar 2022 aufzuheben und den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für zulässig zu erklären.
Die Beklagte beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise, die weitere Beschwerde zum Bundessozialgericht zuzulassen.
Die zitierte Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) sei auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar. Denn es würde nicht das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses bestritten, sondern es würden Einwendungen und Einreden gegen die geltend gemachten Ansprüche erhoben. Grundlage der Klageansprüche sei der Honorararztvertrag und damit einhergehend die rechtliche Fragestellung, ob der Klägerin im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses Ansprüche auf Beitragszuschüsse zustünden. Aber selbst wenn man in den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches die alleinigen Anspruchsgrundlagen sehen wollte, würde dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn es handele sich bei den Bestimmungen der § 257 SGB V und § 172a SGB VI um Vorschriften, die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis begründen und regeln würden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
II.
Die nach § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) und §§ 172 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Rechtswegbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 26.1.2022 ist begründet.
Zu Unrecht hat das Vordergericht den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Nürnberg verwiesen. Der Sozialrechtsweg ist eröffnet, weil es sich vorliegend nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a Arbeitsgerichtsgesetz – ArbGG -), sondern um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit (nichtverfassungsrechtlicher Art) in sonstigen Angelegenheiten der Sozialversicherung (§ 51 Abs. 1 Nr. 5 SGG) handelt. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Beitragszuschusses nach § 257 Abs. 2 SGB V (dazu 1.) als auch für den Arbeitgeberzuschuss nach § 172a SGB VI (dazu 2.).
Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn es – wie hier – an einer ausdrücklichen Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des im Sachvortrag dargestellten Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (st. Rspr., vgl. BSG, Beschluss vom 25.10.2017 – B 7 SF 1/16 R – juris Rn. 6; BSG, Beschluss vom 10.12.2015 – B 12 SF 1/14 R – juris Rn. 11; BVerwG, Urteil vom 26.4.2021 – 10 C 1.20 – juris Rn. 13; BGH, Beschluss vom 29.4.2008 – VIII ZB 61/07 – juris Rn. 8). Maßgeblich ist, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Lebenssachverhalt (Klagegrund) für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge (Klageantrag) von Rechtssätzen des bürgerlichen Rechts oder des öffentlichen Rechts geprägt wird (st. Rspr., vgl. stellv. BSG, Beschluss vom 25.10.2017 – B 7 SF 1/16 R – juris Rn. 6; BAG, Beschluss vom 10.5.1994 – 3 AZB 7/94 – juris Rn. 12; Kalb, in Henssler/Willemsen/ Kalb, Arbeitsrecht, 9. Aufl. 2020, § 2 ArbGG Rn. 23 m.w.N.; zum Begriff des Streitgegenstands im sozialgerichtlichen Verfahren vgl. ausführlich Berchtold, in Berchtold/ Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl. 2016, § 6 Rn. 91 f.). Es kommt also nicht darauf an, wie der Streitgegenstand von der klagenden Partei eingekleidet und rechtlich gewertet wird. Entscheidend ist die wahre Rechtsnatur des geltend gemachten prozessualen Anspruchs (BSG, Beschluss vom 24.8.1994 – 4 BS 4/93 – juris Rn. 44; BVerwG, Beschluss vom 11.9.1992 – 1 WB 56/92 – juris Rn. 2; BGH, Beschluss vom 9.2.2021 – VIII ZB 21/20 – juris Rn. 17). Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (st. Rspr., vgl. stellv. BSG, Beschluss vom 25.10.2017 – B 7 SF 1/16 R – juris Rn. 6; BSG, Beschluss vom 21.7.2016 – B 3 SF 1/16 R – juris Rn. 8; BVerwG, Beschluss vom 12.4.2013 – 9 B 37.12 – juris Rn. 6).
Ziel des Rechtschutzbegehrens der Klägerin ist im Wege einer bezifferten Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines Beitragszuschusses zur PKV nach § 257 Abs. 2 SGB V sowie zur Zahlung eines Beitragszuschusses zur berufsständischen Versorgungseinrichtung nach § 172a SGB VI. Dagegen stützt die Klägerin ihre Ansprüche nicht auf eine arbeits- oder tarifvertragliche Vereinbarung, insbesondere nicht auf eine einzelvertragliche Zuschussabrede mit dem Arbeitgeber.
1. § 257 SGB V sieht einen Beitragszuschuss des Arbeitgebers für Beschäftigte vor, die in der GKV nicht versicherungspflichtig sind. Die Vorschrift differenziert danach, ob der Beschäftigte freiwillig in der GKV versichert ist (Abs. 1 und 3) oder – wie hier – in der PKV (Abs. 2, 2a und 4). Nach § 257 Abs. 2 Satz 1 SGB V erhalten Beschäftigte, die nur wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze oder aufgrund von § 6 Abs. 3a SGB V versicherungsfrei oder die von der Versicherungspflicht befreit und bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind und für sich und ihre Angehörigen, die bei Versicherungspflicht des Beschäftigten nach § 10 SGB V versichert wären, Vertragsleistungen beanspruchen können, die der Art nach den Leistungen dieses Buches entsprechen, von ihrem Arbeitgeber einen Beitragszuschuss. Der Zuschuss wird nach § 257 Abs. 2 Satz 2 SGB V in Höhe des Betrages gezahlt, der sich bei Anwendung der Hälfte des Beitragssatzes nach § 241 SGB V zuzüglich der Hälfte des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes nach § 242a SGB V und der nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V bei Versicherungspflicht zugrunde zu legenden beitragspflichtigen Einnahmen als Beitrag ergibt, höchstens jedoch in Höhe der Hälfte des Betrages, den der Beschäftigte für seine Krankenversicherung zu zahlen hat.
§ 257 SGB V bezweckt, diejenigen Beschäftigten, die wegen der Höhe ihres Verdienstes nicht krankenversicherungspflichtig sind, sich aber freiwillig gesetzlich oder in der PKV versichert haben, den versicherungspflichtigen Arbeitnehmern, deren Krankenversicherungsbeiträge zur Hälfte von den Arbeitgebern getragen werden, wirtschaftlich gleichzustellen (vgl. BSG, Beschluss vom 26.6.1996 – 12 RK 78/94 – juris Rn. 57; Peters, in KassKomm, § 257 SGB V Rn. 2, Stand März 2019; vgl. auch BT-Drucks. 11/2237, S. 227 und BT-Drucks. VI/1297, S. 2). Insoweit unterscheidet sich die Vorschrift nicht von der bis 1988 geltenden Vorgängerbestimmung des § 405 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), die ebenfalls einen Zuschuss zur PKV für von der Versicherungspflicht in der GKV befreite Angestellte vorsah.
Zu § 405 RVO hatte der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes bereits im Jahre 1974 entschieden, dass für hieraus folgende Streitigkeiten der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit gegeben ist und zur Begründung tragend darauf abgestellt, dass dieser Anspruch sich nach Entstehungsgrund und Rechtsfolge aus dem Recht der Sozialversicherung ergibt und einem ihr eigentümlichen Zweck – der Beteiligung des Arbeitgebers an einer die Pflichtversicherung ersetzenden Krankenversicherung – dient. Diese Erwägungen gelten unabhängig davon, ob der Beschäftigte freiwillig in der GKV versichert ist oder in der PKV. Zwar gehörten Unternehmen der privaten Krankenversicherung nicht zum Bereich der Sozialversicherung. Eine bei ihnen bestehende Versicherung habe der Gesetzgeber jedoch, wenn die Vertragsleistungen der Art nach mindestens denen der gesetzlichen Krankenkassen entsprechen, einer Versicherung bei einem Träger der Sozialversicherung gleichgestellt, mithin als „Ersatzversicherung“ anerkannt (Beschluss vom 4.6.1974 – GmS-OGB 2/73 – juris).
Diese Rechtsprechung, die zum Teil auf Ablehnung gestoßen ist (vgl. etwa Grunsky, ArbuR 1975, 94; Merten, VerwArch 66, 387; Müller, DB 1977, 997), hat das Bundessozialgericht zu § 257 SGB VI fortgeführt (vgl. BSG, Beschluss vom 10.12.2015 – B 12 SF 1/14 R – juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 20.3.2013 – B 12 KR 4/11 R – juris Rn. 24; BSG, Urteil vom 8.10.1998 – B 12 KR 19/97 R – juris Rn. 20). Dem tritt der erkennende Senat in Einklang mit der ganz herrschenden Meinung in der Literatur bei (vgl. etwa Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 51 Rn. 39; Mecke, in Becker/Kingreen, SGB V, 7. Aufl. 2020, § 257 Rn. 7; Peters, in KassKomm, § 257 SGB V Rn. 23, Stand März 2019; kritisch Wallrabenstein, in Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, 2. Aufl. 2018, § 257 SGB V Rn. 28). Die im Wesentlichen inhaltsgleiche Überführung der Vorschriften der RVO in das SGB V hat nichts an der Zugehörigkeit des Anspruchs aus § 257 SGB V zum Sozialversicherungsrecht geändert. Die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 4.6.1974 (a.a.O.) beansprucht deshalb weiterhin Geltung (so auch BAG, Beschluss vom 1.6.1999 – 5 AZB 34/98 – juris Rn. 9; BAG, Urteil vom 21.1.2003 – 9 AZR 695/01 – juris Rn. 10).
2. Steht mithin fest, dass für die hier im Raum stehende Prüfung eines gegen einen privaten Arbeitgeber gerichteten, gleichwohl aber als sozialversicherungsrechtlich zu qualifizierenden Anspruchs auf Beitragszuschuss nach § 257 Abs. 2 SGB V der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist, so kann nichts anderes für den Beitragszuschuss des Arbeitsgebers nach § 172a SGB VI gelten (a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 29.1.2013 – L 18 R 773/12 B – juris; Wehrhahn, in KassKomm, § 172a Rn. 3, Stand September 2017; Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 172a SGB VI Rn. 4, Stand März 2014; Dankelmann, in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, § 172a Rn. 19, Stand 1.4.2021; Keller, in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 51 Rn. 39; Gutzeit, in BeckOGK, SGG, § 51 Rn. 36, Stand 1.2.2022; Geiger, NZA 2017, 685, 686; offengelassen Scharf, in Eicher/Haase/Rauschenbach, Die Rentenversicherung im SGB, § 172a SGB VI Rn. 4, Stand Dezember 2015.). Denn auch dieser Anspruch wird nach Voraussetzung und Rechtsfolge aus dem Recht der Sozialversicherung abgeleitet und dient einem ihr eigentümlichen Sicherungszweck.
In der GRV schuldet der Arbeitgeber gemäß § 174 SGB VI i.V.m. § 28e SGB IV im Außenverhältnis gegenüber dem Versicherungsträger die Beiträge für den versicherungspflichtig Beschäftigten in vollem Umfang und macht die Beitragshälfte des Arbeitnehmers (vgl. § 168 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) diesem gegenüber durch Lohnabzug geltend (§ 28g SGB IV). Für einen Beschäftigten, der – wie die Klägerin – nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreit ist, zahlt der Arbeitgeber hingegen gemäß § 172a SGB VI einen Zuschuss in Höhe der Hälfte des Beitrags zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, höchstens aber die Hälfte des Beitrags, der zu zahlen wäre, wenn der Beschäftigte nicht von der Versicherungspflicht in der GRV befreit worden wäre. In der berufsständischen Versorgung ist mithin nur das Mitglied Beitragsschuldner, während der Arbeitgeber dem Mitglied den Arbeitgeberbeitrag als Zuschuss schuldet (zum Vorstehenden BSG, Beschluss vom 13.12.2018 – B 5 RE 1/18 B – juris Rn. 27; BT-Drucks 17/6764, S. 22). Das Risiko, das der Arbeitgeber Beiträge nicht entrichtet, trägt also der Beschäftigte. Insoweit bedient sich der Gesetzgeber in § 172a SGB VI der gleichen Regelungssystematik wie in § 257 Abs. 2 SGB V (vgl. Neidert, in GK-SGB VI, § 172a Rn. 3, Stand März 2013; Marburger, PersV 2012, 212, 215).
§ 172a SGB VI ist auch im Wesentlichen vom gleichen Schutzzweck geprägt wie § 257 SGB V. Arbeitgeber von Beschäftigten, die der Versicherungspflicht in der GRV unterliegen, sollen keinen Vorteil daraus haben, dass diese Beschäftigten in einem berufsständischen Versorgungswerk und damit in einem nach der gesetzlichen Wertung gleichwertigen Versorgungssystem pflichtversichert sind (vgl. BT-Drucks. 12/405, S. 119). Zweck der Bestimmung ist es also nicht, Arbeitgeber dazu zu verpflichten, einen Beitragsanteil von Beschäftigten iS des Sozialversicherungsrechts zu übernehmen, wenn diese in einem berufsständischen Versorgungseinrichtung versichert sind, sondern – anknüpfend an die Regelungen über die gesetzliche Rentenversicherungspflicht – den zunächst in der GRV Versicherten die Versicherung in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zu ermöglichen, ohne dass ihnen dadurch die sonst, also nach dem Recht der GRV, gegebenen Ansprüche auf Tragung eines Teils des Beitrags entgehen und wirtschaftliche Nachteile entstehen (vgl. BAG, Urteil vom 17.6.2008 – 3 AZR 753/06 – juris Rn. 28; Marschner, in Löschau, SGB VI, § 172a Rn. 5, Stand Juli 2012).
Tatbestandlich verlangt § 172a SGB VI vom Anspruchsberechtigten, dass er ein nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Versicherungspflicht befreiter Beschäftigter ist. Die Beschäftigteneigenschaft wird zwar regelmäßig durch das Arbeitsverhältnis vermittelt. Dieses aber ist für die Ausgestaltung des Anspruchs nach dessen Wortlaut und Binnensystematik in keiner Weise bestimmend. Ebenso wie § 257 SGB V geht auch § 172a SGB VI tatbestandlich vom Beschäftigtenbegriff aus und nimmt insoweit Bezug auf § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i.V.m. § 7 SGB IV. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, „insbesondere in einem Arbeitsverhältnis“. Daraus folgt, dass grundsätzlich eine Beschäftigung vorliegt, wenn ein Arbeitsverhältnis besteht; allerdings zugleich, dass eine Beschäftigung auch dann vorliegen kann, wenn kein Arbeitsverhältnis besteht (BSG, Urteil vom 4.6.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 19; BAG, Beschluss vom 30.8.2000 – 5 AZB 12/00 – juris Rn. 11; Schnapp, WZS 2016, 277, 279 f.; zur Beschäftigung ohne Arbeitsverhältnis vgl. eingehend Zieglmeier, in KassKomm, § 7 SGB IV Rn. 33 ff., Stand Mai 2020). Der Begriff des Beschäftigten in § 172a SGB VI setzt also nicht voraus, dass ein Arbeitsverhältnis iS des Arbeitsrechts besteht; vielmehr kommt es allein auf den im Recht der Sozialversicherung entwickelten und ihr eigentümlichen Begriff der Beschäftigung an. Auch der in § 172a SGB VI verwendete Begriff des Arbeitgebers ist nicht iS des Arbeitsrechts aufzufassen, sondern bezeichnet, wie sonst im Sozialversicherungsrecht, denjenigen, bei dem die Beschäftigung stattfindet (vgl. dazu ausführlich BSG, Urteil vom 27.07.2011 – B 12 KR 10/09 R – juris). Mithin ist allein die Eigenschaft als befreiter Beschäftigter im sozialversicherungsrechtlichen Sinne das personenbezogene Anknüpfungsmoment für eine – zwar nicht „typische“, aber dennoch – sozialrechtliche „Beitragsregelung“ nicht anders als in § 61 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) oder § 257 Abs. 2 SGB V (vgl. auch die Gleichstellung der vorbenannten Vorschriften in § 1 Nr. 2 Aufwendungsausgleichsgesetz – AAG – und dazu bereits BSG, Urteil vom 10.5.2005 – B 1 KR 22/03 R – juris). Demnach kann auch bei § 172a SGB VI das Arbeitsverhältnis nur eine Brückenfunktion zu der in personeller Hinsicht allein maßgeblichen Beschäftigteneigenschaft haben, aber nicht die Grundlage des Anspruchs bilden. Anders läge es nur dann, wenn die Klägerin die streitbefangenen Ansprüche unmittelbar auf arbeitsvertragliche Regelungen stützen würde (zu deren grundsätzlicher Zulässigkeit vgl. Zweng/Scheerer/Buschmann/Dörr, Handbuch der Rentenversicherung, § 172a SGB VI Rn. 4, Stand März 2014; siehe auch LSG Hessen, Urteil vom 11.3.1993 – L 1 Kr 671/90 – juris sowie § 32 Erstes Buch Sozialgesetzbuch – SGB I -). Das ist hier aber nicht der Fall.
Auch die in § 172a SGB VI normierte Rechtsfolge – Zahlung eines Beitragszuschusses zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, dessen Höhe nach Maßgabe des SGB VI begrenzt sei kann (vgl. insbesondere § 159 SGB VI) – liegt auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Zwar sind berufsständische Versorgungseinrichtungen nicht Bestandteil der Sozialversicherung (st. Rspr., vgl. stellv. BSG, Beschluss vom 6.10.1988 – 1 BS 2/88 – juris; BVerwG, Urteil vom 29.10.1963 – I C 43.62 – juris; Wolff-Dellen, in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. 2020, § 51 Rn. 47). Gleichwohl rechnen sie zum System der sozialen Sicherheit, weil sie zwar nicht ausschließlich, aber doch in erster Linie geprägt sind vom Gedanken kollektiver Vorsorge (vgl. BVerwG, Urteil vom 2.12.2015 – 10 C 18.14 – juris Rn. 28). Nicht anders als andere berufsständische Versorgungssysteme stellt auch die Bayerische Ärzteversorgung als gesetzliche Pflichtversicherung in Form einer Anstalt des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes über das öffentliche Versorgungswesen – VersoG – in der Fassung vom 16.6.2008, GVBl. S. 371) ein funktionales Äquivalent zur gesetzlichen Rentenversicherung dar, das im Gegensatz zu dem auf freiwilliger Basis begründeten Privatversicherungsverhältnis auf dem Gedanken der Solidarität und des sozialen Ausgleichs beruht (vgl. BayVGH, Urteil vom 27.2.2013 – 21 N 10.2960 – juris Rn. 39; BayVGH, Beschluss vom 5.11.2008 – 21 CE 08.2142 – juris Rn. 4; siehe auch § 1 Abs. 3 der Satzung der Bayerischen Ärzteversorgung in der Fassung vom 1.12.1995, BayStAnz 1995 Nr. 51/52 S. 2). Dieser Befund findet seine Entsprechung in § 6 Abs. 1 SGB V, wonach eine berufsständische Versorgungseinrichtung die in Satz 1 Nr. 1 Buchst. b und c geforderten Kriterien eines der GRV gleichwertigen Versicherungsschutzes erfüllen muss (vgl. BSG, Urteil vom 10.5.2005 – B 1 KR 22/03 R – juris Rn. 34; BSG, Urteil vom 7.11.1991 – 12 RK 49/89 – juris Rn. 17), um die Möglichkeit der Befreiung von der Versicherungspflicht in der GRV überhaupt erst zu ermöglichen, in deren Folge dann ein Anspruch auf Beitragszuschuss nach § 172a SGB VI zur Entstehung gelangen kann. Damit muss nicht anders als bei § 257 Abs. 2 SGB V davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber eine bei einer berufsständischen Versorgungseinrichtung bestehende Versicherung einer Versicherung bei einem Träger der Sozialversicherung gleichgestellt, mithin als „Ersatzversicherung“ anerkannt hat.
Die öffentlich-rechtliche Natur des Anspruchs auf den Arbeitgeberzuschuss nach § 172a SGB VI wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Beteiligten zueinander nicht in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung (sog. Subordinationsverhältnis) stehen (für das allgemeine Verwaltungsrecht: BVerwG, Beschluss vom 26.3.2018 – 7 B 8.17 – juris Rn. 5). Bereits in der Rechtsprechung des Reichsversicherungsamtes (vgl. nur Urteil vom 6.3.1931 – IIIa Kn.783/30 – AN 1931, 177) war anerkannt, dass eine gleichgeordnete Beziehung zwischen dem Anspruchsberechtigten und dem Verpflichteten dem Recht der Sozialversicherung nicht fremd ist. Gerade Beitragsstreitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern wurden seit jeher öffentlich-rechtlich behandelt (BSG, Beschluss vom 22.6.1973 – 3 RK 64/72 – juris Rn. 8; BSG, Urteil vom 8.10.1998 – B 12 KR 19/97 R – juris Rn. 20). Folgerichtig kann gemäß § 54 Abs. 5 SGG die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hat, die Parteien sich also – wie vorliegend – im Verhältnis der Gleichordnung gegenüberstehen (vgl. GmS-OGB, a.a.O. Rn. 11; BSG, Urteil vom 18.12.1959 – 3 RK 22/56 – juris Rn. 19).
Entgegen der Rechtauffassung der Beklagten, die sich insoweit auf den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 29.1.2013 (a.a.O.) beruft, spricht die Entstehungsgeschichte des Anspruchs auf Beitragszuschüsse für Mitglieder berufsständischer Versorgungseinrichtungen jedenfalls nicht positiv dafür, dass es sich materiell um eine Norm des Arbeitsrechts handelt. § 172a SGB VI geht zurück auf die weitgehend inhaltsgleiche (vgl. BT-Drucks 17/6764, S. 22) Regelung des § 172 Abs. 2 SGB VI (in der seit 1.1.1991 geltenden Normfassung des Renten-Überleitungsgesetz – RÜG – vom 25.7.1991, BGBl I 1606). Zu dieser heißt es im Regierungsentwurf, dass im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit die in den alten Bundesländern übliche, aber im Beitrittsgebiet (noch) fehlende tarifvertragliche Beitragspflicht zugunsten berufsständischer Versorgungsträger vereinheitlicht werden sollte, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den jeweiligen Arbeitgebern zu vermeiden (vgl. BT-Drucks. 12/405, S. 119; BSG, Urteil vom 14.2.2001 – B 1 KR 25/99 R – juris Rn. 18). Insoweit wurde die Pflicht zur Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur berufsständischen Versorgung der Dispositionsfreiheit der Betroffenen entzogen und gesetzlich verankert. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass dieser jetzt unabdingbare Anspruch als arbeitsrechtliche (Schutz-)Vorschrift zu bewerten wäre. Denn ebenso wie die Regelung originär arbeitsvertraglicher Bereiche kann auch die Umsetzung sozialrechtlicher Ziele Eingang in Tarifverträge finden (vgl. Gagel, in FS Dieterich, 1999, 169 ff.). D.h. nur weil die Tarifvertragsparteien durch die Regelung einer als sinnvoll erachteten Sozialleistung späterem Bundesrecht gleichsam vorgegriffen haben, führt dies nicht dazu, dass damit auch die Einordnung der nachfolgenden bundesrechtlichen Regelung als arbeitsrechtlich unausweichlich vorgezeichnet wäre.
Das hier gefundene Ergebnis wird auch durch das Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.5.1985 (1 RS 1/84 – juris) gestützt. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt eines von der Versicherungspflicht in der Angestelltenversicherung gemäß Art. 2 § 1 Abs. 1 Buchst. b Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG) befreiten Klägers zugrunde, der gegenüber seinem Arbeitgeber einen Zuschuss zu den Beiträgen für seine private Lebensversicherung geltend machte. Nach dieser Vorschrift konnten Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen von der Rentenversicherungspflicht befreit werden, wenn sie mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen für sich und ihre Hinterbliebenen einen Versicherungsvertrag für den Fall des Todes und Erlebens des 65. Lebensjahres oder eines niedrigeren Lebensjahres abgeschlossen hatten und für diese Versicherung mindestens ebenso viel aufgewendet wurde, wie für die Angestelltenbeiträge zur Rentenversicherung zu zahlen gewesen wären. Zur Frage des richtigen Rechtswegs führte das Bundessozialgericht dabei tragend aus, dass der streitige Anspruch auf außervertragliche Zuschusszahlung für eine befreiende Lebensversicherung mangels rentenversicherungsrechtlicher Normierung analog der im Krankenversicherungsrecht geltenden Regelung des § 405 RVO oder nach sonstigen sozialrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen und deshalb dem Sozialversicherungsrecht zuzuordnen sei. Wenn aber bereits bei derartiger Sach- und Rechtslage der Sozialrechtsweg bejaht wurde, muss dies erst recht für einen Fall wie dem vorliegenden gelten, in dem die Klägerin wegen einer befreienden Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung einen Beitragszuschuss von ihrer Arbeitgeberin einfordert und sich dabei auf einen zwischenzeitlich ausdrücklich geregelten Anspruch im Sozialgesetzbuch beruft. Im Übrigen ist gerade die Tatsache, dass der Gesetzgeber die Regelung über den Arbeitgeberzuschuss in den 3. Titel des 2. Abschnittes des SGB VI („Verteilung der Beitragslast“) eingefügt hat, ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Vorschrift zu diesem Rechtsgebiet gehört (vgl. BSG, Beschluss vom 26.10.2010 – B 8 AY 1/09 R – juris Rn. 6; BVerwG, Beschluss vom 7.5.2020 – 3 B 2.20 – juris Rn. 6), auch wenn der Standort einer Vorschrift für sich allein kein ausschließliches Kriterium für die Qualifikation der von ihr abgleitenden Ansprüche sein mag (vgl. GmS-OGB, a.a.O. Rn. 10).
Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte wird endlich nicht deswegen begründet, weil bei der Entscheidung über den geltend gemachten Beitragszuschuss möglicherweise auch Begriffe und Vorschriften des Arbeitsrechts entscheidungserheblich sein können. Eine Streitigkeit ist nämlich nicht schon dann eine solche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn in ihrem Rahmen arbeitsrechtliche Vorfragen zu entscheiden sind (vgl. auch BSG, Beschluss vom 10.12.2015 – B 12 SF 1/14 R – juris Rn. 11). Der Anspruch auf Beitragszuschüsse zu einem berufsständischen Versorgungswerk wurzelt – wie dargetan – nicht im Arbeitsverhältnis, sondern steht eigenständig neben arbeits- oder tarifvertraglichen Zuschussansprüchen; er ist als allgemeiner sozialversicherungsrechtlicher Anspruch übergreifend und grundsätzlich unabhängig von Fragen des Arbeitsrechts ausgestaltet (so auch BAG, Urteil vom 19.12.2000 – 3 AZR 511/99 – juris Rn. 42). Im Vordergrund stehen nach dem Aufbau des § 172a SGB VI mit seinen Verweisungen auf Begriffe und Vorschriften des Sozialversicherungsrechts ausschließlich Fragen aus dem Bereich der Sozialversicherung (vgl. exemplarisch BAG, Urteil vom 17.6.2008 – 3 AZR 753/06 – juris; zu Streitfragen im Zusammenhang mit der Erstreckung einer Befreiung vgl. Berchtold, in K/K/W, Kommentar zum Sozialrecht, 7. Aufl. 2021, § 6 SGB VI Rn. 8a ff.; zum Höchstbeitrag vgl. §§ 157 ff. SGB VI); insoweit streitet gerade der für die Bestimmung des Rechtswegs bedeutsame Gesichtspunkt der Sachnähe (vgl. GmS-OGB, a.a.O. Rn. 12; BSG, Beschluss vom 19.3.1986 – 8 RK 13/85 – juris Rn. 30; BVerwG, Beschluss vom 15.10.2012 – 7 B 4.12 – juris Rn. 15) für die Zuständigkeit der Sozialgerichte. Selbst wenn man dies anders sehen wollte und, wie das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen meint (a.a.O. Rn. 15), im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten nach § 172a SGB VI regelmäßig die Prüfung von „rechtsvernichtenden Einwendungen der Erfüllung und der Verwirkung“ in Mitten stünde, kann dies nach Ansicht des erkennenden Senats nicht dazu führen, entgegen den vorstehenden Ausführungen von einer Streitigkeit aus dem Arbeitsverhältnis auszugehen. Denn Einwendungen und Einreden bewirken nur, dass die Entstehung eines geltend gemachten Anspruchs gehindert, ein entstandenen Anspruch vernichtet oder ein solcher ganz bzw. vorübergehend nicht durchsetzbar ist (vgl. ausführlich Ulrici/Purrmann, JuS 2011, 104). Als (bloße) Gegenrechte vermögen sie aber von vornherein nicht die Natur des Rechtsverhältnisses zu bestimmen, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. auch Gottwald, in MünchKomm zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 322 Rn. 109).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung. Das Beschwerdegericht hat über die Kosten des Beschwerdeverfahrens eine Entscheidung zu treffen. Die Regelung des § 17b Abs. 2 GVG findet – unabhängig vom Inhalt der Entscheidung – keine Anwendung auf das Beschwerdeverfahren bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs (vgl. BSG, Beschluss vom 5.5.2021 – B 6 SF 1/20 R – juris Rn. 48; BSG, Beschluss vom 1.4.2009 – B 14 SF 1/08 R – juris Rn. 19; BVerwG, Beschluss vom 18.5.2010 – 1 B 1.10 – juris Rn. 13). Die Anfechtung der Entscheidung über die Verweisung löst ein selbständiges Rechtsmittelverfahren aus, in dem nach den allgemeinen Bestimmungen über die Kosten zu befinden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17.9.2009 – 2 B 69.09 – juris Rn. 12; BayVGH, Beschluss vom 15.12.2021 – 22 C 21.951 – juris Rn. 30; a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.2.2019 – L 7 AS 2024/18 B – juris Rn. 13; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 8.10.2021 – L 4 AS 341/21 B – juris Rn. 25). Die Klägerin gehört zu den in § 183 SGG genannten Personen; § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG ist nicht anwendbar, da die Klägerin Ansprüche auf Sozialleistungen iS von § 11 SGB I geltend macht (vgl. BSG, Urteil vom 20.3.2013 – B 12 KR 4/11 R – juris Rn. 28 zu § 257 Abs. 2 SGB V).
4. Die Voraussetzungen für die Zulassung der weiteren Beschwerde an das Bundessozialgericht gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG wegen grundsätzlicher Bedeutung liegen vor. Die Rechtsfrage, ob für die Geltendmachung eines Anspruchs nach § 172a SGB VI der Sozialrechtsweg eröffnet ist, betrifft eine unbestimmte Vielzahl weiterer Fälle (sog. Breitenwirkung), ist klärungsbedürftig und klärungsfähig (vgl. dazu im Einzelnen Berchtold, in Berchtold/Richter, Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl. 2016, § 8 Rn. 93 ff.). Soweit das Bundesarbeitsgericht in neuerer Zeit über Rechtsstreitigkeiten nach § 172 Abs. 2 SGB VI a.F. entschieden hat, beruhte dies darauf, dass die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs in der Revisionsinstanz nicht mehr zu prüfen war; im Übrigen hat das Bundesarbeitsgericht ausdrücklich in Zweifel gezogen, ob in den zu entscheidenden Fällen der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen überhaupt eröffnet gewesen wäre (siehe BAG, Urteil vom 17.6.2008 – 3 AZR 753/06 – juris Rn. 15; BAG, Urteil vom 23.1.2007 – 3 AZR 398/05 – juris Rn. 22 ff.).


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