Arbeitsrecht

Teilnahme eines Betriebsratsmitglied an einer Betriebsratsschulung

Aktenzeichen  12 BV 336/19

Datum:
17.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53141
Gerichtsart:
ArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BetrVG § 37 Abs. 6

 

Leitsatz

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds R. an der in Anl. 1 beschriebenen Schulung „Konstruktives Konfliktmanagement in der BR-Arbeit“ vom 21.10.2019 bis zum 25.10.2019 in O. veranstaltet durch den Schulungsträger i KG erforderlich ist.
2. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller von der Kostentragungspflicht für die in Ziffer 1 bezeichnete Schulung freizustellen.
3. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Betriebsratsmitglied R. zur Teilnahme an der Schulung von der Erbringung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen freizustellen.

Gründe

Die Beteiligten streiten über die Erforderlichkeit der Teilnahme eines Mitglieds des Antragstellers an einer Betriebsratsschulung.
I.
Die Beteiligte zu 2 beschäftigt in ihrem Betrieb in M-Stadt etwa 70 Mitarbeiter, in Deutschland über 1.000 Mitarbeiter. Es ist ein Gesamt- und ein Konzernbetriebsrat gebildet.
Der Antragsteller ist der für den Betrieb in M-Stadt gebildete Betriebsrat, Herr R. ist Mitglied des Antragstellers, er wurde in verschiedene betriebsverfassungsrechtliche Gremien entsandt, unter anderem in den Gesamtbetriebsrat der Beteiligten zu 2, den IT-Ausschuss dieses Gesamtbetriebsrats und den IT-Ausschuss eines Teil-Konzernbetriebsrats.
Am 11.07.2019 beschloss der Antragsteller die Entsendung von Herrn R. in die streitgegenständliche Schulung „Konstruktives Konfliktmanagement in der BR-Arbeit“ vom 21.10.2019 bis zum 25.10.2019 in O. veranstaltet durch den Schulungsträger i KG (vgl. Ausschreibung, Anlage ASt1). Die Antragsgegnerin lehnte die Kostenübernahme und die Freistellung von Herrn R. ab (Anlage ASt2).
Nach erneuter Ablehnung auch nach einem Anschreiben durch die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers wurde das vorliegende Verfahren eingeleitet.
Der Antragsteller ist der Auffassung, die Schulung sei erforderlich im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG. Herr R. bedürfe auf Grund seiner vielfältigen Betriebsratstätigkeit und der dabei auftretenden vielschichtigen Konflikte der streitgegenständlichen Schulung für seine Betriebsratsarbeit. Bei der Auswahl der Schulung bestehe ein Ermessen des Betriebsrats.
Der Antragsteller beantragt,
I. Es wird festgestellt, dass die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds R. an der in Anl. 1 beschriebenen Schulung „Konstruktives Konfliktmanagement in der BR-Arbeit“ vom 21.10.2019 bis zum 25.10.2019 in O. veranstaltet durch den Schulungsträger i KG erforderlich ist.
II. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller von der Kostentragungspflicht für die im Antrag zu I. bezeichnete Schulung freizustellen.
III. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, das Betriebsratsmitglied R. zur Teilnahme an der Schulung von der Erbringung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen freizustellen.
Die Antragsgegnerin beantragt die Zurückweisung der Anträge.
Nach ihrer Ansicht vermittelt die streitgegenständliche Schulung keine für die Betriebsratsarbeit im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG erforderlichen, sondern dafür nur verwertbare und nützliche Kenntnisse und Fertigkeiten. Schwerpunktmäßig befasse sich das Seminar mit Kommunikations-, Rede- und Argumentationstechnik, die Einbettung in betriebsverfassungsrechtliche Themenkreise ändere an diesem allgemeinen Charakter der Schulung nichts.
Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht habe man Herrn R. angeboten, ein – deutlich kostengünstigeres – Inhouse-Seminar zum Konfliktmanagement zu besuchen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt.
Im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Anträge sind zulässig und begründet.
1. Der Rechtsweg für Arbeitssachen ist für die vorliegende betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit gemäß § 2a Abs. 1 ArbGG eröffnet. Örtlich zuständig ist gemäß § 82 ArbGG das Arbeitsgericht München, da der Betrieb in M-Stadt liegt. Die gestellten Anträge sind auch im Übrigen zulässig, der Antrag Ziffer I. ist ein nach § 265 Abs. 2 zulässiger Zwischenfeststellungsantrag. Die Entscheidung erging gemäß § 83 Abs. 4 S. 3 ArbGG ohne mündliche Verhandlung.
2. Die Anträge sind auch begründet. Die streitgegenständliche Schulungsveranstaltung vermittelt im Sinne von § 37 Abs. 6 BetrVG für die Betriebsratsarbeit erforderliche Kenntnisse.
Die Tätigkeit als Betriebsrat führt im Vergleich zur Tätigkeit des normalen Arbeitnehmers häufiger zu Konflikten und zu anders gelagerten Konflikten. Gerade die Lösung dieser spezifischen Konflikte sind der besondere Fokus der streitgegenständlichen Schulung.
Insbesondere aufgrund der Entsendung in mehrere Betriebsratsgremien, die wegen der besonderen Konzernstruktur der Beteiligten zu 2 auch durchaus konfliktträchtig sind, ist ein effektiver Umgang mit Konflikten für die Betriebsratsarbeit von Herrn R. besonders erforderlich.
Die Kostentragungspflicht (Tenor Ziffer 3) ergibt sich aus § 40 BetrVG, die Freistellungspflicht (Tenor Ziffer 2) aus § 37 Abs. 2 BetrVG.
III.
Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.
IV.
Die Antragsgegnerin kann gegen diese Entscheidung Beschwerde zum Landesarbeitsgericht München einlegen. Im Einzelnen gilt folgende


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