Arbeitsrecht

Unterlassung amtlicher Äußerungen in einem familiengerichtlichen Verfahren

Aktenzeichen  12 C 20.308

Datum:
5.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
FamRZ – 2021, 43
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VIII § 50
VwGO § 166
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

Unterlassung einer amtlichen Äußerung in einem familiengerichtlichen Verfahren kann nur bei zu erwartender Verletzung des Sachlichkeitsgebots oder Fehlen eines Bezugs zur hoheitlichen Aufgabe oder Leichtfertigkeit verlangt werden. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 6 K 19.398 2020-01-23 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

Die Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für seine Klage, mit der er dem Jugendamt des Landkreises R. aufgeben möchte, bestimmte „Behauptungen“ im familiengerichtlichen Verfahren betreffend seine Tochter A. M. zu unterlassen. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens fehlt es für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe jedoch an den nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen Erfolgsaussichten der Klage.
1. Ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Unterlassung einer amtsbezogenen Äußerung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen oder sonstige subjektive Rechte des Betroffenen erfolgt ist und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. Dabei müssen amtliche Äußerungen sich an den allgemeinen Grundsätzen für rechtsstaatliches Verhalten in der Ausprägung des Willkürverbots und des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes orientieren. Aus dem Willkürverbot leitet sich ab, dass Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen dürfen, d. h. bei verständiger Würdigung auf einem im Wesentlichen zutreffenden oder zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen müssen, und zudem den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten dürfen. Dieses sog. Sachlichkeitsgebot verlangt wiederum, dass die Äußerung in einem konkreten Bezug zur Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe steht und nicht leichtfertig getätigt wurde. Wird eine amtliche Äußerung diesen Anforderungen nicht gerecht oder erweist sie sich als ehrverletzend, kann der Betroffene – bei Wiederholungsgefahr – ihre Unterlassung beanspruchen (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2010 – 7 B 54.10 – BeckRS 2010, 56687 Rn. 14 ff. mit weiteren Nachweisen).
2. Die genannten Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch liegen, wie das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss vom 23. Januar 2020 zutreffend angenommen hat, im vorliegenden Fall nicht vor. Die Beschwerdebegründung des Klägers rechtfertigt keine andere Beurteilung seines Unterlassungsbegehrens.
2.1 Soweit der Kläger die Annahme des Verwaltungsgerichts, es fehle für den öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch an einer konkreten Wiederholungsgefahr, in Zweifel zu ziehen sucht, kann er damit nicht durchdringen. Weshalb bei einem aktuell beim Oberlandesgericht Nürnberg anhängigen Verfahren zum Umgangsrecht, bei dem das Jugendamt durch eine andere Mitarbeiterin mitwirkt und bei dem – nach eigener Aussage des Klägers – ein neues psychologisches Sachverständigengutachten angefordert worden ist, das beklagte Jugendamt seine „Behauptungen“ aus dem Schreiben vom 24. April 2018 wiederholen soll, bleibt unsubstantiiert und stellt sich lediglich als eine vage Vermutung des Klägers dar. Bereits infolge der fehlenden Wiederholungsgefahr scheidet daher ein Unterlassungsanspruch aus.
2.2 Soweit der Kläger weiterhin in „Erweiterung“ seines Unterlassungsbegehrens auch die „falsche Tatsachenbehauptung“ einbezogen wissen möchte, er habe mit seiner Tochter das psychologische Gutachten „im Detail“ durchgesprochen, würde dies seiner Klage – ungeachtet der Zulässigkeit einer solchen „Erweiterung“ – wohl ebenfalls nicht zur Annahme der für die Gewährung von Prozesskostenhilfe maßgeblichen Erfolgsaussichten führen, auch unter Anlegung des spezifisch prozesskostenhilferechtlichen Erfolgsmaßstabs. Denn dass der Kläger das psychologische Sachverständigengutachten vom 15. Februar 2018 im Gespräch mit seiner Tochter nicht nur „gestreift“, sondern tatsächlich „im Detail“ besprochen hat, ergibt sich beispielsweise aus seinem Schriftsatz vom 6. April 2018 im familienrechtlichen Verfahren vor dem Amtsgericht S., Az. 001 F 402/17, wo er zugleich seine spezielle „Verfahrensweise“ bei der „Besprechung“ des Gutachtens schildert. Dass er das Gutachten mit seiner Tochter demzufolge „im Detail“ durchgegangen ist, ist offenkundig.
2.3 Auch soweit der Kläger die Auffassung der Jugendamtsmitarbeiterin B. in Zweifel ziehen möchte, seine Tochter unterliege einem Loyalitätskonflikt und fühle sich daher genötigt, bestimmte Angaben im Sinne ihres Vaters zu ändern, was sie in einem persönlichen Gespräch ihr gegenüber erklärt habe, bleibt er in der Beschwerdebegründung den Nachweis schuldig, dass seine Tochter ein persönliches Gespräch mit Frau B. nicht geführt hat. Auch hinsichtlich des von Frau B. angenommenen Loyalitätskonflikts schildert der Kläger in der Beschwerdebegründung selbst entsprechende Umstände, die einen Loyalitätskonflikt seiner Tochter zwischen beiden Elternteilen belegen, will diesen aber nicht in seiner Person, sondern bei der Kindsmutter verorten. Gründe dafür, dass die Aussage der Jugendamtsmitarbeiterin B. im Schreiben vom 24. April 2018 nicht dem Sachlichkeitsgebot genügt oder gar willkürlich erfolgt ist, werden demzufolge mit der Beschwerdebegründung ebenfalls nicht dargelegt.
Folglich besitzt der klageweise verfolgte Unterlassungsanspruch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nach wie vor keine für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ausreichenden Erfolgsaussichten, sodass die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen war.
3. Eine Kostenentscheidung war vorliegend entbehrlich, da in Angelegenheiten des Kinder- und Jugendhilferechts Gerichtskosten nach § 188 Satz 2, 1 VwGO nicht erhoben und im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO Kosten nicht erstattet werden.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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