Arbeitsrecht

Unwirksamkeit einer vereinbarten einseitigen Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers “etwa zur Mitte der Vertragsbindungsdauer”

Aktenzeichen  6 Sa 543/18

Datum:
17.12.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 43737
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 121 Abs. 1 S. 1, § 126 Abs. 2 S. 1, § 133, § 157, § 174 Abs. 1 S. 1, § 242, § 622 Abs. 6, § 623
KSchG § 1 Abs. 2, § 23 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 6, § 66 Abs. 1, § 72 Abs. 2, § 72a
ZPO § 91 Abs. 1, § 222, § 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3

 

Leitsatz

1. Die Vereinbarung einer einseitigen Kündigungsmöglichkeit für die Arbeitgeberseite etwa zur Mitte der Vertragsbindungsdauer in einem auf die Dauer von 5 Jahren geschlossenen Arbeitsvertrag verstößt gegen § 622 Abs. 6 BGB analog. Die Unwirksamkeit dieser Klausel und die dadurch bedingte Regelungslücke in dem vom Arbeitnehmer (Jurist) erstellten Arbeitsvertrag kann ggf. im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahingehend geschlossen werden, dass für beide Seiten eine Kündigungsmöglichkeit als bestehend angenommen wird. (Rn. 57 und 61)
2. Erklärt sich der Arbeitnehmer bei Ankündigung der Ausübung des Kündigungsrechts sofort auch schriftlich bereit, den Kündigungstermin (hier: 31.12.2015) um 2 Monate zu verlegen, so kann er sich nicht darauf berufen, nur er habe den Text, betreffend die Verlegung des Kündigungstermines unterzeichnet, während im Arbeitsvertrag eine doppelte Schriftformklausel enthalten sei. Der Arbeitnehmer handelt treuwidrig, wenn er die Arbeitgeberin nicht auf die auch von ihr erforderliche Unterzeichnung der Erklärung (doppelte Schriftformklausel), die der Arbeitnehmer angesichts der durch ihn erfolgten Abfassung des Vertrages kennt oder zumindest kennen muss, hinweist. (Rn. 71)
3. Eine schriftliche Kündigungserklärung, die in den Hausbriefkasten des Empfängers eingeworfen wird, geht diesem am selben Tage zu, wenn er diese abends aus dem Hausbriefkasten entnimmt. Auf die Frage der üblichen Postlaufzeiten kommt es dann nicht an. (Rn. 84 – 87)

Verfahrensgang

11 Ca 13861/15 2018-07-10 Endurteil ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München vom 10. Juli 2018 – 11 Ca 13861/15 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die statthafte Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist nach § 64 Abs. 1, 2 lit. c ArbGG statthaft sowie in rechter Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, § 519 Abs. 2, § 520 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 66 Abs. 1 Sätze 1, 2, 5 ArbGG, § 222 ZPO).
II. In der Sache bleibt die Berufung ohne Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass das zwischen den Parteien bestandene Arbeitsverhältnis nicht durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 16. Nov. 2015 (Anlage K2, Bl. 29 d. A.), jedoch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 27. Nov. 2015 aufgelöst worden war. Die Kündigung vom 16. Nov. 2015 war wegen ihres widersprüchlichen Inhalts („… kündigen wir … zum 31.12.2015. Durch schriftliche Zustimmung vom 18.09.2015 zum 28. Februar 2016.“). Allerdings hat die unter dem Datum 27. Nov. 2015 (Anlage K3, Bl. 30 d. A.) ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgelöst. Zum einen bestand eine Kündigungsmöglichkeit des bis 30. Sept. 2018 abgeschlossenen Vertrages zum 31. Dez. 2015 unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 3 Monaten. Zwar hat die Beklagte den Kündigungstermin mit der Kündigung vom 27. Nov. 2015 nicht gewahrt, doch hatte der Kläger sich mit einer Verlegung des Kündigungstermines auf den 28. Feb. 2016 [recte: 29. Feb. 2016] wirksam einverstanden erklärt. Schließlich war die Kündigung ordnungsgemäß unter Vorlage der erforderlichen Vollmachten noch am 30. Nov. 2015, also unter Wahrung der 3-monatigen Kündigungsfrist, ausgesprochen worden.
1. Für die Beklagte hatte nach ergänzender Vertragsauslegung eine vertraglich wirk sam eingeräumte Möglichkeit zum Ausspruch einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Dez. 2015, unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfrist bestanden. Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei der nach Nr. 3 Satz 2 des Anstellungsvertrages vom 26. Sept. 2013 (Anlage K1, Bl. 26 ff. d. A.) nur um eine einseitige Kündigungsmöglichkeit der Beklagten zu 1 gehandelt hatte. Nr. 3 Satz 2 des Anstellungsvertrages ist unwirksam; diese Vereinbarung verstößt auch in einem individuell vereinbarten Arbeitsvertrag gegen die entsprechend anzuwendende Vorschrift des § 622 Abs. 6 BGB.
a. Mit Nr. 3 Satz 2 des Anstellungsvertrages ist allein der Beklagten zu 1 ein Recht zur Kündigung des Anstellungsvertrages eingeräumt, wenn ausgeführt ist, „Zum 31. Dezember 2015 kann die Gesellschaft den Anstellungsvertrag mit einer Frist von 3 Monaten ordentlich kündigen“. Ein einseitiges, allein dem Arbeitgeber zustehendes Kündigungsrecht ist allerdings nach § 622 Abs. 6 BGB (analog) ausgeschlossen. Nach dieser Norm, welche die Vertragsbeendigungsfreiheit des Arbeitgebers beschränkt (ErfK/Müller-Glöge, 20. Aufl., § 611 Rz. 1, 43), ist es unzulässig, dem Arbeitgeber eine kürzere Kündigungsfrist zuzugestehen, als einem Arbeitnehmer. Der Vorschrift liegt der allgemeine Grundsatz zugrunde, faktische Kündigungsbeschränkungen zum Nachteil der Arbeitnehmer auszuschließen (vgl. APS/Linck, Kündigungsrecht, 5. Aufl., § 622 Rz. 173; BeckOK/Plum, Stand 1. 11. 2019, § 622 BGB Rz. 22).
Ist es aber ausgeschlossen, dass bei Kündigungsmöglichkeiten beider Parteien eines Arbeitsvertrages, der Arbeitgeber eine kürzere Kündigungsfrist einzuhalten hat, als der Arbeitnehmer, so muss dies erst Recht gelten, wenn nur dem Arbeitgeber eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit eingeräumt ist, während der Arbeitnehmer das Vertragsverhältnis nicht ordentlich beenden kann. Dies beschränkt das Mobilitätsinteresse des Arbeitnehmers, also dessen Recht, das Arbeitsverhältnis zu wechseln, in noch weiterem Umfang, als die Vereinbarung unterschiedlich langer Kündigungsfristen für die Vertragsparteien.
b. Dennoch ist hier auf Grund ergänzender Vertragsauslegung von einer – beiden Vertragsparteien zustehenden – Kündigungsmöglichkeit auszugehen. Eines Rückgriffs auf Treu und Glauben (§ 242 BGB) bedarf es nicht.
aa. Das Bundesarbeitsgericht hat seine frühere Ansicht, bei unterschiedlicher Kündigungsfrist von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelte dann analog § 89 Abs. 2 Satz 2 HGB auch die längere Frist des Arbeitnehmers für Arbeitgeberkündigungen (BAG v. 2. 6. 2005 – 2 AZR 296/04, NZA 2005, 1176; eb. APS/Linck, a.a.O., Rz. 121 m.w.N.; Staudinger/Preis, BGB, Neubearb. 2016, § 622 Rz. 57, der diese Folge nicht nur im Zweifel, sondern stets annehmen möchte) aufgegeben und nimmt nunmehr eine Teilnichtigkeit der Vereinbarung über die Kündigungsfristen betreffend die Eigenkündigung des Arbeitnehmers nach §§ 134, 139 BGB an (BAG v. 18. 10. 2018 – 2 AZR 374/18, NZA 2019, 246 Rz. 48 f.).
bb. Eine Auseinandersetzung mit diesen Ansichten ist jedoch hier nicht geboten. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts kann nach Ansicht des Berufungsgerichts die Unwirksamkeit der Kündigungsmöglichkeit nur der Arbeitgeberseite auch nicht dadurch umgangen werden, der Kläger könne sich nicht darauf berufen, weil sein Berufen darauf Schadenersatzansprüche der Beklagten gegen ihn auslöste; er habe durch sein Verhalten bei Abfassung des Arbeitsvertrages den Eindruck erweckt, die getroffene Kündigungsregelung sei möglich. Allerdings ist vorliegend eine ergänzende Vertragsauslegung möglich, aus der sich ergibt, die Parteien hätten, hätten sie von der Unwirksamkeit der getroffenen Regelung gewusst, eine beidseitige Kündigungsmöglichkeit vereinbart. Die ergänzende Vertragsauslegung scheidet auch nicht deswegen aus, weil unterschiedliche Vertragsgestaltungsmöglichkeiten der Parteien bestanden hätten (BGH v. 1. 8. 1984 – VIII ZR 54/83, NJW 1984, 1177; BGH v. 10. 1. 1974 – VII ZR 28/72, NJW 1974, 551).
(1) Ein treuwidriges Berufen des Klägers auf die unwirksame einseitige Kündigungsmöglichkeit der Arbeitgeberin setzte voraus, dass ihm die Unwirksamkeit bei der durch ihn erfolgten Abfassung des Vertrages bewusst war oder bewusst hätte sein können. Der Umstand, dass er den Vertrag aus anderen Vertragswerken kompiliert haben will, stünde dem nicht entgegen, da er auch in diesem Fall die übernommenen Texte auf ihre Wirksamkeit hätte ansehen müssen.
Die Treuwidrigkeit eines Berufens auf die Unwirksamkeit der Nr. 3 Satz 2 des Anstellungsvertrages, die angesichts des Hinweises des Klägers auf seine guten Examina (in beiden Examina „unter den besten 3% in NRW, vgl. Anlage K.1, Bl. 671a d. A.) durchaus zu mutmaßen sein könnte, ist allerdings nicht zur Überzeugung der Kammer erwiesen. Er trägt vor, er sei nicht im Arbeitsrecht tätig und habe diesen Punkt nicht erkannt. Wenngleich dies beklagtenseits bestritten ist, konnte diese Frage letztlich offen bleiben.
Ebenso kann offen bleiben, inwieweit er sich durch seine Äußerung der Beklagten zu 1, zumindest aber dem Beklagten zu 2 gegenüber, er werde bei Abschluss des Vertrages nur seine eigenen Interessen wahrnehmen, eine Treuwidrigkeit ausgeschlossen sein könnte. Dagegen bestehen bereits Bedenken, da der Kläger bei Abschluss des hier zugrunde liegenden Vertrages bereits bei der Beklagten zu 1 angestellt gewesen war, also auch ihr gegenüber eine Treuepflicht bestanden hatte (§ 241 Abs. 2 BGB). Zumindest hätte er nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB eine (vor-)vertragliche Aufklärungspflicht gehabt, auf Bedenken gegen das einseitig der Beklagten zu 1 eingeräumte Kündigungsrecht zu verweisen bzw. darauf hinzuweisen, er habe die Wirksamkeit der eingeräumten Kündigungsmöglichkeit nicht überprüft. Auch einem nicht mit Arbeitsrecht befasst Juristen ist zuzumuten, verwandte Vertragsklauseln zu überprüfen bzw. eine nicht erfolgte Überprüfung offen zu legen.
(2) Jedenfalls ist vorliegend eine ergänzende Vertragsauslegung möglich. Denn eine Kündigungsmöglichkeit hatte auf Wunsch des Beklagten zu 2 etwa zur Mitte der Vertragslaufzeit aufgenommen werden sollen. Es bestanden damit keine unterschiedlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die eine solche Vertragsauslegung ausschlössen. Die einseitig der Beklagten zu 1 eingeräumte Kündigungsmöglichkeit verstößt gegen das gesetzliche Verbot des § 622 Abs. 6 BGB. Dieser Verstoß führt nicht zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages, sondern nur zu einer Teilnichtigkeit; denn nach § 139 BGB ist eine Gesamtnichtigkeit nur dann anzunehmen, wenn anzunehmen wäre, das Rechtsgeschäft wäre nicht ohne den nichtigen Teil vorgenommen worden. Dies ist hier gerade nicht der Fall. Zwar hatte der Beklagte zu 2 ein eigenes Interesse daran, den Kläger weiter an die Beklagte zu 1 zu binden, weswegen auch der Vertragsschluss noch rechtzeitig vor Ablauf des vorher bestandenen Vertragsverhältnisses erfolgen sollte. Ersichtlich wird dies jedoch, wenn der Beklagte zu 2 ohne Widerspruch des Klägers vorgetragen hatte, ihm wäre auch eine für beide Seiten vorgesehene Kündigungsmöglichkeit recht gewesen, der Kläger hätte wegen der zu erwartenden Bonuszahlung von ca. 5 Millionen € ohnehin nicht gekündigt.
Bei „lediglich“ unterschiedlich langen Kündigungsfristen kommen durchaus unterschiedliche vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten in Betracht. So könnte der Arbeitgeber bei Kenntnis der Unwirksamkeit unterschiedlicher Kündigungsfristen ggf. auch mit einer kürzeren Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer einverstanden sein. Vorliegend geht es allerdings allein um die Frage, soll nur eine Kündigungsmöglichkeit des Arbeitgebers oder auch eine des Arbeitnehmers – hier: jeweils etwa zur Mitte der vereinbarten Vertragslaufzeit – gegeben sein.
(3) Die Voraussetzungen einer bei allen Vertragswerken möglichen ergänzenden Vertragsauslegung sind vorliegend gegeben. Insbesondere liegt eine planwidrige Regelungslücke (BAG v. 28. 9. 2006 – 8 AZR 568/05, NJW 2007, 2348 Rz. 23 a.E.; BGH v. 10. 7. 2013 – VIII ZR 388/12, NJW 2013 2820 Rz. 14; BGH v. 17. 1. 2007 – VIII ZR 171/06, BB 2007, 850 Rz. 26 e.E.; MünchKomm-BGB/Busche, 8. Aufl., § 157 Rz. 46; Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl., § 157 Rz. 3), welche die ergänzende Auslegung eröffnet, vor.
(a) Infolge der Unwirksamkeit der vereinbarten einseitigen Kündigungsmöglichkeit ist vorliegend im vertraglichen Regelungsgefüge eine Lücke aufgetreten. Die bezweckte einmal gegebene Lösungsmöglichkeit vom Vertrag innerhalb der langfristigen Bindung ist entfallen. Eine damit sich ergebende Bindung an das Vertragsverhältnis bis zum Ablauf der 5jährigen Bindung – abgesehen von einer ggf. möglichen außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB – entspricht nicht dem Willen der Parteien. Beklagtenseits war gerade wegen der Dauer der Vertragsbindung eine Kündigungsmöglichkeit gewünscht. Diesem Wunsch war der Kläger entgegengekommen, indem er diese, wenn auch unwirksam, im Vertrag vorgesehen hatte.
(b) Eine planwidrige Regelungslücke ist unter Berücksichtigung dessen zu schließen, was die Parteien redlicher Weise vereinbart hätten, wäre ihnen die Unwirksamkeit der vereinbarten Vertragsbestimmung bekannt gewesen (BGH v. 10. 7. 2013, a.a.O.; BGH v. 14. 3. 2012 – VIII ZR 113/11, NJW 2012, 1865 Rz. 24; BGH v. 12. 7. 1989 – VIII ZR 297/88, NJW 1990, 115, unter III 1 c der Gründe). Dementsprechend ist die Lücke hier in der Weise zu schließen, dass eine beidseitige Kündigungsmöglichkeit mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum 31. Dez. 2015 vereinbart worden wäre. Nur auf diese Weise wird das gemeinsame Ziel der Parteien – will man dem Kläger nicht mit der Argumentation des Arbeitsgerichts Treuwidrigkeit unterstellen -, innerhalb der 5-jährigen Vertragsbindung etwa zur Mitte der Vertragsdauer eine Kündigungsmöglichkeit einzuräumen, erreicht.
Dem stehen auch die Interessen der Vertragspartner nicht entgegen. Beklagtenseits war gewünscht, eine Kündigungsmöglichkeit etwa zur Mitte der Vertragsdauer zu schaffen. Dem hätte auch der Kläger, hätte er, wie seitens des erkennenden Gerichts angenommen, nicht treuwidrig handeln wollen, mit der einseitigen Kündigungsmöglichkeit für die Beklagte zu 1 entsprechen wollen. Die einseitige Kündigungsmöglichkeit war zudem beklagtenseits nicht als einzige Möglichkeit (unverbrüchlich) gewollt gewesen. Der Beklagte zu 2 hatte mehrfach im Termin bekundet, er habe geäußert, die Kündigung müsse nicht einseitig auf die Beklagte zu 1 beschränkt werden. Er gehe davon aus, der Kläger werde angesichts einer ausstehenden Bonuszahlung von ca. € 5 Millionen ohnehin nicht kündigen. Dem hatte der Kläger nicht widersprochen; allein die Höhe der zu erwartenden Bonuszahlungen – es habe sich um einen Bruttobetrag gehandelt, von dem noch Abzüge hätten erfolgen müssen – hatte er relativiert. Kommt nun eine auch für den Kläger bestandene Kündigungsmöglichkeit unter Einhaltung derselben Frist und zum gleichen Kündigungstermin im Wege ergänzender Vertragsauslegung dazu, so ist seinen Interessen kein Abbruch getan. Er war nicht gehalten, die Kündigungsmöglichkeit zu nutzen.
2. Der Kündigungstermin war wirksam von 31. Dez. 2015 auf 28. [recte: 29.] Feb. 2016 verlegt worden. Zwar hatte sich der Kläger noch im September 2015 mit der Verlegung des Kündigungstermines schriftlich einverstanden erklärt und das entsprechend formulierte Schreiben der Beklagten zu 1 weitergeleitet. Wiewohl der doppelten Schriftformklausel in Nr. 12 des Arbeitsvertrages damit nicht genügt ist, ist von der Wirksamkeit der Verlegung des Kündigungstermines auszugehen. Denn dem Kläger musste auf Grund der durch ihn erfolgten Erstellung des Vertrages die Schriftformklausel der Nr. 12 bekannt gewesen sei. Er war daher verpflichtet, unmittelbar den Beklagten zu 2, der bei Abfassung des Schreibens anwesend gewesen war, jedenfalls aber die Beklagte zu 1 auf die notwendige Gegenzeichnung seiner schriftlichen Erklärung hinzuweisen. Dies hatte er treuwidriger Weise unterlassen, weswegen von einer wirksamen Verlegung des Kündigungstermines auszugehen ist.
a. Nach Nr. 12 des Arbeitsvertrages konnten Änderungen oder Ergänzungen des Arbeitsvertrages, einschließlich der Schriftformklausel, nur in Schriftform erfolgen. Der Vertragspassus lautet:
„Änderungen und Ergänzungen dieses Anstellungsvertrages einschließlich dieser Ziffer 12 bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Mündliche Vereinbarungen sind unwirksam; dies gilt auch für alle Änderungen dieses Anstellungsvertrages und für den mündlichen Verzicht auf diese Klausel.“
b. Die einseitige schriftliche Erklärung des Klägers vom 18. Sept. 2015 (Bl. 75 d. A.) entspricht der vertraglich geforderten Schriftform nicht. Diese hätte auch die Unterzeichnung einer unterschriftsbefugten Person zumindest der Beklagten zu 1 erfordert (§ 126 Abs. 2 Satz 1 BGB). Allerdings ist der Kläger gehindert, sich auf diesen Formmangel zu berufen.
aa. Der Kläger hatte den zugrunde liegenden Vertrag auf Anforderung der Beklagten erstellt. Dabei kann dahinstehen, ob er einen oder mehrere Vertragsentwürfe verwandt hatte, die er in Teilen zu einem Vertrag zusammengefasst hatte. Jedenfalls hatte er – auf welche Weise auch immer – auch eine Schriftformklausel, nämlich die vorstehend angeführte Nr. 12 des Arbeitsvertrages, mit aufgenommen. Unabhängig, ob er die verwendeten Regelungen des (kompilierten) Arbeitsvertrages rechtlich überprüft hatte, so musste er diese zumindest inhaltlich zur Kenntnis genommen haben. Demnach musste ihm die Schriftformklausel bekannt gewesen sein.
bb. Vorliegend ist der Inhalt des Gespräches des Klägers mit dem Beklagten zu 2 am 18. Sept. 2015, anlässlich dessen er sich schriftlich mit der Verlegung des Kündigungstermines auf den 28. Feb. 2016 einverstanden erklärt hatte, irrelevant. Es kommt nicht darauf an, ob der Beklagte zu 2 eine (feste) Kündigungsabsicht bekundet hatte und auf Bitten des Klägers eine Verlegung des Kündigungstermines verfasst worden war. Jedenfalls hat der Kläger mit seiner Einverständniserklärung, betreffend die Verlegung des Kündigungstermines, den Eindruck erweckt, er habe gegen die Verlegung nichts einzuwenden. Mit der sofort fixierten geschriebenen Erklärung hatte er weiter nach außen kundgetan, damit sei die Verlegung des Kündigungstermines auf den 28. Feb. 2016 wirksam erfolgt.
Allerdings hätte es nach der Vertragsregelung in Nr. 12 des Anstellungsvertrages einer formgerechten, d.h. schriftlichen, also von beiden Vertragsparteien, mithin auch eines Vertreters der Beklagten zu 1, auf einer Urkunde original unterzeichneten Erklärung bedurft. Auf diesen Umstand hätte der Kläger, in dessen primären Interesse die Verlegung lag, da er eine Kündigung seines Arbeitsvertrages zum 31. Dez. 2015 hatte vermeiden wollen, hinweisen müssen, sei es gegenüber dem anwesenden Beklagten zu 2 oder die Beklagte zu 1 im Zusammenhang mit der Absendung der schriftlichen Erklärung an diese. Die Beklagten, zumindest die Beklagte zu 1, hatten angesichts der Stellung des Klägers bei ihr und angesichts der durch ihn erfolgten Abfassung des Vertragstextes einen derartigen Hinweis erwarten dürfen. Der Kläger war angesichts dessen gehalten, neben seiner Interessenwahrung auch die Interessen der Beklagten zu 1 bzw. beider Beklagten im Auge zu haben. Eine Einschränkung, wie sie der Kläger für den Vertragsschluss vorgetragen hatte, er werde dabei nur seine Interessen wahrnehmen, war in diesem Zusammenhang nicht erfolgt.
cc. Der unterlassene Hinweis kann nur als treuwidrig angesehen werden. Denn mit der einseitig nah Nr. 12 des Arbeitsvertrages nicht wirksamen Verlegung des Kündigungstermines hatte er diese vom Ausspruch einer Kündigung zum 31. Dez. 2015 abgehalten, mit der weiteren Folge, dass eine Kündigung zu einem anderen Termin vor dem 31. Sept. 2018 dann ausgeschlossen gewesen wäre. Er hat damit den für ihn erkennbar entstandenen Irrtum der Beklagten bewusst zu seinem eigenen Vorteil ausgenutzt. Dafür spricht nach Ansicht der Kammer auch, dass er das von ihm aufgesetzte und unterzeichnete Schreiben sofort fotografiert und der Personalabteilung der Beklagten zu 1 zugeleitet hatte. Damit konnte jede weitere Diskussion über eine möglicherweise zum 31. Dez. 2015 auszusprechende Kündigung unterbunden werden.
dd. Die Erklärung des Klägers ist weiterhin dahingehend auszulegen, dass der 29. Feb. 2016 als Kündigungstermin zu gelten habe. Bei Abfassung des Einverständnisses, dass zum 28. Feb. 2016 gekündigt werden könne, war offensichtlich übersehen worden, dass der Februar des Folgejahres 29 Tage haben würde. Ausweislich des zum 31. Dez. 2015 zunächst festgelegten Kündigungstermines sollte eine Kündigung jeweils nur zum Ende eines Kalendermonats erfolgen können. Dies entspricht auch den Kündigungsterminen nach § 622 Abs. 2 BGB bei länger als 2 Jahren beschäftigten Arbeitnehmers, was auch beim Kläger zutraf. Mithin ist anzunehmen, dass auch hier der Kündigungstermin zum Ende des Kalendermonats Februar 2016 hatte verlegt werden sollen.
3. Dennoch ist die unter dem Datum 16. Nov. 2015 ausgesprochene Kündigung der Beklagten zu 1 unwirksam. Sie ist inhaltlich nicht ausreichend bestimmt. Aus ihr kann nicht unmittelbar entnommen werden, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet werden sollte.
a. Bei der Auslegung einer Kündigungserklärung sind neben dem Wortlaut auch alle Begleitumstände zu würdigen, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die einen Hinweis auf den Willen der Erklärenden bei Abgabe der Erklärung geben können (BAG v. 20.6. 2013 – 6 AZR 805/11, NZA 2013, 1137 Rz. 14; BAG v. 5. 2. 2009 – 6 AZR 151/08, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 69 Rz. 30 m.w.N., BAGE 129, 265). Aus Wortlaut und Begleitumständen der Kündigung muss der Erklärungsempfänger bei Zugang erkennen und bestimmen können, ob eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung gewollt ist und zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll (vgl. BAG v. 20. 6. 2013, a.a.O.; BAG v. 15. 12. 2005 – 2 AZR 148/05, NZA 2006, 79, unter B I 2 f aa der Gründe).
b. Die ausgesprochene Kündigung genügt diesen Anforderungen nicht. Sie ist in sich widersprüchlich. Sie enthält zwei unterschiedliche Enddaten für das Arbeitsverhältnis, die gleichberechtigt nebeneinander stehen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers lässt sich auch in Kenntnis der – in der Kündigung auch erwähnten – Begleitumstände, wie etwa der zugesagten Verlegung des Kündigungstermins auf den 28. [recte: 29.] Feb. 2016, nicht ermitteln, welcher Endzeitpunkt nun gewollt ist.
4. Die unter dem Datum 27. Nov. 2015 ausgesprochene Kündigung hat allerdings das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 29. Feb. 2016 beendet. Die Kündigung war (zuletzt) unstreitig am 30. Nov. 2015 in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden. Die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger war zwar unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfolgt, jedoch zu Unrecht. Nach der aus der durchgeführten Beweisaufnahme gewonnenen Überzeugung der Kammer hatte die erforderlichen Originalvollmachten eines Vertreters der Beklagten zu 1 beigelegen, wenn auch in einem gesonderten Umschlag. Unschädlich ist der beklagtenseits auf den 28. Feb. 2016 berechnete Kündigungstermin, der zutreffend mit dem 29. Feb. 2016 angesetzt werden muss, wie auch die durch den Kläger unterzeichnete Verlegung des Kündigungstermines auszulegen ist (vgl. oben II 2 b dd). Die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger (§ 174 Abs. 1 Satz 1 BGB) greift mithin nicht.
a. Die Kündigungserklärung war mit den Vollmachten am 30. Nov. 2015 in den Haus briefkasten des Klägers eingeworfen worden und ist ihm am fraglichen Tag zugegangen. Dort hatte der Kläger sie am selben Tag vorgefunden. Dies folgt zur Überzeugung der Kammer aus der durchgeführten Beweiserhebung mit der Einvernahme der Zeugin D.. Diese hatte bestätigt, das Kündigungsschreiben in einem Umschlag und die Vollmachten in einem weiteren Umschlag gleichzeitig in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen zu haben.
aa. Die Kündigung und die Vollmachten waren dem Kläger am 30. Nov. 2015 zugegangen, auch wenn der Einwurf der Erklärung und der Vollmachten erst nach üblicher Postlaufzeit erfolgt war.
(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 22. 8. 2019 – 2 AZR 111/19, NZA 2019, 1490 Rz. 12 m.w.N.; BAG v. 25. 4. 2018 – 2 AZR 493/17, NZA 2018, 1157 Rz. 15) und des Bundesgerichtshofs (z.B. BGH v. 14. 2. 2019 – IX ZR 181/17, NJW 2019, 1151 Rz. 11) geht eine verkörperte Willenserklärung unter Abwesenden nach § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB dann zu, wenn sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen. Zum Machtbereich des Empfängers rechnen von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen, wie ein Hausbriefkasten. Die Möglichkeit der Kenntnisnahme von den dort eingeworfenen Schreiben bzw. Erklärungen muss nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ gegeben gewesen sein. Entsprechend geht ein in einen Briefkasten eingeworfenes Schreiben zu, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist. Die individuellen Verhältnisse des Empfängers sind nicht maßgeblich; vielmehr ist im Interesse der Rechtssicherheit eine generalisierende Betrachtung anzustellen. Bestand unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme, so ist es nicht maßgeblich, ob der Empfänger durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit an einer Kenntnisnahme gehindert war. Es ist seine Sache, für diese Fälle Vorsorge zu treffen.
Örtliche unterschiedliche Zeiten der Postzustellung stellen nach übereinstimmender Ansicht von Bundesarbeitsgericht und Bundesgerichtshof, welche beide die Annahme einer Verkehrsanschauung, bei Hausbriefkästen sei im Allgemeinen mit einer Leerung unmittelbar nach Abschluss der üblichen Postzustellzeiten zu rechnen, die allerdings stark variieren können, nicht beanstandet haben (BAG v. 22. 8. 2019, a.a.O., Rz. 15 m.w.N.; BGH v. 21. 1. 2004 – XII ZR 214/00, NJW 2004, 1320, unter II 3 der Gründe) – nicht unbeachtliche individuelle Verhältnisse des Empfängers dar. Allerdings rechneten die allgemeinen örtlichen Postzustellungszeiten dagegen nicht zu den individuellen Verhältnissen; sie seien vielmehr geeignet, die Verkehrsauffassung über die übliche Leerung des Hausbriefkastens zu beeinflussen (vgl. bereits BAG v. 22. 3. 2012 – 2 AZR 224/11, AP KSchG 1969 § 5 Nr. 19 Rz. 21).
(2) Vorliegend kann dahinstehen, wann im Bezirk, in dem der Kläger wohnhaft ist, üblicherweise die Post zugestellt wird. Es mag durchaus zutreffen, dass der durch die Zeugin D. bewirkte Einwurf des Kündigungsschreibens und der Vollmachten nach den üblichen Postlaufzeiten erfolgt war. Dafür spräche, dass die Ehefrau des Klägers die Post vor dessen Heimkunft bereits in die Wohnung gebracht hatte, während er noch das Kündigungsschreiben vorgefunden haben will. Allerdings räumt er selbst ein, bei Rückkunft zur Wohnung nochmals im Hausbriefkasten nachgesehen und die Kündigung vorgefunden zu haben. Damit ist aber der Zugang der Kündigung nach am 30. Nov. 2015 erfolgt. Auch wenn nach den diesseits geteilten Grundsätzen des Bundesarbeitsgerichts und des Bundesgerichtshofes tatsächlich frühestens erst am 1. Dez. 2015 der Zugang des Kündigungsschreibens/der Vollmachten anzunehmen sein sollte, kann doch der klägerseits eingeräumte tatsächliche Zugang noch am 30. Nov. 2015 – unabhängig, ob er zu einer nochmaligen Nachschau im Hausbriefkasten gehalten gewesen sein sollte, nicht außer Betracht bleiben. Er hatte das Kündigungsschreiben tatsächlich bereits am 30. Nov. 2015 in Händen gehalten.
bb. Der Kündigungserklärung hatten zur Überzeugung der Kammer auch die Originalvollmachten in einem weiteren Umschlag beigelegen, wie sich aus der Aussage Frau D.s ergibt. Die Aussage der Zeugin D. war nach Ansicht der Kammer glaubhaft. Sie hatte ihre Aussage ruhig und in sich schlüssig vorgetragen. Sie hatte angegeben, eine Kopie der Kündigung, die bereits in einem verschlossenen Umschlag gesteckt hatte, gesehen zu haben; weiter habe sie die von ihr als Original angesehenen Vollmachten gesehen. An die Tintenfarbe „blau“ der Unterschriften hatte sie sich erinnern können; zudem hatte sie zwei der drei Unterschriften konkreten Personen zuordnen können. Diese vor ihren Augen in einem weiteren Umschlag kuvertierten Vollmachten habe sie, mit dem Umschlag sowie dem Umschlag mit der Kündigung zeitgleich in den Hausbriefkasten des Klägers gesteckt. Dabei hatte die Zeugin auch den Einwurf im Ablauf schildern können, dass auf ihr Klingeln niemand geöffnet habe, sie dann gewartet habe, bis jemand aus dem Haus kam, damit sie an die Briefkästen habe gelangen können. Dass sie das vorgelegte Begleitschreiben zu der Kündigung nicht mehr erinnerte und auch nicht mehr wusste, den Einwurf auf den Umschlägen vermerkt und abgezeichnet zu haben, ist nach Ansicht der Kammer der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit geschuldet.
Die Zeugin selbst war nach Überzeugung der Kammer glaubwürdig. Zwar stand und steht sie als Angestellte der Beklagte zu 1 im Lager der Arbeitgeberseite, doch reicht dieser Umstand für sich allein nicht aus, an ihrer Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Weitere Umstände werden jedoch nicht vorgetragen, die es erlaubten, ihre Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen. Insbesondere war die Aussage unparteiisch und ohne Belastungseifer gemacht worden.
b. Die Vollmachten hatten sich am fraglichen Tag zur Überzeugung der Kammer be reits in A-Stadt befunden. Der Gegenbeweis des Klägers, am 30. Nov. 2015 seien noch keine Vollmachten ausgestellt gewesen, war zur Überzeugung der Kammer nicht erbracht worden. Dies folgt aus den Aussagen der Zeugin D. und, beantragt vom Kläger, Herrn B.s als Partei.
Frau D. hatte, wie unter a. bereits ausgeführt, bekundet, es seien aus ihrer Sicht die Originalvollmachten für die Kündigung am 30. Nov. 2015 auf dem Schreibtisch von Frau K. gelegen und vor ihren Augen in einen Briefumschlag gesteckt worden, den sie mit dem in einem weiteren Umschlag, beinhaltend die Kündigungserklärung, in den Hausbriefkasten des Klägers eingesteckt habe. Die Frage, ob der weitere Umschlag, der bereits verschlossen gewesen sei, das Kündigungsschreiben enthalten habe, stellt sich nicht. Dieses war jedenfalls nicht vor den Augen Frau D.s kuvertiert worden. Und: Der Kläger bestreitet nicht, die schriftliche Kündigungserklärung (§ 623 BGB) erhalten zu haben. Der Einwurf der in einem weiteren Umschlag steckenden Vollmachtsurkunden wird durch die Zeugin bestätigt (vgl. oben a).
Die Frage nach einer schlüssigen Erklärung der Verwendung zweier Briefumschläge stellt sich jedenfalls im Rahmen der Aussage Frau D.s nicht. Diese war als Botin tätig geworden und hatte keinen Einfluss auf die konkrete Handhabung der Kuvertierung der Schreiben durch Frau K.. Sie hatte die ihr übergebenen Schreiben beim Kläger einzuwerfen, nicht zu hinterfragen, weswegen zwei Schreiben einzuwerfen waren. Den Einwurf beider Umschläge hatte sie zur Überzeugung der Kammer bestätigt.
Der klägerische Vortrag, am 30. Nov. 2015 seien noch keine Vollmachtsurkunden unterzeichnet gewesen, war durch Herrn B. als Partei nicht bestätigt worden. Dieser hatte gerade bekundet, die Vollmachten am 27. Nov. 2015 unterzeichnet mit einfacher Post nach A-Stadt gesandt zu haben; Frau K. habe ihm am 30. Nov. 2015 ca. mittags deren Eintreffen telefonisch bestätigt.
Die Aussage Herrn B.s ist zur Überzeugung der Kammer ebenso glaubhaft. Seine Aussage war schlüssig und in sich stimmig vorgetragen. Wenngleich es auf den ersten Blick durchaus zweifelhaft anmutet, dass ein gesetzlicher Vertreter (Verwaltungsrat) eines Unternehmens persönlich die Vollmachten zur Post bringt, um sie nach A-Stadt zu senden. Merkwürdig mutet es ebenso an, dass sie mit einfacher Post gesandt worden waren. Beides steht aber der Annahme, sie seien am fraglichen 27. Nov. 2015 abgesandt worden und am 30. Nov. 2015 in A-Stadt angekommen, nicht zwingend entgegen. Insbesondere ist zu sehen, dass es der Beklagte zu 1 und wohl auch dem Beklagten zu 2 gelegen gewesen war, den Kläger zu kündigen.
Herr B. war zur Überzeugung der Kammer glaubwürdig. Über seine Stellung als Verwaltungsrat der Beklagten zu 1 sind keine Umstände ersichtlich, die darüber hinaus gegen seine Glaubwürdigkeit sprächen.
Dass die Verwendung eines zweiten Umschlages für die Vollmachten merkwürdig anmuten mag, weil die Kündigung bereits im ersten, schon verschlossenen Umschlag steckte, soll nicht verneint werden. Denn auch bei Herausnahme der Kündigungserklärung aus dem verschlossenen Umschlag, wären nicht mehr Umschläge, als durch die vorgetragene Handhabung, verbraucht worden. Allerdings erscheint das vorgetragene Vorgehen der Kammer auch nicht völlig fernliegend, dass allein deswegen die Unrichtigkeit des Vortrags der Beklagten anzunehmen wäre, zumal der Einwurf beider Schreiben in den klägerischen Hausbriefkasten durch Frau D. bestätigt worden war.
c. Angesichts der nach durchgeführter Beweiserhebung zur Überzeugung der Kammer mit der Kündigung ebenso eingeworfenen Vollmachten geht die Zurückweisung der Kündigung durch den Kläger nach § 174 Abs. 1 Satz 1 BGB ins Leere.
d. Die zum 28. Feb. 2016 ausgesprochene Kündigung ist allerdings zum 29. Feb. 2016 wirkend auszulegen. Nr. 3 des Anstellungsvertrages ist zu entnehmen, dass die Kündigung jeweils zum Monatsende erfolgen sollte. Dahingehend war auch die Verlegung des Kündigungstermines durch den Kläger zu verstehen (vgl. oben II 2 b dd). Entsprechend ist anzunehmen, dass die Kündigung infolge des vom Kläger als 28. Feb. 2016 bezeichneten neuen Kündigungstermines unzutreffend auf diesen Tag wirkend datiert worden war.
e. Mangels des Eingreifens des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 Abs. 1 KSchG) bedarf die ausgesprochene Kündigung keiner Prüfung ihrer sozialen Rechtfertigung (§ 1 Abs. 2 KSchG)
5. Da die auf 27. Nov. 2015 datierte Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 29. Feb. 2016 beendet hatte, bedarf es keiner Prüfung der nachfolgend ausgesprochenen Kündigungen mehr. Eine auf ein früheres Datum als den 29. Feb. 2016 ausgesprochene Kündigungserklärung war nachfolgend nicht mehr ausgesprochen worden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
IV. Umstände, die eine Zulassung der Revision bedingten (§ 72 Abs. 2 ArbGG), sind nicht gegeben.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben