Arbeitsrecht

Urheberrecht: Angemessene Vergütung für den Übersetzer eines belletristischen Werks

Aktenzeichen  I ZR 20/09

Datum:
20.1.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 32 Abs 1 S 3 UrhG
§ 32 Abs 2 S 2 UrhG
Spruchkörper:
1. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend OLG München, 27. November 2008, Az: 29 U 5319/07, Urteilvorgehend LG München I, 25. Oktober 2007, Az: 21 O 23122/06, Urteilnachgehend BVerfG, 23. Oktober 2013, Az: 1 BvR 1842/11, Beschluss

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. November 2008 – 29 U 5319/07 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht den Hilfsantrag zu II auf Verurteilung zur Einwilligung in die vom Berufungsgericht formulierte Änderung des Übersetzungsvertrages, den Auskunftsantrag zu III 2 bis 4 und den Zahlungsantrag zu IV 1 und 2 abgewiesen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Landgerichts München I vom 25. Oktober 2007 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt,
II. in die Abänderung des § 6 des zwischen den Parteien bestehenden Übersetzungsvertrages zu dem Werk Drop City von T.C. Boyle vom 21. Februar/7. März 2002 mit folgender Fassung einzuwilligen:
1. Der Übersetzer erhält für seine Tätigkeit incl. Korrekturarbeiten und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 4 ein Honorar von 18,50 Euro pro Manuskriptnormseite (30 Zeilen à 60 Anschläge), die wie folgt fällig werden: im Zuge der Ablieferung.
2. Übersteigt die Anzahl der verkauften und bezahlten Vervielfältigungsstücke 5.000 Exemplare, erhält der Übersetzer zusätzlich ein Honorar in Höhe von 0,8% vom Nettoladenverkaufspreis (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises) des verkauften Buches, fällig per 31.12. innerhalb der ersten drei Monate des darauffolgenden Jahres.
3. Exemplare, die entsprechend den Liefer- und Zahlungsbedingungen des Verlages vom Buchhandel zurückgesandt und vom Verlag rückvergütet werden, sind von der Honorierung ausgenommen. Auf Remittenden geleistete Honorarzahlungen sind verrechenbar.
4. An den Erlösen aus Nutzungen durch den Verlag, die nicht oder nicht mehr der Buchpreisbindung unterliegen, ist der Übersetzer mit einem Fünftel des Autorenanteils beteiligt; der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf nicht höher sein, als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer; fällig per 31.12. innerhalb der ersten drei Monate eines Jahres.
5. An den Erlösen aus der Einräumung oder Übertragung von Rechten auf Dritte – insbesondere Taschenbuch- und Buchgemeinschaftslizenzen – ist der Übersetzer mit einem Fünftel des Autorenanteils beteiligt; der Erlösanteil, den der Übersetzer erhält, darf nicht höher sein, als der Erlösanteil, der dem Verlag verbleibt; soweit bei der Nutzung des übersetzten Werkes von der Übersetzung in geringerem Umfang als vom Originalwerk Gebrauch gemacht wird, ist die Beteiligung des Übersetzers entsprechend geringer; fällig per 31.12. innerhalb der ersten drei Monate eines Jahres.
III. dem Kläger über die zum 13. März 2007 gegebenen Auskünfte hinaus Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen,
1. welche nicht oder nicht mehr der Buchpreisbindung unterliegenden Nutzungen der Beklagte vorgenommen hat, nach Ausgaben getrennt unter Angabe der jeweiligen Auflage und jeweiligen Auflagenhöhe und der Zahl der verkauften Exemplare, welche Erlöse sie dabei erzielt hat und wie hoch der Autorenanteil an diesen Erlösen war, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren;
2. welche Nebenrechte und/oder Lizenzen der Beklagte wann, wem und zu welchen im Einzelnen aufgeschlüsselten Bedingungen eingeräumt hat, welche Erlöse er dabei erzielt hat und wie hoch der Autorenanteil an diesen Erlösen war, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren;
3. welche Rechte der Beklagte wann, an wen und zu welchen im Einzelnen aufgeschlüsselten Bedingungen ganz auf Dritte übertragen hat, welche Erlöse er dabei erzielt hat und wie hoch der Autorenanteil an diesen Erlösen war, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren;
IV. an den Kläger 13.073,04 Euro brutto zu zahlen.
Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Der Kläger ist Übersetzer; der Beklagte ist eine Verlagsgesellschaft. Die Parteien schlossen am 21. Februar/7. März 2002 einen Vertrag, mit dem sich der Kläger zur Übersetzung des Romans “Drop City” des Autors T.C. Boyle verpflichtete. In dem Vertrag ist unter anderem bestimmt:
§ 4 Rechteeinräumung
1. Soweit in der Person des Übersetzers in Ausübung der Übersetzung Urheberrechte oder ähnliche Schutzrechte entstehen, überträgt er dem Verlag räumlich unbeschränkt für die Dauer des der Übersetzung zugrundeliegenden Lizenzvertrages das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung der Übersetzung für alle Ausgaben und Auflagen ohne Stückzahlbegrenzung.
2. Der Übersetzer räumt dem Verlag außerdem folgende ausschließliche Nebenrechte ein: […]
3.  Darüber hinaus räumt der Übersetzer dem Verlag weiter folgende ausschließliche Nutzungsrechte ein: […]
4.  Der Übersetzer räumt dem Verlag schließlich folgende ausschließliche Nebenrechte ein: […]
5.  Der Verlag ist berechtigt, alle ihm hiernach zustehenden Rechte auf Dritte zu übertragen oder Dritten Nutzungsrechte an diesen Rechten einzuräumen. […]
§ 6 Honorar
1. Der Übersetzer erhält für seine Tätigkeit incl. Korrekturarbeiten und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 4 ein Honorar von 18,50 Euro pro Manuskriptnormseite (30 Zeilen à 60 Anschläge), die wie folgt fällig werden: im Zuge der Ablieferung.
2. Übersteigt die Anzahl der verkauften und bezahlten Bücher 20.000 Expl., erhält der Übersetzer zusätzlich ein Honorar in Höhe von 1%, bei Sonderausgaben 0,5% vom Nettoverlagserlös, fällig per 31.12. innerhalb der ersten drei Monate des darauffolgenden Jahres.
3. Exemplare, die entsprechend den Liefer- und Zahlungsbedingungen des Verlages vom Buchhandel zurückgesandt und vom Verlag rückvergütet werden, sind von der Honorierung ausgenommen. Auf Remittenden geleistete Honorarzahlungen sind verrechenbar.
4. An den Erlösen aus der Vergabe von Nebenrechten gemäß § 4 erhält der Übersetzer 5% vom Nettoverlagsanteil, fällig sh. Absatz 2.
2
Der Kläger ist der Ansicht, die vereinbarte Vergütung sei nicht angemessen. Er verlangt von dem Beklagten die Einwilligung in die Änderung des Vertrages, durch die ihm die angemessene Vergütung gewährt wird.
3
Der Kläger hat zuletzt im Wege der Stufenklage beantragt, den Beklagten zu verurteilen
II. in die Abänderung des § 6 des zwischen den Parteien bestehenden Übersetzungsvertrages zu dem Werk Drop City von T.C. Boyle vom 21. Februar/7. März 2002 mit folgender Fassung einzuwilligen:
6.1. Der Übersetzer erhält für seine Tätigkeit und für die Übertragung sämtlicher Rechte gemäß § 4 als Gegenleistung ein Grundhonorar von 32 Euro pro Manuskriptnormseite (30 Zeilen à 60 Anschläge), fällig bei Ablieferung.
6.2. Der Übersetzer erhält zusätzlich zum Normseitenhonorar in Ziffer 6.1 eine Absatzvergütung bezogen auf den jeweiligen Nettoladenverkaufspreis (des um die darin enthaltene Mehrwertsteuer verminderten Ladenverkaufspreises) für jedes verkaufte und bezahlte Exemplar einer eigenen Ausgabe der Verlagsgruppe des Beklagten in Höhe von
– bis einschließlich des 20.000. Exemplars 2% bei Hardcover-Ausgaben und 1% bei Taschenbuchausgaben;
– ab dem 20.001. Exemplar 2,4% bei Hardcover-Ausgaben und 1,2% bei Taschenbuchausgaben;
– ab dem 40.001. Exemplar 2,8% bei Hardcover-Ausgaben und 1,4% bei Taschenbuchausgaben;
– ab dem 100.001. Exemplar 3,2% bei Hardcover-Ausgaben und 1,6% bei Taschenbuchausgaben.
6.3. Für Verlagsausgaben oder Nutzungen durch die Verlagsgruppe des Beklagten, die nicht oder nicht mehr der Preisbindung unterliegen, ist eine absatzbezogene Vergütung zu vereinbaren, die dem Übersetzer eine Beteiligung am effektiven Endverkaufspreis sichert, die der für preisgebundene Ausgaben mindestens entspricht. Hierbei sind gegebenenfalls auch abweichende Herstellungskosten und der Verlagsabgabepreis zu berücksichtigen.
6.4. Von sämtlichen Nettoerlösen, die beim Verlag insgesamt durch Einräumung von Nebenrechten und/oder Lizenzen am Werk eingehen, erhält der Übersetzer 25%.
6.5. Bei einer Übertragung der Nutzungsrechte nach § 34 UrhG erhält der Übersetzer 50% des Nettoerlöses des Verlages. Der Verlag verpflichtet sich, den Käufer zur Einhaltung der Bedingungen dieses Vertrages zu verpflichten.
6.6. Honorarabrechnungen und Zahlungen erfolgen jährlich zum 31.12. eines Kalenderjahres innerhalb der auf diese Stichtage folgenden drei Monate. Bei Nebenrechtsverwertungen oder Lizenzvergaben mit im Einzelfall höheren Erlösen als 2.000 Euro erhält der Übersetzer eine entsprechende Akontozahlung, fällig zwei Wochen nach Geldeingang beim Verlag.
6.7. Ist der Übersetzer umsatzsteuerpflichtig, zahlt der Verlag die auf die Honorarbeiträge jeweils entfallende Umsatzsteuer zusätzlich.
6.8. Der Verlag ist verpflichtet, einem vom Übersetzer beauftragten Wirtschaftsprüfer, Steuerberater oder vereidigten Buchsachverständigen zur Überprüfung der Honorarabrechnung Einsicht in die Bücher und alle Abrechnungsunterlagen zu gewähren. Die hierdurch anfallenden Kosten trägt der Verlag, wenn sich die Abrechnung als fehlerhaft erweist.
Hilfsweise:
zur Anpassung in die Abänderung des § 6 des unter I. genannten Übersetzervertrages dahingehend einzuwilligen, dass dem Kläger jeweils eine vom Gericht im Wege der freien Schätzung festzusetzende, den Umfang der Rechtseinräumungen berücksichtigende, angemessene Vergütung für die Übertragung der Urhebernutzungsrechte und die Erlaubnis zur Werknutzung an seiner Übersetzung gewährt wird, die insgesamt über das Honorar des genannten Übersetzervertrages hinausgeht, wobei das Gericht gebeten wird, die Änderung des Vertrages entsprechend zu formulieren.
III. ihm über die zum 13. März 2007 gegebenen Auskünfte hinaus
1. Auskunft darüber zu erteilen, welche Ausgaben von dem unter II. genannten Werk in seiner Übersetzung bei dem Beklagten erschienen sind und wie viele Exemplare verkauft wurden, getrennt nach Ländern, Kalenderjahren, Ausgaben, der jeweiligen Auflage, Auflagenhöhe und des Nettoladenpreises,
2. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, welche nicht oder nicht mehr der Preisbindung unterliegenden Nutzungen der Beklagte vorgenommen hat und wie viele Exemplare verkauft wurden, nach Kalenderjahren und Ausgaben getrennt unter Angabe der jeweiligen Auflage und jeweiligen Auflagenhöhe sowie des Nettoladenpreises,
3. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, welche Nebenrechte und/oder Lizenzen der Beklagte wann, wem und zu welchen im Einzelnen aufgeschlüsselten Bedingungen eingeräumt hat, welche Erlöse sie dabei insgesamt erzielt hat und wie hoch der Autorenanteil an diesen Erlösen war und welche geldwerten Vorteile sie neben den Lizenzerlösen aus der Beteiligung am Deutschen Taschenbuch Verlag (dtv) erzielte, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren,
4. Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, welche Rechte der Beklagte wann, an wen und zu welchen im Einzelnen aufgeschlüsselten Bedingungen ganz auf Dritte übertragen hat und welche Erlöse er dabei erzielt hat, jeweils aufgeschlüsselt nach Kalenderjahren.
IV. 1. an ihn 50.132,11 Euro netto nebst Zinsen von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz       aus 34.035,78 Euro seit dem 01.01.2006 bis zur Klageerhebung und aus 36.215,78 Euro ab Klageerhebung und       aus 50.132,11 Euro ab dem 28.02.2007 zu bezahlen;
2. den sich aus der Abänderung und dem Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch ergebenden weiteren Betrag nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit den durch die Abänderung sich ergebenden Zahlungszeiträumen an den Kläger zu bezahlen (2. Stufe der Stufenklage).
4
Das Landgericht hat unter Abweisung der weitergehenden Klage dem Hilfsantrag auf gerichtliche Abänderung des Übersetzungsvertrages und dem Zahlungsantrag teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Parteien hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen (OLG München, ZUM 2009, 300). Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben