Arbeitsrecht

Urlaubsabgeltung und Altersteilzeit

Aktenzeichen  7 Sa 392/20

Datum:
11.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 55756
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BUrlG § 7 Abs. 4

 

Leitsatz

Verfahrensgang

3 Ca 2315/19 2020-02-12 Endurteil ARBGREGENSBURG ArbG Regensburg

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Regensburg vom 12.02.2020 – 3 Ca 2315/19 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Insbesondre entspricht bei großzügiger Prüfung die Unterzeichnung der Berufung durch die Prozessbevollmächtigte des Klägers noch den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Unterschriftsleistung, da der Unterschriftszug jedenfalls nicht als Paraphe zu bewerten ist und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt, wobei diese nicht lesbar sein muss (vgl. zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Unterschrift einer Berufungsschrift BAG, 25.02.2015 – 5 AZR 849/13).
II.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht mit sorgfältiger und zutreffender Begründung entschieden, dass die Resturlaubsansprüche des Klägers verfallen sind und somit der von ihm geforderte Abgeltungsanspruch nicht besteht. Zunächst wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts zunächst Bezug genommen (§ § 69 Abs. 2 ArbGG).
Hinsichtlich der Berufungsangriffe des Klägers wird auf das Folgende verwiesen:
1. Zunächst gilt, worauf das Arbeitsgericht bereits zutreffend verwiesen hat, dass der vermeintliche Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entsteht, mithin mit Ablauf des 30.09.2019. Das Arbeitsverhältnis endet iSv. § 7 Abs. 4 BUrlG erst mit der Beendigung des Arbeitsvertrags. Ist das Arbeitsverhältnis ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis, endet es zum vereinbarten Endtermin und nicht bereits mit dem Übergang von der Arbeitsin die Freistellungsphase. Das Arbeitsverhältnis besteht während der Freistellungsphase fort. Zwar hat der Arbeitnehmer keine Arbeitsverpflichtung, weil er seine Leistung in der Arbeitsphase bereits erbracht hat. Der Arbeitgeber ist aber zur Entgeltleistung verpflichtet, sodass auch kein Ruhen des Arbeitsverhältnisses in der Arbeitsphase eintritt (vgl. BAG, 16.10.2012 – 9 AZR 234/11).
2. Aufgrund der Vorgaben des Art. 7 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (Arbeitszeitrichtlinie) ist § 7 Abs. 3 BUrlG zwar unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass der gesetzliche Urlaub nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Die unionsrechtskonforme Auslegung hat jedoch nur zur Folge, dass der aufrechterhaltene Urlaubsanspruch zu dem im Folgejahr entstandenen Urlaubsanspruch hinzutritt und damit erneut dem Fristenregime des § 7 Abs. 3 BUrlG unterfällt (vgl. BAG, 09.08.2011 – 9 AZR 425/10). Besteht die Arbeitsunfähigkeit auch am 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Jahres fort, so gebietet auch das Unionsrecht keine weitere Aufrechterhaltung des Urlaubsanspruchs (vgl. EuGH 22.11. 2011 – C214/10 – [KHS] Rn. 38, AP RL 2003/88/EG Nr. 6). Der zunächst aufrechterhaltene Urlaubsanspruch erlischt somit zu diesem Zeitpunkt (vgl. BAG, 16.10.2012 – 9 AZR 63/11; 07.08.2012 – 9 AZR 353/10; 09.08.2011 – 9 AZR 425/10).
3. Weiter gilt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und Unerfüllbarkeit des Urlaubs in der Freistellungsphase des Blockmodells gleichzustellen sind (vgl. BAG, 16.10.2012 – 9 AZR 234/11; 15.03.2005 – 9 AZR 143/04). Somit waren jedenfalls mit Ablauf des 31.03.2018 sämtliche Resturlaubsansprüche des Klägers aus dem Kalenderjahr 2016, unabhängig davon, ob die den gesetzlichen Mindesturlaub überschreitende Mehrurlaubsansprüche nach den einschlägigen tarifvertraglichen Verfallsfristen bereits verfallen waren, verfallen.
4. Die dagegen vom Kläger vorgebrachte Kritik überzeugt nicht.
a) Es ist unerheblich, wenn der Kläger meint, ein dauernd arbeitsunfähiger Arbeitnehmer sei wegen einer Kommerzialisierung durch die Entstehung neuer Urlaubsansprüche bessergestellt als ein Arbeitnehmer in der Freistellungsphase, denn es ist nicht ersichtlich, dass das Bundesarbeitsgericht von seiner gefestigten Rechtsprechung, dass krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit und Unerfüllbarkeit des Urlaubs in der Freistellungsphase des Blockmodells gleichzustellen sind, abweichen will bzw. diese aufgeben will. In diesem Zusammenhang ist es aber auch nicht ersichtlich, dass die Entstehung von Urlaubsansprüchen einem Kommerzialisierungszweck dienen solle, denn der Zweck des Urlaubs dient der Erholung und nicht dem Erwerb von Vermögen.
b) Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.2019 – 9 AZR 481/18 steht fest, dass einem Arbeitnehmer in der Freistellungsphase der Altersteilzeit mangels Arbeitspflicht kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht. Dies bedeutet entgegen der Ansicht des Klägers aber nicht, dass damit zugleich die gesetzliche Verfallsregelung nach § 7 Abs. 3 BurlG in der Freizeitphase der Altersteilzeit auszusetzen sei. Eine solche Rechtsfolge lässt sich der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.09.2019 nicht entnehmen und der Kläger verkennt auch, dass das Entstehen von Urlaubsansprüchen und der Verfall von bereits entstandenen Urlaubsansprüchen miteinander nicht vergleichbar sind, sondern zwei völlig voneinander unabhängige Sachverhalte darstellen. Eine Vermengung dieser Sachverhalte in Form einer gleichsam willkürlichen Rechtsfortbildung wäre systemwidrig und hätte auch in der gesetzlichen Regelung des Bundesurlaubsgesetzes keine Grundlage.
c) Soweit sich der Kläger darauf beruft, dass im Zusammenhang mit dem Verfall von Resturlaub eine Ungleichbehandlung für Arbeitnehmer mit einer kurzen Altersteilzeit im Blockmodell und einer längeren Altersteilzeit mit einer längeren Freizeitphase vorliege, geht dies ins Leere. Denn letztlich ist es der Arbeitnehmer, hier der Kläger, der im Rahmen der Vertragsfreiheit die Laufzeit der Freistellungsphase aushandelt und somit auch deren Rechtsfolgen beeinflussen kann und diese auch in Kauf nimmt.
5. Da die Beklagte dem Kläger den von ihm beantragten Urlaub bereits genehmigt hatte, kam es auch nicht darauf an, ob die Beklagte den Kläger iSd. Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 19.02.2019 (9 AZR 423/16 und 9 AZR 541/15) über den drohenden Verfall seines Urlaubs zu unterrichten hatte, wobei vorliegend eine solche Unterrichtung einer reine Förmelei gleichgekommen wäre, da die Parteien bereits in ihrer vertraglichen Vereinbarung zur Altersteilzeit vereinbart hatten, dass der Urlaub in der Freistellungsphase als eingebracht gilt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG, § 97 Abs. 1 ZPO, wonach der Kläger die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen hat.


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