Arbeitsrecht

Verhängung einer Gehaltskürzung durch Beschluss

Aktenzeichen  M 19 DK 16.915

Datum:
19.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG BayDG Art. 9 Abs. 1, Art. 43 Abs. 2, Art. 57 Abs. 1
VwGO VwGO § 5 Abs. 3 S. 2

 

Leitsatz

Ein Oberbürgermeister begeht als Wahlbeamter innerdienstliche Dienstvergehen, wenn er Entscheidungen trifft, die mit den dazu ergangenen Stadtratsbeschlüssen nicht in Einklang stehen, und er seine Organzuständigkeit überschreitet.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge um 1/10 auf die Dauer von 18 Monaten erkannt.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der 1971 geborene Wahlbeamte ist seit … Oberbürgermeister der Stadt … Seine Amtsperiode endet mit Ablauf des … 2020.
Der Beklagte ist strafrechtlich und disziplinarrechtlich nicht vorbelastet. Ein gegen ihn eingeleitetes Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft … (Az.: …) wurde mit Einstellungsverfügung vom … Mai 2014 nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Die Geltendmachung von Regressansprüchen gegen den Beklagten wegen Forderungen des Ingenieurbüros … wurde in der Stadtratssitzung vom … Juli 2015 endgültig abgelehnt.
Der Beklagte ist verheiratet und Vater zweier minderjähriger Kinder. Er erhält Bezüge aus der Besoldungsgruppe B 4 und eine Dienstaufwandsentschädigung nach Art. 46 i. V. m. Anlage 2 Ziffer 2 a) KWBG.
Mit Verfügung vom … Juli 2013 leitete die Landesanwaltschaft Bayern (LAB) gegen den Beklagten ein Disziplinarverfahren ein, informierte und belehrte den Beklagten ordnungsgemäß und gab ihm Gelegenheit zur Äußerung.
Mit Verfügung vom … Oktober 2013 wurde das Disziplinarverfahren wegen des sachgleichen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft … wegen Untreue ausgesetzt und mit Schreiben vom … März 2015 nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens wieder aufgenommen.
Mit Schreiben vom … Oktober 2015 dehnte die LAB das Disziplinarverfahren nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayDG auf einen weiteren Sachverhalt aus.
Am … Oktober 2015 wurde der Beklagte persönlich angehört. Durch seinen Bevollmächtigten ließ er weitere Unterlagen übersenden. Mit Vermerk vom … Mai 2015 wurde der Beklagte nach Art. 32 BayDG abschließend angehört und das Disziplinarverfahren auf einen weiteren Vorwurf ausgedehnt. Am … Februar 2016 fand erneut eine persönliche Anhörung statt.
Mit am … Februar 2016 eingegangenen Schreiben vom … Februar 2016 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und beantragt,
gegen den Beklagten die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge zu verhängen.
Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Beklagte habe durch mehrere innerdienstliche Dienstvergehen im Zusammenhang bei den mit den beiden Baumaßnahmen Sanierung Mehrzweckhalle … und Sanierung …-museum Entscheidungen getroffen, die mit den dazu ergangenen Stadtratsbeschlüsse nicht in Einklagen gestanden hätten. Auch habe er seine Organzuständigkeit nach Art. 29, 36, 37 Abs. 1, 2 GO i. V. m. § 14 II Nr. 2 der Geschäftsordnung der Stadt … überschritten. Er habe somit schuldhaft gegen seine Verpflichtung, die Gesetze zu beachten gem. § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG sowie gegen die Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Dienstausübung gem. § 34 Satz 1 BeamtStG verstoßen. Im Einzelnen handle es sich um folgende innerdienstliche Dienstvergehen:
1. Projektmanagementvertrag zur Sanierung der Sporthalle …
In der Sitzung am … Dezember 2008 habe der Stadtrat der Stadt … beschlossen, die Verwaltung zu beauftragen ein großes VOF-Verfahren zur Sanierung der Sporthalle an der … einzuleiten. In der Stadtratssitzung am … Februar 2009 sei über das Zukunftsinvestitionsgesetz/Konjunkturpaket II der Bundesregierung diskutiert worden, wobei die Verwaltung darauf hingewiesen habe, dass die Sanierung der Sporthalle … für eine Förderung grundsätzlich in Betracht komme. Der 2011 verstorbene, langjährige Stadtkämmerer habe erklärt, dass die Zeit zur Stellung entsprechender Anträge dränge und es daher notwendig sei einen Projektsteuerer zu beauftragen. Er schlage vor, das Ingenieurbüro … mit der Projektsteuerung zu beauftragen, da dieses bereits Insiderkenntnisse bezüglich des Projekts habe, da die Kostenschätzung von ihm überprüft worden sei und das Büro bereits mehrere Projekte für die Stadt begleitet und durchgeführt und dabei immer hervorragende Arbeit geleistet habe.
Nach § 205 Abs. 1 AHO habe das Leistungsbild der Projektsteuerung folgende fünf Leistungsbereiche, die bei jeder der in § 205 Abs. 2 AHO genannten fünf Projektstufen zu realisieren sind, umfasst:
A – Organisation, Information, Koordination und Dokumentation
B – Qualitäten und Quantitäten
C – Kosten und Finanzierung
D – Termine, Kapazitäten und Logistik
E – Verträge und Versicherungen
Die vom damaligen Abteilungsleiter 2, dem Stadtkämmerer Herrn …, verfasste Beschlussvorlage vom …2.2009, für die Sitzung am …2.2009 habe in ihrem Textteil den Vorschlag enthalten, das Ingenieurbüro … mit der Durchführung des VOF-Verfahrens und mit dem Kosten- und Terminmanagement zu beauftragen. Der Beschlussvorschlag vom … Februar 2009, der im gleichen Wortlaut vom Stadtrat auch beschlossen wurde, habe nach seinem Wortlaut allerdings sämtliche Handlungsbereiche nach § 205 Abs. 1 AHO umfasst.
Am 9. Februar 2009 hätten der Beklagte und das Ingenieurbüro … einen Projektmanagementvertrag zur Sanierung der Mehrzweckhalle … unterzeichnet, in dem die Handlungsbereiche A „Organisation, Information, Koordination und Dokumentation“ und B „Qualität und Quantitäten“ nicht beauftragt worden seien. Nach Ziff 6.1.2.1 des Vertrages habe das Grundhonorar mindestens 162.500,- Euro zuzüglich Nebenkosten, Umbauzuschlag und gesetzliche Mehrwertsteuer betragen. Der Vertrag habe zusätzliche Vereinbarungen enthalten, die zu einer Erhöhung des Grundhonorars hätten führen können. Unter Ziffer 8.6. des Vertrages sei vereinbart worden, dass „bei Beauftragung der Handlungsbereiche A und B nach § 205 AHO, das Gesamthonorar der Projektsteuerung sich gemäß § 209 AHO um 25 v. H. erhöhe.
Somit habe der Inhalt des Projektmanagementvertrages mit dem des Stadtratsbeschluss vom … Februar 2009 nicht übereingestimmt. Der Beschluss des Stadtrats sehe eine Beauftragung nach § 205 AHO für alle Handlungsbereiche zum Grundhonorar von 162.500,- Euro vor, während der Projektmanagementvertrag die Handlungsbereiche A und B ausdrücklich von einer Beauftragung ausnehme, jedoch das Grundhonorar von 162.500,- Euro beibehalte. Dabei impliziere das Wort „mindestens“, dass eine Steigerung möglich sei. Auch die im Projektmanagementvertrag vorgesehenen weiteren Regelungen zur Erhöhung des Grundhonorars gingen über den Stadtratsbeschluss hinaus. Durch den Abschluss dieses Projektmanagementvertrages habe der Beklagte den Stadtratsbeschluss nicht vollzogen.
2. Bestätigungen zur Sporthalle …
– Mit Rechnung vom … Oktober 2011 R-Nr. … habe die Firma … der Stadt … den Betrag von 16.706,95 Euro netto über Leistungen Handlungsbereich B, Projektstufe 1 in Rechnung gestellt. Grundlage für diese Rechnung sei eine „Aufstellung zusätzlicher Leistungen“ gewesen. Die betreffende Aufstellung sei vom Beklagten am … Juni 2009 bei der Unterschriftszeile „bestätigt“ unterschrieben worden.
– Mit Rechnung vom … Oktober 2011 R-Nr. … habe das Büro … der Stadt … den Betrag von 16.706,95 Euro netto über Leistungen Handlungsbereich A, Projektstufe 2 in Rechnung gestellt. Grundlage sei die „Aufstellung zusätzlicher Leistungen“ gewesen. Diese Aufstellung sei vom Beklagten am … Januar 2010 mit dem Vermerk „bestätigt“ unterzeichnet worden.
– Mit Rechnung vom … Oktober 2011 R-Nr. … habe die Firma … der Stadt … den Betrag von 16.706,95 Euro netto über weitere besondere Leistungen in Rechnung gestellt. Grundlage sei die „Aufstellung weiterer besonderer Leistungen“ gewesen. Diese Aufstellung habe der Beklagte am … Februar 2011 mit seiner Unterschrift bestätigt.
– Mit Rechnung vom … Dezember 2011 R-Nr. … habe die Firma … der Stadt … eine Rechnung von 15.750,00 Euro netto über die Durchführung von Bauherrenaufgaben bei der Ausschreibung in Rechnung gestellt. Grundlage sei eine vom Beklagten am … November 2011 unterschriebene Bestätigung „Durchführung Bauherrenaufgaben Ausschreibung“ gewesen.
– Mit Rechnung vom … Dezember 2011 R-Nr. … habe die Firma … der Stadt … einen Betrag von 13.945,31 Euro netto für die Durchführung von Leistungen nach Zeitaufwand in Rechnung gestellt. Grundlage sei eine vom Beklagten am … November 2011 bestätigte „Aufstellung Leistungen nach Zeitaufwand“ gewesen.
3. Auftragsvergabe für die Anzeigetafel für die Sporthalle …
Mit E-Mail vom … Dezember 2011 habe der Beklagte die Firma … GmbH mit dem Einbau einer Anzeigetafel für die Sporthalle zum Pauschalpreis von 45.000,- Euro brutto beauftragt. Diesem Auftrag habe kein Stadtratsbeschluss zugrunde gelegen. Der Beklagte habe lediglich die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats per E-Mail angehört.
Mit Schreiben vom … März 2012 habe der Beklagte die Firma … zusätzlich mit der Installation einer Regie- und Ballsportsoftware zum Preis von 5.549,00 Euro netto beauftragt.
Mit Schreiben vom … Januar 2012 habe der Beklagte die Firma … mit dem Bau einer Unterkonstruktion für die Medienwand in der Sporthalle entsprechend dem Angebot vom … Dezember 2011 zum Preis vom 11.275,25 Euro brutto beauftragt.
4. Sanierung …-museum
In der Stadtratssitzung am … Juli 2009 habe der Stadtrat die Durchführung der Baumaßnahme „Sanierung des …-museums“ beschlossen und die Verwaltung beauftragt, weitere Schritte zur Umsetzung der Maßnahme einzuleiten. Am … November 2009 habe der Stadtrat den Beschluss gefasst, die Leistungen der Projektsteuerung für die Handlungsbereiche Kosten und Termine dem Ingenieurbüro … zum Angebotspreis von 154.500,- Euro plus 5% Nebenkosten plus 20% Umbauzuschlag plus Mehrwertsteuer zu übertragen. Am … November 2009 habe der Zeuge … als Abteilungsleiter einen Projektmanagementvertrag mit dem Ingenieurbüro … über die Sanierung des Städtischen ..-museums abgeschlossen, wobei die Handlungsbereiche A und B nach § 205 AHO nicht beauftragt worden seien. Vereinbart worden sei ein Grundhonorar von mindestens 154.500,- Euro zuzüglich Nebenkosten Umbauzuschlag und gesetzlicher Mehrwertsteuer. Der Vertrag habe zusätzliche Vereinbarungen enthalten, die zu einer Erhöhung des Grundhonorars hätten führen können.
Der Stadtrat habe weiter am … Juli 2010 beschlossen, die Projektsteuerungsleistungen für das Projekt …-museum um die Handlungsbereiche A und B und die Leistungen für die Projektleitung an das Büro … zu vergeben. Mit Auftragsbestätigung vom … Juli 2010 sei das Ingenieurbüro … auch mit den Handlungsbereichen A und B und mit den Leistungen der Projektleitung beauftragt worden.
Ferner habe der Finanzausschuss des Stadtrats am … Oktober 2011 beschlossen, das Büro … mit der Erstellung der Verwendungsnachweise für die Baumaßnahme „Sanierung städtisches …-museum“ zum Pauschalpreis von 38.000,- Euro zuzüglich 5% Nebenkosten nebst Umsatzsteuer zu beauftragen.
Der Beklagte habe eine Auftragsbestätigung für das Ingenieurbüro … ohne Stadtratsbeschluss unterzeichnet. Von den Vorwürfen, dass der Beklagte den Vertrag am … Februar 2009, einen Tag vor dem maßgeblichen Stadtratsbeschluss und damit gänzlich ohne Stadtratsbeschluss abgeschlossen habe, werde der Beklagte freigestellt, ebenso von dem Vorwurf in der Ausdehnungsverfügung vom … Oktober 2015.
Insgesamt betrachtet habe der Beklagte durch sein Handeln gegen seine Verpflichtung, zur Beachtung der Gesetze und zur ordnungsgemäßen Dienstausübung sowie seine Verpflichtung sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten, verstoßen. Der Beklagte habe bedingt vorsätzlich gehandelt, da er nach seiner Einlassung der Auffassung gewesen sei, bereits erbrachte Leistungen zu bestätigen. Er habe billigend in Kauf genommen, sich gegen die genannten Stadtratsbeschlüsse zu verstoßen und seine Organkompetenz zu überschreiten. Soweit er weitere Leistungen und Honorare bestätigt habe, habe er billigend in Kauf genommen, dass die Gesamtkosten über das vom Stadtrat beschlossene Maß hinaus erhöht wurden.
Auch die Beauftragung der Anzeigetafel habe nicht in der Organkompetenz des Beklagten gelegen. Es habe sich weder um eine laufende Angelegenheit gehandelt, noch habe er über eine solche Kompetenz aufgrund der Geschäftsordnung der Stadt … verfügt. Dasselbe gelte für den Kauf der Regie- und Ballsportsoftware und der Unterkonstruktion zum Halten der Videoleinwand. Insoweit habe der Beklagte vorsätzlich gehandelt, da ihm die Geschäftsordnung der Stadt … bekannt gewesen sei und er gewusst habe, dass er für eine derartige Verpflichtung einen Beschluss des Stadtrates bzw. des Finanzausschusses hätte herbeizuführen müssen.
Dies träfe auch im Fall der Sanierung des …-museums zu. Der Beklagte habe wiederum gegen seine Organkompetenz verstoßen, da es sich weder um eine laufende Angelegenheit gehandelt habe noch der Vertragsabschluss durch die Geschäftsordnung der Stadt … gedeckt gewesen sei.
Die Höhe der Disziplinarmaßnahme richte sich nach der Schwere des Dienstvergehens. Lägen mehrere Dienstpflichtverletzungen vor, bestimme sich die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach der schwersten Verfehlung. Das seien hier die Einzelbestätigungen des Beklagten im Zusammenhang mit der Sanierung der Sporthalle, die die Kosten für die Projektsteuerung um insgesamt 94.981,23 Euro (brutto) erhöht hätten sowie die Bestätigung vom … November 2011 betreffend die Durchführung zusätzlicher Bauherrenaufgaben bei der Sanierung des …-museums. Die Bestellung der Anzeigetafel nebst Unterkonstruktion und Regie und Ballsportsoftware stelle ebenfalls einen Verstoß gegen die Kernpflichten des Beklagten dar, habe jedoch geringeres Gewicht. Disziplinarrechtlich weniger erschwerend falle der Abschluss des Projektsteuerungsvertrags zur Sanierung der Sporthalle ins Gewicht, da der Beklagte bezüglich der Einzelheiten des Vertrages den mit der Beauftragung befassten Fachleuten aus der Verwaltung habe vertrauen können. Insgesamt sei von einem Dienstvergehen im Grenzbereich zwischen mittelschwer und schwer auszugehen, so dass eine Kürzung der Dienstbezüge nach Art. 9 BayDG im oberen Bereich Ausgangspunkt für die Maßnahmebemessung sei.
Gegen den Beklagten spreche, dass seine Verfehlungen im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Oberbürgermeister passiert seien. Als solcher habe er eine herausgehobene Position.
Klassische Milderungsgründe zugunsten des Beklagten lägen nicht vor. Für ihn spräche jedoch, dass er nicht eigennützig gehandelt habe und er im Hinblick auf die Bestätigungen der Auffassung gewesen sei, dass die betreffenden Leistungen notwendig gewesen seien, um den Baufortschritt nicht zu gefährden. Zu seinen Gunsten spräche ferner, dass er im Hinblick auf die Diskrepanz zwischen dem Projekt Steuerungsvertrag vom … Februar 2009 und dem Stadtratsbeschluss vom … Februar 2009 nur fahrlässig gehandelt habe, dass er sich in keinem Fall selbst bereichert habe und er aufgrund der langjährigen Erfahrungen mit dem Ingenieurbüro … dieser Firma habe vertrauen können. Auch habe er unter enormen Zeitdruck gehandelt, so dass die Notwendigkeit einer Projektsteuerung sowohl von der Verwaltung als auch vom Stadtrat anerkannt worden seien. Ferner sei zu berücksichtigen, dass er disziplinar- und strafrechtlich nicht vorbelastet sowie von zwei Vorwürfen frei zu stellen gewesen sei. Es erscheine daher angemessen, aber auch ausreichend, eine Kürzung der Dienstbezüge im zeitlich noch mittleren Bereich mit einem Kürzungsbruchteil von 1/10 zu verhängen.
Der Bevollmächtigte des Beklagten nahm zur Klage am … März 2016 Stellung. Der Beklagte wolle nochmals ausdrücklich betonen, dass er mit den von ihm unterzeichneten Einzelbestätigungen Herrn … keine Aufträge erteilt habe. Er habe lediglich die tatsächliche Durchführung bereits erfolgter und auch notwendiger Maßnahmen von Herrn … im Herbst 2011 im nach hinein bestätigt. Das habe nach Überzeugung des Beklagten dem Gebot fairen Verhaltens gegenüber Herrn … entsprochen. Andernfalls wäre kurz vor Abschluss der Baumaßnahme in der Sporthalle und im …-museum eine schwerwiegende Auseinandersetzung mit Herrn … aufgetreten, mit der Folge, dass das …-museum nicht hätte fristgerecht vollendet werden können. Das eher pragmatische Handeln des Beklagten sei somit im Nachhinein ausschließlich zum Wohl der Stadt … und als völlig sachgerecht zu werten. Insoweit halte der Beklagte die von der Landesanwaltschaft Bayern beantragte Disziplinarmaßnahme unter Berücksichtigung aller entscheidungserheblichen Ermessensgesichtspunkte im Ergebnis für überzogen.
Der Beklagte betone ferner, dass die Anzeigetafel für die Sporthalle abzüglich der akquirierten Sponsorengelder die Stadt einen Betrag von deutlich unter 20.000,- Euro gekostet habe und damit deren Kauf letzten Endes als eine Aufgabe angesehen werden könne, die dem Oberbürgermeister der Stadt zu den in eigener Zuständigkeit zu erledigenden laufenden Angelegenheiten gehöre. Beim Augenschein habe sich eine große Begeisterung unter den Fraktionssprechern und Bürgermeistern für diese Anschaffung erkennen lassen. Es stelle sich somit die Frage, warum der Beklagte dafür bestraft werden müsse, dass er dem städtischen Haushalt in erheblichem Umfang Geld gespart habe. Die Anschaffung der Anzeigentafel sei zu keinem Zeitpunkt strittig gewesen.
Insgesamt betrachtet wäre es mehr als ein bedauernswerter Umstand, wenn ausgerechnet der Oberbürgermeister, der nach der Eishallenkatastrophe neu ins Amt gekommen sei, und der die mit dieser Katastrophe im Zusammenhang stehenden Probleme zügig und gründlich aufgearbeitet habe, der einzige städtische Beamte sein solle, der hierfür nachträglich vom Gericht belangt werde.
Dennoch erkläre der Beklagte sein Einverständnis, dass das Gericht durch Beschluss gemäß Art. 57 Abs. 1 Satz 1 BayDG entscheide.
Mit Schreiben vom 24. März 2016 hat der Kläger ebenfalls sein Einverständnis zu einer Entscheidung durch Beschluss nach Ar. 57 Abs. 1 BayDG erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Disziplinarakte der LAB, die Personalakte, die Akte Sporthalle und …-museum …, die Strafakte Az: …, die Stellungnahme vom … Dezember 2012 mit Ordnerheftung, sowie die Heftung „Stellungnahme des Oberbürgermeisters und des Beschlussbuchauszug“ Bezug genommen.
II.
Über die Disziplinarklage kann gemäß Art. 57 Abs. 1 Satz 1 Bayerisches Disziplinargesetz (BayDG) aufgrund der Einverständniserklärung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entschieden werden. Nach Art. 43 Abs. 2 BayDG i. V. m. § 5 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) entscheidet die Vorsitzende der Disziplinarkammer über die Disziplinarklage.
Auf die zulässige Klage hin war als Disziplinarmaßnahme die Kürzung der monatlichen Dienstbezüge des Beklagten um 1/10 auf die Dauer von 18 Monaten zu verhängen (Art. 9 Abs. 1 BayDG).
Die den Beklagten in der Disziplinarklage vom … Februar 2016 zur Last gelegten Dienstvergehen stehen zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der Ermittlungen im Disziplinarverfahren sowie den Einlassungen des Beklagten fest.
Von diesem Sachverhalt ausgehend ist die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu bemessen (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 BayDG). Die Schwere des Dienstvergehens beurteilt sich zum einen nach der Eigenart und Bedeutung der verletzten Dienstpflichten, der Dauer und Häufigkeit der Pflichtverstöße sowie den Umständen der Tatbegehung als den objektiven Handlungsmerkmalen des Verhaltens des Beamten, zum anderen nach Form und Gewicht des Verschuldens und den Beweggründen des Beamten für sein pflichtwidriges Verhalten. Zu berücksichtigen sind auch die unmittelbaren Folgen für den dienstlichen Bereich und für Dritte (BVerwG, U. v. 29.5.2008, Az.: 2 C 59/07; BayVGH ; BayVGH, U. v. 15.2.2012, Az.: 16 a D 10.1974 ).
Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist in Abwägung zu der Schwere des disziplinarrechtlich vorwerfbaren Verhaltens und dem Persönlichkeitsbild des Beklagten vorliegend eine Kürzung der monatlichen Dienstbezüge um 1/10 auf die Dauer von 18 Monaten sachgerecht. Ein Abweichen von den nach der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung als Regelsatz anzusehenden Kürzungsbruchteil von 1/10 (vgl. BVerwG, U. v. 21.3.2001 Az.: 1 D 29.00) ist vorliegend nicht veranlasst.
Der rechtskräftige Beschluss steht nach Art. 57 Abs. 3 BayDG einem rechtskräftigen Urteil gleich.


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