Arbeitsrecht

Verlust der Rechte als Ruhestandsbeamter wegen Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren auf Bewährung

Aktenzeichen  B 5 K 17.231

Datum:
29.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24032
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 14, Art. 33 Abs. 5
BeamtVG § 59 Abs. 1 Nr. 2 lit. a)
BayBeamtVG Art. 80 Abs. 1
EMRK Art. 1 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Als „eine vorsätzliche Tat“ iSv Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG ist das dem Strafausspruch wegen vorsätzlichen Handelns insgesamt zugrundeliegende Verhalten anzusehen. Ein Beamter, der aufgrund mehrerer Rechtsverstöße zu einer (Gesamt-) Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder mehr verurteilt wurde, hat sich für den öffentlichen Dienst nicht weniger untragbar gemacht als derjenige, der eine solche Strafe durch einen einzigen Rechtsverstoß erlangt hat. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für den Fall der Aberkennung des Ruhegehalts aufgrund einer Disziplinarmaßnahme oder kraft Gesetzes vermögen die entstehenden finanziellen Belastungen durch die Beiträge zur Krankenversicherung die Unverhältnismäßigkeit der Disziplinarmaßnahme nicht zu begründen. Dies gilt selbst dann, wenn der Beamte keine Aufnahme in einer anderen Krankenkasse findet. In einem solchen Fall ist der Beamte darauf zu verweisen, dass ihm unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 4 und des § 37 des Bundessozialhilfegesetzes ein Anspruch auf Krankenhilfe zusteht. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Verlust der Versorgungsbezüge stellt auch keinen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG dar, weil das Ruhegehalt keine von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition bildet. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG wird für den Bereich des öffentlichen Dienstrechts durch die Sonderregelung des Art. 33 Abs. 5 GG verdrängt. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4. Auf Beamtenpensionen findet Art. 1 Abs. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK ebenfalls keine Anwendung, wenn sie nach dem Prinzip der staatlichen Fürsorgepflicht gewährt werden und nicht auf Beitragsleistungen beruhen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Klage kann gem. § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil die Beteiligten insoweit ihr Einverständnis erklärt haben.
2. Die Klage ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Dezember 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
3. Die Klage ist zulässig. Der Kläger kann sich insbesondere hinsichtlich der Feststellungsklage auf ein berechtigtes Interesse i.S.d. § 43 Abs. 1 Satz 1 VwGO an der begehrten Feststellung berufen. Dieses schließt jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder auch ideeler Art ein und ist insbesondere gegeben, wenn die Rechtslage unklar ist, die zuständige Behörde insoweit anderer Auffassung ist als der Kläger und dieser Grund zur Besorgnis der Gefährdung seiner Rechte hat (Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage 2017, § 43 Rn. 24). Dies ist hier der Fall. Die Beteiligten vertreten gegenteilige Rechtspositionen bezüglich der Anwendung von Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG, sodass eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich des Status des Klägers als Ruhestandsbeamter besteht. Aufgrund der drohenden Aberkennung seiner Rechte als Ruhestandsbeamter hat der Kläger Grund zur Besorgnis und somit ein berechtigtes Interesse.
4. Die Klage ist aber sowohl hinsichtlich des Anfechtungsantrags, wie auch des Feststellungsantrags unbegründet. Die Beklagte hat infolge der Verurteilung des Klägers zu Recht den Verlust seiner Stellung als Ruhestandsbeamter und damit einhergehend den Verlust seiner Versorgungsbezüge festgestellt. Zudem erfolgte die Zahlung der Versorgungsbezüge für den Monat Dezember 2016 ohne Rechtsgrund.
a) Die einschlägige Rechtsgrundlage des Verlustes der Rechte des Klägers als Ruhestandsbeamter ist Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG. Im Bescheid vom 27. Dezember 2016 wie auch im Widerspruchsbescheid vom 23. Februar 2017 werden sowohl § 59 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) BeamtVG, als auch Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG als Rechtsgrundlage zitiert. Die Eingliederung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung Franken und Oberbayern, von der der Kläger bis dato seine Versorgungsbezüge erhielt, zum 1. Januar 2013 in die Beklagte, die neu errichtete Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts, führte gemäß § 19 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) zur entsprechenden Anwendung von § 16 Abs. 1, § 17 Abs. 1 BeamtStG auf bei der abgebenden Körperschaft vorhandene Versorgungsempfänger. Nach § 16 Abs. 1 BeamtStG treten Beamte mit der Umbildung kraft Gesetzes in den Dienst der aufnehmenden Körperschaft über und ihr Beamtenverhältnis wird mit dem neuen Dienstherrn fortgesetzt, § 17 Abs. 1 BeamtStG. Gemäß § 19 Abs. 1 BeamtStG bezieht der Kläger fortan Versorgungsbezüge von der Beklagten, sodass das Beamtenversorgungsgesetz des Bundes Anwendung finden würde. Jedoch regelt Art. 2 § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG), dass die nach § 19 des BeamtStG übergeleiteten vorhandenen Versorgungsempfänger die Versorgung erhalten, die sie ohne die Überleitung erhalten würden. Demnach bestimmen sich Art und Höhe der Versorgung weiterhin nach dem BayBeamtVG. Allerdings sind die Vorschriften des § 59 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) BeamtVG und des Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG inhaltlich deckungsgleich mit Ausnahme davon, dass die bayerische Regelung nicht darauf abstellt, ob die verurteilte Tat vor oder nach der Beendigung des Beamtenverhältnisses begangen wurde. Aus diesen Gründen hatte die Beklagte bei Bescheidserlass trotz der teilweise falsch zitierten Rechtsgrundlage die gleichen gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen zu Grunde zu legen.
b) Die Rechtsfolge der Beendigung des Beamtenverhältnisses bzw. des Verlustes der Rechte als Ruhestandsbeamter tritt als rechtliche Automatik kraft Gesetzes ein. Die gerichtliche Prüfung beschränkt sich daher darauf festzustellen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorlagen. Dies war zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses durch die Beklagte am 27. Dezember 2017 der Fall.
Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG bestimmt, dass Ruhestandsbeamte, die durch ein deutsches Gericht im ordentlichen Strafverfahren wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden sind, mit der Rechtskraft der Entscheidung ihre Rechte als Ruhestandsbeamte verlieren. Der Kläger befand sich seit dem 2. Februar 2004 im Ruhestand. Das Amtsgericht C* … hat ihn mit Urteil vom 24. November 2016, das am gleichen Tag Rechtskraft erlangte, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt. Zwar wurde die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt, jedoch ist die Beendigung des Beamtenverhältnisses hiervon unabhängig (BVerwG, B.v. 30.04.1980 – 2 B 35/80 – juris Rn. 4; B.v. 27.06.1991 – 1 DB 12/91 – juris Rn. 10). Ebenso ist es nach gefestigter Rechtsprechung unschädlich, dass die Freiheitsstrafe eine Gesamtstrafe aller vorsätzlich begangenen Delikte des Klägers darstellt. Ein Beamter, der aufgrund mehrerer Rechtsverstöße zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren oder mehr verurteilt wurde, hat sich für den öffentlichen Dienst nicht weniger untragbar gemacht als derjenige, der eine solche Strafe durch einen einzigen Rechtsverstoß erlangt hat. Der für den kraft Gesetzes eintretenden Verlust der Rechte als Ruhestandsbeamter erforderliche eindeutige Anknüpfungspunkt ist auch im Falle eines auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren oder mehr wegen vorsätzlicher Rechtsverletzung lautenden Strafurteils gewahrt. Ein Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes besteht nicht, vielmehr ist als „eine vorsätzliche Tat“ im Sinne der beamtenrechtlichen Regelung das dem Strafausspruch wegen vorsätzlichen Handelns insgesamt zugrundeliegende Verhalten anzusehen (BVerwG, B.v. 10.06.1992 – 2 B 88/92, 2 C 13/92 – juris Rn. 1; Leihkauff in Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsrecht des Bundes und der Länder, § 59, Rn. 11).
Der automatische Eintritt der Rechtsfolge kraft Gesetzes ist auf die Bedeutung des Beamtenverhältnisses und damit fortwirkend des Verhältnisses als Ruhestandsbeamter zurückzuführen, über dessen Bestand jederzeit möglichst Klarheit herrschen soll (BVerwG, U.v. 12.10.1989 – 2 C 51/88 – juris Rn. 15). Diese Klarheit wird durch den Schuldspruch im Strafurteil gewährleistet. Es soll gerade verhindert werden, dass der kraft Gesetzes eintretende Verlust der Rechte als Ruhestandsbeamter an Voraussetzungen geknüpft wird, die erst durch eine zweifelhafte, unter Umständen sogar von verschiedenen Gerichtsinstanzen unterschiedlich beurteilte Auslegung zu ermitteln ist.
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass die Straftat sich nicht unmittelbar gegen den Dienstherrn richtete. Die Vorschrift des Art. 80 Abs. 1 BayBeamtVG wie auch § 59 Abs. 1 BeamtVG verfolgen den Sinn und Zweck der Anspruchsverwirkung. Beamte, die sich besonders schwerwiegender Rechtsverstöße schuldig gemacht haben, werden als schlechthin untragbar für den öffentlichen Dienst angesehen und verlieren kraft Gesetzes ihre Beamtenrechte, ohne dass es dazu noch eines Disziplinarverfahrens bedarf (BVerwG, B.v. 10.06.1992 – 2 B 88/92, 2 C 13/92 – juris Rn. 1; U.v. 15.05.1997 – 2 C 39/96 – juris Rn. 20). Der Bezug der Beamtenversorgung ist auch nach Eintritt in den Ruhestand an gewisse Amts- und Treuepflichten geknüpft (BGH, B.v. 07.08.2013 – XII ZB 211/13, juris Rn. 21). Danach soll derjenige, der die in der Strafrechtsordnung verankerten elementaren Regeln zum Schutze der staatlichen Gemeinschaft gravierend verletzt hat, nicht erwarten können, dass sein angemessener Lebensunterhalt aufgrund eines Rechtsanspruchs auf beamtenrechtliche Versorgung finanziert wird, der sich aus allgemeinen Steuergeldern zusammensetzt (BVerwG, U.v. 15.05.1997 – 2 C 39/96 – juris Rn. 24f.). Dagegen ist es ohne Belang, ob die begangene Tat zum Nachteil des Dienstherrn geschah.
d) Im Übrigen verbleibt der Kläger entgegen seiner Behauptung nicht mittellos. Vielmehr wurde der Kläger, wie dem Bescheid vom 27. Dezember 2016 zu entnehmen ist, von der Beklagten gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, §§ 181 ff. des Sechstes Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) in der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert.
Soweit der Kläger die zusätzlich entstehenden finanziellen Aufwendungen durch Beiträge zu einer Krankenversicherung als unverhältnismäßig aufführt, bleibt festzustellen, dass dies in den wirtschaftlichen Risikobereich des Klägers fällt. Für den Fall der Aberkennung des Ruhegehalts aufgrund einer Disziplinarmaßnahme ist höchstrichterlich festgestellt, dass die entstehenden finanziellen Belastungen durch die Beiträge die Unverhältnismäßigkeit der Disziplinarmaßnahme nicht zu begründen vermögen, weil es sich nur um eine mittelbare Folge der Verhängung der Höchststrafe handelt (BVerwG, U.v. 10.10.2000 – 1 D 46/98 – juris Rn. 34). Dies gilt selbst dann, wenn der Beamte keine Aufnahme in einer anderen Krankenkasse findet. In einem solchen Fall ist der Beamte darauf zu verweisen, dass ihm unter den Voraussetzungen des § 27 Abs. 1 Nr. 4 und des § 37 des Bundessozialhilfegesetzes ein Anspruch auf Krankenhilfe zusteht (BVerwG, U.v. 10.10.2000 – 1 D 46/98 – juris Rn.34). Demnach muss selbiges erst Recht für die hier vorliegende Methodik des gesetzlichen Eintritts gelten, der im Gegensatz zu einer Disziplinarmaßnahme keine Ermessensentscheidung vorausgeht.
Für existenzbedrohende Fälle stünde zudem als Korrekturmöglichkeit die Gnadenvorschrift des Art. 61 BayBG zur Verfügung, die Art. 80 Abs. 3 BayBeamtVG für entsprechend anwendbar erklärt.
e) Der Verlust der Versorgungsbezüge stellt keinen Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG dar, da das Ruhegehalt keine von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie geschützte Rechtsposition bildet. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG wird hingegen für den Bereich des öffentlichen Dienstrechts durch die Sonderregelung des Art. 33 Abs. 5 GG verdrängt (BVerfG, B.v. 07.11.1979 – 2 BvR 513/73 – juris Rn. 108; B.v. 22.11.2001 – 2 BvR 2138/00, juris Rn. 3). Dienst- und Versorgungsbezüge von Beamten sind in ihrem Kernbereich zwar durch die Verfassungsnorm des Art. 33 Abs. 5 GG geschützt. Die Aberkennung des Ruhegehalts steht aber nicht im Widerspruch zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Dazu hat der Bundesgerichtshof bereits in einer Entscheidung aus dem Jahr 1957 unter Verweis auf gleichartige Regelungen in den Beamtengesetzen zur Zeit der Weimarer Reichsverfassung Stellung genommen: „Denn es kann nicht anerkannt werden, dass es zu den wesentlichen Zügen des Berufsbeamtentums gehören würde, dass eine Ahndung von Straftaten nach der beamtenrechtlichen Seite hin im Wege eines besonderen, vom Strafverfahren getrennten Disziplinarverfahrens stattfinden müsste. Bei den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums handelt es sich nicht nur um den Schutz der Interessen des einzelnen Beamten, sondern auch um die Wahrung der Belange der Beamtenschaft insgesamt und um die Aufrechterhaltung der Institution des Berufsbeamtentums im allgemeinen Interesse des Staates. Bei dieser Verschiedenheit der Interessen bedeutet es keine Antastung der Wesenszüge des Berufsbeamtentums, wenn der Gesetzgeber an bestimmte strafrechtliche Vorkommnisse von besonderer Schwere unmittelbar beamtenrechtliche Folgen knüpft […]. Ein Beamter, der während seines Beamtenverhältnisses vorsätzlich eine Straftat begangen hat, derentwegen er mit Gefängnis von mindestens einem Jahr bestraft worden ist, erscheint der Regel nach ohne weiteres seiner Stellung unwürdig. Deshalb kann es nicht als mit dem Berufsbeamtentum unvereinbar angesehen werden, wenn der Beamte in dem eben genannten Falle kraft Gesetzes seine besondere Stellung verliert“ (BGH, U.v. 13.05.1957 – III ZR 230/55, beck-online; BVerwG, U.v. 25.01.1961 – VI C 334/57, beck-online).
f) Ebenso scheidet ein Eingriff in das Eigentumsrecht aus Art. 1 Abs. 1 des 1. Zusatzprotokolls zur EMRK aus. Dieser lautet: „Jede natürliche oder juristische Person hat ein Recht auf Achtung ihres Eigentums. Niemandem darf sein Eigentum entzogen werden, es sei denn, dass das öffentliche Interesse es verlangt, und nur unter den durch Gesetz und durch die allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts vorgesehenen Bedingungen.“ Auf Beamtenpensionen findet Art. 1 Abs. 1 des 1. Zusatzprotokolls aber keine Anwendung, wenn sie nach dem Prinzip der staatlichen Fürsorgepflicht gewährt werden und nicht auf Beitragsleistungen beruhen (VGH BW, U.v. 16.10.2000 – D 17 S 13/00 – juris Rn. 32; Meyer-Ladewig/von Raumer in Mayer-Ladewig/Nettesheim/von Raumer, Europäische Menschenrechtskonvention Handkommentar, Zusatzprotokoll zur EMRK Artikel 1 Schutz des Eigentums, 4. Auflage 2017, Rn. 15). Selbst bei Annahme des Unterfallens unter den Schutzbereich dieses Rechts wäre der durch Gesetz eintretende Verlust der Versorgungsbezüge nicht zu beanstanden. Denn wenn die Voraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG aufgrund einer massiven Verletzung der Strafrechtsordnung vorliegen, läge es auch im öffentlichen Interesse, den Rechtsanspruch auf eine beamtenrechtliche Versorgung entfallen zu lassen (BVerwG, U.v. 15.05.1997 – 2 C 39/96 – juris Rn. 22).
g) Ferner geht der Einwand des Klägers fehl, ein vergleichbar angestellter Verwaltungshauptsekretär würde keinerlei materielle Einbußen erleiden, wenn er wegen eines Verstoßes verurteilt würde, der dem vom Kläger Begangenen entspräche. Der Kläger verkennt insoweit, dass die Ungleichbehandlung gerade durch seinen Beamtenstatus gerechtfertigt ist, der eine unterschiedliche Ausgestaltung im Gegensatz zu einem privaten Angestelltenverhältnis beinhaltet und im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG hinzunehmen ist (BVerfG, B.v. 22.11.2001 – 2 BvR 2138/00 – juris Rn.3).
h) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen das in Art. 103 Abs. 3 GG verankerte Doppelbestrafungsverbot vor. Dieses verbietet die mehrfache Bestrafung wegen derselben Tat aufgrund der allgemeinen Strafgesetze. Das Verbot umfasst also ausdrücklich nur eine Doppelbestrafung aufgrund der allgemeinen Strafgesetze, nicht hingegen aufgrund von Sanktionen des Ordnungswidrigkeitsrechts, des Berufsstrafrechts oder des Disziplinarstrafrechts. Die streitgegenständlich in Art. 80 Abs. 1 Nr. 1 BayBeamtVG enthaltene Regelung stellt jedenfalls kein allgemeines Strafgesetz dar.
i) Die Zahlung der Versorgungsbezüge für den Monat Dezember 2017 erfolgte ohne Rechtsgrund. Rechtsgrundlage der Rückforderung ist Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayBeamtVG i.V.m. §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), wonach zu viel gezahlte Versorgungsbezüge nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückgefordert werden, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Rechtskraft des Urteils des Amtsgerichts C* … trat am 24. November 2016 ein, sodass im Dezember 2016 bereits der Verlust der Rechte des Klägers als Ruhestandsbeamter mitsamt den Versorgungsbezügen eingetreten war.
5. Der Kläger hat als unterliegender Beteiligter die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Vollstreckungsentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO).
6. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr.3 und Nr.4 VwGO liegen nicht vor.


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