Arbeitsrecht

Verpflichtung zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung

Aktenzeichen  B 5 K 14.625

Datum:
28.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
BayBG BayBG Art. 65 Abs. 1, Art. 128
BeamtStG BeamtStG § 26, § 27, § 39
SGB IX SGB IX § 95 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Der Dienstherr darf die vom Poizeiarzt gezogene Schlussfolgerung, die eine Dienstunfähigkeit allein aus dem Fehlen einer wohnortnäheren Verwendungsmöglichkeit ableitet, nicht übernehmen, wenn der Beamte zwar vertritt, sein Familienleben leide bei wohnortentfernter Verwendung, ansonsten aber aus medizinischen Gründen eine Zeitgrenze, ab der eine Anfahrt zum Arbeitsplatz unzumutbar wäre, nicht gegeben ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Dem Arzt als sachverständigem Helfer des Dienstherrn obliegt es, den Gesundheitszustand des Beamten festzustellen und medizinisch zu bewerten, um der Behörde die Fachkenntnisse zu vermitteln, damit diese daraus die erforderlichen Schlussfolgerungen für die Beurteilung der Dienstfähigkeit des Beamten ziehen kann (BVerwG BeckRS 2015, 46551). (redaktioneller Leitsatz)
3. Um den Anforderungen an die Suchpflicht gerecht zu werden, bedarf es einer ernsthafen Suche durch den Dienstherrn, dh er hat ggf. konkrete auch dialogische Bemühungen vorzunehmen oder aber auch bei der Behörde nachzufragen, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt. (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Suchanfrage muss eine vorhandene Leistungsfähigkeit des Beamten charakterisieren und sachlich kurz beschreiben, damit für die angefragte Behörde die Einschätzungsmöglichkeit besteht, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Frage kommt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 6. August 2014 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der formell rechtmäßige Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 6. August 2014 ist materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, weshalb er aufzuheben ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. An der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen keine Bedenken. Insbesondere stellt die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand dar (vgl. BVerwG, U. v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – BVerwGE 150, 1 – juris Rn. 48), so dass die mangelnde Durchführung eines weiteren betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht zur formellen Rechtswidrigkeit des Bescheids führt.
Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat die Schwerbehindertenvertretung nach § 95 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch – SGB IX ordnungsgemäß beteiligt. Die Schwerbehindertenvertretung der IV. BPA wurde mit Schreiben vom 18. September 2013 angehört. Diese erhob keine Einwände (Schreiben vom 30. September 2013). Auch die Bezirksvertrauensperson der Schwerbehinderten bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei stimmte mit E-Mail vom 28. April 2014 der Versetzung in den Ruhestand zu.
2. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom 6. August 2016 ist materiell rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
2.1. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) sind Beamte auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig in diesem Sinne können Beamte auch dann angesehen werden, wenn sie infolge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet haben und keine Aussicht besteht, dass sie innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig werden (Art. 65 Abs. 1 Bayerisches Beamtengesetz – BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG). Von der Versetzung in den Ruhestand soll abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist (§ 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG). Gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG ist eine anderweitige Verwendung möglich, wenn dem Beamten ein anderes Amt derselben oder eine anderen Laufbahn übertragen werden kann. Die Übertragung eines anderen Amtes ist ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mit mindestens demselben Grundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und wenn zu erwarten ist, dass die gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes erfüllt werden (§ 26 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG). Die vorstehenden Vorschriften finden im Falle der Polizeidienstunfähigkeit (Art. 128 Abs. 3 BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 4 BeamtStG) entsprechende Anwendung.
Maßstab für die Beurteilung der allgemeinen Dienstfähigkeit ist nicht der vom Beamten konkret inne gehabte Dienstposten, sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Die Dienstunfähigkeit eines Beamten im Polizeivollzugsdienst ist in Art. 128 BayBG besonders geregelt. Polizeidienstunfähig ist ein Beamter nach Art. 128 Abs. 1 Satz 1 BayBG, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht genügt und zu erwarten ist, dass die volle Verwendungsmöglichkeit innerhalb zweier Jahre nicht wiedererlangt wird. Dies bedeutet, dass jeder Polizeivollzugsbeamte unabhängig von dem von ihm bekleideten Dienstposten besonders hohe gesundheitliche Anforderungen zu erfüllen hat, um in vollem Maße polizeidienstfähig zu sein. Wird diese Polizeidienstunfähigkeit amtsärztlich festgestellt, so ist für diesen Beamten zu prüfen, ob er in eine andere Funktion im Sinne des Art. 128 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BayBG zugewiesen werden kann – also in eine Funktion, die die besonderen gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert (Art. 128 Abs. 2 Satz 1 BayBG) oder ob eine begrenzte Dienstfähigkeit im Sinne von Art. 128 Abs. 2 Satz 2 BayBG i. V. m. § 27 BeamtStG vorliegt. Dabei kann dem Beamten unter Beibehaltung des Amts ohne seine Zustimmung auch eine geringerwertige Tätigkeit im Bereich desselben Dienstherren übertragen werden, wenn eine andere Verwendung nicht möglich ist und die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zuzumuten ist (Art. 128 Abs. 2 Satz 3 BayBG). Für Polizeivollzugsbeamte ist die der Ruhestandsversetzung vorgehende Pflicht zum Laufbahnwechsel in Art. 128 Abs. 3 BayBG durch die dort vorgenommene Verweisung auf § 26 Abs. 2 BeamtStG ausdrücklich ausgesprochen (vgl. BVerwG, B. v. 6.11.2014 – 2 B 97/13 – ZBR 2015, 87, 89 – juris; VG München, U. v. 03.02.2016 – M 5 K 15.323 – juris Rn. 23). Eine Suchpflicht des Dienstherrn für eine dementsprechende Verwendung entfällt nur dann, wenn feststeht, dass der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind (BVerwG, B. v. 6.11.2014 a. a. O. Rn. 15).
Für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung über die Ruhestandsversetzung kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, somit auf den 6. August 2014 an. Es ist darauf abzustellen, ob die zuständige Behörde nach den ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln eine Dienstunfähigkeit im vorgenannten Sinne anzunehmen hatte (BVerwG U. v. 16.10.1997 – 2 C 7/97 – BVerwGE 105, 267).
Ausgehend hiervon hat der Beklagte rechtsfehlerhaft die Dienstunfähigkeit des Klägers festgestellt. Nach dem für den Bescheid maßgeblichen aktuellen Gesundheitszeugnis des MD Dr. H. vom 8. April 2014 befand sich der Kläger in einem guten klinischen Zustand, weshalb er für eine Tätigkeit im Innen- und allgemeinen Verwaltungsdienst sowie im Ermittlungsdienst aus medizinischer Sicht einsetzbar war. Dieses Gutachten wurde vom sachverständigen Zeugen MD Dr. H. in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Die Erläuterung des Gesundheitszeugnisses des sachverständigen Zeugen in der mündlichen Verhandlung ist für das Gericht stimmig, überzeugend und wirft keine Zweifelsfragen auf. Auch der Beklagte hat dem nicht substantiiert widersprochen. Für das Gericht steht daher fest, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Untersuchung am 7. April 2014 sowohl im Innen- und allgemeinen Verwaltungsdienst, als auch im Ermittlungsdienst (mit einer Tätigkeit ohne Konfrontationsrisiko) einsatzfähig war. Somit lag beim Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids die eingeschränkte Polizeidienstfähigkeit im Sinne des Art. 128 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 i. V. m. Art. 128 Abs. 2 Satz 1 BayBG vor.
Dass der Kläger aus medizinischen Gründen nicht in der Lage war, einen Dienstort aufzusuchen, der von seinem Wohnort mehr als 30 Autominuten entfernt war, ist dem Gutachten nicht zu entnehmen. Der sachverständige Zeuge erläuterte in der mündlichen Verhandlung, dass es eine Zeitgrenze, ab der aus medizinischen Gründen eine Anfahrt zum Arbeitsplatz unzumutbar wäre, nicht gibt.
Die Frage, ob Versetzungsmöglichkeiten des Klägers zum damaligen Zeitpunkt bestanden haben und ob ein wohnortnaher Einsatz des Klägers ermöglicht werden konnte oder musste, obliegt nicht der amtsärztlichen Beurteilung. Der Beklagte hätte die vom Polizeiarzt gezogene Schlussfolgerung, die eine Dienstunfähigkeit allein aus dem Fehlen einer Verwendungsmöglichkeit in der Nähe des Heimatortes des Klägers ableitete, nicht übernehmen dürfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist es Aufgabe des Arztes, den Gesundheitszustand festzustellen und medizinisch zu bewerten. Die Schlussfolgerungen hieraus für die Beurteilung der Dienstfähigkeit zu ziehen, ist dagegen Sache der Behörde. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um der Behörde die Fachkenntnis zu vermitteln, die für ihre Entscheidung erforderlich ist. Das Gutachten darf sich nicht darauf beschränken ein Untersuchungsergebnis festzuhalten, es muss die medizinischen Feststellungen zum Sachverhalt und die daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen aus medizinischer Sicht enthalten (BVerwG, U. v. 19.03.2015 – 2 C 37/13 – NVwZ-RR 2015, 625). Davon ausgehend hätte das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei nur die medizinischen Feststellungen würdigen, nicht aber den nicht auf medizinischen Gründen beruhenden Schluss auf die Dienstunfähigkeit mangels Versetzungsmöglichkeit an wohnortnähere Stellen ziehen dürfen.
Selbiges gilt für das polizeiärztliche Gutachten von MDin Dr. K. vom 8. April 2014. Auch hier obliegt es nicht der Beurteilung der Fachärztin für Psychiatrie, ob eine Verwendung innerhalb des räumlichen Bereichs um B. möglich ist und ob der Kläger ausschließlich im räumlichen Bereich eingesetzt werden muss. Diese Schlussfolgerung muss vom Beklagten gezogen werden, er kann nicht die Schlussfolgerung der Ärztin übernehmen, wenn sich diese nicht auf ärztliche Erkenntnisse, sondern auf rechtliche Würdigungen bezieht. Aus psychiatrischer Sicht lagen beim Kläger laut den Feststellungen von MDin Dr. K. im Gutachten vom 8. April 2014, denen sich das Gericht anschließt, eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Beeinträchtigung von anderen Gefühlen und akzentuierte Persönlichkeitszüge mit Merkmalen einer narzisstischen Persönlichkeit vor. Sie erläuterte als sachverständige Zeugin in der mündlichen Verhandlung, dass aus psychiatrischer Sicht zum Untersuchungszeitpunkt ein Einsatz in E. oder N. möglich gewesen wäre. Die beim Kläger vorliegende Anpassungsstörung und die akzentuierten Persönlichkeitszüge würden keine allgemeine Dienstunfähigkeit begründen. Das Gericht hat keinen Zweifel an diesen Feststellungen, sie wurden auch vom Beklagten nicht substantiiert bestritten. Die sachverständige Zeugin gab in der mündlichen Verhandlung an, nicht nach der Verwendungsmöglichkeit an anderen Dienstorten befragt worden zu sein. Die Dienstunfähigkeit habe sie nur darauf gestützt, dass der Kläger seit geraumer Zeit keinen Dienst verrichtet hatte und dass die Nachfrage zum wohnortnäheren Dienstort bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei negativ beantwortet worden sei. Der Kläger habe in seiner Argumentation nicht vertreten, dass der anderweitige Wohnort ihn in seinem psychischen Gesundheitszustand beeinträchtige, sondern nur, dass sein Familienleben darunter leide, was keine medizinischen Gründe seien. Die juristischen Schlussfolgerungen auf der letzten Seite der ausführlichen Fassung des Gutachtens (die dem Gericht erneut in der mündlichen Verhandlung übergeben wurde) bzw. in der Kurzzusammenfassung des Gutachtens obliegen nicht der begutachtenden Ärztin, sondern sind vom Beklagten zu ziehen. Auf die Frage, ob die festgestellte psychiatrische Störung Grund für die Annahme der Dienstunfähigkeit ist und warum dieser Schluss gezogen wurde, geht das Gutachten nicht ein. Die sachverständige Zeugin ging auch ausweislich ihrer Ausführungen in der mündlichen Verhandlung nicht von einer Erkrankung des Klägers auf psychiatrischem Gebiet aus, welche zu einer Dienstunfähigkeit führen würde. Das Gutachten stützt sich somit allein auf die Weigerung des Klägers, fern seines Wohnortes eingesetzt zu werden, ohne hieraus medizinische Schlüsse zu ziehen. Dies genügt für die amtsärztliche Feststellung der Dienstunfähigkeit nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht.
Da aus medizinischer Sicht zum Untersuchungszeitpunkt keine Gründe vorlagen, weswegen der Kläger nicht innerhalb der nächsten 6 Monate seinen Dienst hätte verrichten können, lagen auch die Voraussetzungen für die Annahme der allgemeinen Dienstunfähigkeit nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i. V. m. Art. 65 Abs. 1 BayBG nicht vor.
Das vom Beklagten eingeholten Gutachten des MD Dr. H. vom 8. April 2014, das dem BPP zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vorlag, überholte die Aussagen des MD Dr. U. vom 1. Oktober 2013. Eine überwiegend sitzende Tätigkeit war dem Kläger zum Zeitpunkt der Untersuchung (am 7. April 2014) zuzumuten. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest, aufgrund der Feststellungen im Gesundheitszeugnis des MD Dr. H. vom 8. April 2014 und der hierzu ergangenen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung, dass sich der Wirbelsäulenschaden aus organmedizinischer Hinsicht zurückentwickelt habe und eine Tätigkeit im Innen- und Verwaltungsdienst sowie im Ermittlungsdienst (bei einer Tätigkeit ohne Konfrontationsrisiko) aus medizinischer Sicht möglich gewesen sei.
2.2. Darüber hinaus ist der Beklagte der gesetzlich festgelegten und ihm obliegenden Verpflichtung zur Suche nach anderweitiger Verwendung nicht hinreichend nachgekommen.
Die Verpflichtung zur Suche nach anderweitiger Verwendung ist gesetzlich festgelegt in Art. 128 Abs. 2 Sätze 1, 3, 5, Abs. 3 BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG. Über die dienstliche Verwendung eines Beamten mit eingeschränkter Polizeidienstfähigkeit entscheidet der Dienstherr nach pflichtgemäßem Ermessen. Er kann den Beamten in einer Funktion, die den gesundheitlichen Anforderungen auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordert, einsetzen (Art. 128 Abs. 2 Satz 1 BayBG), ihm eine geringerwertige Tätigkeit übertragen (Art. 128 Abs. 2 Satz 3 BayBG) oder ihm ein anderes Amt derselben oder einen anderen Laufbahn übertragen (Art. 128 Abs. 2 Satz 5, Abs. 3 BayBG i. V. m. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und 3 BeamtStG). Dies bedeutet, dass sich der Dienstherr zunächst um eine Umsetzung auf einen geeigneten Dienstposten innerhalb des Polizeibereichs bemühen muss. Die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, aber auch die Fürsorgepflicht gegenüber Beamten mit nur eingeschränkter Polizeidienstfähigkeit sprechen für die Verpflichtung des Dienstherrn zur Umsetzung anderer Beamter, die einen für den umzusetzenden Beamten geeigneten Dienstposten haben, solange dadurch die Effektivität des Polizeiapparates nicht in Frage gestellt wird. Der Beamte kann unter Beibehaltung seines Amts im statusrechtlichen Sinn auf einem geringerwertigen Dienstposten innerhalb der Polizeiverwaltung eingesetzt werden. Aus Fürsorgegründen sollte aber versucht werden, ihn status- und funktionsgemäß in einer anderen Laufbahn unterzubringen. Eine Weiterverwendung von polizeidienstunfähigen Beamten ist grundsätzlich in allen Laufbahnen und Fachrichtungen möglich. Dabei gilt der Grundsatz, dass der Dienstherr seiner Pflicht zur Suche nach einer anderen Beschäftigungsmöglichkeit effektiv nachzukommen hat (Baßlsperger, PersV 2013, 164/173 f.).
Dieser Suchpflicht liegt der Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ zugrunde. Die Suche nach einem anderen Amt muss diesem Grundsatz in effektiver Weise zur Umsetzung verhelfen. Die Suche muss sich auf den gesamten Bereich des Dienstherren erstrecken. Der Beamte ist weiterhin dienstfähig, wenn ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Daran fehlt es nur dann, wenn die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigt würden (BVerwG, U. v. 26.03.2009 – 2 C 73/08 – BVerwGE 133, 297). Die Suche muss sich auch auf Dienstposten beziehen, die in absehbarer Zeit neu zu besetzen sind, wobei sich der zu betrachtende Zeitraum aus der für den Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung erforderlichen Zeit ergibt. Die Suchpflicht darf sich nicht auf die Nachfrage beschränken, ob eine andere Behörde im Bereich des Dienstherren bereit ist, den Beamten zu übernehmen. Vielmehr sind konkrete, ggf. auch dialogische Bemühungen erforderlich. Zur Suchpflicht gehört auch eine Nachfrage bei der Behörde, wenn diese eine Abfrage unbeantwortet lässt (BVerwG, B. v. 06.03.2012 – 2 A 5/10 – IÖD 2012, 122 und BVerwG, U. v. 19.03.2015 – 2 C 37/13 – IÖD 2015, 134).
Diesen Grundsätzen entsprach das hierfür beweispflichtige Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei nicht. Insbesondere das Anschreiben vom 17. Juli 2014, mit welchem 125 Behörden angeschrieben wurden, genügt diesen Anforderungen nicht, da das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei mit diesen Behörden nicht in dialogischen Kontakt getreten ist und nachgefragt hat, warum eine Übernahme im Einzelfall nicht möglich war.
Zudem handelte es sich zum großen Teil um Nachfragen, bei denen eine Verwendung des Klägers schon vorher offensichtlich nicht in Frage kam, da hierzu keine Laufbahnbefähigung vorlag (z. B. Nachfragen an die Finanzämter) oder bekanntermaßen für einen Beamten der Besoldungsgruppe A 12 keine Stellen vorhanden waren (z. B. Internationales Künstlerhaus Villa Concordia B., Schloss und Gartenverwaltung) oder funktionsbezogen vergeben werden (z. B. Bayerisches Landesamt für Maß und Gewicht). Dass eine Übernahme auf diesem Weg von vornherein zum Scheitern verurteilt war, lässt auch das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums des Inneren, für Bau und Verkehr (StMIBV) vom 18. Januar 2016 (Az. IZ1-0501-1-19) erkennen, welches Hinweise zur aktuellen Praxis zur Suche nach anderweitigen Verwendungsmöglichkeiten liefert. Dort heißt es:
„Das Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat wies darauf hin, dass im staatlichen Bereich nur die obersten Dienstbehörden/Ministerien kommunizieren. Dadurch könne bereits vom jeweiligen Ministerium sichergestellt werden, dass im eigenen Zuständigkeitsbereich keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit vorhanden sei. Soweit in Ihrem Zuständigkeitsbereich keine anderweitige Verwendungsmöglichkeit besteht, wenden Sie sich bitte an das zuständige Personalsachgebiet des StMIBV bzw. des im Einzelfall zuständigen Ressorts.“
Dies zeigt, dass eine Nachfrage im Zuständigkeitsbereich eines anderen Ressorts ohnehin nur auf Ministeriumsebene abgefragt werden kann, so dass Anfragen an Finanzämter, an das Arbeitsgericht, an Behörden oder Gerichte im Ressort des Staatsministeriums der Justiz und an Schulen und Universitäten nicht erfolgsversprechend waren. Dem Schreiben kann auch entnommen werden, dass selbst für die Prüfung der anderweitigen Verwendungsmöglichkeit in Behörden im Zuständigkeitsbereich des StMIBV eine effektive Abfrage letztendlich nur über das StMIBV möglich ist. Zwar lag dem Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei diese Schreiben zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids nicht vor. Die entsprechende Verwaltungspraxis bestand aber schon zu diesem Zeitpunkt. So kann z. B. der Aktenlage und der Rückantwort des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 22. Juli 2014 entnommen werden, dass das Amt als staatliche Behörde der „Stellenbewirtschaftung unterliegt“ und „nicht ermächtigt ist, Mitarbeiter einzustellen.“ Die Schreiben an die Gemeinden mussten aufgrund der Tatsache fehlschlagen, dass es sich um kleine Gemeinden handelte, die für einen Beamten der Besoldungsgruppe A 12 ohnehin keine Verwendungsmöglichkeit haben.
Die Formulierung des Anschreibens vom 17. Juli 2014 war zudem so gewählt, dass dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung‘“ nicht in effektiver Weise zur Umsetzung verholfen werden konnte. Die Formulierung „zwischenzeitlich kann er aus gesundheitlichen Gründen im Vollzugsdienst keinen Dienst leisten, eine Verwendung im Innendienst erscheint aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen“ impliziert schon, dass Zweifel an einer Verwendungsmöglichkeit im Innendienst bestehen. Nach der Rechtsprechung muss die Suchanfrage eine vorhandene Leistungsfähigkeit charakterisieren und sachlich kurz beschreiben, damit für die angefragte Behörde die Einschätzungsmöglichkeit besteht, ob der Beamte für eine Verwendung in ihrem Verantwortungsbereich in Frage kommt (BVerwG, U. v.19.03.2015 – 2 C 37/13 – – 2 C 37/13 – IÖD 2015, 134). Eine derartige sachliche Charakterisierung liegt hier gerade nicht vor.
2.3. Die vom Klägerbevollmächtigten behauptete rechtswidrige Abordnung zu den OED B. ist für die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzung nicht relevant, da diese eigenständig zu beurteilen ist und keinen Einfluss auf die Ruhestandsversetzung hatte.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr, 11, § 711 ZPO.
4. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.


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