Arbeitsrecht

Versetzung in den Ruhestand aufgrund von Dienstunfähigkeit

Aktenzeichen  W 1 K 18.1077

Datum:
16.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 9992
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 26 Abs. 1 S. 1
BayBG Art. 65 Abs. 1, Art. 66
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1
SGB IX § 167

 

Leitsatz

1 Weder die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements noch die stufenweise Wiedereingliederung sind Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für den Erlass einer Ruhestandsversetzungsverfügung. (Rn. 17 – 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Weicht die medizinische Beurteilung des Amtsarztes hinsichtlich desselben Krankheitsbildes von der Beurteilung des behandelnden Privatarztes ab, so kommt der Beurteilung des Amtsarztes grundsätzlich der Vorrang zu; wenn der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert hat, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt (ebenso BVerwG BeckRS 2007, 25887). (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3 Scheidet jegliche Weiterverwendung des Beamten aus gesundheitlichen Gründen aus, so entfällt auch die gesetzliche Suchpflicht (stRspr BVerwG BeckRS 2017, 140351 mwN). (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
4 Die Suchpflicht begründet keine Verpflichtung des Dienstherrn, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen, denn es liegt im Organisationsermessen des Dienstherrn, welche und wie viele Ämter im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinn er bei den Behörden einrichtet und aus welchen Gründen er diese Ämterstruktur ändert (ebenso BVerwG BeckRS 2009, 34133). (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 9. August 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Nach § 26 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern (Beamtenstatusgesetz – BeamtStG) sind Beamte und Beamtinnen auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands und aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb einer Frist, deren Bestimmung dem Landesrecht vorbehalten bleibt, die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Von der Versetzung in den Ruhestand soll abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist. Die landesrechtlich bestimmte Frist, innerhalb derer keine Aussicht auf Wiederherstellung der Dienstfähigkeit besteht, wird durch Art. 65 Abs. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) auf sechs Monate festgesetzt.
Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Bescheids über die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand kommt es auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (vgl. BVerwG, B.v. 21.2.2014 – 2 B 24/12 – juris; U.v. 30.5.2013 – 2 C 68.11 – BverwGE 146, 347 und vom 16.10.1997 – 2 C 7.97 – BVerwGE 105, 267 m.w.N.). Da vorliegend kein Widerspruchsverfahren geführt wurde, ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung somit der Erlass der Ruhestandsversetzungsverfügung am 9. August 2018.
2. Die Versetzung in den Ruhestand ist formell rechtmäßig.
a) Gemäß Art. 66 Abs. 1 BayBG muss der Dienstherr schriftlich unter Angabe von Gründen mitteilen, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt ist. Dies ist mit Schreiben vom 11. Juni 2018 geschehen. Die Mitteilung wurde auch gemäß Art. 10 BayVwVfG i.V.m Art. 4 Abs. 1 2. Alt VwZVG mittels Einschreibens mit Rückschein zugestellt, sodass die Monatsfrist des Art. 66 Abs. 2 BayBG zu laufen begann und am 13. Juli 2018 endete. Einwendungen wurden erst am 20. Juli 2018 erhoben. Die vom Klägerbevollmächtigten beantragte und von der Beklagten gewährte Fristverlängerung ist unerheblich. Bei der Frist des Art. 66 Abs. 2 BayBG handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die, da das Gesetz nichts anderes vorsieht, nicht verlängert werden kann (BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 42. Edition § 31 VwVfG Rn. 13). Der Ablauf der Monatsfrist führt zu keiner zwangsläufigen Nichtberücksichtigung verspätet vorgebrachter Einwendungen, sondern berechtigt den Dienstherrn nur, zur Prüfung der verspäteten Einwände nicht mehr in das förmliche Verfahren nach Art. 66 Abs. 2 BayBG einsteigen zu müssen (BeckOK Beamtenrecht Bayern, Brinktrine/Voitl, 12. Edition, Art. 66 BayBG Rn. 21.1.). Bei wesentlichen Einwendungen, die prägenden Charakter für Fort- und Ausgang des Zwangspensionierungsverfahrens haben, muss der Dienstherr die wesentlichen Gesichtspunkte im Rahmen seiner Entscheidung berücksichtigen (so auch BeckOK Beamtenrecht Bayern, Brinktrine/Voitl, 12. Edition, Art. 66 BayBG Rn. 21.1.).
Dies hat die Beklagte getan. Sie hat sich mit den Einwendungen des Klägers in einer weiteren Gemeinschaftsversammlung vom 1. August 2018 auseinandergesetzt und in dieser den Beschluss zur Versetzung des Klägers in den Ruhestand bestätigt.
Die Beklagte war aufgrund der vorgebrachten Einwände auch nicht zu weiteren Nachforschungen, insbesondere auch nicht zu der Einholung eines vom Klägerbevollmächtigten beantragten fachpsychiatrischen Gutachtens, verpflichtet. Der Dienstherr ist nur dann zu weiteren Ermittlungen verpflichtet, wenn innerhalb eines Monats Einwendungen erhoben wurden (BayVGH, B.v. 20.3.2017 – 3 ZB 14.1447 – juris; BVerwG, B.v. 23.10.1972 – VI B 62.71 – juris). Dies war vorliegend, wie bereits festgestellt, jedoch nicht der Fall, die Einwendungen wurden verspätet erhoben.
b) Gemäß § 167 SGB IX hat die Dienststelle bei Schwerbehinderten ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten. Dies entspricht auch Nr. 3.2.2. der Teilhaberichtlinie – Inklusion behinderter Angehöriger des Öffentlichen Dienstes in Bayern vom 19. November 2012 (im Folgenden: Teilhaberichtlinie). Nr. 15.3. der Teilhaberichtlinie empfiehlt Gemeindeverbänden entsprechend der Teilhaberichlinie zu verfahren. Dies ist vorliegend mit Schreiben vom 22. Januar 2018 geschehen. Dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement trotz des Angebots nicht stattgefunden hat, ist unbeachtlich. Die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass der Ruhestandsversetzungsverfügung, dies wäre nicht mit den besonderen beamtenrechtlichen Voraussetzungen in Einklang zu bringen (BayVGH, U.v. 31.7.2015 – 3 ZB 12.1613 – juris; BVerwG, U.v. 5.6.14 – 3 C 22/13 – juris).
c) Ebenfalls ist unerheblich, dass keine stufenweise Wiedereingliederung erfolgte. Nr. 11.2 Abs. 2 der Teilhaberichtlinie konkretisiert die stufenweise Wiedereingliederung, wobei dies entsprechend Nr. 15.3. der Teilhaberichtlinie für die Gemeindeverbände nur eine Empfehlung darstellt. Erforderlich für eine Wiedereingliederung ist das Einverständnis der Beteiligten, dieses lag offensichtlich nicht vor. Unbeachtlich ist, auf wessen Verschulden es zurückzuführen ist, dass eine Wiedereingliederung nicht erfolgte. Die Ruhestandsversetzung gründet sich auf dem amtsärztlichen Gutachten vom 14. Mai 2018. In diesem wird für die Kammer nachvollziehbar davon ausgegangen, dass eine gestufte Wiedereingliederung nicht zu erfolgen brauchte, da kein ausreichendes Leistungsvermögen vorhanden war. Der Kläger hat im Anschluss hieran auch keine entgegenstehende ärztliche Stellungnahme vorgelegt, in der eine Wiedereingliederung befürwortet wurde. Die vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen, die eine Wiedereingliederung befürworten, beziehen sich auf einen Zeitraum vor Erstellung dieses amtsärztlichen Gutachtens. Auf die Rechtmäßigkeit der Ruhestandsversetzungsverfügung hat es daher keinen Einfluss, dass eine Wiedereingliederung nicht erfolgte.
3. Die Ruhestandsversetzung ist auch materiell rechtlich nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG liegen vor, da der Kläger im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung in Folge einer Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst geleistet hat und keine Aussicht bestand, dass er innerhalb von sechs Monaten wieder voll dienstfähig wird.
a) Die Beurteilung der Frage durch die Behörde, ob ein Beamter zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, unterliegt keinem gerichtsfreien Beurteilungsspielraum. Es handelt sich um die Auslegung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die gerichtlich voll überprüfbar ist. Der gerichtlichen Kontrolle unterliegt somit nicht nur, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern auch, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Aus diesem Grund sind die Feststellungen oder Schlussfolgerungen aus ärztlichen Gutachten vom Gericht – in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis – nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen (OVG Saarl., U.v. 24.4.2012 – 2 K 984/10 – juris; OVG NW, B.v. 3.2.2012 – 1 B 1490/11 – juris; U.v. 22.1.2010 – 1 A 2211/07 – juris; VG Würzburg, U.v. 17.4.2018 – W 1 K 17.500 – n.v.; VG München, U.v. 10.12.2014 – M 5 K 14.2534 – juris).
Die Beurteilung der Dienstunfähigkeit erfordert eine anhand konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte zu treffende Prognose, dass der Beamte infolge seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten in Zukunft dauernd unfähig sein wird (BGH, U.v. 4.3.2015 – RiZ (R) 5/14 – juris; BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris). Dauernde Dienstunfähigkeit im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG ist dabei zu bejahen, wenn eine Wiedererlangung der Dienstfähigkeit aufgrund einer Erkrankung in absehbarer Zeit unwahrscheinlich ist, wobei dafür, was als dauernd anzusehen ist, die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG mit heranzuziehen sind. Diese stellen eine ergänzende Regelung dar, mit deren Hilfe die Feststellung der Dienstunfähigkeit bei länger dauernden Erkrankungen im Einzelfall erleichtert werden kann (BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris). Es muss nicht mit Gewissheit feststehen, dass die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb von sechs weiteren Monaten unwahrscheinlich ist. Es reicht vielmehr aus, wenn im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung mit hinreichender Sicherheit prognostiziert werden kann, dass der Beamte für einen Zeitraum von mindestens sechs weiteren Monaten dienstunfähig sein wird (BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris).
Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Kläger dauerhaft dienstunfähig. Aufgrund seines Gesundheitszustandes ist er nicht mehr imstande, sein Amt im abstrakt-funktionellen Sinn wahrzunehmen.
Dies ergibt sich aus dem Gutachten des Landratsamts Ludwigsburg vom 14. Mai 2018. Die Amtsärztin kommt in diesem Gutachten zu dem Ergebnis, dass keine Aussicht auf Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit besteht, da eine langjährige, chronifizierte psychiatrische Erkrankung bei dem Kläger bestehe. Bei einer Rückkehr an den Arbeitsplatz sei konkret zu befürchten, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers rasch verschlechtern werde; seine Stabilität und Belastbarkeit werde als nicht ausreichend eingeschätzt. Zudem dürfe der Kläger keine anhaltende psychosoziale Belastung erfahren, keine Arbeiten mit Anforderungen an die Konzentration, Ausdauer und Arbeitstempo ausüben sowie keine überlangen Arbeitszeiten, keinen Termindruck und keine Konflikte haben. Bei einer Rückkehr an seinem Arbeitsplatz erwarte den Kläger jedoch eine hohe Arbeitsbelastung. Unter hoher Arbeitsbelastung oder psychisch belastenden Umständen würden psychische Erkrankungen jedoch zu Rückfällen neigen. Es bestünden bei dem Kläger hochgradige Beeinträchtigungen durch berufliche und private Belastungsfaktoren. Ein ausreichendes Leistungsvermögen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sei weder voll- noch teilschichtig gegeben.
Die Darstellungen der Amtsärztin sind vor dem Hintergrund der Fehlzeiten des Klägers, welche auch schon bei den vorherigen Dienstherren in erheblichem Umfang gegeben waren, nachvollziehbar. Dies gilt auch, wenn man nur die Fehlzeiten in den Blick nimmt, die auf eine psychiatrische Erkrankung zurückzuführen sind (u.a. vom 31. Juli 2017 bis zum 20. Mai 2018). Solche lang dauernden krankheitsbedingten Fehlzeiten erlauben die Prognose, dass ein Beamter innerhalb von weiteren sechs Monaten nicht wieder voll dienstfähig sein wird, sofern sie nicht auf Krankheiten zurückzuführen sind, die die Dienstfähigkeit des Beamten tatsächlich nicht dauerhaft berühren (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2018, a.a.O., juris – Rn. 62). Der Kläger leidet an einer psychischen Erkrankung, wegen der er sich bereits seit 2013 in therapeutischer Behandlung befindet. Unabhängig davon, ob man, wie die Amtsärztin, von einer chronifizierten Erkrankung ausgeht oder, wie das Gutachten von Prof. Dr. V. vom 11. März 2019, von einer rezidivierenden (wiederkehrenden) depressiven Störung, liegt eine schwerwiegende psychische Erkrankung vor. Insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger bereits seit Jahren deswegen in Behandlung ist, kann davon ausgegangen werden, dass diese Erkrankung den Kläger dauerhaft berührt. Selbst das Gutachten des Prof. Dr. V. geht von einer Rückfallquote von 80 Prozent aus.
Das amtsärztliche Gutachten vom 14. Mai 2018 ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht widersprüchlich. Zwar verneint die Amtsärztin eine Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit und hält zum anderen dennoch eine Intensivierung der psychiatrischen Behandlung weiterhin für erforderlich, ebenso eine Nachuntersuchung in zwölf Monaten. Insbesondere mit Blick auf Art. 65 Abs. 4 BayBG, der die Möglichkeit schafft einen Beamten auf Antrag zu reaktivieren, ist dies jedoch nicht widersprüchlich. Die Feststellung einer dauerhaften Dienstunfähigkeit führt nicht dazu, dass der Beamte tatsächlich dauerhaft im Sinne von bis zum Ruhestandseintritt keinen Dienst mehr verrichten kann.
Auch ergibt sich hieraus nicht, dass die Amtsärztin nur von einer momentanen Dienstunfähigkeit ausgeht. Eine dauerhafte Dienstunfähigkeit ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Wiederherstellung nicht innerhalb von sechs Monaten zu erwarten ist. Dem steht eine Empfehlung zur Nachuntersuchung in zwölf Monaten ersichtlich nicht entgegen.
Dem steht auch nicht das erste amtsärztliche Gutachten vom 18. Dezember 2017 entgegen, in dem dem Kläger eine Aussicht auf Wiederherstellung der vollen Dienstfähigkeit in voraussichtlich drei Monaten bescheinigt wurde. Auch nach Ablauf der in dem Gutachten erwähnten drei Monate war der Kläger noch nicht wieder voll dienstfähig, sodass sich die Prognose nicht erfüllt hat. Zudem beruht das Gutachten vom 14. Mai 2018 auf der zum damaligen Zeitpunkt aktuellen amtsärztlichen Einschätzung, sodass es auf das erste Gutachten, welches zeitlich ca. 6 Monate vor dem zweiten Gutachten erstellt wurde, nicht ankommt. Die Amtsärztin durfte vielmehr die seitdem stattgefundene Entwicklung berücksichtigen.
Der Kläger ist den amtsärztlichen Feststellungen auch nicht substantiiert entgegengetreten. Es liegen keine anderslautenden privatärztlichen Gutachten hinsichtlich der Dienstfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung vor, die an der Einschätzung der Amtsärztin Zweifel aufkommen lassen könnten.
So steht dem Gutachten vom 14. Mai 2018 nicht die Einschätzung des behandelnden Arztes Dr. M. entgegen.
Weicht die medizinische Beurteilung des Amtsarztes hinsichtlich desselben Krankheitsbildes von der Beurteilung des behandelnden Privatarztes ab, so kommt der Beurteilung des Amtsarztes der Vorrang zu, wenn keine begründeten Zweifel an der Sachkunde des Amtsarztes bestehen, die medizinische Beurteilung auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht sowie in sich stimmig und nachvollziehbar ist. Wenn der Privatarzt seinen medizinischen Befund näher erläutert hat, so muss der Amtsarzt auf diese Erwägungen eingehen und nachvollziehbar darlegen, warum er ihnen nicht folgt (BVerwG, U.v. 11.10.2006 – 1 D 10/05 – juris). Dieser Vorrang hat seinen Grund in der Neutralität und Unabhängigkeit des Amtsarztes, der im Gegensatz zu einem Privatarzt, der womöglich bestrebt ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und unabhängig vornimmt und er dem Beamten und der Dienststelle gleichermaßen fernsteht. Gerade bei der Feststellung der gesundheitlichen Eignung kommt den Zeugnissen des Gesundheitsamtes eine besondere Bedeutung zu, da es einer besonderen Sorgfaltspflicht unterliegt und über speziellen Sachverstand hinsichtlich der Frage verfügt, ob und wann eine Gesundheitsstörung die Dienstunfähigkeit eines Beamten bewirkt (BVerwG, B.v. 20.1.1976 – BVerwGE 53, 118; VG Augsburg, U.v. 12. März 2009 – Au 2 K 08.1222 – juris: VG Ansbach, U.v. 31.1.2006 – AN 1 K 05.03079 – juris Rn. 34 m.w.N.).
An der Sachkunde der Amtsärztin bestehen keine Zweifel, insbesondere ist sie selbst Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Wie bereits oben dargelegt, ist die medizinische Beurteilung, insbesondere mit Blick auf die häufigen Fehlzeiten, auch nachvollziehbar und in sich stimmig. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass sie unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt hätte. Der Kläger hat kein Schreiben seines Arztes vorgelegt, das den medizinischen Befund zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung näher erläutert, sodass die Amtsärztin auf diese Erwägungen hätte eingehen müssen.
Der Kläger hat ein Schreiben seines Arztes vom 7. November 2018 vorgelegt. In ihm heißt es unter anderem: „[…] inzwischen ein Normalbefund vorliegt.“ und „inzwischen als voll dienstfähig einzuschätzen“. Zudem gibt der behandelnde Arzt in diesem Schreiben an, dass die Arbeitsunfähigkeit des Klägers ab Mai 2018 beendet werden konnte.
Da es auf den Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankommt, ist die danach erfolgte Aussage des Arztes, dass inzwischen ein Normalbefund vorliege und der Kläger voll dienstfähig sei, unabhängig von der Frage der inhaltlichen Richtigkeit unbeachtlich.
Entscheidend ist im Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung lediglich die Prognose der Dienstunfähigkeit. Es ist unschädlich, wenn sich eine sachlich hinreichend begründete Prognose, der Beamte sei dauernd dienstunfähig, später als unzutreffend erweist (vgl. BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris und B.v. 15.2.2016 – 3 B 15.534 – juris Rn. 24); dies gilt allerdings nur für Änderungen, die nach der letzten Behördenentscheidung eingetreten sind (BayVGH U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris, B. v. 15.2.2016 – 3 B 15.534 – juris). Vorliegend ist die ärztliche Einschätzung des Dr. M. erst nach Erlass der Ruhestandsversetzungsverfügung ergangen und stellt somit auf einen Zeitpunkt nach der letzten Behördenentscheidung ab.
Bis zum 22. Mai 2018 wurde der Kläger von seinem behandelnden Arzt arbeitsunfähig geschrieben. Im Anschluss daran befand sich der Kläger stationär im Krankenhaus und war dadurch abermals dienstunfähig. Allein aus dem Umstand, dass der Arzt den Kläger ab dem 23. Mai 2018 nicht mehr dienstunfähig geschrieben hat, lässt sich daher nicht darauf schließen, dass der Kläger wieder dienstfähig war. Nähere Ausführungen zu dem medizinischen Befund am 22. Mai 2018 und zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung machte der Arzt des Klägers nicht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Prof. Dr. V. vom 11. März 2019. Dort wird festgehalten, dass die Amtsärztin fälschlicherweise eine chronifizierte langjährige Erkrankung annehme. Es liege jedoch lediglich eine rezidivierende depressive Störung vor, derzeit remittiert. Entscheidend ist jedoch, wie bereits ausgeführt, die Prognose der Dienstunfähigkeit, welche vorliegend nachvollziehbar dargestellt wurde, unabhängig davon, ob nunmehr eine chronifizierte oder eine rezidivierende depressive Störung vorlag. Das Gutachten vom 11. März 2019 sieht zudem eine volle Dienstfähigkeit des Klägers. So heißt es dort: „Insofern besteht kein Zweifel, dass es derzeit keine[n] krankheitsimmanenten Grund für eine Dienstunfähigkeit des Probanden gibt.“. Auch dieses Gutachten stellt somit nicht auf den Zeitpunkt der Versetzung in den Ruhestand ab, sondern lediglich auf den Befund im März 2019 und kann daher das amtsärztliche Gutachten vom 14. Mai 2018 ebenfalls nicht erschüttern. Insbesondere berührt das Gutachten auch nicht die Prognose des amtsärztlichen Gutachtens vom 14. Mai 2018, da es auf einen Zeitpunkt abstellt, bei dem schon mehr als sechs Monate seit Erstellung der Prognose vergangen sind.
Ein substantiiertes Anzweifeln der Feststellung in dem amtsärztlichen Gutachten liegt daher nicht vor.
b) Eine Verletzung der Suchpflicht hinsichtlich eines für den Kläger geeigneten Dienstpostens liegt nicht vor.
Von der Versetzung in den Ruhestand soll nach dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ nach § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung gemäß § 26 Abs. 2 bzw. Abs. 3 BeamtStG möglich ist bzw. wenn der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (sog. begrenzte Dienstfähigkeit, § 27 Abs. 1 BeamtStG). Für danach noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (vgl. BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris; BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris).
Für die Annahme der Dienstunfähigkeit reicht es nicht aus, dass der Beamte die Aufgaben des von ihm wahrgenommenen Amts im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) nicht mehr erfüllen kann. Denn Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist das dem Beamten übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris; U.v. 26.3.2009 – 2 C 73.08 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 30.1.2019 – 6 ZB 18.2184 – juris).
Die Übertragung eines anderen Amts bzw. einer geringerwertigen Beschäftigung setzt voraus, dass der Beamte den hierfür geltenden gesundheitlichen Anforderungen gewachsen sein muss. Scheidet jegliche Weiterverwendung des Beamten aus gesundheitlichen Gründen aus, so entfällt auch die gesetzliche Suchpflicht (BVerwG, U.v. 16.11.2017 – 2 A 5/16 – juris; U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris Rn. 26 f.; BayVGH, B. v. 27.1.2017 – 3 CS 16.2156 – juris).
Aus diesem Grund ist ein Beamter weiterhin dienstfähig, wenn ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn frei gemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Daran fehlt es, wenn derartige Maßnahmen die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen würden. Störungen des Betriebsauflaufs dürfen nicht über das Maß hinausgehen, das mit Änderungen vorübergehend zwangsläufig verbunden ist (BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73/08 – juris unter Bezugnahme auf Lemhöfer in Plog/Wiedow, BBG/BeamtVG, Kommentar, Band 1, Stand August 2007, § 42 Rn. 4; BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris). Allerdings geht das BVerwG zugleich davon aus, dass keine Verpflichtung des Dienstherrn begründet wird, personelle oder organisatorische Änderungen vorzunehmen, um eine Weiterverwendung zu ermöglichen, denn es liege im Organisationsermessen des Dienstherrn, welche und wie viele Ämter im abstrakt-funktionellen und im konkret-funktionellen Sinn er bei den Behörden einrichtet und aus welchen Gründen er diese Ämterstruktur ändert (BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73/08 – juris, m.w.N.; VG Ansbach, U.v. 26.9.2017 – AN 1 K 16.00923 – juris).
Es ist Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der ihm obliegenden Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den dienstunfähigen Beamten die Vorgaben des § 26 Abs. 2 und 3 BeamtStG beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat. (BVerwG, U.v. 26.3.2009 – 2 C 73/08 – juris; BayVGH, U.v. 28.2.2018 – 3 B 16.1996 – juris; VG Ansbach, U.v. 26.9.2017 – AN 1 K 16.00923 – juris).
Die Suchpflicht erstreckt sich vorliegend auf alle Dienstposten der Verwaltungsgemeinschaft … Ausweislich einer Aktennotiz vom 4. Juni 2018 hat die Verwaltungsgemeinschaft … insgesamt nur 18 Stellen.
In der Aktennotiz wird für die Kammer nachvollziehbar festgehalten, dass eine freie Stelle aktuell nicht vorhanden ist. Zudem wird in der Aktennotiz für die Kammer überzeugend ausgeführt, dass es aufgrund der überschaubaren Größe nicht möglich ist, den Kläger auf einer anderen Stelle unterzubringen und intern zu tauschen. Dass eine Verwendung auf einer anderen Stelle nicht möglich ist, wird zudem auch durch das amtsärztliche Gutachten vom 14. Mai 2019 überzeugend dargelegt; dort heißt es unter anderem, dass der Kläger keine Arbeiten mit Anforderungen an Konzentration, Ausdauer und Arbeitstempo verrichten kann. Die Kammer geht davon aus, dass alle bei der Beklagten eingerichteten Stellen solche Anforderungen stellen.
Es ist daher nicht möglich, den Kläger bei der Beklagten anderweitig zu verwenden. Der Suchpflicht wurde somit nachgekommen.
4. Nach alledem ist der Beklagte daher zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, sodass die Ruhestandsversetzung zu Recht erfolgt ist.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen gemäß § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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