Arbeitsrecht

Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

Aktenzeichen  AN 16 K 18.00630

Datum:
2.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 28329
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 44
PostPersRG § 1, § 4 Abs. 2, § 24 Abs. 1, § 28 Abs. 1 S. 1, § 29 Abs. 5 S. 1
BPersVG § 78 Abs. 1 Nr. 5
SGB IX § 178 Abs. 2
DPAGBefugAnO § 3 Abs. 1 Nr. 2
BAPostG § 3 Abs. 1, § 14
SGB IX § 167 Abs. 2 S. 1
SUrlV § 24
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, § 154 Abs. 1, § 161 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Leistet ein Beamter einer Untersuchungsanordnung i.S.v. § 44 Abs. 6 BBG Folge, ist das hiernach erstellte ärztliche Gutachten unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung verwertbar. (Rn. 53) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Pflicht des Dienstherrn zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung vor der Zurruhesetzung besteht nicht, wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Sowohl der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 5. März 2018, betreffend die Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit, als auch der Bescheid der Beklagten vom 20. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 5. März 2018, betreffend die Beendigung der Beurlaubung des Klägers zur … Bank …, erweisen sich als rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I.
Die Beklagte hat den Kläger mit Bescheid vom 20. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2018 zu Recht wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt.
1. Rechtsgrundlage für die streitgegenständliche Zurruhesetzungsverfügung bildet § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG. Der Anwendung des Bundesbeamtengesetzes steht nicht entgegen, dass der Kläger bei der … beschäftigt ist, da gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 PostPersRG in Ermangelung anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen auch auf die bei den Postnachfolgeunternehmen beschäftigten Bundesbeamten die für Beamte des Bundes geltenden Vorschriften anzuwenden sind. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG ist ein Beamter auf Lebenszeit in den Ruhestand zu versetzen, wenn er wegen des körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung der Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) ist. Als dienstunfähig kann gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 BBG auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat, wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob ein Beamter dauerhaft dienstunfähig ist, ist dabei der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (stRspr, vgl. etwa BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – juris Rn. 10; BayVGH, B.v. 5.9.2019 – 6 ZB 19.1076 – juris Rn. 7). Nach dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ wird nicht in den Ruhestand versetzt, wer anderweitig verwendbar ist (§ 44 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 bis 4 BBG). Für noch mögliche Verwendungen besteht eine gesetzliche Suchpflicht des Dienstherrn (BVerwG, a.a.O. – juris Rn. 12; B.v. 6.3.2012 – 2 A 5.10 – juris Rn. 4). Kann der Beamte den Anforderungen seines Amtes und denjenigen einer anderweitigen Verwendung nicht mehr voll entsprechen, unter Beibehaltung des übertragenen Amtes aber seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen, ist er für begrenzt dienstfähig zu erklären (§ 45 Abs. 1 Satz 1 BBG).
Maßstab für die Beurteilung der Dienstunfähigkeit ist nicht das von dem Beamten zuletzt wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten), sondern das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn. Es umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen der Beamte amtsangemessen beschäftigt werden kann. Daher setzt Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist (vgl. BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22.13 – juris Rn. 14 f.; BayVGH, B.v. 2.7.2018 – 6 ZB 18.163 – juris Rn. 5; B.v. 6.12.2018 – 6 ZB 18.2176 – juris Rn. 4).
Bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der … gibt es keine Ämterstruktur, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Die Bewertung der Funktionen und die Zuordnung der Aufgabenkreise zu einem bestimmten Statusamt, die Grundlage für die Bestimmung des amtsangemessenen und damit maßgeblichen Aufgabenkreises ist, liegt hier nicht vor. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der Postnachfolgeunternehmen angepasst werden. Diese Aufgabe erfüllt § 8 PostPersRG, der anordnet, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Die Gleichwertigkeit der einem Beamten übertragenen Tätigkeit ist aufgrund eines Funktionsvergleichs mit den Tätigkeiten bei der früheren Bundespost zu beurteilen. Eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit gilt als amtsangemessene Beschäftigung. Welche Anforderungen an die Erfüllung der jeweiligen Dienstpflichten zu stellen sind, legt der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die Leistungsfähigkeit zu messen ist. Er muss deshalb auch den ärztlichen Begutachtungen zugrunde gelegt werden (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – BVerwGE 150, 1-17, Rn. 15 – 16 m.w.N.).
Bei der Dienstunfähigkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle unterliegt (BVerwG, U.v. 27.6.2013 – 2 C 67.11 – juris Rn. 11). Für die Feststellung der gesundheitsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Beamten kommt dem Dienstherrn kein der Kontrollbefugnis der Gerichte entzogener Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – ZBR 2015, 379 ff.). Zur Beurteilung der Dienstfähigkeit müssen die gesundheitsbedingten Leistungseinschränkungen festgestellt und deren prognostische Entwicklung bewertet werden. Diese Vorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkenntnis, über die nur ein Arzt verfügt. Grundlage für die Entscheidung über die Dienstunfähigkeit ist daher die ärztliche Untersuchung nach Maßgabe des § 48 BBG, die nur einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt übertragen werden kann oder einer Ärztin oder einem Arzt, die oder der als Gutachterin oder Gutachter zugelassen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 BBG). Der Arzt teilt der Behörde auf Anforderung im Einzelfall die tragenden Gründe des Gutachtens mit, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die von ihr zu treffende Entscheidung erforderlich ist (§ 48 Abs. 2 Satz 1 BBG). Während ein Arzt mithin den Gesundheitszustand des Beamten feststellen und medizinisch bewerten muss, obliegen die Schlussfolgerungen hieraus, insbesondere die Feststellung, welche Folgen sich aus den ärztlich festgestellten Leistungseinschränkungen für die amtsbezogenen Dienstpflichten ergeben, und letztlich die Beurteilung der Dienstfähigkeit dem Dienstherrn und ggf. dem Gericht. Der Arzt wird lediglich als sachverständiger Helfer tätig, um den zuständigen Stellen diejenige Fachkenntnis zu vermitteln, die für deren Entscheidung erforderlich ist.
Ein im Zurruhesetzungsverfahren verwendetes amtsärztliches Gutachten darf sich daher nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist (BVerwG, U.v. 31.8.2017 – 2 A 6.15 – juris Rn. 63, B.v. 20.1.2011 – 2 B 2/10 – juris Rn. 5). Danach muss das Gutachten sowohl die notwendigen Feststellungen zum Sachverhalt, d.h. die in Bezug auf den Beamten erhobenen Befunde darstellen, als auch die aus medizinischer Sicht daraus abzuleitenden Schlussfolgerungen für die Fähigkeit des Beamten, seinen dienstlichen Anforderungen weiter zu genügen (vgl. BVerwG, U.v. 19.3.2015 – 2 C 37.13 – juris Rn. 12 m.w.N.). Wie detailliert eine amtsärztliche Stellungnahme danach jeweils sein muss, kann allerdings nicht abstrakt beantwortet werden, sondern richtet sich nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls (BVerwG, B.v. 20.1.2011 – 2 B 2.10 – juris Rn. 5; BayVGH, U.v. 28.11.19 – 6 B 19.1570 – juris Rn. 24; B.v. 6.12.2018 – 6 ZB 18.2176 – juris Rn. 5).
2. Nach diesen Grundsätzen ist es im vorliegend zu entscheidenden Fall nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Dienstunfähigkeit des Klägers bejaht und die gesetzlichen Voraussetzungen zur Vermeidung einer Ruhestandsversetzung des Klägers für nicht gegeben erachtet hat.
a) Der Kläger war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung der Beklagten am 5. März 2018 aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Tätigkeiten bei der …, die aufgrund ihrer Gleichwertigkeit i.S.v. § 8 PostPersRG als amtsgemäße Funktionen für einen Beamten im mittleren Dienst (Posthauptsekretär, Besoldungsgruppe A 8) gelten, dauernd unfähig im Sinne von § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG.
Dies ergibt sich aus der seit dem 30. November 2015 andauernden ununterbrochenen Erkrankung des Klägers in Verbindung mit den Gutachten des Postbetriebsarztes Dr. med. … vom 21. Juni 2017 und 18. Januar 2018.
Das nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG von der Beklagten eingeholte ärztliche Gutachten des Postbetriebsarztes Dr. med. … vom 21. Juni 2017 kommt nach Begutachtung des Klägers am 8. Juni 2017 und konsiliarischer Hinzuziehung des behandelnden Neurologen Dr. …, der Rehaklinik … sowie der … Humangenetik zu dem Ergebnis, dass der Kläger die üblichen Tätigkeiten auf dem bisherigen Dienstposten auch mit reduzierter Wochenarbeitszeit mit einem Anteil von mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Wochenarbeitszeit nicht ausüben kann. Es bestehe auch keine Aussicht auf die Wiederherstellung der vollen tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate. Der Kläger sei aus medizinischer Sicht dauernd unfähig, seinen Dienst zu leisten. Nach einem von Dr. med. … erstellten medizinischen Gesamtleistungsbild ist mit einer Verbesserung des Gesamtleistungsbildes bei normalem Therapieverlauf erst in 24 Monaten zu rechnen. Bezogen auf die regelmäßige Wochenarbeitszeit sei der Kläger lediglich unterhalbschichtig beschäftigungsfähig. Dr. med. … stützt seine Prognose ausweislich seiner Angaben zu den tragenden Gründen zu seinem Untersuchungsauftrag vom 21. Juni 2017 auf den Befund, dass der Kläger insgesamt in seiner allgemeinen körperlichen Belastbarkeit erheblich eingeschränkt ist, lediglich verkürzte Gehstrecken bewältigen kann, an motorischen Störungen der Muskulatur leidet und sowohl bzgl. seiner Stimme als auch emotional eingeschränkt belastbar sei. Als Diagnosen führt er eine neuronale Muskelatrophie bei motorischer Neuropathie, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und eine reaktive depressive Erkrankung an. Die seit mehr als zehn Jahren bekannte schwerwiegende Muskelerkrankung führe zusammen mit verschiedenen internistischen Erkrankungen zu erheblichen Einschränkungen der allgemeinen Belastbarkeit. Die Dienstfähigkeit konnte unter hohem persönlichen Aufwand lange Zeit erhalten werden, zuletzt habe der Kläger jedoch zunehmend größere Probleme bei der Bewältigung dienstlicher Tätigkeiten und auch alltäglicher Anforderungen gehabt. Trotz intensiver fachärztlicher Behandlungen, auch stationärer Reha-Maßnahmen konnte eine ausreichende und wesentliche Verbesserung und Stabilisierung des Gesundheitszustandes nicht mehr erreicht werden.
Während des Widerspruchsverfahrens hat die Beklagte den Kläger am 8. Januar 2018 erneut nach Maßgabe von § 48 Abs. 1 Satz 1 BBG betriebsärztlich untersuchen lassen. Diese Untersuchung hat ausweislich des Gutachtens von Dr. med. … vom 18. Januar 2018 zu keinem abweichenden Ergebnis geführt. Dr. med. … erneuerte vielmehr bei gleichlautendem Befund und gleicher Diagnosen seine prognostische Einschätzung, dass der Kläger die üblichen Tätigkeiten auf dem bisherigen Dienstposten auch mit reduzierter Wochenarbeitszeit mit einem Anteil von mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Wochenarbeitszeit nicht ausüben kann. Es bestehe auch keine Aussicht auf die Wiederherstellung der vollen tätigkeitsbezogenen Leistungsfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate. Der Kläger sei aus medizinischer Sicht dauernd unfähig, seinen Dienst zu leisten.
Die Gutachten des Dr. med. … vom 21. Juni 2017 und 18. Januar 2018 genügen jeweils den Anforderungen der Rechtsprechung, weil sie die medizinischen Befunde und Schlussfolgerungen so plausibel und nachvollziehbar darlegen, dass die zuständige Behörde auf dieser Grundlage entscheiden kann, ob der Kläger zur Erfüllung der Dienstpflichten seines abstrakt-funktionellen Amtes dauernd unfähig ist und ob er anderweitig auf einem anderen Dienstposten eingesetzt werden kann. Insbesondere die Annahme von Dr. med. …, dass der Kläger bezogen auf die regelmäßige Wochenarbeitszeit lediglich unterhalbschichtig beschäftigungsfähig ist, erweist sich entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht als zweifelhaft. Dr. med. … kam zwar in einer Eignungsuntersuchung des Klägers am 27. April 2017 zu dem Ergebnis, dass der Kläger Arbeiten in halb- bis untervollschichtigem Umfang von 25 Wochenarbeitsstunden verrichten kann, während er den Kläger nach der Dienstunfähigkeitsuntersuchung am 8. Juni 2017 sodann nur noch für unterhalbschichtig beschäftigungsfähig hält. Letztere Einschätzung stellt sich jedoch bereits deshalb nicht als widersprüchlich dar, weil Dr. med. … sie ausweislich seines erläuternden Schreibens vom 12. September 2017 nachvollziehbar auf den Umstand stützt, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers zwischen den genannten Untersuchungen trotz intensiver therapeutischer Bemühungen nicht stabilisiert, sondern im Gegenteil verschlechtert hat. Weiter stützt er die konstatierte Veränderung hinsichtlich des zeitlichen Umfangs der Beschäftigungsfähigkeit des Klägers auf den Erkrankungsverlauf der letzten Monate und jeweiligen Zustand des Klägers bei den Untersuchungsterminen. Der Kläger ist den betriebsärztlichen Feststellungen im Übrigen auch zu keinem Zeitpunkt substantiiert entgegengetreten. Dass sich der Kläger selbst nicht für dienstunfähig hält, stellt die betriebsärztlichen Bewertungen durch Dr. med. … ebenfalls nicht in Frage. Auch der Einwand des Klägers, er sei an seinem Arbeitsplatz bei der …-Bank im Rechnungswesen teilweise überfordert gewesen, greift nicht durch. Denn für die Frage der Dienstunfähigkeit mit der Folge der Ruhestandsversetzung gemäß § 44 Abs. 1 BBG ist nicht entscheidend, auf welche Umstände ursächliche gesundheitliche Gründe bzw. ein körperlicher Zustand zurückzuführen sind (BayVGH, B.v. 12.9.2016 – 6 ZB 15.2386 – juris Rn. 8).
Der Einwand des Klägers, dass sich die Untersuchungsanordnung der Beklagten vom 23. Mai 2017 als rechtswidrig erweist, greift ebenfalls nicht durch. Leistet ein Beamter einer Untersuchungsanordnung i.S.v. § 44 Abs. 6 BBG Folge, ist das hiernach erstellte ärztliche Gutachten unabhängig von der Frage der Rechtmäßigkeit der Anordnung verwertbar (BVerwG, U.v. 26.4.2012 – 2 C 17/10 – juris Rn. 18; B.v. 14.3.2019 – 2 VR 5/18 – juris Rn. 34). Rechtsschutz gegen die Untersuchungsanordnung als solche ist mithin in diesem Fall (auch nachfolgend) ausgeschlossen. Ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt, erweist sich der klägerische Einwand gegen die Gutachtensanordnung der Beklagten vom 23. Mai 2017 im Übrigen auch inhaltlich als unbegründet. Entgegen der Auffassung des Klägers stützt diese sich nämlich explizit nicht ausschließlich auf den Umstand, dass der Kläger eine bei der … Bank … avisierte Wiedereingliederung am 22. Mai 2017 krankheitsbedingt nicht antrat. Die Beklagte leitet ihre Zweifel an der Dienstfähigkeit des Klägers vielmehr rechtsfehlerfrei aus dem gesamten Krankheitsverlauf des seit 30. November 2015 durchgehend erkrankten Klägers und medizinischen Einschätzungen aus vorausgegangenen Eignungsuntersuchungen durch Dr. med. … ab.
Abschließend ist anzumerken, dass die Kammer nach alledem auch keinen Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung etwa in Form einer Einvernahme des Postbetriebsarztes Dr. med. … als sachverständigen Zeugen sah.
b) Eine Weiterverwendung des Klägers scheidet aus.
Nach dem Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ wird gemäß § 44 Abs. 1 Satz 3 BBG nicht in den Ruhestand versetzt, wer anderweitig verwendbar ist. Es gelten § 44 Abs. 2 bis 4 BBG sowie nachrangig § 45 BBG (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 2 BBG). Der Dienstherr unterliegt mithin einer Suchpflicht dahingehend, ob eine anderweitige Verwendung des betroffenen Beamten in Form der Übertragung eines anderen Amtes, auch einer anderen Laufbahn, bzw. einer geringerwertigen Tätigkeit unter Beibehaltung des übertragenen Amtes bzw. ein Befähigungserwerb zur Vermeidung der Versetzung in den Ruhestand möglich ist. Ist ein Beamter jedoch auch insoweit nicht mehr mit voller Kraft einsetzbar, ist zunächst seine generelle Dienstunfähigkeit festzustellen, denn es handelt sich dann um eine quantitative Minderleistung, die zur Dienstunfähigkeit des Beamten führt (Plog/Wiedow, Bundesbeamtengesetz, Stand April 2017, § 45 Rn. 3; Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, 213. AL Januar 2020, § 27 BeamtenStG Rn. 2). Allerdings kommt eine Weiterverwendung des Beamten unter Berücksichtigung seines eingeschränkten Leistungsvermögens gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 BBG in Betracht, wenn der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes seine Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann. Ist der Einsatz nur mehr mit weniger als der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit möglich, ist der Beamte hingegen in den Ruhestand zu versetzen (Summer in GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand April 2013, L § 45 Rn. 6; Baßlsperger in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, 213. AL Januar 2020, § 27 BeamtenStG Rn. 5).
Die Pflicht des Dienstherrn zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung besteht hingegen im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – juris Rn. 35; U.v. 30.10.2013 – 2 C 16/12 – juris Rn. 40; VG München, U.v. 8.5.2015 – M 21 K 13.5316 – juris Rn. 27 ff.). Wenn der Beamte auf absehbare Zeit keinerlei Dienst leisten kann, erweist sich auch die Feststellung der amtsbezogenen Anforderungen als entbehrlich. Kann ein Beamter gar nicht auf der Dienststelle erscheinen, weil er generell arbeits- und dienstunfähig ist, kommt es auf die konkreten Anforderungen der in Betracht kommenden Tätigkeitsfehler nicht mehr an (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – juris Rn. 34; Summer in GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Teil 2c, Stand März 2013, L § 44 Rn. 6).
Im vorliegenden Fall bestand nach diesen Maßgaben gerade keine Suchpflicht der Beklagten hinsichtlich einer anderweitigen Verwendung des Klägers. Denn nach den betriebsärztlichen Gutachten des Dr. med. … vom 21. Juni 2017 und 18. Januar 2018 kann der dienstunfähige Kläger einer Vollbeschäftigung weder auf seinem bisherigen Dienstposten noch unter anderweitiger Verwendung nachkommen. Ebenso ist es ihm nicht möglich, insoweit im Umfang einer reduzierten Wochenarbeitszeit von mindestens 50 Prozent der regelmäßigen Wochenarbeitszeit beschäftigt zu werden. Der Kläger kann vielmehr generell Arbeiten in lediglich unterhalbschichtigem Umfang erledigen. Er ist mithin auch nicht begrenzt dienstfähig, sondern kann auf absehbare Zeit keinerlei Dienst im Sinne von §§ 44 Abs. 2 bis 4, 45 BBG leisten.
3. Der angefochtenen Verfügung haften auch keine formellen Fehler an.
a) Die Beklagte hat den Kläger mit Schreiben der Leiterin der … vom 7. August 2017 ordnungsgemäß angehört und unter Angabe von Gründen auf die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand hingewiesen (§ 47 Abs. 1 BBG). Die dienstrechtliche Befugnis der Leiterin der … hierfür folgt aus § 2 Nr. 1 Anordnung zur Übertragung dienstrechtlicher Befugnisse im Bereich der … AG (DPAGBefugAnO), wonach unterhalb des Vorstands der … AG die Leitung der Niederlassungen die Befugnisse einer Dienstvorgesetzten oder eines Dienstvorgesetzten wahrnimmt.
b) Der Betriebsrat der … wurde auf Antrag des Klägers ordnungsgemäß beteiligt (§§ 24 Abs. 1, 28 Abs. 1 Satz 1, 29 Abs. 5 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 78 Abs. 1 Nr. 5 BPersVG); Einwendungen gegen die beabsichtigte Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit sind nicht erhoben worden. Auch die gemäß § 178 Abs. 2 SGB IX beteiligte Schwerbehindertenvertretung der … hat keine Einwendungen gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung des Klägers erhoben.
c) Die Beklagte hat auch ordnungsgemäß über die vom Kläger erhobenen Einwendungen befunden. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 BBG entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde über die Einwendungen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 PostPersRG ernennt und entlässt das Bundesministerium der Finanzen die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten der Bundesbesoldungsordnung A; es kann diese Befugnis nach Satz 3 auf den Vorstand und nach dessen Anhörung oder auf dessen Vorschlag auf Stelleninhaber mit den Befugnissen eines Dienstvorgesetzten übertragen. Von dieser Übertragungsmöglichkeit ist durch § 3 Abs. 1 Nr. 2 DPAGBefugAnO Gebrauch gemacht worden. Mithin war die Leiterin der … als Stelleninhaberin i.S.v. § 2 Nr. 1 DPAGBefugAnO entscheidungsbefugt. Anstelle des Einvernehmens der obersten Dienstbehörde sehen § 1 Abs. 6 Satz 1 PostPersRG, §§ 3 Abs. 1, 14 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für … (Bundesanstalt-…-Gesetz – BAPostG) eine Rechtmäßigkeitsprüfung durch die Bundesanstalt für … vor. Diese hat stattgefunden, wobei ausweislich des Schreibens der Bundesanstalt für .. vom 17. Oktober 2017 keine Einwände erhoben worden sind.
d) Schließlich begründet auch der Umstand, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement nach § 167 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zwar von Seiten der … Bank angestrebt, letztlich jedoch nicht durchgeführt worden ist, keine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung. Denn die Durchführung eines betrieblichen Eigliederungsmanagements bildet keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit (BVerwG, U.v. 5.6.2014 – 2 C 22/13 – juris Rn. 46 ff.).
II.
Die Beklagte hat mit Bescheid vom 20. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. März 2018 auch die Beurlaubung des Klägers zur … Bank … zu Recht beendet.
Die Beurlaubung des Klägers zur … Bank … zum Zwecke der Aufnahme eines privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 PostPersRG) kann gemäß § 4 Abs. 2 Satz 7 PostPersRG in entsprechender Anwendung von § 24 der Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) widerrufen werden. Gemäß § 24 Nr. 1 SUrlV ist die Genehmigung von Sonderurlaub zu widerrufen, wenn zwingende dienstliche Gründe dies erfordern. Vorliegend stellt die Versetzung des Klägers in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des Monats Oktober 2017 einen solchen Grund dar. Die … Bank … hat der ausgesprochenen Beendigung des Urlaubs mit Schreiben vom 19. Juli 2017 zugestimmt, die Zentrale der … hat die Maßnahme am 1. August 2017 genehmigt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 161 Abs. 1, § 154 Abs. 1 VwGO. Der vom Kläger beantragte Ausspruch, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten in den Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären (§ 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO), scheidet bereits mangels Kostengrundentscheidung zugunsten des Klägers aus. Zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten trifft die Kammer keine Entscheidung, weil sie davon ausgeht, dass die Beklagte vor Rechtskraft nicht vollstreckt.


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