Arbeitsrecht

Wiedereinsetzung in die Frist für den Antrag auf Vergütungsfestsetzung

Aktenzeichen  W 4 M 19.458

Datum:
20.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 34037
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JVEG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Von der Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes im Rahmen der Darlegungslast des Antragstellers nach § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG ist schon auszugehen, wenn dieser im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen (Anschluss an LSG Bayern BeckRS 2013, 72760). (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Beteiligten … wird Wiedereinsetzung in die Frist für den Antrag auf Vergütungsfestsetzung gewährt.

Gründe

I.
Der Antrag vom 23. April 2019 auf Wiedereinsetzung in die Antragsfrist zur Vergütungsfestsetzung bezieht sich auf den Vergütungsfestsetzungsantrag (Liquidation) der Beteiligten … für die ergänzende Stellungnahme vom 11. Dezember 2018 zur Geruchsimmissionsprognose in den Verfahren W 4 K 16.323 und W 4 K 16.342 (vom 11. Dezember 2017; Erweiterung einer landwirtschaftlichen Biogasanlage um einen Gärrestebehälter).
Die Liquidation, die das Datum 11. April 2019 trägt, ging ausweislich des Posteingangsstempels am 15. April 2019 beim Verwaltungsgericht Würzburg ein.
Mit Schreiben der Kostenbeamtin vom 16. April 2019 wurde der Beteiligten … unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 JVEG mitgeteilt, dass ihr Anspruch auf Zahlung der Vergütung erloschen sei.
Mit Schreiben vom 23. April 2019, eingegangen am 24. April 2019, beantragte die Beteiligte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die angekündigte Mitteilung der Freigabe der Stellungnahme durch die zuständige Richterin nicht erfolgt sei und zudem zu keinem Zeitpunkt der Beginn der Verjährungsfrist bekannt gemacht worden sei.
Am 24. April 2019 wurde der Antrag auf Wiedereinsetzung dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens sowie der Gerichtsakten der Verfahren W 4 K 16.323 und W 4 K 16.342 Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, über den das Gericht entsprechend § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG durch die Einzelrichterin entscheidet, ist begründet, weil die Beteiligte … … … … … die Antragsfrist für die Vergütungsfestsetzung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG ohne Verschulden nicht eingehalten und innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses die Tatsachen glaubhaft gemacht hat, welche die Wiedereinsetzung begründen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG).
1. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 JVEG im Fall der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat, mithin im vorliegenden Falle gemäß § 187 Abs. 1 BGB am 25. Dezember 2018. Die Frist endete somit gemäß § 188 Abs. 1 i.V.m. § 193 BGB am 25. März 2019, weil das eigentliche Fristende (24. März 2019) auf einen Sonntag fiel. Der Eingang des Antrags auf Vergütungsfestsetzung am 15. April 2019 war somit verfristet.
2. War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Abs. 1 gehindert, gewährt ihm das Gericht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen.
Die Beteiligte … hat innerhalb der Zweiwochenfrist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG die Tatsachen glaubhaft gemacht, welche die Wiedereinsetzung begründen. Dies ist mit Eingang des Antrags auf Wiedereinsetzung und der dazu abgegebenen Begründung am 24. April 2019 geschehen. Die Beteiligte … … … … … hat mit Eingang der Liquidation beim Verwaltungsgericht Würzburg am 15. April 2019 innerhalb der Zweiwochenfrist ihren Anspruch beziffert.
Des Weiteren war die Beteiligte auch ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Antragsfrist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG gehindert. Die dies begründenden Tatsachen hat sie gegenüber dem Gericht glaubhaft gemacht. Von der Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes im Rahmen der Darlegungslast des Antragstellers ist schon auszugehen, wenn dieser im Rahmen seines Wiedereinsetzungsantrags plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt darstellt, der eine Wiedereinsetzung begründet, und keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers bestehen; dies gebietet eine verfassungskonforme Auslegung des Begriffs der „Glaubhaftmachung“ in § 2 Abs. 2 Satz 1 JVEG (BayLSG, B.v. 14.8.2013 – L 15 SF 253/12 – juris Rn. 44). Die Beteiligte hat plausibel einen nach der Lebenserfahrung naheliegenden Sachverhalt dargestellt, aus dessen rechtlicher Würdigung sich das fehlende Verschulden an der Fristversäumnis ergibt. Sie hat hierbei zu Recht darauf hingewiesen, dass zu keiner Zeit eine Belehrung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 2. Halbs. JVEG erfolgt ist. Demnach erlischt der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird; hierüber und über den Beginn der Frist ist der Berechtigte zu belehren. In der Folge wird nach § 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Belehrung nach Abs. 1 Satz 1 unterblieben oder fehlerhaft ist. Dies ist hier der Fall.
3. Eine Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 4 Abs. 8 Satz 1 JVEG in der Entscheidung über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht.
4. Die Gewährung der Wiedereinsetzung ist unanfechtbar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 60 Rn. 39).


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