Arbeitsrecht

Wirksamkeit einer Befristung trotz früherer Absicht einen unbefristeten Vertrag abzuschließen.

Aktenzeichen  10 Sa 432/19

Datum:
29.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
NWB – 2020, 1824
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 242, § 615 S. 1, S. 2, § 616
KSchG § 4
TzBfG § 14 Abs. 2
EFZG § 3

 

Leitsatz

1. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 TzBfG auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zulässig. Die Verlängerung setzt voraus, dass die Vereinbarung noch vor Ablauf der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt.  (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist dem Arbeitgeber nicht unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, § 242 BGB, verwehrt, sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu berufen, selbst wenn er dem Arbeitnehmer vor dem Abschluss der letzten Befristungsvereinbarung zugesagt haben sollte, mit ihm einen unbefristeten Vertrag abzuschließen.  (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es ist nicht treuwidrig, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitsunfall des Arbeitnehmers zum Anlass nimmt, von seiner Zusage eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses abzurücken, wenn keine bindende Vereinbarung über eine unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zustande gekommen war und er damit zulässig von – ggf. – bestehenden Absichten abweicht. Es gibt keine gesetzliche Wertung dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer, der einen Arbeitsunfall erlitten hat, einem besonderen Bestandsschutz unterliegt. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Arbeitgeber ist berechtigt und verpflichtet gemäß § 3 Ziff. 1.43 Abs. 2 BRTV-BAU dem Arbeitnehmer auf dem Ausgleichskonto gutgeschriebenen Lohn für die Zeit des witterungsbedingten Arbeitsausfalls auszuzahlen und das Ausgleichskonto des Arbeitnehmers entsprechend zu belasten. Dem steht eine gleichzeitig bestehende Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht entgegen.  (Rn. 55) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

15 Ca 9790/18 2019-04-24 Urt ARBGMUENCHEN ArbG München

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 24.04.2019, Az.: 15 Ca 9790/18 wird dieses abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit der Zahlungsantrag aufgrund der Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde.

Gründe

Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund Befristung zum 18.09.2018 geendet. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung von 65 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto.
I.
Sowohl die Berufung des Klägers als auch die Berufung der Beklagten ist zulässig. Beide sind nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft sowie frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO).
II.
Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Antrag des Klägers auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung zum 18.09.2018 beendet wurde, abgewiesen. Auch der in der Berufung gestellte Hilfsantrag ist unbegründet. Zur Vermeidung von Wiederholungen schließt sich die Kammer ausdrücklich den zutreffenden Gründen des Ersturteils an (§ 69 ArbGG) und folgt diesem. Von der Darstellung eigner Entscheidungsgründe wird deshalb abgesehen. Zu den Ausführungen des Klägers im Berufungsverfahren ist zu ergänzen:
1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht im Rahmen des gestellten Antrags nur überprüft, ob das Arbeitsverhältnis durch die Befristung zum 18.09.2018 geendet hat und nicht, ob die Beklagte verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger einen unbefristeten Arbeitsvertrag anzubieten. Der Kläger hat mit seinem erstinstanzlich gestellten Antrag 2: „Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung zum 18.09.2018 nicht beendet ist.“, einen Antrag gemäß § 17 TzBfG gestellt. Es gilt wie zu § 4 KSchG die punktuelle Streitgegenstandstheorie (ErfKomm, Müller-Glöge, 19. Aufl., § 17 TzBfG, Rn. 15a). Streitgegenstand ist somit die Wirksamkeit der Befristung zum 18.09.2018 und nicht die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger einen unbefristeten Vertrag anzubieten.
2. Die Befristung des Arbeitsvertrags der Parteien zum 18.09.2018 ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG wirksam. Der Kläger wendet sich in der Berufung nicht gegen die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts.
Es ist der Beklagten auch nicht unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, § 242 BGB, verwehrt, sich auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu berufen. Sogar wenn die Beklagte dem Kläger vor dem Abschluss der letzten Befristungsvereinbarung zum 18.09.2018 zugesagt haben sollte, mit ihm einen unbefristeten Vertrag abzuschließen, wäre ihre Berufung auf die Wirksamkeit der später zum 18.09.2018 vereinbarten Befristung nicht treuwidrig. Nachdem eine Vereinbarung über eine unbefristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht zustande gekommen war, konnte die Beklagte in Ausübung ihrer Vertragsfreiheit entscheiden, nur eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 18.09.2018 anzubieten. Da der Kläger dieses Angebot angenommen hat, konnte er nicht darauf vertrauen, dass gleichwohl noch eine unbefristete Verlängerung über den 18.03.2018 hinaus vereinbart werden würde. Er musste vielmehr aufgrund der vereinbarten Befristung von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 18.09.2018 ausgehen. Wie das Arbeitsgericht ebenfalls zu Recht festgestellt hat, war es dem Kläger im Übrigen unbenommen, das Angebot der Beklagten auf Abschluss der Vertragsverlängerung bis zum 18.09.2018 abzulehnen und den Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Vertrages geltend zu machen. Die Beklagte hat dem Kläger weder durch aktives Tun noch durch pflichtwidriges Unterlassen veranlasst, von der Geltendmachung eines solchen Anspruches abzusehen. Zu letzterem hat der Kläger auch in der Berufung nichts vorgetragen.
Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, es sei treuwidrig, wenn die Beklagte den Arbeitsunfall vom 07.02.2018 zum Anlass genommen hat, von ihrer bisherigen Zusage eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses abzurücken, so ist darauf hinzuweisen, dass eben keine bindende Vereinbarung über eine unbefristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 18.03.2018 hinaus zustande gekommen war und es damit zulässig war von – ggf. – bestehenden Absichten abzuweichen. Soweit der Kläger die Ansicht vertritt, die Beklagte sei aufgrund der Tatsache, dass er bei ihr einen Arbeitsunfall erlitten hat, zur unbefristeten Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verpflichtet, so kann dem nicht gefolgt werden. Ein Arbeitsunfall führt nicht zu einer Einschränkung der Vertragsfreiheit. Es gibt keine gesetzliche Wertung dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitnehmer, der einen Arbeitsunfall erlitten hat, einem besonderen Bestandsschutz unterliegt. Auch hat die Beklagte den Kläger in keinster Weise bedrängt, die angebotene weitere Befristung zu akzeptieren.
Unstreitig wurde ihm die schriftliche Vereinbarung postalisch übersandt und er hatte die Möglichkeit sich sein Handeln zu überlegen. Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die letzte Vereinbarung auf den 07.02.2018 datiert wurde und er dies als erstaunlich erachtet im Hinblick auf die noch bis zum 18.03.2018 andauernde Befristung, so ist dies im Hinblick auf die vorherige Verlängerung nicht nachvollziehbar. So dauerte die erste Befristung bis 18.09.2017, dennoch wurde Verlängerung schon am 05.07.2017 vereinbart. Der Vorlauf war also noch größer. Soweit der Kläger auf seine ausländerrechtliche Stellung verweist, ist der Vortrag – insbesondere auf den unbestrittenen Vortrag der Beklagten hin, dass der Kläger eine sog. Aufenthaltskarte EU hat – unsubstantiiert. Soweit der Kläger meint, es sei besonders vorwerfbar, dass die Beklagte ihm eine befristete Verlängerung angeboten hat, da er eine bessere rechtliche Situation gehabt hätte, wenn ihm die Beklagte überhaupt keine Verlängerung angeboten hätte, so ist dies nicht nachvollziehbar.
Ebenso wenig ist nachvollziehbar, wenn der Kläger ausführt, die Treuwidrigkeit ergebe sich daraus, dass er von Herrn Y. dazu angehalten wurde, das Dokument „Unfallanzeige“ (Anl. K3) zu unterzeichnen. Der Kläger trägt in diesem Zusammenhang selbst vor, dass ihm die streitgegenständliche Befristung postalisch übersandt wurde, er den Vertrag unterschrieben und zurückgeschickt hat und erst im Anschluss von Herrn Y. angerufen und aufgefordert wurde ins Büro zu kommen, um das Dokument „Unfallanzeige“ zu unterzeichnen. Die befristete Vertragsverlängerung war somit schon vereinbart und das – bestrittene – Verhalten des Herrn Y. ist somit nicht mehr geeignet, den vorherigen Vertragsabschluss treuwidrig zu machen.
Somit sind die in der Berufung erfolgten Einwände des Klägers nicht geeignet, es der Beklagten zu verwehren sich auf die wirksame Befristung zum 18.09.2018 zu berufen.
3. Der erstmals in der Berufung gestellte Hilfsantrag, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages beginnend mit dem 19.09.2018 anzubieten, ist zulässig, jedoch unbegründet.
a) Die Klageerweiterung in der Berufung ist gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V. m.
§ 533 ZPO zulässig, da sie sachdienlich ist und auf den Vortrag gestützt wird, den der Kläger schon erstinstanzlich erbracht hat, um den Hauptantrag zu begründen.
b) Der Antrag ist jedoch unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Be klagte auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages beginnend mit dem 19.09.2018.
aa) Soweit der Kläger darauf abstellt, der Betriebsleiter der Beklagten, Herr Z., habe ihm im September 2016 mitgeteilt, er werde nach einer Bewährung innerhalb eines Jahres einen unbefristeten Vertrag erhalten bzw. er habe ihm im Spätsommer 2017 mitgeteilt, er werde nach Ablauf der Befristung vom 05.07.2017 unbefristet übernommen, so bezogen sich diese – bestrittenen – Zusagen nicht auf den 19.09.2018 und wurden durch die zwischenzeitlich abgeschlossenen Verlängerungen überholt.
bb) Soweit der Kläger behauptet, der Personalleiter, Herr Y., habe ihm am 17.02.2018 zugesagt, dass er einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekomme, wenn er die Unfallskizze unterschreibe, so hat der Kläger nichts dazu vorgetragen, inwieweit Herr Y. berechtigt gewesen sein soll, die Beklagte gemäß § 164 BGB zu vertreten. Sowohl der Abschluss eines Vorvertrages als auch eine einseitige Zusage mit der Verpflichtung ein bestimmtes Vertragsangebot zu unterbreiten, stellt eine Willenserklärung dar, die den Verpflichteten nur dann bindet, wenn der Erklärende innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht handelt. Die Beklagte hat eine entsprechende Vollmacht des Herrn Y. ausdrücklich bestritten. Der Kläger hat dazu keine Stellungnahme abgegeben und nicht vorgetragen, woraus sich eine Vertretungsmacht ergeben soll. Somit ist eine wie auch immer geartete Erklärung des Herrn Y. am 17.02.2018 nicht geeignet, die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages zu unterbreiten.
cc) Soweit der Kläger den geltend gemachten Anspruch mit einer Äußerung des Geschäftsführers der Beklagten vom 04.09.2018 begründen möchte, ist sein Vortrag unschlüssig. Der Kläger trägt hier vor, Herr X. habe ihm gegenüber geäußert, er solle bis Februar 2019 arbeitslos bleiben, dann werde er ihm wieder Arbeit geben. Diese Aussage als wahr unterstellt, hat der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger gerade nicht den Abschluss eines Arbeitsvertrages ab dem 19.09.2018 zugesagt.
Der Kläger hat somit keinen Anspruch darauf, dass ihm die Beklagte zum 19.09.2018 ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Vertrages unterbreitet.
III.
Die Berufung der Beklagten ist begründet, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von € 1.011, 40 brutto wendet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Auszahlung von 65 Stunden, die sich auf seinem Ausgleichskonto befinden und – rechnerisch unstreitig – einen Wert von € 1.011,40 brutto haben.
Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 611a BGB i. V. m. § 3 Ziff. 1.43 letzter Satz BRTV-BAU.
Nach § 3 Ziff. 1.43 letzter Satz BRTV-BAU sind Guthaben des Arbeitnehmers bei seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis auszugleichen. Unstreitig zahlte die Beklagte mit einer Schlussabrechnung vom 11.10.2018 zum Abbau des Zeitkontos des Klägers 55 Stunden an diesen aus. Die Beklagte war nicht verpflichtet weitere 65 Stunden an den Kläger auszuzahlen, die im Februar 2018 unstreitig auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers waren. Die Beklagte hat diese zu Recht im Zeitraum vom 19.02.2018 bis 02.03.2018 an den Kläger ausbezahlt, als in ihrem Betrieb aus zwingenden, von der Bundesagentur für Arbeit anerkannten, Witterungsgründen die Arbeitsleistung ausgefallen ist. Die Berechtigung ergibt sich aus § 3 Ziff. 1.43 Abs. 2 BRTV-BAU. Die Beklagte war nicht aufgrund einer anderen Anspruchsgrundlage verpflichtet, in diesem Zeitraum Vergütung an den Kläger auszubezahlen.
1. Die Beklagte war nicht verpflichtet im Zeitraum vom 19.02.2018 bis 02.03.2018 gemäß § 3 Ziff. 1.42 BRTV-BAU Vergütung zu leisten. Zwar legt § 3 Ziff. 1.42 BRTV-BAU fest, dass bei betrieblicher Arbeitszeitverteilung nach § 3 Ziff. 1.4 BRTV-BAU in den Monaten Dezember bis März unabhängig von der jeweiligen monatlichen Arbeitszeit ein Monatslohn i. H. v. 164 Gesamttarifstunden gezahlt wird. Jedoch ist in § 3 Ziff.1.42 BRTV-BAU festgelegt: „Der Monatslohn mindert sich um den Gesamttarifstundenlohn für diejenigen Arbeitsstunden, welche infolge von Urlaub, Krankheit, … ausfallen; er mindert sich auch für diejenigen Ausfallstunden außerhalb der Schlechtwetterzeit, die infolge zwingender Witterungsgründe ausfallen, soweit kein Ausgleich über das Ausgleichskonto erfolgt. Soweit für diese Zeiten eine Vergütung oder Lohnersatzleistung erfolgt, wird diese neben dem verminderten Monatslohn ausgezahlt.“ Es wird also ausdrücklich festgehalten, dass der Monatslohn sich um Zeiten von Krankheit mindert. Es besteht für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit somit kein Anspruch nach § 611a BGB i. V. m. § 3 Ziff. 1.42 BRTV-BAU.
2. Der Kläger hat für den Zeitraum vom 19.02.2018 ebenfalls keinen Anspruch auf Vergütung gemäß §§ 615, 293 ff. BGB. Voraussetzung für einen Anspruch auf Annahmeverzug ist gemäß § 297 BGB die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Der Kläger war seit dem 07.02.2018 infolge des erlittenen Arbeitsunfalls arbeitsunfähig und somit nicht leistungsfähig. Ein Anspruch nach den Regeln des Annahmeverzugs scheidet somit aus.
3. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts ergibt sich ein Anspruch des Klägers auch nicht aus § 3 EFZG. Zwar war der Kläger in der Zeit vom 07.02.2018 bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses am 18.09.2018 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt und er hatte somit dem Grunde nach einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bis zum Ablauf von sechs Wochen, d. h. bis zum 21.03.2018. Allerdings geht das BAG in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch nur dann besteht, wenn die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall der Arbeitsleistung war (sog. Monokausalität, vgl. BAG, U. v. 28.01.2004, 5 AZR 58/03, Rn. 90, nach juris).
a) Im streitgegenständlichen Verfahren war die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Zeitraum vom 19.02. bis 02.03.2018 nicht die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall. Vielmehr fiel die Arbeit in diesem Zeitraum aufgrund der Schlechtwetterperiode aus, die im Betrieb der Beklagten aus zwingenden Witterungsgründen eine Arbeitsleistung ausschloss. Der Kläger hätte also im Fall seiner Arbeitsfähigkeit in diesem Zeitraum keine Arbeitsleistung erbracht.
b) Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts gibt der streitgegenständliche Fall keinen Anlass von dem Erfordernis der Monokausalität abzuweichen. Das BAG hat schon durch Urteil vom 24.06.1965 (2 AZR 354/64, Rn. 8, juris) zur Vorgängerregelung des Entgeltfortzahlungsgesetzes, dem ArbKrankhG ausgeführt, dass es als Leitgedanke anzusehen ist, dass der kranke Arbeiter nicht mehr erhalten soll als wenn er gesund wäre. Dieser Grundgedanke gilt bis heute (z.B. BAG, Urteil v. 28.01.2004, 5 AZR 58/03, Rn. 90).
Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts wird der erkrankte Arbeitnehmer in einem Fall wie dem streitgegenständlichen nicht schlechter gestellt als der arbeitsfähige Arbeitnehmer. Abgestellt werden darf bei einem Vergleich entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht darauf, dass der kranke Arbeitnehmer, der sein Arbeitszeitguthaben einsetzen muss, dafür keine Befreiung von der Arbeitsleistung erhält. Hier ist zunächst zu beachten, dass der gesetzliche Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nur den Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers vor einem ansonsten eintretenden Anspruchsverlust nach § 326 BGB sichert, nicht jedoch die Nutzung seiner Freizeit. Weiterhin ist im streitgegenständlichen Verfahren auch zu berücksichtigen, aus welchem Grund für den Kläger ein Ausgleichskonto geführt wurde. Dieses wurde bei der Beklagten aufgrund der tarifvertraglichen Regelung in § 3 Ziff. 1.4 BRTV-BAU eingeführt. Wie sich aus § 3 Ziff. 1.42 und 1.43 BRTV-BAU ergibt wird das Arbeitszeitkonto deshalb geführt, um es zu ermöglichen, den Arbeitnehmern ein verstetigtes Einkommen auszubezahlen. So regelt § 3 Ziff. 1.42 BRTV-BAU, dass den Arbeitnehmern ein verstetigter Monatslohn ausgezahlt wird. § 3 Ziff. 1.43 Abs. 2 BRTV-BAU legt fest, dass auf dem Ausgleichskonto gutgeschriebener Lohn nur in konkret definierten Fällen, u. a. bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall, ausgezahlt werden darf. Nicht genannt ist z. B. der Wunsch des Arbeitnehmers nach Freizeitausgleich. Das Arbeitszeitkonto nach BRTV-BAU wird also nicht geführt um dem Arbeitnehmer eine größere Verfügbarkeit über freie Arbeitstage einzuräumen, sondern ausschließlich als Instrument zur Absicherung eines verstetigten Arbeitslohns. Berücksichtigt man diesen Aspekt bei der Beurteilung, kann nicht festgestellt werden, dass ein arbeitsfähiger Arbeitnehmer, der während einer Schlechtwetterzeit von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt wird, besser steht als ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer, der aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht mehr befreit werden kann. Weder der arbeitsfähige noch der arbeitsunfähige Arbeitnehmer gewinnt oder verliert freie Tage zur beliebigen Verwendung. Wie sich aus § 4 Ziff. 6.3 und 6.4 BRTV-BAU ergibt, entscheidet der Arbeitgeber – auch kurzfristig – über Beginn und Ende des Arbeitsausfalls aus witterungsbedingten Gründen. Auch der gesunde Arbeitnehmer gewinnt durch die Arbeitsfreistellung somit keine von ihm beeinflussbare Freizeit, sondern nur ein verstetigtes Arbeitseinkommen. Er wird also gegenüber dem kranken Arbeitnehmer nicht bessergestellt. Somit gibt es auch im konkreten Einzelfall keinen Anlass vom Grundsatz der Monokausalität für einen Anspruch nach §§ 3, 4 EFZG abzuweichen, ohne dass es darauf ankäme ob die Arbeitsunfähigkeit vor oder nach der Freistellung eintrat. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung für den Zeitraum vom 19.02. bis 02.03.2018.
4. Vielmehr war die Beklagte berechtigt und verpflichtet gemäß § 3 Ziff. 1.43 Abs. 2 BRTV-BAU dem Kläger auf dem Ausgleichskonto gutgeschriebenen Lohn für die Zeit des witterungsbedingten Arbeitsausfalls auszuzahlen und das Ausgleichskonto des Klägers entsprechend zu belasten. Nach § 3 Ziff. 1.43 Abs. 2 BRTV-BAU darf auf dem Ausgleichskonto gutgeschriebener Lohn bei witterungsbedingtem Arbeitsausfall ausbezahlt werden. Dem steht eine gleichzeitig bestehende Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht entgegen, wovon das BAG in seinem Urteil vom 26.09.2001 (5 AZR 699/00, Rn. 41, juris) zur tariflichen Vorgängerregel ebenfalls ausgeht, ohne dies näher zu begründen. Wollte man dies anders sehen, käme man zu einer nicht zu rechtfertigenden Schlechterstellung des arbeitsunfähigen Arbeitnehmers, da dieser dann, wie oben dargestellt, weder nach § 3 EFZG noch nach § 3 Ziff. 1.42 BRTV-BAU einen Vergütungsanspruch für den Zeitraum hätte, in dem Arbeitsunfähigkeit und witterungsbedingter Arbeitsausfall zusammenfallen. Somit war die Beklagte berechtigt, die streitgegenständlichen – in der Höhe unstreitigen – 65 Stunden vom Arbeitszeitkonto des Klägers in Abzug zu bringen und im Februar/März 2018 auszubezahlen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses waren die 65 Stunden auf dem Arbeitszeitkonto des Klägers nicht mehr vorhanden.
Die Klage war auch insoweit abzuweisen.
IV.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.


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