Arbeitsrecht

Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz – fiktive Einbeziehung – betriebliche Voraussetzung – Privatisierung eines VEB – Stichtag – Produktionsmittelübergang – “leere Hülle”

Aktenzeichen  B 5 RS 4/09 R

Datum:
19.10.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BSG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BSG:2010:191010UB5RS409R0
Normen:
§ 1 Abs 1 S 1 AAÜG
§ 1 Abs 1 S 2 AAÜG
§ 5 AAÜG
§ 8 Abs 2 AAÜG
§ 8 Abs 3 S 1 AAÜG
§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG
Anl 1 Nr 1 AAÜG
ZAVtIV
§ 22 Abs 1 S 2 RAnglG
§ 31 VoEigKombV
§ 37 VoEigKombV
§ 7 VoEigUmwV
§ 1 GmbHG
§§ 1ff GmbHG
WWSUVtr
§ 1 TreuhG
§ 11 TreuhG
§ 1 RVInkrsG
§ 8 RVInkrsG
§ 19 Abs 2 ZGB DDR
Art 9 EinigVtr
Art 17 EinigVtr
Art 19 EinigVtr
Anlage II Kap VIII F III Nr 8 EinigVtr
Anlage II Kap VIII H III Nr 9 Buchst a S 1 Halbs 2 EinigVtr
Anlage II Kap VIII H EinigVtr
Anlage II Kap VIII F EinigVtr
Art 3 Abs 1 GG
Spruchkörper:
5. Senat

Verfahrensgang

vorgehend SG Cottbus, 14. Juli 2005, Az: S 13 RA 1135/03, Urteilvorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 27. Mai 2009, Az: L 4 R 1494/05, Urteil

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Mai 2009 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 1.10.1976 bis 30.6.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie die dabei erzielten Entgelte festzustellen.
2
Die 1945 geborene Klägerin erhielt mit Urkunde vom 2.2.1973 das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung “Ingenieurökonom”. Ab 1.10.1976 war sie im volkseigenen Betrieb (VEB) G., Betriebsteil C., dem späteren VEB G. , ab 1986 VEB A. und zuletzt bei A. GmbH beschäftigt. Sie war dort zunächst als Bereichsökonomin und als Bearbeiterin für Planung und Koordinierung im technischen Bereich und ab 1983 als Sachgebietsverantwortliche für technische Vorleistungen tätig. Eine Versorgungszusage über die Einbeziehung in die AVItech erhielt sie nicht. Der freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) trat die Klägerin zum 1.3.1987 bei.
3
Am 20.6.1990 erklärten der VEB A. und die Anstalt zur treuhänderischen Verwaltung des Volkseigentums (Treuhandanstalt), den VEB in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) umzuwandeln. Gleichzeitig übertrugen sie das Vermögen aus der bisherigen Fondsinhaberschaft des VEB rückwirkend zum 1.6.1990 auf die neugegründete A. GmbH, die am 26.2.1991 ins Handelsregister eingetragen wurde.
4
Den Antrag der Klägerin, ihre Zusatzversorgungsanwartschaften festzustellen und zu überführen, lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 3.7.2003). Widerspruch, Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 28.11.2003; Urteile des SG Cottbus vom 14.7.2005 und des LSG Berlin-Brandenburg vom 27.5.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, für einen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die AVItech fehle der Klägerin die betriebliche Voraussetzung. Denn der VEB A. sei am 30.6.1990 (Stichtag) auf Grund der Umwandlungserklärung und der rückwirkenden Übertragung seiner Fonds auf die teilrechtsfähige und nach außen handlungsfähige Vor-GmbH vermögenslos gewesen. Als “leere Hülle” ohne Betriebsmittel habe er am Stichtag nicht mehr aktiv am Produktionsprozess teilnehmen können. Ob die GmbH vor oder nach dem 30.6.1990 in das Handelsregister eingetragen worden sei, sei daher ohne Bedeutung. Die Klägerin sei damit an diesem Tag weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch in einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen.
5
Mit der Revision, die das LSG zugelassen hat, rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts: Die Umwandlung und Übertragung von Fondsanteilen nach der “Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften” (UmwVO) vom 1.3.1990 (GBl DDR I 107) sei am 30.6.1990 noch nicht vollendet gewesen, sondern erst mit der später erfolgten Eintragung der GmbH in das Handelsregister wirksam geworden. Der VEB A. habe auch nach dem Verlust der Produktionsmittel seine Eigenschaft als Produktionsbetrieb am 30.6.1990 noch nicht verloren und sei noch existent gewesen.
6
Die Klägerin beantragt,das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 27. Mai 2009 und das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 14. Juli 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Juli 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 28. November 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. Oktober 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
7
Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.


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