Arbeitsrecht

Zulassung zur Ausbildung zum Psychologischen, Psychotherapeuten, Masterabschluss in „Klinischer, Psychologie und Psychotherapie“ ausreichend, Feststellungsinteresse (bejaht)

Aktenzeichen  M 27 K 20.4570

Datum:
16.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 40181
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
PsychThG [1998] § 5 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Buchst. a

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids der Regierung von Oberbayern vom 21. April 2020 verpflichtet, festzustellen, dass der Kläger die Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG in der bis 31. August 2020 geltenden Fassung erfüllt.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten, weil er einen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Erlass des feststellenden Bescheides hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Der Antrag, „den Bescheid der Beklagten vom 21.04.2020 zum Aktenzeichen … aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger zur Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten im Freistaat Bayern zuzulassen“ ist im Zusammenhang mit den Ausführungen in der Klageschrift vom 19. September 2020 sachgerecht dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass der Kläger vorliegend die Verpflichtung des Beklagten begehrt, festzustellen, dass er die Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG vom 16. Juni 1998 in der bis zum 31. August 2020 geltenden Fassung (BGBl I S. 1311 – PsychThG a.F.) erfüllt (vgl. VG Hamburg, U.v. 9.7.2020 – 2 K 6046/18 – juris Rn. 33 m.w.N.). Ebenso genügt es nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 2 VwGO, dass die Klagepartei die Klage – anstelle gegen den Freistaat Bayern – gegen die Regierung von Oberbayern als Ausgangsbehörde gerichtet hat.
2. Der so verstandene Klageantrag ist zulässig.
Der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a.F. lässt sich die Befugnis des Beklagten zum Erlass eines entsprechenden feststellenden Verwaltungsakts jedenfalls durch Auslegung entnehmen (VG Hamburg, U.v. 9.7.2020 – 2 K 6046/18 – juris Rn. 33 m.w.N), sodass der Kläger auch einen Anspruch auf Erlass eines solchen feststellenden Verwaltungsakts haben kann (BVerwG, U.v. 17.8.2017 – 3 C 12.16 – BVerwGE 159, 288 – juris Rn. 7). Anspruchsgrundlage ist im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über das Verpflichtungsbegehren nach Novellierung des Rechts der Psychotherapeuten nunmehr § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a.F. i.V.m. der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Beruf der Psychotherapeutin und des Psychotherapeuten vom 15. November 2019 (BGBl I S. 1604, i.d.F.v. 19.5.2020, BGBl I S. 1018 – PsychThG n.F.), wonach für Personen, die vor dem 1. September 2020 ein Studium, das in § 5 Abs. 2 PsychThG a.F. genannt ist, begonnen oder abgeschlossen haben, die Regelung des § 5 Abs. 2 PsychThG a.F. weiterhin anwendbar ist. Nach dieser Übergangsregelung können diese Personen die Ausbildung zum Beruf u.a. des Psychologischen Psychotherapeuten noch bis zum 1. September 2032 absolvieren.
Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den feststellenden Klageantrag, auch schon vor der Stellung eines Antrags auf Zulassung zur staatlichen Prüfung, weil dem Kläger hier nicht zugemutet werden kann, zunächst eine mehrjährige Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten aufzunehmen und erst im Anschluss daran zu erfahren, dass er die rechtlichen Vorgaben möglicherweise nicht erfülle. Dies gilt zumal vor dem Hintergrund, dass der Beklagte bereits vorgerichtlich seine Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht hat, dass der Kläger die Voraussetzungen für den Zugang zur Ausbildung nicht erfülle.
Da die Klageerhebung am 23. September 2020 innerhalb der für den Fall einer unterbliebenen bzw. unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrungersatzweise geltenden Jahresfrist (vgl. § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO) nach Bekanntgabe des ablehnenden Bescheids vom 21. April 2020 erfolgt war, wurde die Verpflichtungsklage auch fristgemäß erhoben.
3. Die Klage ist zudem begründet.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich in den maßgeblichen Gesichtspunkten nicht von derjenigen Fallgestaltung, welche der revisionsgerichtlichen Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht im Verfahren Az. 3 C 12.16 unterlag. Dort begehrte die Revisionsführerin die Feststellung, dass ihr absolvierter Masterstudiengang „Klinische Psychologie/Psychoanalyse“ als eine „Abschlussprüfung im Studiengang Psychologie, die das Fach Klinische Psychologie einschließt“ zu qualifizieren sei und demnach die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a.F. erfülle, ohne dass es auf einen vorherigen Bachelorabschluss in Psychologie ankomme, sondern ihre Zulassung durch die Hochschule zum Masterstudium aufgrund ihres Abschlusses als Diplom-Sozialpädagogin ausreiche. Das Bundesverwaltungsgericht führte dazu aus, dass der Anspruch auf Feststellung unmittelbar aus der Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a.F. folge (BVerwG, U.v. 17.8.2017 – 3 C 12.16 – BVerwGE 159, 288 – juris Rn. 7). Es sei nicht erforderlich, dass dem Masterabschluss auch ein Bachelorabschluss in Psychologie vorausgehen müsse (sog. konsekutiver Masterstudiengang), weil sich eine solche Vorgabe nicht im Gesetz wiederfinde (vgl. BVerwG, U.v. 17.8.2017 – 3 C 12.16 – BVerwGE 159, 288 – juris Rn. 15 ff.). Sofern die Hochschule den jeweiligen Bewerber zum Masterstudiengang auf Grundlage ihrer Studien- und Prüfungsordnung zugelassen habe, genüge dies (vgl. BVerwG, U.v. 17.8.2017 – 3 C 12.16 – BVerwGE 159, 288 – juris Rn. 19). Inhaltlich komme es zudem ausschließlich darauf an, dass die Abschlussprüfung das Fach Klinische Psychologie einschließt, jedweder anderer inhaltlicher Vorgaben enthalte sich die Regelung des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a PsychThG a.F., sodass allein die Zulassungsentscheidung der jeweiligen Hochschule maßgebend sei. Diese Bindung schließe es aus, bei der Prüfung der Zugangsvoraussetzungen die Entscheidung der Hochschule in Frage zu stellen und eigene fachliche Qualifikationen für die Abschlussprüfungen aufzustellen (BVerwG, U.v. 17.8.2017 – 3 C 12.16 – BVerwGE 159, 288 – juris Rn. 16).
So liegt der Fall hier. Der Kläger hat an einer Universität – vorliegend der Universität … – seine Abschlussprüfung im Masterstudiengang „Klinische Psychologie und Psychotherapie“ bestanden. Wie sich – unzweideutig – aus der Bezeichnung dieses Studiengangs ergibt, beinhaltet dieser Masterstudiengang auch das Fach „Klinische Psychologie“. Weitere formale oder inhaltliche Anforderungen folgen, wie das Bundesverwaltungsgericht klargestellt hat, aus dem Gesetz nicht, sodass es – entgegen der Auffassung des Beklagten – weder entscheidend darauf ankommt, dass der Kläger keinen vorherigen Bachelorabschluss in Psychologie nachweisen kann, noch, dass er den von dem Beklagten geforderten Umfang von 270 bzw. 9 ECTS erfüllt. Hinsichtlich des geforderten ECTS-Umfangs bleibt völlig unklar, auf welcher rechtlichen Grundlage der Beklagte dies überhaupt einfordert. Auch ist nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage der Beklagte seine Verwaltungspraxis auf eine zeitliche Staffelung dahingehend stützen will, dass er auf das Betreiben des Studiums zum Stichtag 1. Juni 2018 abstellt. Ein gemeinsamer Beschluss der Landesprüfungsämter genügt für die Regelung einer solchen Berufszulassungsschranke im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG jedenfalls nicht (zu den rechtsstaatl. Anforderungen vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 22). Auch die Länderöffnungsklausel des § 27 PsychThG n.F. enthält keine Rechtsgrundlage für die vorliegend praktizierte Stichtagsregelung.
Im Übrigen wird auf die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in dem Urteil vom 17. August 2017 – 3 C 12.16 – Bezug genommen, die sich die Kammer zu eigen macht.
4. Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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