Arbeitsrecht

Zurückweisung der Erinnerung gegen Beschluss wegen überhöhter Einigungsgebühr

Aktenzeichen  6 Ta 287/16

Datum:
2.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
JurBüro – 2017, 79
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 33 Abs. 3 S. 1, § 56 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Ist einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt, erhält der beigeordnete Prozessvertreter für einen unter Einbeziehung nicht rechtshängiger Gegenstände abgeschlossenen Vergleich keine 1,5-Einigungsgebühr für den Vergleichsmehrwert nach Nr. 1000 VV-RVG, sondern nur eine 1,0-Gebühr nach Nr. 1000 VV-RVG, wenn noch über die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsmehrwert zu entscheiden war und das Gericht am Zustandekommen des Vergleiches mitgewirkt hatte. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 27. Sept. 2016 – 22 Ca 1477/16 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Im Kostenfestsetzungsverfahren streiten die Beteiligten über die Höhe der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung.
Der Kläger hat sich, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, mit Klage vom 15. Feb. 2016 gegen eine außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 1. Feb. 2016 gewandt.
Mit Schriftsatz vom 28. März 2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diesen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Person beantragt. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat er – wie zugesagt – mit Schriftsatz vom 22. März 2016 nachgereicht. Im Kammertermin vom 22. Juni 2016 hat das Arbeitsgericht dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten, des Beschwerdeführers, bewilligt. Nach Abschluss eines verfahrensbeendenden Vergleiches, in dem zusätzlich über die streitgegenständlichen Anträge hinaus die Verpflichtung zur Erteilung eines wohlwollenden, qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der Gesamtbeurteilung „gut” und einer „entsprechenden Schlussformel (Dank, Bedauern, gute Wünsche)” aufgenommen und festgestellt worden war, dass die Klagepartei den Urlaub vollständig eingebracht habe und im Übrigen keine wechselseitigen finanziellen Ansprüche mehr bestünden, hat das Arbeitsgericht auf Antrag der Klagepartei die Prozesskostenhilfe noch im Kammertermin auf den Vergleichsschluss erstreckt.
Mit Beschluss vom selben Tag hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren auf € 6.300.- und für den Vergleich auf € 8.400.- festgesetzt.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Festsetzung der zu erstattenden Vergütung in Höhe von € 1.437,52 beantragt, wobei er eine 1,5-Einigungsgebühr aus dem Vergleichswert angesetzt hat. Mit Beschluss vom 1. Aug. 2016 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle unter Ansatz einer 1,0-Einigungsgebühr aus dem Vergleichswert die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung auf € 1.260,81 festgesetzt (Bl. V f. d. Kostenheftes). Zudem war die weitere Vergütung nach § 50 RVG nicht entsprechend des gestellten Antrages festgesetzt worden.
Gegen diesen ihm am 11. Aug. 2016 zugegangenen Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 16. Aug. 2016, der am 22. Aug. 2016 beim Arbeitsgericht München eingegangen war, Erinnerung eingelegt; er begehrt die Festsetzung einer Differenz von € 176,71 zwischen der seinerseits angesetzten € 1.437,52 und dem vom Arbeitsgericht festgesetzten Betrag von € 1.260,81 sowie „die Absetzung der weiteren Vergütung nach § 50 RVG in Höhe von € 270,96″ ( Differenz zwischen angesetzten € 2.406,42 und der gerichtlicherseits angesetzten € 2.135,36). Hinsichtlich der Begründung wird auf den Schriftsatz vom 16. Aug. 2016 (Bl. XIII ff. d. Kostenheftes) Bezug genommen, worin u.a. auf die Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte Düsseldorf und Baden-Württemberg hingewiesen wird, die eine 1,5-Einigungsgebühr anerkennen. Die Bezirksrevisorin beim Landesarbeitsgericht München war dieser Beschwerde unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts München entgegengetreten. Sie ist der Ansicht, dem Klägervertreter stehe nur eine 1,0-Einigungsgebühr zu, da vorliegend nicht lediglich Prozesskostenhilfe für die Protokollierung eines Vergleiches beantragt worden sei. Bei Bejahung einer 1,5-Einigungsgebühr behalte sie sich vor, die (bewilligte) Differenzverfahrens- und Differenzterminsgebühr anzugreifen. Eine Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsmehrwert erfasse jeweils nur die Einigungsgebühr.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung „nicht abgeholfen und die Erinnerung zurückgewiesen” (Beschluss vom 13. Sept. 2016, Bl. XXVII d. Kostenheftes). Der Kammervorsitzende des Arbeitsgerichts hat die Erinnerung mit Beschluss vom 27. Sept. 2016 (Bl. XXVIII d. Kostenheftes) zurückgewiesen.
Gegen diesen ihm am 4. Okt. 2016 zugestellten Beschluss wendet sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers mit seiner am 11. Okt. 2016 per Telefax beim Arbeitsgericht München eingegangenen Beschwerde vom selben Tag. Der Kammervorsitzende hat dieser nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt (Beschluss vom 14. Okt. 2016, Bl. XXXIV d. Kostenheftes).
II. Die statthafte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde ist zulässig (§ 56 Abs. 2, § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Der Beschwerdewert des § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG ist überschritten.
2. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Arbeitsgericht hat die Erinnerung des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 1. Aug. 2016 zu Recht zurückgewiesen. Dem Prozessbevollmächtigten des Klägers steht die von ihm geltend gemachte 1,5-Einigungsgebühr aus einem Teil des Gegenstandswertes nicht zu. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle geht vielmehr mit der Vertreterin der Staatskasse zu Recht davon aus, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf Grund des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleichsabschluss nur eine 1,0-Einigungsgebühr aus dem Gesamtwert des Vergleiches verlangen kann.
a. Nach Nr. 1003 Abs. 1 Satz 1 VV-RVG entsteht nur eine 1,0-Gebühr nach Nr. 1000 bis 1002 VV-RVG, „…, wenn ein Verfahren über Prozesskostenhilfe anhängig ist, soweit nicht lediglich Prozesskostenhilfe für ein selbständiges Beweisverfahren oder die gerichtliche Protokollierung des Vergleiches beantragt wird oder sich die Beiordnung auf den Abschluss eines Vertrags im Sinne der Nr. 1000 erstreckt (§ 48 Abs. 3 RVG). .”
aa. Hieraus ist u.a. nach diesseitiger Ansicht (LAG München v. 17. 3. 2009 – 10 Ta 394/07, juris; LAG München v. 5. 3. 2013 – 1 Ta 47/13, n.v.; LAG München v. 2. 1. 2015 -1 Ta 282/13, n.v.; LAG München v. 16. 1. 2015 – 1 Ta 274/14, n.v.; LAG München v. 27.
3. 2015 – 1 Ta 85/14, n.v.; LAG München v. 7. 3. 2016 – 6 Ta 283/15 n.v.; LAG München v. 12. 10. 2016 – 6 Ta 644/16 n.v.) zu folgern, hinsichtlich der im Vergleich mit erledigten Streitgegenstände sei bereits dann ein „anderes gerichtliches Verfahren als ein selbständiges Beweisverfahren” anhängig (Nr. 1003 VV-RVG), wenn ein beim Gericht eingeleitetes Verfahren über die Gewährung von Prozesskostenhilfe lediglich die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf einen Vergleichsmehrwert betreffe, der Vergleich aber noch nicht abgesprochen, sondern allein vorbesprochen war, also das Gericht noch am Zustandekommen des Vergleiches und seiner Formulierung hatte mitwirken müssen (ebenso LAG Baden-Württemberg v. 7. 9. 2010 – 5 Ta 132/10, juris; LAG Hamm v. 31. 8. 2007 – 6 Ta 402/07, NZA-RR 2007, 601; LAG Hessen v. 15. 2. 1999 – 9 Ta 12/99, NZA-RR 1999, 380; LAG Nürnberg v. 25. 6. 2009 – 4 Ta 61/09, NZA-RR 2009, 556; LAG Rheinland-Pfalz v. 16. 12. 2010 – 6 Ta 237/10, Rpfleger 2011, 403).
bb. Demgegenüber wird von anderer Seite entgegen gehalten, das Wort „lediglich” in Nr. 1003 Abs. 1 S. 1 VV-RVG beziehe sich nicht auf die gerichtliche Protokollierungstätig-keit, sondern auf den Antrag, wie sich auch aus der Entstehungsgeschichte der Regelung ergebe (u.a. LAG Düsseldorf v. 13. 10. 2014 – 13 Ta 342/14, NZA-RR 2015, 73). Dabei sei es unerheblich, ob und in welchem Umfang das Gericht außerhalb eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens über den Gegenstand des Vergleichs tatsächlich an dessen Zustandekommen mitgewirkt habe. Es bestehe selbst bei intensiver gerichtlicher Mitwirkung am Zustandekommen des Vergleiches keine Grundlage für eine Kürzung der Gebühr. Dementsprechend würde bei einer Mitwirkung des Anwalts an der Vergleichsprotokollierung unabhängig von einer Beteiligung des Gerichts an dessen Zustandekommen für den Gegenstand des Mehrvergleichs stets eine Gebühr aus Nr. 1000 VV-RVG fällig. Die beantragte Erstreckung der bewilligten Prozesskostenhilfe auf den Mehrvergleich sei damit für die Höhe der Einigungsgebühr unschädlich (LAG Düsseldorf v. 25. 9. 2014 – 5 Sa 273/14, NZA-RR 2015, 48; ebenso LAG Baden-Württemberg v. 27. 4. 2016 – 5 Ta 118/15, AGS 2016, 323; in diese Richtung auch, wenngleich mit abweichender Begründung: LAG Hamm v.16. 9. 2015 – 6 Ta 419/15, AGS 2016, 133).
c. Die gegenteilige Ansicht kann nicht überzeugen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat im Kammertermin vom 22. Juni 2016 ausdrücklich die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleich beantragt. Das Arbeitsgericht hat diesem mit Beschluss vom selben Tag entsprochen. Daran ist das Beschwerdegericht gebunden. Damit war ein Prozesskostenhilfeverfahren anhängig, das nicht nur in die Protokollierung eines Vergleiches hatte münden sollen. Zudem hatte das Gericht ausweislich des Inhalts des Protokolls vom 22. Juni 2016 auch am Zustandekommen des abgeschlossenen Vergleiches noch mitwirken müssen.
aa. Dem steht nicht entgegen, dass der Erstreckungsantrag erst nach bereits erfolgtem Abschluss des gegenständlichen Vergleiches beantragt worden war. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (Beschl. v. 16. 2. 2012 – 3 AZB 34/11, NZA 2012, 1390; auch Nickel, MDR 2012, 1261, 1262) kann der Antrag, die Prozesskostenhilfe auch auf einen Vergleichsmehrwert zu erstrecken, noch nach Verlesen und erfolgter Genehmigung des Vergleiches gestellt werden, solange – wie hier – die Verhandlung noch nicht geschlossen worden war, etwa durch den Schluss der mündlichen Verhandlung oder dem Aufruf der nächsten Rechtssache. Es kann hier jedoch letztlich dahinstehen, ob in Konsequenz dieser Annahme der Antrag auf den Vergleichsschluss zurückwirkt, mit der Folge, dass bereits bei Abschluss des Vergleiches ein Prozesskostenhilfeverfahren als anhängig zu betrachten ist.
Jedenfalls ist im vorliegenden Rechtsstreit ausnahmsweise vom einen konkludent gestellten Erstreckungsantrag auszugehen, über den das Arbeitsgericht erst nach Vergleichs-schluss entschieden hatte. Der ausdrückliche Erstreckungsantrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist nur als Erinnerung an den konkludent bereits gestellten Antrag zu betrachten.
Letztlich kann auch hier dahinstehen, ob generell von einer teils befürworteten konkludente Antragstellung zur Erstreckung bewilligter Prozesskostenhilfe auf etwaige Klageerweiterungen oder Widerklagen bzw. auf einen Vergleichsschluss auszugehen ist (dazu BAG v. 30. 4. 2014 – 10 AZB 13/14, NZA-RR 2014, 322 (Auslegung des Antrages); ferner etwa LAG Baden-Württemberg v. 26. 11. 2009 – 21 Ta 10/09, juris; LAG Düsseldorf v. 10. 8. 2010 – 3 Ta 445/10, juris; LAG Düsseldorf v. 12. 1. 2010 – 3 Ta 558/09, juris; LAG Köln v. 22. 9. 2010 – 1 Ta 240/10, juris; LAG München v. 15. 3. 2013 – 10 Ta 50/13, juris; LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 3. 12. 2012 – 3 Ta 32/12, JurBüro 2013, 256; LAG Rheinland-Pfalz v. 21. 1. 2016 – 6 Ta 254/15, juris; LAG Sachsen-Anhalt v. 5. 1. 2011 – 2 Ta 191/10, juris; a. M. noch LAG Rheinland-Pfalz v. 28. 12. 2011 – 6 Ta 275/11, juris). Selbst wenn man die bereits beantragte und ggf. bewilligte Prozesskostenhilfebeantragung für die ursprüngliche Klage allein nicht hinreichen lassen möchte, eindeutig und erkennbar auch einen Willen der Partei anzunehmen, die Bewilligungsentscheidung ggf. auf eine Klageerweiterung oder den Mehrwert eines Vergleiches etc. zu erstrecken, kann dies jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht gelten. Denn im Termin vom 22. Juni 2016 war zunächst der Klagepartei auf ihren schriftsätzlich gestellten Antrag ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Daraufhin hatten die Parteien „nach Erörterung der Sach- und Rechtslage” den Vergleich geschlossen, ehe auf ausdrücklichen Erstreckungsantrag die Prozesskostenhilfebewilligung auch auf den Vergleich erstreckt worden war. Nachdem das Arbeitsgericht dem Kläger zunächst ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt hatte, war es von einer andauernden Bedürftigkeit seiner Person ausgegangen. Demnach konnte es kaum unterstellt haben, der Kläger könne die durch den Vergleichsmehrwert bedingten höheren Kosten der Einigung aufbringen. Angesichts des hier anzunehmenden konkludent gestellten Antrags war ein Prozesskostenhilfeverfahren, gerichtet auf die Erstreckung der Prozesskostenhilfe auf den Vergleich, gegeben.
bb. Das Prozesskostenhilfeverfahren hatte zudem nicht lediglich der Protokollierung eines im Vorfeld des Prozesses – bzw. hier des Termines – bereits vereinbarten Vergleiches dienen sollen. Die Parteien hatten ersichtlich nicht die vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits vor dem Termin vereinbart. Dieser war ausweislich des Protokolls erst nach „Erörterung der Sach- und Rechtslage” mit dem Gericht geschlossen worden. Dies genügt zur Anwendung der Nr. 1003 Abs. 1 Halbs. 1 VV-RVG (LAG Baden-Württemberg v. 7. 9. 2010 – 5 Ta 132/10, juris; LAG München v. 17. 3. 2009 – 10 Ta 394/07, juris; LAG München v. 5. 3. 2013 – 1 Ta 47/13, n.v.; LAG München v. 2. 1. 2015 – 1 Ta 282/13, n.v.; LAG München v. 16. 1. 2015 – 1 Ta 274/14, n.v.; LAG München v. 27. 3. 2015 – 1 Ta 85/14, n.v.; LAG München v. 7. 3. 2016 – 6 Ta 283/15 n.v.; LAG Rheinland-Pfalz v. 16.
12. 2010 6 Ta 237/10, Rpfleger 2011, 403; LAG Rheinland-Pfalz v. 12. 3. 2015 – 5 Ta 51/15, AGS 2015, 371).
Nach Nr. 1003 Abs. 1 VV-RVG löst bereits der Antrag, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auf den Vergleichsabschluss zu erstrecken, eine Einigungsgebühr von 1,0 aus. Die Einigungsgebühr von 1,5 ist damit ausgeschlossen. Die gegenteilige Ansicht des LAG Düsseldorf (Beschl. v. 25. 9. 2014 – 5 Sa 273/14, NZA-RR 2015, 48; LAG Düsseldorf v. 13. 10. 2014 – 13 Ta 342/14, NZA-RR 2015, 73; ebenso auch LAG Baden-Württemberg v. 27. 4. 2016 – 5 Ta 118/15, AGS 2016, 323; in diese Richtung auch, wenngleich mit abweichender Begründung: LAG Hamm v.16. 9. 2015 – 6 Ta 419/15, AGS 2016, 133) geben keine Veranlassung, die bisherige Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts 13. München zu ändern. Die Erhöhung der Vergleichsgebühr von 1,0 auf 1,5 soll nach dem Gesetzeszweck von Nr. 1000 VV-RVG das anwaltliche Bestreben, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen, fördern und belohnen. Eine Anrufung des Gerichts erfolgt gemäß der Anmerkung Nr. 1003 VV-RVG aber auch dann, wenn – wie hier -ein Verfahren über die (Erstreckung der) Prozesskostenhilfe anhängig gemacht wird. Es ist nicht ersichtlich, warum die zugrunde liegende Regelung allein für ein dem Erkenntnisverfahren vorgeschaltetes – isoliertes – Prozesskostenhilfeverfahren gelten sollte, zumal ein solches nicht vorkommen dürfte, wenn Prozesskostenhilfe lediglich für die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs beantragt wird. Auch in den Fällen der begehrten Prozesskostenhilfe im laufenden Verfahren für die vergleichsweise Regelung zuvor nicht förmlich gestellter Anträge beantragt wird, wird das Gericht in Anspruch genommen. Dieses ist insoweit kein bloßes „Beurkundungsorgan”, sondern hilft im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage bei der Formulierung des Vergleiches mit. Auch hat es zumindest zu prüfen, ob die Einbeziehung der außerhalb des Rechtsstreits liegenden Gegenstände in die vergleichsweise Regelung mutwillig i.S.v. § 114 Abs. 2 ZPO erscheint. Da Prozesskostenhilfe im Hinblick auf einen bestimmten abzuschließenden Vergleich oder – wie hier -erst nach Vergleichsabschluss bewilligt wird, stehen auch die Streitgegenstände fest.
Die für die höhere Gebühr nach Nr. 1000 VV-RVG maßgebliche Überlegung, das Gericht werde durch die miterledigten Ansprüche nicht belastet, trifft mithin in einem solchen Fall nicht zu (vgl. nur LAG München vom 27. 3. 2015 – 1 Ta 85/14, juris; LAG Nürnberg v. 25. 6. 2009 – 4 Ta 61/09, NZA-RR 2009, 556; LAG Rheinland-Pfalz v. 16. 12. 2010 – 6 Ta 237/10, Rpfleger 2011, 403; LAG Rheinland-Pfalz v. 12. 3. 2015 – 5 Ta 51/15, AGS 2015, 371).
3. Die Entscheidung ergeht kostenfrei (§ 56 Abs. 2 Satz 2, 3 RVG) und ist unanfechtbar (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).


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