Arbeitsrecht

Zuschuss aus dem Förderprogramm „Fit for Work für Geflüchtete“

Aktenzeichen  W 8 K 17.823

Datum:
5.2.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 2789
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB III § 130
VwGO § 61 Nr. 1, § 113 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

Abschluss eines Koooperationsvertrages durch faktische Inanspruchnahme der Leistungen Assistierter Ausbildung durch den Auszubildenden verneint. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Bescheid des Zentrums … vom 27. Juli 2017 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den beantragten staatlichen Zuschuss im Rahmen der Förderung „Fit for Work für Geflüchtete“ für die Ausbildung von M … M …, geb. am 1. Januar 1992, in Höhe von monatlich 200,00 EUR, beginnend ab Februar 2017, also maximal 22 Monate, also maximal 4.400,00 EUR, zu gewähren.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist begründet, weil der Kläger einen Anspruch auf die beantragte Gewährung eines staatlichen Zuschusses im Rahmen der Förderung „Fit for Work für Geflüchtete“ hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Beteiligtenfähigkeit des klagenden Unternehmers für sein Einzelunternehmen unter dessen Firma ist gegeben, § 61 Nr. 1 VwGO.
Die Klage ist begründet, weil der Kläger einen Anspruch auf Gewährung des von ihm beantragten staatlichen Zuschusses im Rahmen der Förderung „Fit for Work für Geflüchtete“ hat. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der gerichtlichen Entscheidung. Der Bescheid des „Zentrums Bayern Familie und Soziales“ vom 27. Juli 2017 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.
Die Gewährung des streitgegenständlichen Zuschusses richtet sich nach den Förderhinweisen „Fit for Work für Geflüchtete“ vom 23. Dezember 2016 (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration, Az. I 8/6201.02-1/15), im Folgenden „Förderhinweise“, und nach den allgemeinen haushaltsrechtlichen Bestimmungen (insbes. Art. 23, 44 BayHO).
Nach Nr. 6.3.2.3 muss der Förderantrag für Ausbildungsverhältnisse mit Jugendlichen, die mit der Assistierten Ausbildung (AsA) gemäß § 130 SGB III gefördert werden, spätestens drei Monate nach Abschluss des Kooperationsvertrags zwischen dem Ausbildungsbetrieb, dem Maßnahmeträger und dem Jugendlichen eingehen. Dies ist hier nach Überzeugung des Gerichts zu bejahen. Der geforderte Kooperationsvertrag zwischen den genannten Parteien wurde erst am 30. Januar 2017 geschlossen.
Entgegen der Ansicht des Beklagten ist nicht davon auszugehen, dass mit der faktischen Inanspruchnahme der AsA-Leistungen im September 2016 der Auszubildende seine auf Abschluss des AsA-Vertrages gerichtete Willenserklärung abgegeben und damit den Vertragsschluss angetragen oder einen entsprechenden Antrag des Maßnahmeträgers angenommen hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Parteien des Kooperationsvertrags – in Unkenntnis der erst am 30. Dezember 2016 veröffentlichten Förderhinweise – zunächst davon ausgingen, dass der Vertrag nur zwischen Ausbildungsbetrieb und Maßnahmeträger zu schließen ist. So werden im Kopf des streitgegenständlichen Kooperationsvertrags zur Assistierten Ausbildung (Bl. 14f. und 23 d.A.) und auch in dessen weiterem Wortlaut als dessen Parteien nur der Maßnahmeträger und der Ausbildungsbetrieb genannt. Eine Ausfertigung des Kooperationsvertrags erhielten neben der Agentur für Arbeit nur der Ausbildungsbetrieb und der Maßnahmeträger, nicht aber auch der Auszubildende. Der im September vom Kläger und vom Maßnahmebetrieb unterzeichnete Kooperationsvertrag stellt sich zu diesem Zeitpunkt somit mangels entsprechender übereinstimmender Willenserklärung nicht als von Nr. 6.3.2.3 der Förderhinweise geforderte Vertrag zwischen drei Parteien, sondern als Kooperation zugunsten eines Dritten dar. Die vom AsA-Maßnahmeträger vorgebrachte Erklärung für die Nachtragung der Unterschrift des Auszubildenden, dass durch eine falsche Formatierung des Kooperationsvertrages die letzte Zeile im Vertrag gefehlt habe, steht dieser Auslegung nicht entgegen.
Folglich ist vorliegend von einem Abschluss des Kooperationsvertrags auch mit dem Auszubildenden erst am 30. Januar 2017 auszugehen. Dafür spricht auch die Nr. 4.3 der Förderhinweise, wonach maßgeblich für den Beginn der Förderung, der auf den Abschluss des Kooperationsvertrags abstellt, das Datum der Unterschrift ist.
Der gegenständliche Förderantrag, der beim … am 24. April 2017 eingegangen ist, wurde damit innerhalb der Frist der Nr. 6.3.2.3 der Förderhinweise gestellt. Des Rückgriffs auf die Ausnahmeregelung der Nr. 6.3.3 Abs. 2 der Förderhinweise, wonach abweichend von den in Nr. 6.3.2 genannten Antragsfristen der Förderantrag für Ausbildungsverhältnisse, die in dem Zeitraum vom 1. August 2016 bis zur Veröffentlichung der Förderhinweise auf der Internetseite des Staatsministeriums begonnen haben, noch innerhalb von drei Monaten nach dieser Veröffentlichung gestellt werden kann, bedarf es hier nicht. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist für nach Veröffentlichung der Förderhinweise geschlossene AsA-Verträge diese Ausnahmeregelung nicht einschlägig, sondern Nr. 6.3.2 der Förderhinweise.
Die übrigen Fördervoraussetzungen sind gegeben. Gegenteilige Anhaltspunkte wurden nicht vorgebracht.
Förderungsbeginn ist nach Nr. 4.3 der Förderhinweise vorliegend der 1. Februar 2017. Gemäß Nr. 5.2 der Förderhinweise beträgt die Zuwendung monatlich 200 EUR (Festbetrag), bei einem Bewilligungszeitraum von maximal 22 Monaten, also maximal 4.400,00 EUR.
Nach alledem hat die Klage Erfolg.
Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.


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