Arbeitsrecht

Zuständigkeit des Personalrats für Beschäftigte eines Tochterunternehmens

Aktenzeichen  AN 8 P 16.00251

Datum:
2.5.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 16869
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayPVG Art. 1, Art. 4, Art. 6, Art. 75 Abs. 4 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Der Personalrat ist nicht zuständig für Regelungen der Arbeitzeit von Beschäftigten eines privatrechtlich organisierten Tochterunternehmens der Dienststelle. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine zusätzliche Zuständigkeit des Personalrats – neben dem bei dem Tochterunternehmen gebildeten Betriebsrat – scheidet auch dann aus, wenn die Beschäftigten des Tochterunternehmens scheinbar – jedoch nicht im Rechtssinne – in die Dienststelle eingegliedert sind. (Rn. 28 und 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Dies gilt auch für Beschäftigte, die die Dienststelle im Wege der Personalgestellung dem Direktionsrecht des Tochterunternehmens hinsichtlich der Arbeitszeit unterstellt hat. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird zurückgewiesen.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
3. Der Gegenstandswert beträgt 5.000 EUR.

Gründe

I.
Der Antragsteller und der Beteiligte streiten um den Umfang des Mitbestimmungsrechts aus
Art. 75 Abs. 4 Nummer 1 BayPVG hinsichtlich der Mitarbeiter, die in Einrichtungen der Sozialstiftung … im Wege eines Dienstleistungsvertrages bzw. einer Arbeitnehmerüberlassung von einer Tochtergesellschaft der Sozialstiftung … für den Patientenbegleitdienst eingesetzt werden.
Der Antragsteller ist der örtliche Personalrat der Sozialstiftung …, der aus 15 Mitgliedern besteht.
Die Sozialstiftung … unterhält mehrere Institutionen im pflegerischen und medizinischen Bereich, unter anderem die Kliniken an den Standorten …, … und … in … und stellt damit die Gesundheitsversorgung in der Region sicher. Sie beschäftigt dort insgesamt 2.800 Beamte und Arbeitnehmer. Sie unterhält in der Sozialstiftung mehrere Kompetenzzentren, Belegabteilungen und Fachkliniken. Zum Konzern der Sozialstiftung kommen noch weitere Tochterfirmen mit etwa 900 Mitarbeitern hinzu.
Die Sozialstiftung … hat mit der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH am 19. August 2011 einen Dienstleistungsvertrag geschlossen, demgemäß die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH die anfallenden Tätigkeiten des Patientenbegleitdienstes übernimmt. Wegen der Einzelheiten des Dienstleistungsvertrages wird auf diesen Vertrag sowie ergänzend hierzu auf die Verfahrensanweisung zur innerklinischen Patientenbegleitung verwiesen.
Der Antragsteller trägt nun vor, die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes seien in der Regel ungelernte Kräfte, die die Patienten von einer Abteilung in eine andere verbringen sollen. Sie würden in allen Abteilungen eingesetzt, auch in der Notaufnahme und auf den Intensivstationen. Sie übernähmen teilweise Fahrten gemeinsam mit Mitarbeitern der Pflegestationen der Sozialstiftung … Das erfolge wohl immer dann, wenn es die gesundheitliche Situation der Patienten erfordere. Eine Entscheidung darüber, ob ein Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes den Patienten alleine begleitete bzw. ein Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes gemeinsam mit einem Mitarbeiter der Sozialstiftung … den Patienten begleite, treffe der zuständige Arzt der Sozialstiftung … Dieser gebe seinen Auftrag über ein EDV-System an diesen weiter. Die einzelnen Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes könnten dann in diesem System ihre durchzuführenden Begleitdienste ersehen. Die Einteilung der Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes in die jeweiligen Schichten und Zuordnungen zu den Abteilungen selbst erfolge hingegen über den Leiter des Patientenbegleitdienstes, Herrn …, der über einen Arbeitsvertrag mit der Service Gesellschaft der Sozialstiftung … mbH verfüge. Für die Zusammenarbeit der Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH, den Patientengeleitdienst sowie der Mitarbeiter der Beteiligten im Pflegedienst habe die Sozialstiftung … und die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH eine Verfahrensanweisung zur innerklinischen Patientenbegleitung erlassen.
Die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes seien zwar durch eine andere Kleidung als externe Mitarbeiter gekennzeichnet, hielten sich jedoch ausschließlich in den Räumlichkeiten der Sozialstiftung … auf. Bis auf den Leiter des Patientenbegleitdienstes verfügten sie auch nicht über eigene Räume innerhalb der Sozialstiftung … Das Büro des Leiters diene als Stützpunkt des Patientenbegleitdienstes, dort seien auch die Einträge in dem EDV-System für die Mitarbeiter zu entnehmen.
Mit Schreiben vom 16. Januar 2015 forderte der Antragsteller den Dienstplan des Patientenbegleitdienstes sowie die Angabe der derzeit gültigen Arbeitszeiten (Beginn und Ende der einzelnen Schichten) und der tatsächlich gearbeiteten Stunden der Mitarbeiter im Patientenbegleitdienst an, weil nach seiner Auffassung der Einsatz der Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH zumindest teilweise die Mitbestimmungsrechte nach dem Personalvertretungsgesetz auslösten.
Der Beteiligte antwortete unter dem 20. Januar 2015, dass er dem Antrag nicht nachkomme. Die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes seien im Rahmen des Dienstleistungsvertrages tätig. Insoweit sei alleine die Zuständigkeit der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH gegeben. Damit sei allerdings der Zuständigkeitsbereich des örtlichen Personalrates der Sozialstiftung …, Klinikum …, nicht eröffnet.
Der Antragsteller meint hingegen, nach der Rechtsprechung des LAG Baden-Württemberg vom 3. Dezember 2014 könnte die als Werkvertrag bezeichnete Arbeitnehmerüberlassung im Einzelfall zu einer Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher führen. Das sei nach seiner Rechtsauffassung vorliegend der Fall, denn die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes seien in den Betrieb der Sozialstiftung … eingegliedert. Diese verfügten nahezu keine Räumlichkeiten und hielten sich im gesamten Krankenhaus der Sozialstiftung … auf. Sie hätten ständig Kontakt mit Mitarbeitern der Sozialstiftung … und betreuten ausschließlich deren Patienten. Zudem bestehe eine Weisungsabhängigkeit, denn sie erhielten ihre Aufträge über das EDV-System, die von den behandelnden Ärzten und Pflegekräften eingepflegt würden. Würden die Fahrten des Patienten gemeinsam mit Mitarbeitern der Sozialstiftung … durchgeführt, käme es unweigerlich dazu, dass die ausgebildeten Pflegekräfte ihrerseits jedenfalls den Mitarbeitern des Patientenbegleitdienstes bei auftretenden Komplikationen Weisung erteilten. Dabei widerspreche die Tatsache, dass zwar der Leiter des Patientenbegleitdienstes die jeweiligen Mitarbeiter in die Schichten und Abteilungen einteilte, nicht der Auffassung des Personalrats. Entscheidend sei vielmehr, dass die Einzelanweisung durch Mitarbeiter der Sozialstiftung … erfolge.
Der Antragsteller beantragt deshalb:
1. Es wird festgestellt, dass dem Antragsteller bzgl. der Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH, die im Patientenbegleitdienst eingesetzt sind, ein Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 1 BayPVG zusteht, und somit mitzubestimmen hat über Beginn und Ende der täglichen Wochentage.
hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit Ziffer 1 des Antrages:
2. Es wird festgestellt, dass dem Antragsteller bzgl. folgender Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH, ein Mitbestimmungsrecht nach Art. 75 Abs. 4 Nr. 1 BayPVG zusteht und somit mitzubestimmen hat über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage:

Der Beteiligte beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er sei der Vorstand der Sozialstiftung …, einer rechtsfähigen Stiftung des öffentlichen Rechts, und damit Dienststellenleiter im personalvertretungsrechtlichen Sinne. Die Sozialstiftung … böte mit Kliniken an den drei Standorten … … und … eine umfassende medizinische und pflegerische Versorgung für die Menschen in … und in den umliegenden Regionen an. In den drei Kliniken würden mit über 1.000 Planbetten und zusätzlich tagesklinischen Behandlungsplätzen jährlich rund 43.000 Patienten stationär behandelt. In ambulanten, teilstationären und rehabilitativen Bereichen würden jährlich etwa 120.000 Menschen behandelt. Er beschäftige derzeit ca. 2.800 Beamte und Arbeitnehmer. Diese Leistungen erbringe er nicht ausnahmslos selbst, sondern zum Teil übernähmen privatrechtlich organisierte Tochtergesellschaften, darunter auch die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH oder die Sozialstiftung … Altenpflege gGmbH entsprechende Dienstleistungen. Die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH beschäftige derzeit 491 eigene Arbeitnehmer. Bei ihr bestehe ein Betriebsrat. Neben ihren eigenen derzeit 243 Arbeitnehmern beschäftige die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH auch die ihr im Wege der Personalgestellung zur Arbeitsleistung überlassenen Mitarbeiter. Diese Gestaltung über eine Personalgestellung habe den Hintergrund, dass bei der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH nicht der TVöD gelte sondern die Tarifverträge der IGZ. Für Arbeitnehmer, die bei der Gründung der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH bereits bei der Sozialstiftung … mit Dienstleistungen beschäftigt waren, die von der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH übernommen wurden, sei durch die Personalgestellung ein sonst notwendiger Arbeitgeberwechsel mit der Folge eines Wegfalles der Bindung an den TVöD vermieden worden.
Am 19. August 2011 habe die Sozialstiftung … mit der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH den Dienstleistungsvertrag „Patientenbegleitdienst“ mit Wirkung ab dem
1. Januar 2012 geschlossen. Demzufolge übernehme die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH die Tätigkeiten des Patientenbegleitdienstes für die Sozialstiftung … Diese Tätigkeiten seien auch in deren Räumlichkeiten auszuführen. Nach diesem Dienstleistungsvertrag sei die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH berechtigt, die Arbeitnehmer zur Erbringung der Dienstleistungen selbst auszuwählen, die Sozialstiftung … habe keinen Anspruch auf bestimmte Arbeitskräfte. Darüber hinaus könne die Sozialstiftung … Dritte mit der Erfüllung ihrer Aufgaben betrauen. Die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH hafte für alle bei der Ausführung der Leistungen durch ihre Arbeitskräfte verursachten Schäden. Für ihre Dienstleistung erhalte sie eine pauschale Vergütung, für Sonderleistungen erhalte sie eine gesonderte Vergütung. Der Dienstvertrag regele keine Weisungsbefugnis. Die Aufgabenverteilung stelle sich so dar, dass die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH sämtliche Tätigkeiten des Patientenbegleitdienstes übernehme. Es handle sich um einen reinen Transportdienst. Eine Patientenbetreuung finde nicht statt. Die einzelnen Transportaufträge erteile die Sozialstiftung … über ein Softwaretool oder telefonisch an die Geschäftsbereichsleitung Patientenbegleitdienst bei der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH. Der Geschäftsbereichsleiter Patientenbegleitdienst sei der Sozialstiftung … von ihrem Vertragspartner Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH als zuständiger Vertreter benannt worden. Soweit die Sozialstiftung … ihrer Tochtergesellschaft einen Transportauftrag erteile, gebe sie dem Geschäftsbereichsleiter jeweils die Daten über den Auftrag durch, bestehend aus Patientenname, Abholstelle, Ankunftsstelle, Abholzeit, Ankunftszeit, Transportart und Infektionsstatus. Der Geschäftsbereichsleiter des Patientenbegleitdienstes sei bei der Service Gesellschaft Sozialstiftung … angestellt. Er agiere dort als Leitstelle des Patientenbegleitdienstes. Er koordiniere den Personaleinsatz, entscheide, wer den Auftrag ausführe und gebe die Transportaufträge an die von ihr zur Durchführung ausgesuchten Mitarbeiter weiter. Die Einträge im oben genannten Softwaretool seien nur in seinem Büro verfügbar. Rückfragen wickle er direkt mit der Sozialstiftung … ab. Der Transport der Patienten werde dann durch den Patientenbegleitdienst der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH durchgeführt. Die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH erfasse Urlaub, Krankmeldungen und Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter selbst, regle die Vertretungen und ordne nach Bedarf Überstunden an. Sie zahle die Vergütung und übe auch das disziplinarische Weisungsrecht aus. Den Mitarbeitern des Patientenbegleitdienstes stehe bei der Sozialstiftung … ein eigener Raum zur Verfügung. In diesem Raum befinde sich auch das Büro des Geschäftsbereichsleiters. Der Raum könne von allen Mitarbeitern des Patientenbegleitdienstes, die auch eine eigene Dienstkleidung tragen, benutzt werden. Die Mitarbeiter dieses Patientenbegleitdienstes seien auch nicht in das IT-System der Sozialstiftung … eingebunden. Sie hätten weder Zugangsberechtigung noch Kennungen wie etwa Telefonnummern oder E-Mail-Adressen.
Die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH sei zur Arbeitnehmerüberlassung berechtigt und verfüge über eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis.
Für die hier streitgegenständlichen Fragen zum Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sei allein der bei der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH gebildete Betriebsrat zuständig. Regelmäßig bleibe bei einer Personalgestellung die Zuständigkeit des Personalrates der abgebenden Dienststelle für rein arbeitsvertragsbezogene Maßnahmen bestehen. Demgegenüber lägen allein die auf die Ausübung des betrieblichen Direktionsrechts bezogenen Beteiligungsrechte regelmäßig beim Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes. Die entsprechende Fragestellung stelle sich auch im Falle von Leiharbeit niemand. Im vorliegenden Fall sei die Regelung der täglichen Arbeitszeit keine Angelegenheit, die von der Sozialstiftung … als Stammdienststelle zu regeln wäre. Vielmehr habe die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH als aufnehmender Betrieb ein Recht zu einer betriebseinheitlichen Gestaltung der Arbeitszeiten. Denn nach dem in Deutschland herrschenden System der kollektiven Interessensvertretung bestehe für jeden Betrieb bzw. jede Dienststelle grundsätzlich nur eine einzige Arbeitnehmervertretung, um für diese Organisationseinheiten einheitliche Regelungen für sämtlich dort Beschäftigte im Rahmen des Weisungsrechtes zu ermöglichen. Für die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes, die keine Arbeitnehmer der Sozialstiftung … seien, sei der Antragsteller insgesamt nicht zuständig. Diese Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes stünden nicht im Arbeitsverhältnis zur Sozialstiftung … Sie hätten ausschließlich einen Arbeitsvertrag zur Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH. Es handle sich auch nicht um eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Auch liege ein Fall der Eingliederung nicht vor, insbesondere bestehe keine Arbeitnehmerüberlassung. Vielmehr würden die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH im Rahmen des Dienstleistungsvertrages mit der Sozialstiftung … tätig. Sie unterlägen insbesondere auch nicht dem Weisungsrecht der Sozialstiftung … Der bestehende Dienstleistungsvertag regle die Erbringung von Dienstleistungen und keine Arbeitnehmerüberlassung. Die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH wähle nämlich die Arbeitnehmer selbst aus. Der Sozialstiftung … käme kein Weisungsrecht gegenüber diesen Mitarbeitern zu. Auch die Haftungsverteilung spreche gegen eine Arbeitnehmerüberlassung. Die Sozialstiftung … gewähre pauschale Vergütung für die Dienstleistung. Auch die Vertragspraxis entspreche dem Text des Dienstleistungsvertrages. Demzufolge stehe dem Antragsteller kein Mitbestimmungsrecht aus Art. 75 Abs. 4 Nr. 1 BayPVG für die einzelnen in der Antragsschrift genannten Arbeitnehmer zu.
Der Antragsteller erklärt zu den Ausführungen des Beteiligten, es sei richtig, dass im Patientenbegleitdienst zwei Gruppen von Beschäftigten über die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH eingesetzt würden. Zum einen handle es sich um Mitarbeiter, die direkt mit der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH einen Arbeitsvertrag hätten. Darüber hinaus gebe es aber auch Mitarbeiter Sozialstiftung …, die diese zunächst der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH im Rahmen einer Personalgestellung nach § 4 TVöD-K überließen, um sie sodann wieder über den streitgegenständlichen Dienstleistungsvertrag von dieser Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH zu erhalten und sie in ihrem eigenen Betrieb zur Patientenbegleitung einzusetzen. Zum Arbeitsablauf, der von dem Beteiligten im Übrigen zutreffend dargestellt worden sei, sei zu ergänzen, dass den Mitarbeitern des Patientenbegleitdienstes zwar über das Softwaretool Abholzeiten genannt würden. Diese könnten jedoch häufig nicht eingehalten werden. Auch hier werde wiederum die enge Verknüpfung der Bereiche deutlich. Die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes könnten die Arbeitsanweisung nicht immer entsprechend den Aufgaben im Softwaretool autark erfüllen, und müssten deshalb aufgrund ihrer Einbindung in den Klinikbetrieb anderslautende Weisungen vom Klinikpersonal Vorort hinnehmen. Nicht richtig sei letztlich, dass sämtliche Aufträge für den Patientenbegleitdienst zentral bei dem Geschäftsbereichsleiter eingingen. In der Notaufnahme etwa erteilten Mitarbeiter der Sozialstiftung … die Aufträge für den Patientengeleitdienst direkt an den Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH und zwar schriftlich auf Zetteln. Aber auch in anderen Fällen der Eingabe der Transportaufträge im Softwaretool erfülle der Geschäftsbereichsleiter des Patientenbegleitdienstes nach Auffassung des Antragstellers lediglich eine Sprachrohrfunktion. Er leite lediglich die eingehenden Aufträge der Ärzte und der Pflegekräfte an die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes weiter.
Zwischen der Sozialstiftung … und der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH sei zudem eine Projektgruppe zur Verbesserung der Terminierung und Vorbereitung der Patienten für Diagnostik und Funktionsbereiche gebildet worden. In dieser Projektgruppe würden gemeinsame Entscheidungen getroffen, beispielsweise, dass für den Patientenbegleitdienst ein Ausfallskonzept erstellt werde, außerdem ein Effizienzvergleich überprüft werde, die Rollstuhlverfügbarkeit gesichert werde und die Patientenbegleitdienst-Reservierungspraxis bezüglich der Notwendigkeit und der Prioritäten hinterfragt werde.
Letztlich sei darauf hinzuweisen, dass die Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH in vielen Angelegenheiten mit den Mitarbeitern der Sozialstiftung … gleichgestellt seien, das betreffe etwa die Cafeteria und die Wäscheautomaten zu benutzen und Vergünstigungen beim Parken zu erhalten.
Der Beteiligte erklärt hierzu abschließend, es bleibe dabei, dass die im Patientenbegleitdienst tätigen Mitarbeiter nicht von Weisungen der Beteiligten der Sozialstiftung … oder der Sozialstiftung … selbst abhängig seien, weder mittelbar noch unmittelbar. Der Leiter des Patientenbegleitdienstes, Herr …, organisiere diesen Patientenbegleitdienst in eigener Verantwortung. Auch wenn der Patientenbegleitdienst telefonisch beauftragt wäre, gingen diese Anrufe bei der Leitstelle des Patientenbegleitdienstes ein. Unzutreffend sei die Behauptung des Antragstellers, dass Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes direkt für die Annahme von Aufträgen telefonisch verfügbar seien. Die Mitarbeiter des Patientenbegleitdienstes gingen auch keine eigenständigen Rundgänge über die Stationen ab. Die Sozialstiftung … habe auch keinen Einfluss auf Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, auf die Lage der Pausen und auf die Verteilung der Arbeitszeit derjenigen Mitarbeiter, die im Patientenbegleitdienst tätig seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und auf die Verfahrensakte Bezug genommen. Wegen des Verlaufs der mündlichen Anhörung am 2. Mai 2017 wird auf die dort erstellte Sitzungsniederschrift verwiesen.
II.
Der Antrag zur Fachkammer für das bayerische Personalvertretungsrecht (Art. 80 Abs. 1 Nummer 3, Art. 82 BayPVG, §§ 80 ff., § 85 Abs. 2 ArbGG) ist zulässig, insbesondere ist der Antragsteller für das geltend gemachte Antragsbegehren antragsbefugt.
Der Antrag ist aber weder im Haupt- noch im Hilfsantrag begründet, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Maßnahmen, das sind ausweislich der Antragsschrift vom 17. Februar 2016 ausschließlich die Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage, allesamt nicht in den Anwendungsbereich des Bayerischen Personalvertretungsrechts fallen und damit Verletzung des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers nach Art. 75 Abs. 4 Nummer 1 BayPVG insoweit von vorneherein ausscheidet.
Rechtsgrundlage des Antragsbegehrens ist dem Antrag entsprechend ausschließlich das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach Art. 75 Abs. 4 Nummer 1 BayPVG.
Voraussetzung dieses Mitbestimmungsrechts des Antragsteller wäre, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH hinsichtlich der Regelungen über Beginn und Ende ihrer täglichen Arbeitszeit, ihrer Pausen sowie die Verteilung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage als Beschäftigte im Sinne des Art. 4 BayPVG des Bayerischen Personalvertretungsrechts zu sehen wären.
Das ist ersichtlich nicht der Fall, weil die Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH keine Dienststelle im Sinne des Art. 6 BayPVG ist und das Bayerischen Personalvertretungsrecht vorliegend auch nicht aus anderen Gründen zur Anwendung kommt (Art. 1 BayPVG; zur Abgrenzung zum Betriebsverfassungsgesetz siehe auch Ballerstedt/Faber/Schleicher, BayPVG, Stand: März 2017, Art. 1 RdNrn. 2 bis 2b). Demzufolge weist die Antragstellervertreterin in der mündlichen Anhörung auch zutreffend darauf hin, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH für die hier streitgegenständlichen Maßnahmen vom dortigen Betriebsrat betreut werden.
Eine (zusätzliche) Betreuung durch den Antragsteller als örtlichem Personalrat der Sozialstiftung … scheidet damit für die in Art. 75 Abs. 4 Nummer 1 BayPVG genannten Maßnahmen aber aus, denn ausweislich der Bestimmungen in § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 3 und 4 des Dienstleistungsvertrages „Patientenbegleitdienst“ vom 19. August 2011 ist es allein Sache der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH, Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage zu treffen. Der Antragsteller ist damit nicht in seinen eigenen personalvertretungsrechtlichen Rechtspositionen betroffen, denn dem Beteiligten steht gegenüber den Beschäftigten insoweit keine entsprechende Regelungsbefugnis (mehr) zu (siehe dazu insbesondere BAG vom 9.6.2011 BAGE 138, 116 = PersR 2011, 396; OVG NRW vom 23.3.2010 PersV 2010, 389; jeweils m.w.N.). Für eine parallele Betreuung der Beschäftigten durch den Betriebsrat einerseits und den Antragsteller andererseits, so die Einlassungen des Antragstellers in der mündlichen Anhörung, besteht kein Raum. Für eine Unwirksamkeit der hier zugrundeliegenden vertraglichen Regelungen, etwa im Sinne eines „Scheingeschäftes“, sieht die Fachkammer auch ansatzweise keine Anhaltspunkte.
Das betrifft alle Beschäftigten der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH, so dass auch der Hilfsantrag des Antragstellers in der Sache keinen Erfolg haben kann. Denn auch die vormals bei der Sozialstiftung … tätigen Beschäftigten unterliegen in den hier streitgegenständlichen Personalentscheidungen nicht der Weisung des Beteiligtem.
Auch die vom Antragsteller geltend gemachten „tatsächlichen Umstände“ sowie die „Vertragspraxis“ ändern nichts an der alleinigen Zuständigkeit der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH und damit an der Zuständigkeit des dort amtierenden Betriebsrates für diese Maßnahmen. Insbesondere bleiben auch die vom Antragsteller geschilderten Transportsituationen, bei denen die Begleitung durch ein Pflegepersonal veranlasst erscheint und angeordnet ist, nichts an der Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage für die Beschäftigten der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH. Auch erfolgt die Anforderung des Patientenbegleitdienstes, ohne dass das vom Antragsteller substantiiert in Frage gestellt worden wäre, ausschließlich über die Geschäftsbereichsleitung Patientenbegleitdienst der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH (jetzt: kommissarisch Herr …*), der letztendlich auch die in dem gemeinsamen Projektteam „Terminierung der Patienten in Diagnostik- und Funktionsbereichen“ erarbeiteten Beratungsergebnisse in eigener Verantwortung innerhalb der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH umzusetzen hat.
Darüber hinausgehende personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungstatbestände, die den Haupt- und den Hilfsantrag des Antragstellers hinsichtlich der Regelungen über Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit, der Pausen sowie die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf die Wochentage für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Service Gesellschaft Sozialstiftung … mbH stützen könnte, sind weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (Art. 81 Abs. 2 BayPVG; § 80 Abs. 2 ArbGG und § 2 Abs. 2 GKG analog).
Die Festsetzung des Gegenstandswertes ist beantragt, dieser ergibt sich wiederum aus den gesetzlichen Bestimmungen.


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