Bankrecht

8 U 30/19

Aktenzeichen  8 U 30/19

Datum:
17.5.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
OLG Zweibrücken 8. Zivilsenat
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:POLGZWE:2022:0517.8U30.19.00
Normen:
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

1. Zu den Voraussetzungen einer Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO sowie zu der den nach § 64 Satz 1 (in der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Fassung) in Anspruch genommenen Geschäftsführer insoweit treffenden Darlegungs- und Beweislast. 2. Bei einer Wandeldarlehensvereinbarung mit einer GmbH, in der für bestimmte Fälle eine verbindliche Wandlungsverpflichtung zu Lasten des Darlehensgebers nach einem festgelegten Schlüssel vorgesehen ist, bedarf die Unterschrift des Übernehmers jedenfalls dann der notariellen Beglaubigung gemäß § 55 Abs. 1 GmbHG, sofern es sich bei ihm um eine gesellschaftsfremde Person handelt.3. Sieht eine Wandeldarlehensvereinbarung mit einseitiger Wandlungsoption für den Darlehensnehmer im Fall der Ausübung des Wandlungsrechtes eine für die Gesellschaft verbindliche satzungsändernde Kapitalerhöhung vor, spricht vieles für eine Pflicht zur notariellen Beurkundung des zu Grunde liegenden Gesellschafterbeschlusses nach § 53 Abs. 2 GmbHG.

Verfahrensgang

vorgehend LG Frankenthal, 26. Februar 2019, 7 O 22/18, Urteil

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 26.02.2019, Az. 7 O 22/18, abgeändert wie folgt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 58.398,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.02.2018 zu zahlen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Kläger insgesamt aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus Geschäftsführerhaftung wegen verspäteter Insolvenzantragstellung.
Der Beklagte war (zuletzt seit 2014) Geschäftsführer der K. GmbH mit Sitz in N. Geschäftsgegenstand der Gesellschaft war die Produktion und der Vertrieb von Damenmoden, insbesondere Handtaschen und Schuhen im gehobenen Preissegment. Mehrheitsgesellschafterin der GmbH war eine Frau L.. Die Gesellschaft hatte ihre Tätigkeit im Anschluss an ihre Gründung im Jahr 2007 aufgenommen.
Ende des Jahres 2015 belief sich der Guthabenstand auf dem Geschäftskonto der Gesellschaft bei der Commerzbank auf ca. 47.000,00 €. Dieser verringerte sich bis 31.03.2016 auf 1.887,58 € und bis in den Juni 2016 weiter auf ca. 100,00 €.
Die Umsatzerlöse der Gesellschaft beliefen sich im Jahr 2013 auf 5.300,00 €, im Jahr 2014 auf 2.349,75 € und im Jahr 2015 auf 0,00 €.
Die Jahresabschlüsse wiesen des Weiteren folgende Kennzahlen aus:
Jahr   
Umsatz
Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag
Eigenkapital
2013   
5.300,00 €
– 27.228,01 €
– 199.798,33 €
2014   
2.349,75 €
– 21.047,30 €
– 220.845,63 €
2015   
0.- € 
– 222.672,57 €
– 443.518,20 €

Die Gesellschaft schloss unter dem 03.07.2015 mit einer S. GmbH einen Vertrag über die Gewährung eines Darlehens in Höhe von 25.000,00 €. In § 4 des Darlehensvertrags war dabei vereinbart, dass das Darlehen am 05.07.2020 zurückgezahlt werden sollte. Nach § 5 konnte die Darlehensgeberin das Darlehen erstmals nach sechs Monaten mit einer Frist von drei Monaten kündigen, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Darlehensnehmers zu verschlechtern drohten und hierdurch die Darlehensrückführung gefährdet werde. Das Fälligkeitsdatum sollte sich dadurch aber nicht ändern. Weiterhin sollte das Recht zu einer Kündigung aus wichtigem Grund unberührt bleiben. Wegen der Einzelheiten wird auf den Darlehensvertrag vom 03.07.2020 (K7 – Bl. 83 ff. d.A.) Bezug genommen.
Ende Juli 2015 schloss die Gesellschaft darüber hinaus zwei im Wesentlichen gleichlautende, privatschriftliche Wandeldarlehensverträge über jeweils 100.000,00 € ab, und zwar einerseits mit einer Frau B., welche mit notariellem Vertrag vom 23. Juli 2022 (B13, Bl. 322 ff. d.A.) Anteile der K. GmbH erwarb und abgetreten erhielt, andererseits mit einer B. AG (Aktiengesellschaft nach Schweizer Recht).
Unter dem Abschnitt „Vorbemerkung“ enthielten die Darlehensverträge u.a. folgende Passage:
„iv. Die Gewährung des Wandeldarlehens soll dazu dienen, den Kapitalbedarf der Gesellschaft zum Ausbau und zur Erweiterung der Geschäftstätigkeit zu decken.“
Des Weiteren war in den Verträgen unter Ziffer 5.1. eine Wandlungsverpflichtung für den Fall einer Kapitalerhöhung mit Mittelzufluss in Höhe von mindestens einer Million Euro und unter Ziffer 5.2 bis zum Ablauf der vereinbarten Darlehenslaufzeit am 31.12.2018 ein jederzeitiges Wandlungsrecht der Darlehensgeber geregelt.
In Ziffer 6 unter der Überschrift „Rangrücktritt, Gleichrang“ enthielten die Verträge die folgende Regelung:
„6.1 Zur Beseitigung einer insolvenzrechtlichen Überschuldungslage, Zahlungsunfähigkeit bzw. drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und damit zur Abwehr der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bei der Gesellschaft tritt der Darlehensgeber hiermit mit seinen Ansprüchen auf Tilgung, Verzinsung und Rückzahlung seines Darlehens, soweit es zur Auszahlung gekommen ist, einschließlich aller aufgrund dieser Darlehensforderung angefallener Zinsen und Kosten im Rang hinter die Forderungen aller bestehenden und künftigen Gläubiger der Gesellschaft zurück. Die Erfüllung dieser Ansprüche kann nur nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger verlangt werden und nur, soweit ein Liquidationsüberschuss oder ein die sonstigen Verbindlichkeiten übersteigendes Vermögen der Gesellschaft hierfür zur Verfügung steht und nur zugleich mit und im Rang gleichstehend mit den Einlagerückgewähransprüchen der Gesellschafter.
6.2 Die Rangrücktrittsvereinbarung ist auf Verlangen des Darlehensgebers aufzuheben oder auf einen Teilbetrag der rangrücktrittsbehafteten Forderung zu beschränken,
6.2.1 wenn das Stammkapital der Gesellschaft unter Berücksichtigung des verbleibenden subordierten, eigenkapitalersetzenden Teils der Forderung sowie der Kapitalrücklage nicht durch Verluste angegriffen ist oder
6.2.2 durch die Aufhebung keine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit entsteht oder zu entstehen droht.
6.3 Die Rangrücktrittsvereinbarung tritt nach einem Aufhebungsverlangen des Darlehensgebers automatisch wieder in Kraft, sobald die Voraussetzungen gemäß Ziffer 6.2.1 und Ziffer 6.2.2 nicht mehr vorliegen.“
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Verträge vom 22./24./26.07.2015 (K5 – Bl. 69 ff. d.A.- und K6 – Bl. 76 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Minderheitsgesellschafterin B. machte mit Einschreiben vom 14.12.2015 (B9 – Bl. 177 d.A.) von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch.
Mit Schreiben vom 18.01.2016 (B2 – Bl. 47 f. d.A.) teilten der Beklagte und Frau L. der Mitgesellschafterin B. mit, dass eine anwaltschaftliche Prüfung u.a. „einige formale Fehler“ bzgl. der Wandeldarlehen ergeben habe und vertraten die Auffassung, dass die Verträge der notariellen Beurkundung/Beglaubigung bedurft hätten. Hierauf zeigte Rechtsanwalt Dr. F. mit E-Mail vom 21.01.2016 (B3 – Bl. 49 d.A.) die anwaltliche Vertretung der Wandeldarlehensgeber sowie der S. GmbH an, wies die Rechtsauffassung des Beklagten und der Mehrheitsgesellschafterin zurück und versuchte auf eine einvernehmliche Lösung hinzuwirken.
Mit weiterem Schreiben ihres Rechtsanwaltes vom 26.01.2016 (K2 – Bl. 29ff. d.A.) forderten die Wandeldarlehensgeber B. und B. AG dann ihrerseits unter Berufung auf eine Formunwirksamkeit der Wandeldarlehensverträge die Rückzahlung der rechtsgrundlos gezahlten Beträge von je 100.000,00 € bis zum 29.01.2016. Ferner erklärte in diesem Schreiben die S. GmbH die fristlose Kündigung des Darlehensvertrages im Hinblick auf die vorstehende Korrespondenz und eine behauptete zweckwidrige Verwendung des Darlehensbetrages. Auch sie forderte eine Rückzahlung des Darlehensbetrages bis zum 29.01.2016. Eine Zahlung erfolgte nicht.
Zwischen dem 01.02.2016 und dem 12.05.2016 kam es in der Folge zu 27 Überweisungen sowie drei Lastschriften vom Geschäftskonto der Beklagten bei der Commerzbank AG mit einem Gesamtvolumen von 58.398,35 €, im Einzelnen:

Buchungstag
Umsatzart
Buchungstext
Betrag in €
01.02.2016
Überweisung
8.000,00
01.02.2016
Überweisung
550,00
01.02.2016
Überweisung
450,00
02.02.2016
Überweisung
1.038,87
11.02.2016
Überweisung
3.332,00
22.02.2016
Überweisung
15.000,00
22.02.2016
Überweisung
2.850,00
29.02.2016
Lastschrift
258,46
01.03.2016
Lastschrift
219,81
01.03.2016
Überweisung
550,00
02.03.2016
Überweisung
499,80
07.03.2016
Überweisung
69,63 
07.03.2016
Überweisung
224,91
07.03.2016
Überweisung
3.107,00
14.03.2016
Überweisung
1.666,00
14.03.2016
Überweisung
297,50
21.03.2016
Überweisung
11.648,50
21.03.2016
Überweisung
296,10
31.03.2016
Überweisung
450,00
01.04.2016
Überweisung
550,00
01.04.2016
Lastschrift
554,42
06.04.2016
Überweisung
2.499,00
06.04.2016
Überweisung
1.213,80
06.04.2016
Überweisung
450,00
07.04.2016
Überweisung
275,28
20.04.2016
Überweisung
353,47
20.04.2016
Überweisung
388,50
27.04.2016
Überweisung
887,03
02.05.2016
Überweisung
550,00
12.05.2016
Überweisung
168,27

Auf Grundlage eines vom Beklagten gestellten Eigenantrags vom 10.06.2016 ist über das Vermögen der Gesellschaft durch Beschluss des Amtsgerichts Heidelberg vom 21.09.2016, Az.: K 51 IN 310/16, das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Spätestens mit der Stellung des Insolvenzantrages hat die Gesellschaft ihre werbende Tätigkeit eingestellt.
Die oben aufgeführte Zahlung vom 22.02.2016 in Höhe von 15.000.- € an die Gesellschafterin L. hat der Kläger dieser gegenüber separat angefochten und eine Forderung in entsprechender Höhe gerichtlich geltend gemacht. Eine rechtskräftige Entscheidung steht noch aus.
Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen:
Der Beklagte habe die vorgenannten Zahlungen entgegen seiner Pflichten als Geschäftsführer zu einem Zeitpunkt veranlasst, zu welchem die Gesellschaft zahlungsunfähig und darüber hinaus seit Jahren überschuldet gewesen sei. Die Insolvenzreife habe seit dem 29.01.2016 dauerhaft bestanden. Das Geschäftskonto sei permanent debitorisch geführt worden. Selbst ein etwaiges Guthaben von 44.000,00 € sei zur Deckung der Rückzahlungsansprüche aus den Wandeldarlehen sowie dem weiteren Darlehen über insgesamt 225.000,00 € nicht ausreichend gewesen und führe zu einer Unterdeckung von deutlich mehr als 10 %.
Die Wandeldarlehensverträge seien im Übrigen formunwirksam und nichtig. Eine Aufspaltung in einen Darlehensteil und einen Wandelteil sei nicht möglich. Auch die enthaltene salvatorische Klausel führe nicht zu einer Rettung des Darlehensteils, da die Wandlung für die Beteiligten von so grundlegender Bedeutung gewesen sei, dass eine Aufrechterhaltung des übrigen Teils nicht mehr mit dem Willen der Parteien in Einklang zu bringen sei. Die enthaltene Rangrücktrittserklärung entfalte aufgrund der Nichtigkeit des Vertrages ebenfalls keine Wirkung. Das Darlehen der S. GmbH sei wirksam gekündigt worden, weil die Gesellschaft den Gläubigern Auskünfte verweigert und zudem die Mittel zweckwidrig verwandt habe.
Die Zahlungen seien entgegen dem Vortrag des Beklagten nicht von den jeweiligen Verträgen gedeckt und zudem nicht geeignet und erforderlich gewesen, den Geschäftsbetrieb im Sinne einer Sanierung aufrechtzuerhalten. Patentrechte hatte die Gesellschaft unstreitig nicht inne; diese befanden sich vielmehr im Besitz der Gesellschafterin L., die der Gesellschaft lediglich eine Lizenz erteilt hatte.
Der Kläger hat mit der am 16.02.2018 dem Beklagten zugestellten Klage beantragt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 58.398,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen:
Ende Januar 2016 habe sich das Kontoguthaben der Gesellschaft auf rund 44.000,00 € belaufen. Aufgrund des bestehenden Guthabens sei die Gesellschaft zur Aufbringung der laufenden Kosten in der Lage gewesen. Eine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit liege auch aufgrund der erklärten Kündigungen der Wandeldarlehensverträge wegen der hierin vorgesehenen Rangrücktrittserklärungen nicht vor. Die Wandeldarlehen bestünden aus zwei selbständigen Teilen in Gestalt des Darlehens einerseits und der Wandelmöglichkeit andererseits, wobei die Darlehen von einer Formunwirksamkeit der Wandelmöglichkeit nicht betroffen seien. Eine Formunwirksamkeit liege im Übrigen allenfalls hinsichtlich der Regelung über die Wandlungsverpflichtung vor, was aber unerheblich sei, weil deren Voraussetzungen unstreitig nicht eingetreten sind. Auch habe die jeweilige Vereinbarung nicht von den Gesellschaftern, sondern nur von den Vertragsschließenden unterzeichnet werden müssen. Wegen der Wirkung des § 30 GmbHG könnten die Darlehensbeträge nach der Ausübung des Wandlungsbegehrens durch Frau B. nicht mehr zurückgefordert werden.
Eine Kündigung des Darlehens der S. GmbH sei ohnehin nicht möglich gewesen.
Bis zum 10.06.2016 habe eine positive Fortführungsprognose für die Gesellschaft bestanden, weil man davon ausgegangen sei, dass kurzfristig ein Investor für die seitens der Mehrheitsgesellschafterin L. zur Verfügung gestellten Lizenzen gefunden werden könne. Dies ergebe sich aus der E-Mail- Korrespondenz vom 20.03.2016 mit dem Geschäftsführer der A. AG in der Schweiz, deren Interesse erst durch E-Mail vom 22.04.2016 entfallen sei (B5/B6, Bl. 100 ff. d.A.). Die Bemühungen um eine Verwertung durch einen Investor/Interessenten seien bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Juni 2016 weitergeführt worden. Die vom Kläger angeführten Zahlungen seien daher nicht zu beanstanden und entsprächen der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes. Wegen der Einzelheiten wird auf die Darlegungen in der Klageerwiderung vom 16.04.2018 (dort Seite 6 – 9) Bezug genommen.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil des Einzelrichters (Bl. 232 ff. d.A.), auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands sowie wegen der Einzelheiten der Urteilsbegründung ergänzend Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Es hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
Die Gesellschaft sei am 29.01.2016 weder zahlungsunfähig noch überschuldet gewesen. Die Zahlungsunfähigkeit lasse sich nicht aus den im Verfahren angeführten Verbindlichkeiten der Gesellschaft in Höhe von 225.000,00 € gegenüber der B. AG, B. und der S. GmbH herleiten.
Es bestünden keine (Rückabwicklungs-)Ansprüche aus den Wandeldarlehensverträgen, denn diese seien weder im Hinblick auf die Wandlungspflicht formnichtig noch aus einem anderen Grund unwirksam. Eine notarielle Beglaubigung der Unterschriften sei zur Wirksamkeit der Wandeldarlehensverträge nicht erforderlich. Auf die etwaige mangelnde Vertretungsmacht der Frau B.-P. für die B. AG könne sich der Kläger wegen der Möglichkeit der rechtsgeschäftlichen Erteilung einer Handlungsvollmacht sowie nach Rechtsscheinsgrundsätzen nicht berufen, zumal das Darlehen zur Auszahlung gekommen und darin eine konkludente Genehmigung zu sehen sei. Gleiches gelte auch für die fehlende Unterzeichnung der Darlehensverträge durch die Mehrheitsgesellschafterin L.
Auch die Kündigung der beiden Wandeldarlehensverträge durch anwaltliches Schreiben vom 26.01.2016 habe nicht zu einer Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft geführt. Die Kündigung sei durch die Erklärung der Gesellschaft vom 18.01.2016 – worin eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung der Erfüllung der diesbezüglichen Pflichten liege – auch ohne Abmahnung sofort möglich gewesen und in dem anwaltlichen Schreiben vom 26.01.2016 mit der Aufforderung zur unverzüglichen Rückzahlung zumindest konkludent erfolgt. Die Rangrücktrittsklauseln griffen auch bei einer Kündigung aus wichtigen Grund. Eine einvernehmliche Aufhebung dieser Klauseln sei nicht erfolgt; eine einseitige Loslösung stehe dem Darlehensgeber nicht zu und habe zudem nicht stattgefunden. Die Ansprüche aus diesen Darlehensverträgen seien damit nicht zu passivieren und nur bei ausreichend Aktivvermögen zu befriedigen gewesen.
Die Darlehensverbindlichkeit von 25.000,00 € gegenüber der S. GmbH habe auch bei Unterstellung einer Fälligkeit aufgrund der erklärten Kündigung nicht zur Insolvenzreife der GmbH geführt, weil nach dem Vortrag der Beklagten zum Zeitpunkt der Aussprache der Kündigung ausreichend Guthaben auf dem Konto der Gesellschaft bei der Commerzbank gewesen sei. Einen hiervon abweichenden Kontostand habe der darlegungs- und beweisbelastete Kläger nicht erbracht. In Anbetracht dessen komme es auf die Einordnung der Zahlungen im Hinblick auf die Wahrung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht an. Damit scheiterten sowohl Ansprüche aus § 64 GmbHG als auch solche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 15a, 80 InsO.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgt.
Der Kläger trägt vor:
Das Landgericht habe zu Unrecht fällige Ansprüche der B. und der B. AG aus den Wandeldarlehensverträgen einerseits und aus § 812 Abs.1 Satz 1 Alt. 1 BGB andererseits verneint. Dabei habe es zu Unrecht eine mangelnde Formnichtigkeit oder sonstige Unwirksamkeit angenommen. Die in Ziffer 5.1 enthaltene Wandlungsverpflichtung unterfalle der Formbedürftigkeit des § 55 Abs. 1 GmbHG jedenfalls dann, wenn es sich – wie vorstehend – bei der Person des Übernehmers um einen Außenstehenden und damit um einen gesellschaftsfremden Dritten handele. Dies gelte für beide Darlehensgeber, auch für B., die erst ab dem 28.07.2015 mit 11 % Gesellschafterin geworden sei, denn die Wandeldarlehensverträge seien früher geschlossen worden.
Das Landgericht habe zudem übersehen, dass Ziffer 5.4 der Verträge auch bei Ausübung des Wandlungsverlangens die Einberufung einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zur Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung vorsehe. Eine solche Verpflichtung könne nur auf der Grundlage eines vorherigen, nach § 53 Abs. 2 GmbHG notariell beurkundungspflichtigen Gesellschafterbeschlusses durch den Geschäftsführer eingegangen werden. Ein solcher Beschluss fehle ebenso wie die Mitwirkung der Gesellschafterin L. an dem Abschluss des Wandeldarlehensvertrages, der dann ebenfalls beurkundungspflichtig gewesen wäre, sodass auch insoweit Formnichtigkeit gegeben sei. Eine Heilung trete auch nicht durch die Auszahlung der Darlehensbeträge ein, denn diese habe lediglich Wirkungen gegenüber der Gesellschaft, aber nicht gegenüber der Gesellschafterin L. gehabt.
Auch sei der Vertrag mit der B. AG unwirksam, weil die unterschreibende Frau B.-P. weder organschaftliche noch rechtsgeschäftliche Vertreterin der AG gewesen sei. Die Annahmen des Landgerichts zu § 54 HGB sowie zu den Grundsätzen einer Duldungs- oder Anscheinsvollmachten entbehrten einer ausreichenden Sachverhaltsgrundlage dafür, dass der zuständige Verwaltungsrat – Herr B. – hiervon Kenntnis gehabt habe und dies gebilligt habe, zumal aufgrund des Betrages von 100.000.- € kein Geschäft des täglichen Lebens vorgelegen habe. Bei der Annahme der Genehmigung nach § 177 BGB verkenne das Landgericht zudem, dass es sich um eine Gesellschaft schweizerischen Rechts handele.
Schließlich habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass auch im Falle der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund die vereinbarte Rangrücktrittserklärung eine Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO hinderte. Dabei habe das Landgericht auch übersehen, dass die Verträge in Ziffer 6.2 eine Regelung zur Aufhebung oder Beschränkung der Rangrücktrittvereinbarung vorsähen. Die Annahme des Landgerichts, dass die Rangrücktrittvereinbarung auch bei einer Kündigung bestehen blieben, missachte die Grenzen der Auslegung. Der Zahlungsanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung unterfalle nicht dem Rangrücktritt, der nur auf die Rückzahlung tatsächlich zur Auszahlung gekommener Teile des Darlehens nach den Vertragsbestimmungen anwendbar sei. Mit dem Wegfall der Wandlungsmöglichkeit sei bei den Darlehensgebern auch die Grundlage für ein Interesse am Fortbestand der Gesellschaft in Gestalt der möglichen Anteilserwerbe durch Wandlung entfallen, was sie auf die gleiche Stufe wie sämtliche andere außenstehenden Gläubiger stelle.
Der Kläger beantragt,
das am 26.02.2019 verkündete und am 04.03.2019 zugestellte Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz), Az.: 7 O 22/18, abzuändern und den Berufungsbeklagten zu verurteilen, an den Berufungskläger 58.398,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens und macht insbesondere geltend:
Die Wandeldarlehensverträge mit B. und der B. AG seien formwirksam geschlossen worden. Bezüglich einer Kapitalerhöhung handle es sich lediglich um Vorverträge, die nicht beurkundungspflichtig seien. Zudem habe B. mit notariellem Vertrag vom 23.07.2015 55 Geschäftsanteile mit einem Nominalwert von je 50,00 € mit sofortiger dinglicher Wirkung abgetreten erhalten, sodass diese bei Unterzeichnung des Vertrages am 24.07.2015 bereits Gesellschafterin gewesen sei. Der klägerische Verweis auf die Gesellschafterliste gehe fehl, denn diese sage über den Zeitpunkt des Erwerbs der Gesellschafterstellung nichts aus.
Wegen der konkret umrissenen künftigen Satzungsänderung liege kein Formbedürfnis im Sinne des § 53 GmbHG vor. Die weiteren klägerseits angeführten Aspekte begründeten ebenfalls keine Formbedürftigkeit auch nur irgendeines Teils der Vereinbarungen.
Die Wandeldarlehensverträge seien auch wirksam und bindend für die Mehrheitsgesellschafterin L.. Dies ergebe sich aus dem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang der E-Mail-Kommunikation, in welcher Frau B. die Verträge an Frau B.-P., Frau L. und den Beklagten zunächst im Entwurf am 20.07.2015 und sodann in der Endfassung am 24.07.2015 übersandt hatte. Am 24.07.2015 seien dann auch von Frau L. gegengezeichnete Dateien sowohl per E-Mail als auch per Post an Frau B. geschickt worden.
Die Ausführungen des Landgerichts zum Zustandekommen eines wirksamen Vertrages mit der B. AG seien ebenfalls nicht zu beanstanden. Frau B. habe vor Vertragsschluss mitgeteilt, dass diese ihr und dem Ehemann von Frau B.-P. gehöre. Bedenken an der Vertretungsmacht von Frau B.-P. hätten nicht bestanden, zumal die AG auch den Darlehensbetrag ausgereicht habe. Durch die Auszahlung sei die Vertragsunterzeichnung jedenfalls genehmigt worden.
Schließlich sei auch die Rangrücktrittsvereinbarung wirksam, nicht beendet und umfasse sowohl vertragliche als auch bereicherungsrechtliche Ansprüche, weil ihr dingliche Kraft zukomme.
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sach- und Streitstands auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers führt auch in der Sache zum Erfolg.
1. Dem Kläger steht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin ein Anspruch gegen den Beklagten als früherer Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin aus § 64 Satz 1 GmbHG in der bis zum 31.12.2021 geltenden Fassung (künftig nur: § 64 Satz 1 GmbHG) in Höhe von 58.398,35 € zu.
Die Vorschrift des § 64 Satz 1 GmbHG ist zwar durch das SanInsFoG vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3256) mit Wirkung zum 01.01.2021 aufgehoben und in § 15b InsO aufgenommen worden. Diese neue Vorschrift ist jedoch gemäß Art. 103m Satz 2 EGInsO erst auf Zahlungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 vorgenommen worden sind. Art. 103m Satz 3 EGInsO ordnet für frühere Zahlungen ausdrücklich die Anwendbarkeit der bis zum 31. Dezember 2020 geltenden gesetzlichen Vorschriften an.
2. Gemäß § 64 Satz 1 GmbHG ist der Geschäftsführer der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden.
a) Eine Überschuldung liegt gemäß § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des Schuldners (zum Liquidationswert bei Auflösung der Gesellschaft) die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Eine solche positive Fortführungsprognose erfordert wiederum einen auf zwei Jahre ausgelegten Ertrags- und Finanzplan, aus dem sich eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass die Gesellschaft über ausreichend Liquidität verfügen wird, um die jeweils fälligen Verbindlichkeiten zu tilgen (statt vieler vgl. Henssler/Strohn/Arnold, GesR 5. Aufl. § 19 InsO Rn. 6 mwN). Die Darlegungs- und Beweislast  auch bezüglich etwa vorhandener, nicht in der Bilanz abgebildeter stiller Reserven sowie sonstiger immaterieller Werte – liegt insofern beim beklagten Geschäftsführer, während der klagende Insolvenzverwalter (lediglich) eine Bilanz vorlegen muss, aus der sich ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag ergibt (Henssler/Strohn/Arnold aaO Rn. 7 m.v.w.N. zur gefestigten höchstrichterlichen Rspr.).
Ausgehend davon war die Insolvenzschuldnerin zum dem hier streitgegenständlichen Zeitpunkt am 01.02.2016 überschuldet. Denn nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers hatte der Jahresabschluss für die Klägerin bereits für 2014 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 21.047,30 € und ein negatives Eigenkapital in Höhe von – 220.845,63 € ausgewiesen. Für 2015 wies der Jahresabschluss einen Jahresfehlbetrag von 222.672,57 € und ein negatives Eigenkapital von – 443.518,20 € aus. Damit deckte das vorhandene Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten – ungeachtet der Frage einer Passivierung der Rückforderungen seitens der Darlehensgeber in Höhe von 225.000,00 € – in keiner Weise mehr ab, zumal es offenbar keinerlei stille Reserven gab und etwaige immateriellen Vermögenswerte, wie bestimmte Patente, nicht der Gesellschaft, sondern allein der Gesellschafterin L. zustanden.
Dass die Fortführung des Unternehmens der Insolvenzschuldnerin nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich war, kann nicht festgestellt werden. Denn für eine positive Fortführungsprognose fehlt es bereits an hinreichendem Sachvortrag, insbesondere an dem nach dem oben Gesagten vorzulegenden, auf zwei Jahre ausgerichteten Ertrags- und Finanzplan, aus dem sich ergibt, dass die Gesellschaft im laufenden und nächsten Geschäftsjahr (wahrscheinlich) nicht zahlungsunfähig wird (vgl. dazu auch Müller in MüKo/GmbHG, 3. Aufl. § 64 Rn. 25). Ein subjektiver Fortführungswille der Gesellschaft bzw. ihrer Organe reicht dafür jedenfalls nicht aus, solange es an der objektiven Überlebensfähigkeit des Unternehmens fehlt. Bereits die objektiven Umstände, insbesondere die dargelegten Jahresabschlüsse 2013 bis 2015 sprechen deutlich gegen eine Überlebensfähigkeit der Gesellschaft. Neben den bereits oben herausgestellten Jahresfehlbeträgen und der über Jahre stetig gewachsenen Eigenkapitalunterdeckung fällt dabei auf, dass die Gesellschaft bereits im Jahr 2013 keine nennenswerten Umsätze (mehr?) generierte und die Umsatzzahlen in den Folgejahren bis auf Null (!) herabsanken. Schon dies steht einer positiven Fortführungsprognose deutlich entgegen. Soweit sich der Beklagte demgegenüber allein darauf beruft, dass Verhandlungen mit einer A. AG geführt wurden, reicht dies zur Bejahung einer positiven Fortführungsprognose bei Weitem nicht aus. Dem Vorbringen lässt sich schon nicht entnehmen, dass aufgrund dieser Verhandlung die Fortführung des Unternehmens „überwiegend wahrscheinlich“ gewesen wäre, zumal nicht dargelegt wird, was konkret Gegenstand der behaupteten Verhandlungen gewesen sein soll und wie weit diese gediehen waren. Aus dem dazu vorgelegten Schriftverkehr (B5/B6, Bl. 100 ff. d.A.) folgt gemäß der E-Mail vom 24.03.2016 allenfalls ein äußerst vages Interesse der A. AG am Patent der Gesellschafterin L., wonach es zu einer Einladung zum Zwecke der Präsentation des Patents kommen sollte. Ausweislich der Absage vom 22.04.2016 zerschlugen sich aber etwaige Hoffnungen der Insolvenzschuldnerin auf Vermarktung einer Lizenz sehr rasch, sodass insofern noch nicht einmal von konkreten Verhandlungen zwischen den Beteiligten, sondern allenfalls von unerfüllt gebliebenen Hoffnungen die Rede sein kann.
Nach alledem hätte der Beklagte schon wegen der – auch ohne Berücksichtigung der Rückforderungen gemäß Schreiben vom 26.01.2016 – vorliegenden Überschuldung der Insolvenzschuldnerin ab dem 01.02.16 keine Zahlungen mehr vornehmen oder zulassen dürfen, sondern spätestens zu diesem Zeitpunkt einen Insolvenzantrag stellen müssen. Auf die Frage, ob zudem auch eine Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin vorlag, kommt es daher gar nicht an.
b) Aber auch eine Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft lag spätestens zum 01.02.2016 vor.
Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (vgl. grundlegend etwa BGH NZI 2005, 547) tritt die Gesellschaft grundsätzlich in den Zustand der Zahlungsunfähigkeit über, wenn sie nicht in der Lage ist, die zur Begleichung ihrer fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten notwendigen Finanzmittel innerhalb einer Karenz von höchstens drei Wochen zu beschaffen. Liegt die Liquiditätslücke bei Werten von 10 % oder mehr, kann der insofern beweisbelastete Geschäftsführer die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit nur entkräften, wenn er nachweist, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst, also in absehbarer Zeit, wenn auch nicht innerhalb der Karenz von drei Wochen, (jedenfalls fast) vollständig beseitigt sein wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zumutbar ist (BGH NZI 2005, 547, 550; 2007, 36, 37 f.). Der Zustand der Zahlungsunfähigkeit endet erst, wenn die geschuldeten Zahlungen an die Gesamtheit der Gläubiger im Allgemeinen wieder aufgenommen werden (BGH NZI 2008, 299).
Danach war eine Zahlungsfähigkeit der Insolvenzschuldnerin hier schon deswegen gegeben, weil jedenfalls das Darlehen der B. AG nicht formwirksam zustande gekommen war und die Darlehensgeberin berechtigt war, den von ihr an die Insolvenzschuldnerin gezahlten Betrag von 100.000,00 € sofort zurückzufordern, was sie mit Schriftsatz des Rechtsanwalts Dr. F. vom 26.01.2016 unter Fälligstellung zum 29.01.2016 auch getan hat.
Der Wirksamkeit des Darlehensvertrages steht allerdings nicht entgegen, dass der Darlehensvertrag für die B. AG von Frau B.-P. unterschrieben worden ist, die nicht zu den vertretungsberechtigten Personen der AG zählte. Denn unabhängig von der Frage, ob insoweit deutsches oder schweizerisches Recht Anwendung findet, wäre der Vertrag jedenfalls deshalb als wirksam anzusehen, weil von einer nachträglichen Genehmigung des Darlehensvertrages durch die Organe der AG auszugehen ist. Die entsprechende Möglichkeit ist nach beiden Rechtsordnungen gegeben und hier zu bejahen. Denn die Ausreichung der Darlehenssumme ist erst nach dem Abschluss des Darlehensvertrages erfolgt und kann von einem Dritten nur als Genehmigung des Darlehensvertrages angesehen werden. Dass die Auszahlung der Darlehensvaluta von 100.000,00 € nicht durch ein vertretungsberechtigtes Organ der AG veranlasst bzw. gebilligt wurde, ist weder vorgetragen noch naheliegend.
Der Darlehensvertrag ist aber zumindest deshalb gemäß § 125 BGB als nichtig anzusehen, weil in dem Darlehensvertrag eine Wandlungsverpflichtung enthalten ist, die gemäß § 55 Abs. 1 GmbHG notariell beurkundet hätte werden müssen. Danach bedarf es der notariellen Beglaubigung der Unterschrift des Übernehmers bei der Eingehung einer Übernahmeverpflichtung von Geschäftsanteilen wenigstens dann, wenn es sich bei dem Übernehmer um eine gesellschaftsfremde Person handelt (vgl. OLG München NZG 2005, 756; ebenso sowie zum Meinungsstand BeckOK GmbHG/Ziemons, 51. Ed. Stand: 01.12.2021 § 55 Rn. 100; Saenger/Inhester, GmbHG 4. Aufl. § 55 Rn. 48; Krampen/Lietzke, RNotZ 2017, 20, 23). Der Senat schließt sich dieser Wortlaut und Zweck der Regelung des § 55 Abs. 1 GmbHG gerecht werdenden und daher überzeugenden Auffassung jedenfalls für den gegebenen Fall der Übernahme eines Gesellschaftsanteils durch eine gesellschaftsfremde Person an. Eine bindende Erklärung zur Übernahme von Gesellschaftsanteilen liegt hier ebenfalls vor, weil die B. AG sich nach Ziff. 5.1 der Darlehensbestimmungen zur Übernahme von Gesellschaftsanteilen unter bestimmten Voraussetzungen nach einem festgelegten Schlüssel verbindlich verpflichtet hat. Der Umstand, dass die dort genannten Voraussetzungen nachfolgend nicht eingetreten sind, ändert nichts an der vereinbarten Übernahmepflicht und der nach § 55 Abs. 1 GmbHG insofern notwendigen notariellen Beurkundung, wovon übrigens auch der Beklagte selbst noch in dem von ihm unterzeichneten Schreiben vom 18.01.2016 nach „anwaltschaftlicher Prüfung“ ausgegangen ist.
Entgegen der Ansicht des Beklagten kann der Wandeldarlehensvertrag auch nicht in verschiedene selbständige Verträge bzw. Vertragsteile „zerlegt“ werden. Vielmehr ergreift die Formnichtigkeit gemäß § 139 BGB das gesamte Vertragswerk, da der Darlehensvertrag zu derart günstigen Zinskonditionen von 2,5 % nicht von der Wandlungsregelung für die Darlehensgeber getrennt betrachtet werden kann und damit die Vermutungswirkung des § 139 BGB eingreift.
War somit der Wandeldarlehensvertrag mit der B. AG insgesamt nichtig, konnte diese den ausgereichten Darlehensbetrag gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative BGB als rechtsgrundlose Leistung von der Insolvenzschuldnerin jederzeit zurückfordern.
Entgegen der Ansicht des Beklagten sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der als Bestandteil des Vertrags vereinbarte Rangrücktritt auch bei Unwirksamkeit des Wandeldarlehensvertrages eingreifen sollte. Denn dann bestand für die B. AG als Nichtgesellschafterin und „Nichtvertragspartner“ keinerlei Anlass für einen solchen Rangrücktritt und die damit bezweckte Vermeidung einer Insolvenzreife der Gesellschaft.
Zur Rückzahlung des somit rechtsgrundlos erlangten Betrages von 100.000,00 € war die Insolvenzschuldnerin aber nicht in der Lage, weil das Geschäftskonto allenfalls über einen Guthabenstand von 44.000,00 € verfügte und dieser sich nach dem 01.02.2016 schon ohne die Rückzahlung dieses Betrages von 100.000,00 € laufend vermindert hat. Konkrete Darlegungen dazu, wie es der Insolvenzschuldnerin hätte möglich sein sollen, diese Zahlungslücke zu schließen, enthält der Beklagtenvortrag nicht. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen zum Fehlen einer positiven Fortführungsprognose Bezug genommen werden.
Auf die weiter zwischen den Parteien streitigen Fragen kommt es mithin nicht an.So kann insbesondere offen bleiben, ob auch die Rückzahlung des Darlehens an die S. AG zum 29.01.2016 fällig war, wogegen das Fehlen eines außerordentlichen Kündigungsgrundes und die Vereinbarung des unveränderten Fälligkeitszeitpunktes im Juli 2020 auch im Falle der Kündigung sprechen. Ebenso kann dahinstehen, ob die Wandeldarlehensvereinbarung mit der B. AG noch aus anderen Gründen (form-)nichtig war, etwa weil auch nach § 53 Abs. 2 GmbHG eine notarielle Beurkundung erforderlich gewesen wäre, wofür nach Ansicht des Senates aufgrund der für die K. GmbH verbindlichen, satzungsändernden Kapitalerhöhung bei Ausübung der Wandlungsoption (Ziff. 5.2 des Vertrages) bzw. Eintritt der die Wandlungsverpflichtung auslösenden Umstände (Ziff. 5.1 des Vertrages) vieles spricht (vgl. dazu etwa Hoene/Eickmann, GmbhR 2017, 854, 855; Scholz/Priester/Tebben, GmbHG § 53 Rn. 35; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG 20. Aufl. § 53 Rn. 40; zur Erforderlichkeit der Form des § 53 GmbHG bei satzungsänderndem Charakter von Gesellschafterbeschlüssen auch BGH, NJW 1989, 295, 298).
3. Hinsichtlich der Höhe der Forderung ist von der unstreitig gebliebenen Darlegung des Klägers auszugehen. Insoweit hätte es dem Beklagen oblegen, darzulegen, dass diese Zahlungen nicht geflossen bzw. wieder zurückgeflossen sind. Solche Darlegungen fehlen aber.
Bezüglich der Zahlung von 15.000,00 € an die Gesellschafterin L. vom 22.02.2016 hat der Kläger die Leistung zwar angefochten, was Gegenstand eines eigenen Klageverfahrens ist. Insoweit haben die Parteien aber in der Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend erklärt, dass der Kläger eine Rückzahlung des Betrages von Frau L. bisher nicht erlangt hat und das (Nicht-)Bestehen eines entsprechenden Anspruchs derzeit noch nicht feststeht, weil der Bundesgerichtshof das insoweit ergangene Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen hat (BGH, Urteil vom 24.02.2022, Az.: IX ZR 250/20 – vorgelegt durch den Beklagten im Termin vom 26.04.2022).
4. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO;
die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die Voraussetzung des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben