Bankrecht

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Aktenzeichen  22 O 14112/19

Datum:
14.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 42841
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Darlehensvertrag um ein Verbraucherdarlehen handelt, da die Klagepartei Verbraucher gemäß § 13 BGB ist, sodass ihr ein Widerrufsrecht gemäß §§ 495 Abs. 1 i.V.m. § 355 Abs. 1 BGB zustand.
2. Die 14 tägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 S. 1 BGB war jedoch bei Darlehenswiderruf im Oktober 2018 bereits abgelaufen, da der Vertragsabschluss bereits im Oktober 2015 erfolgte.
3. Gemäß § 492 Abs. 2 BGB muss der Vertrag die für den Verbraucherdarlehensvertrag vorgeschriebenen Angaben nach Artikel 247 §§ 6 bis 13 des EGBGB enthalten. Enthält bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag die dem Darlehensnehmer Verfügung gestellte Urkunde die Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB nicht, beginnt die Frist erst mit Nachholung dieser Angaben (§ 492 Abs. 6 BGB), wobei die Widerrufsfrist dann einen Monat beträgt.
Vorliegend enthielt die der Klagepartei zur Verfügung gestellte Darlehensvertragsurkunde die in Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB und Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 vorgeschriebenen Pflichtangaben.
Allgemein fordert das Gesetz für die Information des Verbrauchers über die Pflichtangaben, dass diese im Verbraucherdarlehensvertrag „klar und verständlich“ enthalten sein müssen (§ 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 1, § 7 Abs. 1 EGBGB). Die Frage, ob Pflichtangaben „klar und verständlich“ formuliert sind, ist aus dem Horizont eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu beurteilen (BGH, Urteil vom 23.02.2016, Az. XI ZR 101/15, NJW 2016, 1881, Rn. 33 f.).
Der Vertrag besteht vorliegend aus 16 Seiten, die fortlaufend nummeriert sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Einheit einer Urkunde selbst bei fehlender körperlicher Verbindung gewahrt, wenn eine fortlaufende Paginierung vorliegt (BGH, XII ZR 234/95, juris). Damit sind auch die „Vertragsbedingungen der …“ Vertragsbestandteil.
Zudem müssen die Pflichtangaben nicht notwendig im Darlehensantragsformular selbst enthalten sein. Sie können vielmehr auch „klar und verständlich“ in allgemeinen Geschäftsbedingungen erteilt werden (vgl. BGH, Urteil vom 4.7.2017, XI ZR 741/16). Die ADB, die hier ohnehin Bestandteil der Vertragsurkunde sind, sowie die „Europäischen Standardinformationen für Verbraucherkredite“ und die Erläuterungen gemäß § 491 a Abs. 3 BGB – die von der Klageseite im Rahmen des Vertragskonvoluts K2 zwar nicht mit vorgelegt wurden, die sie jedoch gemäß den „Ergänzenden Erklärungen“ auf Seite 4 der Vertragsunterlagen erhalten hat – wurden nun zudem durch den ausdrücklichen Hinweis unmittelbar vor der Unterschriftzeile auf Seite 4 in den Vertrag einbezogen, § 305 Abs. 2 BGB.
3.1. Pflichtangaben zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung gemäß Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB:
Die nach Art. 247 § 7 Nr. 3 EGBGB erforderliche Angabe der „Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt“, ist mit Teil I Ziffer 5 der AGB, die Bestandteil des Darlehensvertrages sind, und auf die auf Seite 4 in dem Kasten „Hinweise“ unter der Überschrift „Bitte beachten Sie ferner die Hinweise zu“ ausdrücklich Bezug genommen wurde, erfolgt. Dort wird verwiesen auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen, von denen einige aufgezählt werden, und eine Kappungsgrenze festgelegt.
Entgegen der Ansicht des Klägers genügen die Ausführungen der Beklagten unter Teil I Ziffer 5 der Vertragsbedingungen unter „Vorzeitige Kreditrückzahlung“ zum Anspruch der Beklagten auf Vorfälligkeitsentschädigung den Anforderungen des Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB. Der Verbraucher kann diesen Angaben entnehmen, welche Faktoren bei der Berechnung der Entschädigung berücksichtigt werden. Daneben war die Angabe einer konkreten Berechnungsformel nicht erforderlich. Dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, dass hier eine konkrete Formel anzugeben wäre, vielmehr ist nur die „Angabe der Berechnungsmethode“ vorgeschrieben. Danach ist es ausreichend, dass die Beklagte in ihrem Vertrag auf die vom Bundesgerichtshof vorgeschriebenen finanzmathematischen Rahmenbedingungen verwiesen hat. Zudem ergibt sich die maximale Belastung des Darlehensnehmers aus der Berechnungsmethode des § 502 Abs. 3 BGB. Diese Vorschrift hat die Beklagte in ihren Darlehensvertragsunterlagen zutreffend wiedergegeben, so dass der Darlehensnehmer seine maximale Belastung zuverlässig abschätzen kann. Eine weitergehende Berechnungsmethode oder eine Berechnungsformel enthält § 502 Abs. 3 BGB nicht. Von der Beklagten kann nicht gefordert werden, dass sie Angaben macht, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.
Die von der Klageseite geforderte Nennung einer konkreten Berechnungsmethode würde für den Verbraucher zudem keinen zusätzlichen Gewinn an Erkenntnissen bringen. Die überwiegend verwendete Aktiv-Passiv-Methode ist eine finanzmathematische Berechnungsformel, die den finanziellen Nachteil als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite darstellt, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Der Differenzbetrag ist um die ersparte Risikovorsorge und die ersparten jährlichen Verwaltungsaufwendungen jeweils zu kürzen (vgl. BGH NJW 2018, 1812, Rn. 37). Der durchschnittliche Verbraucher ist nicht in der Lage, auf Grundlage dieser Formel Berechnungen durchzuführen. Dies gilt schon deshalb, weil die Formel Parameter, wie sichere Kapitalmarkttitel, enthält, die ständigen Marktschwankungen unterliegen.
Im Übrigen wird diesbezüglich auf die Entscheidungen des BGH vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/18 und Az. XI ZR 11/19, verwiesen, wonach es im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genügt, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt.
3.2. Pflichtangabe über die Art des Darlehens gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB:
Mit dieser Anforderung ist sowohl die Vertragsart (z.B. Darlehensvertrag oder Leasingvertrag) als auch dessen nähere Ausgestaltung (z.B. befristetes Darlehen mit regelmäßiger Tilgung) gemeint, wobei eine kurze schlagwortartige Bezeichnung ohne weiter gehende Erläuterung grundsätzlich ausreicht (vgl. Merz/Wittig in: Kümpel/Mülbert/Früh/Seyfried, Bank- und Kapitalmarktrecht, 5. Aufl. 2019, Kreditgeschäft mit Verbrauchern, Rn. 5.84 BT-Drucks. 16/11643, 123; Schürnbrand in MünchKomm. BGB, 7. Aufl. 2016, § 491 a BGB Rz. 15). Dies ist vorliegend mit der Überschrift „Karten- und Kreditvertrag zur Finanzierung“ erfolgt sowie der folgenden Angabe, dass die Bank und der Kunde einen Ratenkredit mit gebundenem Zinssatz und erhöhter Schlussrate schließen.
3.3. Pflichtangaben zum einzuhaltenden Verfahren bei Kündigung des Vertrags gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1. Nr. 5 EGBGB:
Auf das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrages gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB wird ordnungsgemäß hingewiesen.
Auf das außerordentliche Kündigungsrecht der Klagepartei nach § 314 BGB wird in Teil I Ziffer 4 lit. c der AGB, die Bestandteil des Darlehensvertrages war, und auf die auf Seite 4 in dem Kasten „Hinweise“ unter der Überschrift „Bitte beachten Sie ferner die Hinweise zu“ ausdrücklich Bezug genommen wurde, deutlich hingewiesen. Dort ist unter der Überschrift „Kündigungsmöglichkeiten“ geregelt:
„(…)
c. Für beide Parteien: Im Falle der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses besteht für beide Parteien das Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund (§§ 313, 314 BGB).“
Ein Hinweis auf die Formerfordernisse der Kündigungserklärung des Darlehensgebers und das Wirksamwerden der Kündigung mit Zugang der Kündigungserklärung war nicht erforderlich. Insoweit ist darauf abzustellen, dass Art. 13 Abs. 1 der Verbraucherkreditrichtlinie nur das Kündigungsrecht bei unbefristeten Kreditverträgen umfasst und die Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die dem Anwendungsbereich der Richtlinie unterfallen, keine Verpflichtungen für Vertragsparteien einführen dürfen, die nicht in dieser Richtlinie vorgesehen sind, sofern diese harmonisierte Vorschriften im von den Verpflichtungen umfassten Bereich erfasst (vgl. LG Heilbronn, Urteil vom 24.01.2018, Ve 6 O 311/17; Herresthal, ZIP 2018, 753, 758 f.).
Im Übrigen wird diesbezüglich auf die Entscheidungen des BGH vom 05.11.2019, Az. XI ZR 650/18 und Az. XI ZR 11/19, verwiesen, wonach zu den Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 EGBGB nicht die Information über das außerordentliche Kündigungsrecht des § 314 BGB gehört, sondern nur – soweit einschlägig – die Information über das Kündigungsrecht gemäß § 500 Abs. 1 BGB. (Rn. 29)
3.4. Pflichtangaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB:
Die Beklagte hat die Aufsichtsbehörde nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB mit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Europäischen Zentralbank in den AGB Teil V. Schlussbestimmungen Ziff. 7 lit. c) angegeben. Seit November 2014 teilen sich die nationalen Behörden und die EZB die Bankenaufsicht.
Auf Seite 4 der Darlehensunterlagen unter „Hinweise“ unter der Überschrift „Bitte beachten Sie ferner die Hinweise zu“ betreffend die zuständigen Aufsichtsbehörden wird zwar insoweit fälschlicherweise auf Teil VI Ziffer 7 der AGB statt auf Teil V verwiesen. Dies ist jedoch unschädlich. Entscheidend ist, dass die Pflichtangabe überhaupt erteilt wird, zumal es Teil VI der AGB nicht gibt und somit auch eine Verwechslung ausgeschlossen ist.
3.5. Pflichtangaben zu den Auszahlungsbedingungen gemäß Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB:
Die Beklagte hat die Auszahlungsbedingungen nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB in ihren AGB Teil I Ziff. 1 b) angegeben, wonach die Auszahlung des Nettokreditbetrages an das Handelsunternehmen erfolgt, über das der Kunde den Kredit beantragt hat, zur Bezahlung der Ware, deren Finanzierung der Kredit dient. Dies entspricht den Vorgaben in BT-Drs. 16/11643 S. 124, wonach auch anzugeben ist, dass der Darlehensbetrag einem Dritten zufließt und der Darlehensnehmer etwas anderes erhält, nämlich das finanzierte Fahrzeug.
3.6. Pflichtangaben zum Verzugszinssatz, der Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie ggf. anfallender Verzugskosten gemäß Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB:
Bei der Angabe des Verzugszinssatzes mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz (§ 247 BGB) auf Seite 4 von 16 des als Anlage K 2 vorgelegten Karten- und Kreditvertrags in dem Kasten „Hinweise“ unter der Überschrift „Hinweis für den Fall ausbleibender Zahlungen/Verzugszinsen“ erfüllt die Beklagte die Anforderungen des Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB a.F.
Aus Gründen der Transparenz ist nicht die konkrete Angabe des Verzugszinssatzes erforderlich (Mülller-Christmann in Nobbe, Kommentar zum Kreditrecht, 2. Auflage 2018, Art. 247 § 3 EGBGB Rn. 8; a.A. Bülow/Arzt, Verbraucherkreditrecht, 9. Auflage 2016, § 492 Rn. 128 – vorgelegt als Anlage K 10; Renner in Staub-HGB, 5. Auflage, Bankvertragsrecht, 5. Abschnitt Rn. 619 – vorgelegt als Anlage K 8; Schürnbrand in Münchener Kommentar, 7. Auflage 2017, § 491 a BGB Rn. 31). Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist offen, ob und wann der Darlehensnehmer jemals in Verzug gerät (vgl. Merz in Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, 10. Teil Kreditgeschäft mit Verbrauchern, 10. Auflage 2011, Rn. 10.196). Die Ermittlung des zum maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Zinssatzes ist dem verständigen Verbraucher möglich und zumutbar, da der jeweilige Basiszinssatz eindeutig durch die Deutsche Bundesbank festgelegt wird und dem Verbraucher ohne weiteres zugänglich ist. Selbst die Zwangsvollstreckung aus einem Titel mit einer derartigen Angabe ist möglich. Die Beklagte war nicht gehalten, präziser oder umfassender als der Gesetzgeber zu formulieren (BGH, Urteil vom 22.11.2016, XI ZR 434/15 OLG München, Beschluss vom 30.07.2018, 17 U 1469/18).
4. In Betreff der von der Klagepartei gerügten Punkte Ziffern 7.), 8.), 9.) und 10.) kann dahinstehen, ob die Klagepartei entsprechend den Anforderungen der §§ 492 Abs. 2 i.V.m. Artikel 247 § 6 Abs. 2 EGBGB über ihr Widerrufsrecht belehrt wurde.
Denn selbst wenn die streitgegenständliche Widerrufsbelehrung fehlerhaft wäre, kann sich die Beklagte jedenfalls auf die Schutzwirkung des Musters in Anlage 7 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 und § 12 Abs. 1 EGBGB in der Fassung vom 20.09.2013, gültig vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 berufen, da sie gegenüber der Klagepartei ein Formular verwendet hat, das dem Muster sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht, wobei dabei dahingestellt bleiben kann, ob das geltende Muster für die Widerrufsbelehrung selbst fehlerfrei ist und in jeder Form den Bestimmungen des BGB entspricht.
4.1. Mittels der Einführung des Art. 245 EGBGB a.F. hat der Gesetzgeber den Verordnungsgeber der BGB-Informationspflichten-Verordnung ermächtigt, das vom Verordnungsgeber geschaffene Muster für die Widerrufsbelehrung einem Streit über seine Gesetzmäßigkeit zu entziehen (BGH VIII ZR 378/11 unter Verweis auf BT-Drucks. 14/7052, S. 208). Die Reichweite der Gesetzlichkeitsfiktion ist mithin Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB zu entnehmen („Enthält der Verbraucherdarlehensvertrag eine Vertragsklausel in hervorgehobener und deutlich gestalteter Form, die dem Muster in Anlage 7 entspricht, genügt diese den Anforderungen der Sätze 1 und 2. (…) Der Darlehensgeber darf unter Beachtung von Satz 3 in Format und Schriftgröße von dem Muster abweichen.“). Damit definiert § Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB in den Grenzen der Verordnungsermächtigung die Grenze der für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion unschädlichen Abweichungen (so auch ausdrücklich BT-Drucks. 17/1394, S. 22 zu Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 4 EGBGB in der Fassung vom 24.07.2010 [BGBl. I S. 977]).
Dem entsprechend kann sich der Unternehmer auf die Schutzwirkungen des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB berufen, wenn er gegenüber dem Verbraucher ein Formular verwendet, das dem Muster für die Widerrufsbelehrung in der jeweils maßgeblichen Fassung sowohl inhaltlich als auch in der äußeren Gestaltung vollständig entspricht (st. Rspr. – vgl. BGH XI ZR 33/08, BGH XI ZR 156/08, BGH XI ZR 349/10, BGH VII ZR 122/06, BGH III ZR 252/11, BGH VIII ZR 219/08, BGH III ZR 83/11, BGH II ZR 109/13, BGH III ZR 440/13, BGH I ZR 168/14).
Unterzieht der Unternehmer dagegen das vom Verordnungsgeber entworfene Muster einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung, die über das nach Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB Erlaubte hinausgeht, verliert er die Schutzwirkung.
Gemäß der durch Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3, 5 EGBGB gesetzten Grenze lassen Anpassungen, die den vom Gesetzgeber selbst als unschädlich anerkannten Abweichungen ihrer Qualität nach entsprechen, ohne die Deutlichkeit der Belehrung zu schmälern, die Gesetzlichkeitsfiktion unberührt. Zu solchen unbedenklichen Anpassungen rechnen zum Beispiel das Einrücken oder Zentrieren von Überschriften, der Verzicht auf eine Einrahmung oder deren individuelle Gestaltung. Ebenfalls bleibt die Gesetzlichkeitsfiktion erhalten, wenn der Unternehmer die Widerrufsbelehrung im Text einem konkreten Verbrauchervertrag zuordnet oder ohne Abstriche bei der Verständlichkeit des Textes Begriffe des Musters durch Synonyme ersetzt. Ebenso geht die Gesetzlichkeitsfiktion nicht verloren, wenn der Unternehmer von sich selbst nicht in wörtlicher Übereinstimmung mit dem Muster in der dritten Person Singular, sondern in der ersten Person Plural spricht oder wenn er vom Darlehensnehmer nicht mustergemäß in der dritten Person Singular spricht, sondern ihn in direkter Anrede anspricht (BGH a.a.O.).
Greift der Unternehmer dagegen dadurch in das Muster ein, dass er Gestaltungshinweise des Musters oder sonstige Bearbeitungshinweise – auch in Form von Fußnoten – in den Belehrungstext übernimmt, oder auf die Angabe der vom Verordnungsgeber für das Muster im entsprechenden Gestaltungshinweis verbindlich vorgegebenen ladungsfähigen Anschrift verzichtet, unterzieht er es einer inhaltlichen Bearbeitung, die über das für den Erhalt der Gesetzlichkeitsfiktion Erlaubte hinausgeht (BGH a.a.O.).
Dies war vorliegend nicht der Fall, wie ein Abgleich des Musters in Anlage 7 mit der streitgegenständlichen Widerrufsbelehrung ergibt.
4.2. Bei den Verträgen über die Restschuldversicherung und … handelt es sich um verbundene Verträge i.S.d. § 358 Abs. 3 S. 1, 2 BGB a.F.. Danach sind ein Vertrag über die Lieferung einer Ware oder über die Erbringung einer anderen Leistung und ein Darlehensvertrag verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient. Vorliegend diente der Nettodarlehensbetrag unter anderem auch der Finanzierung der einmaligen Prämie für 48 Monate … in Höhe von … sowie der Versicherungsprämie für … Rentenabsicherung in Höhe von … € (vgl. K 1 S. 1 „Kreditberechnung“). Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH ausreichend, um verbundene Verträge anzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2009, Az. XI ZR 45/09). Auch ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des § 358 nichts anderes, wird doch der für die Prämien bestimmte Teilbetrag nur deshalb als Darlehen aufgenommen, um die Restschuldversicherung zu bezahlen. Genau dies stellt aber eine typische Konstellation des verbundenen Vertrags dar (BGH a.a.O.; Koch in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 358 BGB, Rn. 21).
5. Das Gericht hat – entsprechend der Vorgabe des BGH, wonach die Übereinstimmung von vorformulierten Widerrufsbelehrungen mit höherrangigem Recht eine Rechtsfrage ist und ohne Bindung an das Parteivorbringen zu untersuchen ist (BGH, Urteil vom 20.06.2017 – XI ZR 72/16) – die streitgegenständliche Widerrufsinformation auch über die von dem Kläger beanstandeten Passagen hinaus überprüft, indes keinen, den Lauf der Widerrufsfrist hindernden Fehler feststellen können.
Nach alledem ist die streitgegenständliche Widerrufsinformation nicht zu beanstanden, sodass der Klage kein Erfolg beschieden ist.
II.
Kosten: § 91 ZPO.
III.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 S. 1 und 2 ZPO.


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