Bankrecht

Erfolgreiche Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem Vergütungsfeststellungsbeschluss nach wirksamer Aufrechnung

Aktenzeichen  M 28 K 16.5704

Datum:
8.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 33486
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 371, §§ 387 ff.
ZPO § 767
RVG § 11

 

Leitsatz

1 § 767 ZPO ist auch auf Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse nach § 11 RVG anwendbar. Zulässig ist in analoger Anwendung des § 371 BGB auch die Klage auf Herausgabe des Originaltitels. (Rn. 18 , 22) (redaktioneller Leitsatz)
2 Mit einer Aufrechnung entsteht eine materiell-rechtliche Einwendung gegen die durch den Vergütungsfestsetzungsbeschluss titulierte Forderung. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
3 Auch wenn es im Einzelfall Fallgestaltungen gibt, in denen die Aufrechnung eines Rechtsanwalt mit eigenen Forderungen gegen den Anspruch eines Mandanten auf Herausgabe vereinnahmter Fremdgelder gegen Treu und Glauben verstößt, kann dies nicht zu einem generellen Aufrechnungsverbot verallgemeinert werden.  (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Zwangsvollstreckung aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. Juli 2007, Az. M 2 K 05.2549, wird für unzulässig erklärt.
II. Der Beklagte wird verpflichtet, das Original der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 3. Juli 2007, Az. M 2 K 05.2549, an den Kläger herauszugeben.
III. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 2.100,00 vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte über die Klage ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Die Klage ist hinsichtlich des Antrags, die Zwangsvollstreckung aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 3. Juli 2007, Az. M 2 K 05.2549, für unzulässig zu erklären, als Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 767 ZPO zulässig (vgl. dazu Kraft in Eyermann, 14. Auflage 2014, § 167 Rn. 16 ff.).
Insbesondere ist § 767 ZPO auch auf Vergütungsfestsetzungsbeschlüsse nach § 11 RVG anwendbar (Herget in Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Auflage 2016, § 767 Rn. 6). Zuständig ist gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 767 Abs. 1 ZPO das Verwaltungsgericht München als Prozessgericht des ersten Rechtszuges.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Klage auch nicht wegen Unbestimmtheit des Klageantrags unzulässig: Zwar trifft es zu, dass der Kläger in seinem Antrag von einem Kostenfestsetzungsbeschluss (statt: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 11. Oktober 2007 (statt: 3. Juli 2007) spricht. Indes hat das Gericht gemäß § 88 VwGO das Klagebegehren zu erfassen und ist nicht an die Fassung der Anträge gebunden. Vorliegend besteht aufgrund des im Antrag genannten Aktenzeichens M 2 K 05.2549 und gemessen am gesamten Vorbringen des Klägers einschließlich der vorgelegten Anlagen kein Zweifel daran, dass sich die Vollstreckungsabwehrklage auf den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. Juli 2007 beziehen soll. Das Datum 11. Oktober 2007 erklärt sich ohne weiteres dadurch, dass die Vollstreckungsklausel unter diesem Datum erteilt worden war, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses dem Beklagten mit gerichtlichem Schreiben dieses Datums übermittelt worden war und auch der Beklagte selbst in seinem Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses dieses Datum verwendet hatte.
Entgegen der Auffassung des Beklagten ist die Vollstreckungsabwehrklage auch nicht rechtsmissbräuchlich, etwa weil der Kläger die vorgenommene Verrechnung bestritten habe bzw. zu keiner Zeit erklärt habe, dass er gegen die Aufrechnung keinerlei Einwände mehr habe. Im gerichtlichen Verfahren hat sich der Kläger ausdrücklich darauf berufen, die titulierte Forderung sei durch die Aufrechnung nachträglich erloschen (u.a. Schriftsatz vom 16. Dezember 2016, S. 2). Diesen Einwand macht der Kläger zulässigerweise im Wege der Vollstreckungsabwehrklage geltend.
2. Zulässig ist in analoger Anwendung des § 371 BGB auch die Klage auf Herausgabe des Originaltitels.
Eine solche Klage ist ungeachtet weiterer Fallkonstellationen jedenfalls dann zulässig, wenn sie gleichzeitig mit der Vollstreckungsabwehrklage erhoben worden ist (BGH, U. v. 19.12.2014 – V ZR 82/13 – juris Rn. 23 a.E.; BGH U. v. 19.12.2014 – V ZR 32/13 – juris Rn. 14 m.w.N.; OLG Hamm, U. v. 14.1.2016 – I-22 U 136/11, 22 U 136/11 – juris Rn. 159 m.w.N.; OLG Hamm, B. v. 23.12.2015 – II-2 WF 198/15, 2 WF 198/15 – juris Rn. 22 m.w.N.; OLG Hamm, B. v. 13.6.2008 – 10 WF 79/08 – juris Rn. 6; OLG Karlsruhe, U. v. 21.2.2007 – 1 U 169/06 – juris Leitsatz und Rn. 21 f. m.w.N). Insbesondere besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage, da auch bei Erfolg der Vollstreckungsabwehrklage durch diese nur die Vollstreckbarkeit beseitigt wird (vgl. Kraft in Eyermann, a.a.O., § 167 Rn. 16), sich die vollstreckbare Ausfertigung des Titels jedoch nach wie vor im Besitz des nicht mehr zur Vollstreckung berechtigten Gläubigers befindet (vgl. OLG Karlsruhe, a.a.O., Rn. 18).
Auch bezüglich der Herausgabeklage ist der Klageantrag gemäß § 88 VwGO dahingehend zu verstehen, dass er sich auf das Original der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 3. Juli 2007, Az. M 2 K 05.2549, bezieht. Die obigen Ausführungen zur Bestimmtheit des Klageantrags der Vollstreckungsabwehrklage gelten entsprechend auch für die Herausgabeklage.
3. Die Vollstreckungsabwehrklage ist auch begründet. Infolge der Aufrechnung des Beklagten besteht eine nachträglich entstandene materiell-rechtliche Einwendung gegen die durch den Vergütungsfestsetzungsbeschluss titulierte Forderung (sogleich a)). Die Geltendmachung dieser Einwendungen ist nicht gemäß § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert (sogleich b)). Die Zwangsvollstreckung ist auch nicht aus sonstigen Gründen zulässig (sogleich c)).
a) Grund der Einwendung gegen die titulierte Forderung ist die Aufrechnung des Beklagten. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es für die Vollstreckungsabwehrklage unerheblich, ob der Kläger oder der Beklagte die Aufrechnung erklärt und damit gemäß § 389 Abs. 1 BGB das Erlöschen des titulierten Anspruchs herbeiführt. Maßgeblich ist vielmehr allein, dass der titulierte Anspruch durch eine Aufrechnung erlischt und dieses Erlöschen dann vom Schuldner als nachträglich entstandene Einwendung gegen eine Zwangsvollstreckung aus diesem Titel vorgebracht werden kann. Vorliegend sind die durch den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. Juli 2007 titulierten Ansprüche infolge der Aufrechnung des Beklagten mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 gemäß § 389 Abs. 1 BGB erloschen, da der Beklagte eine Aufrechnungserklärung abgegeben hat, zum Zeitpunkt dieser Erklärung eine Aufrechnungslage bestand und auch kein Aufrechnungsausschluss gegeben war:
Zwar hatte der Beklagte hinsichtlich der vorliegend streitgegenständlichen Ansprüche aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. Juli 2007 – anders als der Kläger offenbar meint – eine Aufrechnungserklärung nach § 388 Satz 1 BGB noch nicht mit Schreiben vom 17. August 2016 abgegeben gehabt: Vielmehr bezog sich die Aufrechnungserklärung des Beklagten in diesem Schreiben nur auf die in Ziffern I. 1) bis 7) genannten „offenen Kostenrechnungen“, hingegen nicht auf die unter Ziffer III. aufgeführten „titulierten Forderungen.“ Letztere waren nur von der vom Beklagten vorgenommen abschließenden Abrechnung aller Verfahren umfasst, hinsichtlich welcher der Beklagte um das Einverständnis des Klägers bat, was dieser indes mit Schreiben vom 27. September 2016 verweigerte. Eine wirksame Aufrechnungserklärung hinsichtlich der durch den Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. Juli 2007 titulierten Ansprüche hat der Beklagte dann aber unzweifelhaft mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 abgegeben: In diesem hat er ausdrücklich gegen die Forderung des Klägers auf Auszahlung der im Verfahren S … durch Barzahlung vereinnahmten Fremdgelder in Höhe von 8.500,00 € u.a. mit den unter Punkt 9.) genannten Ansprüchen aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. Juli 2007 die Aufrechnung erklärt. Inwieweit der Kläger dieser Aufrechnung in späteren Schreiben möglicherweise widersprochen hat bzw. diese nicht anerkannt hat bzw. seine Zustimmung verweigert hat, ist gänzlich irrelevant: Bei der Aufrechnung handelt es sich um ein Gestaltungsrecht, das durch einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung ausgeübt wird (§ 388 Satz 1 BGB). Die Rechtswirkungen der Aufrechnung sind vorliegend deshalb allein dadurch eingetreten, dass der Beklagte diese mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 gegenüber dem Kläger erklärt hatte.
Zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung lag auch eine Aufrechnungslage im Sinne des § 387 BGB vor, d.h. es standen sich zwei gegenseitige Forderungen gegenüber: Die Gegenforderung, also die eigene Forderung, mit welcher der Beklagte aufgerechnet hat, war der wirksame und fällige Anspruch des Beklagten gegen den Kläger aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. Juli 2007. Dieser Anspruch bestand zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung auch noch: Ob der Beklagte diesen Anspruch anderweitig etwa durch eine andere Aufrechnung zum Erlöschen hätte bringen können oder – wie der Kläger wohl zwischenzeitlich meinte – nach Treu und Glauben hätten bringen müssen, ist irrelevant. Allein entscheidend ist, dass der Beklagte eine solche andere Aufrechnung nicht erklärt hat. Die Hauptforderung, also die fremde Forderung, gegen die der Beklagte aufgerechnet hat, war der erfüllbare Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Auszahlung der im Verfahren S … durch Barzahlung am 18. Juli 2016 vereinnahmten Fremdgelder in Höhe von 8.500,00 €. Ob der Beklagte befugt war, die dieser Barzahlung zugrundeliegende vergleichsweise Einigung zu schließen oder die Fremdgelder entgegenzunehmen, ist irrelevant: Denn der Beklagte war in jedem Fall verpflichtet, die von ihm tatsächlich vereinnahmten Fremdgelder an den Kläger auszukehren. Die Aufrechnung scheitert auch nicht etwa daran, dass diese Hauptforderung bereits durch andere Aufrechnungen, wie jene im zuvor versandten Schreiben vom 17. August 2016 oder jene im Schreiben vom 14. Oktober 2016 an früherer Stelle erklärten, bereits erloschen gewesen wäre: Denn selbst wenn man unterstellt, dass diese anderen Aufrechnungserklärungen alle vorrangig wirksam waren, so ist dennoch von dem Auszahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 8.500,00 € in jedem Fall ein Betrag in Höhe des titulierten Anspruchs verblieben, so dass eine Aufrechnung insoweit weiterhin möglich war.
Der Aufrechnung steht auch kein Aufrechnungsausschluss entgegen. Insbesondere verstößt die vorliegend erklärte Aufrechnung nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar wird auch das Recht zur Aufrechnung wie jedes Recht durch den Grundsatz der unzulässigen Rechtsausübung begrenzt. Auch gibt es sicherlich im Einzelfall Fallgestaltungen, in denen die Aufrechnung eines Rechtsanwalt mit eigenen Forderungen gegen den Anspruch eines Mandanten auf Herausgabe vereinnahmter Fremdgelder gegen Treu und Glauben verstößt (vgl. etwa: Brandenburgisches OLG, U. v. 5.3.2009 – 12 U 169/08 – juris; OLG Düsseldorf, U. v. 14.10.2008 – I-24 U 146/07, 24 U 146/07 – juris). Hierbei handelt es sich indes um besondere Fallkonstellationen, die nicht zu einem generellen Aufrechnungsverbot verallgemeinert werden dürften. Vorliegend sind keinerlei Umstände ersichtlich, die eine Unwirksamkeit der Aufrechnung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben rechtfertigen könnten. Insbesondere ist vorliegender Fall auch nicht mit dem Sachverhalt zu vergleichen, der dem Urteil des OLG Düsseldorf (a.a.O.) zu Grunde lag: Entscheidend war dort, dass der Rechtsanwalt, nachdem er von seinem Mandanten auf die Herausgabe des Fremdgelds bereits in Anspruch genommen worden war, durch bewusst vertragswidriges Vorgehen in Form schuldhafter Vertragsverstöße überhaupt erst die Aufrechnungslage hergestellt hatte und dies etwa 1 ½ Jahre nach Eintritt der Fälligkeit des Herausgabeanspruchs und erst ein ¾ Jahr nach dem Zugang der Zahlungsaufforderung des Mandanten (juris Rn. 12). Vorliegend indes handelte es sich bei der Gegenforderung des Beklagten gegen den Kläger aufgrund des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 3. Juli 2007 um die zuerst entstandene Forderung, die zudem schon viele Jahre bestand und sogar tituliert war. Auch hatte der Beklagte, nachdem die Aufrechnungslage infolge des im Verfahren S … am 18. Juli 2016 erhaltenen Barbetrags entstanden war, den Kläger bereits mit Schreiben vom 17. August 2016 über dieses Fremdgeld informiert und eine abschließende Abrechnung aller Verfahren angeboten. Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 27. September 2016 sein Einverständnis mit einer solchen Abrechnung verweigerte, hat der Beklagte bereits mit Schreiben vom 14. Oktober 2016 die Aufrechnung erklärt. Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass dieses Abrechnungsverhalten des Beklagten womöglich nicht in jedem Detail seinen Grundpflichten nach § 43a Abs. 5 BRAO vollständig entsprochen haben könnte, so kann bei dieser Sachlage dennoch nicht die Rede davon sein, der Beklagte habe seine Pflichten in einem solchen Ausmaß verletzt, dass im vorliegenden Einzelfall die erklärte Aufrechnung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben gänzlich unwirksam ist.
b) Die Geltendmachung der Einwendung ist auch nicht gemäß § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Vorliegend ist die die Hauptforderung, also der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Auszahlung der im Verfahren Stichmann vereinnahmten Fremdgelder in Höhe von 8.500,00 €, und damit die Aufrechnungsmöglichkeit frühestens durch Erhalt der Barzahlung am 18. Juli 2016 entstanden, die Aufrechnungserklärung durch den Beklagten erfolgte am 14. Oktober 2016. Es liegt auf der Hand, dass der Kläger den Einwand des Erlöschens durch Aufrechnung in dem damaligen Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 11 RVG, das mit Beschluss vom 3. Juli 2007 zum Abschluss gekommen war und in dem die vollstreckbare Ausfertigung mit Schreiben vom 10. Oktober 2007 erteilt worden war, offensichtlich nicht vorbringen konnte.
c) Die Vollstreckungsabwehrklage ist auch nicht etwa deshalb abzuweisen, weil die Zwangsvollstreckung aus sonstigen Gründen zulässig wäre.
Nicht gefolgt werden kann dem Beklagen, wenn er meint, er könne aus demselben Titel gegen den Auszahlungsanspruch sowohl eine Aufrechnung als auch gleichzeitig eine Pfändung vornehmen: Es mag richtig sein, dass der Gläubiger eines titulierten Anspruchs (hier: Ansprüche aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss) in Fällen, in denen ihm eine Aufrechnung möglich ist, statt die Aufrechnung zu erklären auch die Forderung pfänden kann, die dem Schuldner gegen den pfändenden Gläubiger zusteht (hier der Auszahlungsanspruch in Höhe von 8.500,00 €). Dies ändert aber nichts daran, dass bei einer tatsächlich erklärten Aufrechnung die Forderungen gemäß § 389 Abs. 1 BGB erlöschen und damit der alternative Weg zu einer Pfändung nicht mehr möglich ist (vgl. hierzu auch die insoweit überzeugenden Ausführungen im zwischen den Beteiligten im Parallelverfahren ergangenen Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 8. Juni 2017, Az. 8 O 4152/16, UA S. 6 f.).
Die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung durch Pfändung des Auszahlungsanspruchs des Klägers ergibt sich entgegen der Auffassung des Beklagten ganz eindeutig auch nicht etwa daraus, dass der Kläger womöglich mit einer Verrechnung bzw. Aufrechnung nicht einverstanden war oder diese für unwirksam gehalten hat und eine Herausgabe der vereinnahmten Fremdgelder verlangt habe oder sonst irgendwelche Einwände gegen die Aufrechnung erhoben hat. Derartige Einwände ändern nichts daran, dass die Aufrechnung wirksam erklärt ist und die Forderungen gemäß § 389 Abs. 1 BGB erloschen sind und damit der Weg zu einer Pfändung verschlossen ist. Der Beklagte ist bei derartigen Einwänden auch nicht schutzlos gestellt, da er gegen eine etwaige Zahlungsklage des Klägers auf Auszahlung der vereinnahmten Fremdgelder seinerseits die rechtsvernichtende Einwendung des Erlöschens infolge der Aufrechnung vorbringen kann.
4. Auch die Herausgabeklage in entsprechender Anwendung des § 371 BGB ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Herausgabe des Originals der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses vom 3. Juli 2007, Az. M 2 K 05.2549.
Ein solcher Herausgabeanspruch analog § 371 BGB besteht nicht schon dann, wenn und weil die Vollstreckung aus dem Titel für unzulässig erklärt worden ist, sondern erst, wenn die titulierte Schuld mit Sicherheit erloschen ist oder von Anfang an nicht bestanden hat (BGH, U. v. 19.12.2014 – V ZR 82/13 – juris Rn. 25 m.w.N.). Wenn der Schuldner neben der Vollstreckungsabwehrklage die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Titels verlangt, hängt der Erfolg dieses Antrags mithin in aller Regel davon ab, ob und inwieweit der titulierte Anspruch besteht oder nicht (mehr) besteht (BGH U. v. 19.12.2014 – V ZR 32/13 – juris Rn. 18 m.w.N.).
Vorliegend sind die titulierten Ansprüche aus dem Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 3. Juli 2007 durch die wirksame Aufrechnung mit Schreiben vom 14. Oktober 2016, die auch den bis dahin entstandenen Zinsanspruch umfasste, gemäß § 389 BGB vollständig erloschen (siehe dazu im Einzelnen die Ausführungen unter 3.). Mithin ist die titulierte Schuld mit Sicherheit vollständig erloschen, der titulierte Anspruch besteht vollständig nicht mehr.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch über die vor-läufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nrn. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Anregung des Beklagten, die Berufung zuzulassen, war deshalb nicht zu folgen. Einer näheren Begründung bedarf es insoweit nicht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 124 a Rn. 2).


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