Bankrecht

Haftung des Kommanditisten im Insolvenzverfahren bei Einlagenrückgewähr

Aktenzeichen  1 S 14/16

Datum:
3.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 128087
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
HGB § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1 Nr. 1, § 159 Abs. 1, § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 1, Abs. 2, § 172 Abs. 4 S. 1, S. 2
InsO § 9, § 29 Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1, § 74 Abs. 1 S. 2, § 93, § 175, § 177, § 178, § 201 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

1 Unter den Begriff der Gewinnausschüttung des § 172 Abs. 4 S. 2 HGB fällt auch eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Garantieausschüttung, unabhängig davon, ob ein Gewinn im Sinne eines handelsrechtlichen Jahresüberschusses erwirtschaftet wurde oder nicht.  (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Feststellung einer Forderung nach § 178 InsO für den Kommanditisten ist verbindlich, sofern er im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren nach § 177 InsO nicht widersprochen hat. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
3 Macht der Kommanditist geltend, seine Inanspruchnahme sei nicht erforderlich, weil bereits das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gläubiger ausreiche, trägt er die Darlegungs- und Beweislast. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 C 1066/15 2015-11-26 Endurteil AGANSBACH AG Ansbach

Tenor

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 26.11.2015, Az. 5 C 1066/15, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

Gründe

Dem Kläger steht ein Zahlungsanspruch gem. § 171 II HGB, § 172 IV 2 HGB zu. Die Voraussetzungen dieses Anspruchs liegen vor.
1. Als Insolvenzverwalter der Kommanditgesellschaft obliegt es dem Kläger, Ansprüche i.S.d. § 171 I HGB gegen die Kommanditisten geltend zu machen, vgl. § 171 II HGB i.V.m. § 93 InsO.
2. a) Durch die Einlage von 15.000 Euro ist die persönliche Haftung des Beklagten ursprünglich gem. § 171 I 2.HS HGB erloschen. Da jedoch der Kapitalanteil des Beklagten durch Verluste unstreitig bereits im Jahre 2002 unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert wurde, gilt die Einlage gem. § 172 IV 2 HGB, soweit der Beklagte Gewinnanteile entnimmt, als nicht geleistet. Daher lebt die persönliche Haftung insoweit (maximal bis zur Summe der Hafteinlage) wieder auf, vgl. § 172 IV 1 HGB. In den Jahren 2004-2007 wurden unstreitig insgesamt 5.100 Euro an den Beklagten ausgeschüttet. Dieser zahlte bereits außergerichtlich 2.500 Euro an den Kläger. Daher sind noch 2.600 Euro offen. Unter den Begriff der Gewinnausschüttung des § 172 IV 2 HGB fällt auch eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Garantieausschüttung – unabhängig davon, ob ein Gewinn im Sinne eines handelsrechtlichen Jahresüberschusses erwirtschaftet wurde oder nicht (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage, 2014, § 172 Rn. 45). Dies gilt auch für Zahlungen unter sonstigen Bezeichnungen/da Sinn und Zweck des § 172 IV 2 HGB die Kapitalerhaltung ist. Nur soweit ein etwaiger Kapitalverlust wieder ausgeglichen wurde, kann eine darüber hinausgehende Gewinnausschüttung haftungsunschädlich sein (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage, 2014, § 172 Rn. 43).
b.) Der Einwand des Beklagten, es liege keine Einlagehrückgewähr i.S.d. § 172 IV 1 HGB vor berührt den Anspruch aus § 172 IV 2 HGB nicht. Es geht vorliegend vom den Tatbestand der Gewinnausschüttung, welcher von § 172 IV 2 HGB erfasst ist.
3. a) Im Rahmen des Anspruchs gem. § 171 I i.V.m. II HGB besteht ein Anspruch nur dann, wenn der Insolvenzverwalter darlegt und beweist, dass die Leistung des Kommanditisten zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist (Stroh in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage, 2014, § 171 Rn. 96). Dabei Ist jedoch die Feststellung einer Forderung nach § 178 InsO für den Kommanditisten verbindlich, sofern, er im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren nach § 177 InsO nicht widersprochen hat (Stroh in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage, 2014, § 171 Rn. 96). Dies folgt daraus, dass eine Insolvenztabelle nach § 175 InsO gem. § 201 II 1 InsO Titelfunktion gegenüber der Schuldnerin hat. Der Beklagte als Kommanditist kann also etwaige Einwendungen gegenüber den Forderungen nicht mehr geltend machen, vgl. §§ 161 II, 129 I HGB (vgl. auch LG Köln, Urteil vom 24,06.2008 – 22 O 42/08) = BeckRS 2011, 09728).
Soweit der Beklagte vorträgt, er hätte dem Prüfungstermin nicht beiwohnen können, geht dieser Einwand fehl. Teilnahmeberechtigt sind die in § 74 I 2 InsO genannten Personen, da es sich bei dem Prüfungstermin um eine Gläubigerversammlung handelt (MüKomm zur Insolvenzordnung, 3.Auflage 2013, § 176 Rn. 9). Daneben kann das Insolvenzgericht jedoch auch weitere Personen zulassen. Hierunter fallen insbesondere Gesellschafter einer Gesellschaft In der Insolvenz, die weder als Gläubiger noch als vertretungsberechtigte Organe ohnehin die Teilnahmeberechtigung besitzen (MüKomm zur Insolvenzordnung, 3. Auflage 2013,. § 74 Rn. 31). Der Beklagte hätte bei dem Insolvenzgericht also einen Antrag auf Zulassung stellen müssen, um etwaige Einwendungen gegen die festgestellten Forderungen zu erheben. Der Prüfungstermin wird gem. § 29 I Nr. 2, 30 I, 9 InsO öffentlich bekannt gemacht. Daher hätte der. Beklagte auch Kenntnis von dem Termin nehmen können.
b) Da die i.S.d. § 178 InsO festgestellten Forderungen für den Beklagten bindend sind, genügt es im Rahmen der Darlegung durch den Insolvenzverwalter, wenn er die Tabelle i.S.d. § 175 InsO vorlegt.
c) Der Verjährungseinwand des Beklagten ist unbegründet. Ein Ablauf der Verjährungsfrist des § 197 I Nr. 5 BGB scheidet offensichtlich aus. Auch eine Verjährung des Anspruchs gem. § 171 I HGB nach § 159 I, 131 I Nr. 1 HGB kommt nicht in Betracht, da das Insolvenzverfahren erst am 01.04.2014 über das Vermögen der … GmbH & Co. KG eröffnet worden ist.
4. Auch der Einwand des Beklagten, das Aktivvermögen der Kommanditgesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, reiche möglicherweise zur Befriedigung der Gläubigerforderungen aus, lässt den Anspruch nicht entfallen. Insoweit verkennt der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Macht der Kommanditist geltend, seine Inanspruchnahme sei nicht erforderlich, weil bereits das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gläubiger ausreiche, trägt er die Darlegungs- und Beweislast (Stroh in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage, 2014, § 171 Rn. 96). Der Insolvenzverwalter hat jedoch die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, sofern er dazu im Stande ist (BGH in NJW 1990,1109,1111). Der Kläger hat vorgetragen, dass Forderungen in Höhe von 2.167.450, 18 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet wurden und nur in Höhe von 213.938,04 bestritten worden sind. Weiteres Aktivvermögen wurde nicht angegeben. Es ist nun Sache des Beklagten darzulegen, dass weiteres Aktivvermögen vorhanden ist. Unzureichend ist es, wenn lediglich die Möglichkeit in den Raum gestellt wird, es sei möglicherweise ausreichend Aktivvermögen vorhanden.
Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.


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