Bankrecht

Kapitalanlagegesellschaft: Quotale Haftung der Gesellschafter eines in Form einer GbR betriebenen geschlossenen Immobilienfonds für Darlehensschulden der GbR; Aufklärungspflichten der objektfinanzierenden Bank gegenüber den Gesellschaftern

Aktenzeichen  II ZR 95/10

Datum:
17.4.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 128 S 1 HGB
§ 130 Abs 1 HGB
§ 488 Abs 1 S 2 BGB
Spruchkörper:
2. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend KG Berlin, 29. April 2010, Az: 23 U 68/09, Urteilvorgehend LG Berlin, 26. März 2009, Az: 10 O 172/08

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 29. April 2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagten sind Gesellschafter der Grundstücksgesellschaft Wohnpark W.     Gesellschaft b.R. (im Folgenden: GbR), einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Zweck der GbR war die Errichtung von Mehrfamilienhäusern in Ausübung eines Erbbaurechts und deren anschließende Verwaltung.
2
Zur Finanzierung der Fondsobjekte schlossen die Gründungsgesellschafter, damals noch auftretend als Wohnpark Wi.    -G.    -Straße Grundstücksgesellschaft GbR, am 30. August/7. September 1994 mit der Rechtsvorgängerin der B.   Hypothekenbank AG (im Folgenden: Bank) einen Darlehensvertrag über nominal 15.000.000 DM. Nach Ziff. 7 Abs. 4 des Darlehensvertrages sollte später zwischen der GbR und den beigetretenen Gesellschaftern einerseits sowie der Bank andererseits ein neuer Darlehensvertrag abgeschlossen werden, in dem die Haftung jedes Gesellschafters für den Darlehensbetrag nebst Zinsen und Kosten auf einen Anteil, der der Quote seiner Beteiligung entspricht, beschränkt sein sollte.
3
Am 29. November 1994 schlossen die Gründungsgesellschafter unter Umbenennung der GbR einen Gesellschaftsvertrag, der in § 8 folgende Regelungen enthält:
1. Die Gesellschafter haften gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner.
2. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie den Gläubigern der Gesellschaft nur quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft, in der Höhe jedoch unbegrenzt.
3. Die Geschäftsführung ist beim Abschluss von Verträgen mit Dritten verpflichtet, dem Vertragspartner von den Bestimmungen über die gesellschaftsrechtliche Haftung gemäß diesem Vertrag Kenntnis zu geben.

4
Nach § 9 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages steht die Führung der Geschäfte zwei der drei Gründungsgesellschafter zu. In einem gesonderten Geschäftsbesorgungsvertrag übertrug die GbR der I.   Baubetreuung und Projektverwaltung GmbH (im Folgenden: Geschäftsbesorgerin) umfassend die Wahrnehmung der Geschäftsführungsaufgaben. § 3 des Geschäftsbesorgungsvertrages sieht vor, dass jeder Gesellschafter der Geschäftsbesorgerin Vollmacht erteilt, insbesondere die aus einer Anlage zum Geschäftsbesorgungsvertrag ersichtlichen Erklärungen abzugeben. Dazu gehört u.a.,
die persönliche Haftung der Gesellschafter hinsichtlich der Grundpfandrechtsbeträge nebst Nebenleistungen in persönlicher und dinglicher Hinsicht zu übernehmen sowie die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter persönlich und dinglich hinsichtlich der Gesellschafter- und Gesellschaftsverbindlichkeiten der sofortigen Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden auch in ihr gesamtes persönliches Vermögen zu unterwerfen.
5
Die Beklagten beteiligten sich am 31. Dezember 1994 mit einer Beteiligungssumme von 80.000 DM zzgl. 3,5 % Agio als Gesellschafter an der GbR. Ihre Beteiligung gemessen am Verhältnis ihrer Kapitaleinlage zum Gesamtvermögen der GbR beträgt 0,2913 %. Der Beitritt erfolgte auf der Grundlage eines Prospektes, der zur Haftung der Gesellschafter der GbR folgenden Hinweis enthält:
Die Gesellschafter haften gegenüber Gläubigern der Gesellschaft mit dem Gesellschaftsvermögen als Gesamtschuldner. Mit ihrem sonstigen Vermögen haften sie [die Gesellschafter] quotal entsprechend ihrer kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft. Soweit Gläubiger durch Grundpfandrechte gesichert sind, haftet zunächst das Grundstück – wie auch für öffentliche Lasten – insgesamt.
6
Am 7. /8. Oktober 1996 vereinbarte die Geschäftsbesorgerin, handelnd für die Gesellschafter der GbR, mit der Bank in Ergänzung des Darlehensvertrages, dass das Darlehensverhältnis zwischen der Bank und der GbR, bestehend aus den in einer – der Vereinbarung beigefügten – Aufstellung genannten Gesellschaftern, fortgesetzt wird und diese gesamtschuldnerisch, aber jeweils beschränkt auf den in der Aufstellung aufgeführten Anteil des Darlehensnominalbetrages nebst Zinsen und Nebenleistungen haften; für die Beklagten weist die Aufstellung einen Haftungsbetrag von insgesamt 98.016,07 DM aus.
7
Die Bank kündigte das Darlehen mit Schreiben vom 17. Juli 2006 wegen Zahlungsverzugs. Sie forderte die Beklagten mit Schreiben vom 26. Juli 2006 und 4. August 2006 vergeblich auf, einen Anteil i.H.v. 28.581,17 € an der Restforderung, die sich zum 31. Juli 2006 auf 9.811.594,21 € belaufe, an sie zu zahlen.
8
Über das Vermögen der GbR wurde am 21. März 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er nimmt die Beklagten auf Zahlung des von der Bank entsprechend der Beteiligungsquote der Beklagten errechneten Anteils an der am 31. Juli 2006 bestehenden Darlehensrestschuld in Anspruch.
9
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 22.344,30 € stattgegeben. Auf die Berufung beider Parteien hat das Berufungsgericht die Beklagten bis auf einen Teil der Zinsforderung antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.


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