Bankrecht

Kein Einfluss nicht ordnungsgemäßer Zusätze auf Wirksamkeit einer Widerrufsinformation

Aktenzeichen  5 U 3840/19

Datum:
20.8.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46761
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
EGBGB Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

Eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung wird nicht dadurch undeutlich wird, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten. Erst recht gilt dies ohne Rücksicht auf die Art ihrer Gestaltung, soweit Zusätze außerhalb der Widerrufsbelehrung zwar eine unzulässige und damit unwirksame Abweichung von Vorschriften des Verbraucherschutzrechts aufweisen, aber nicht in Zusammenhang mit der Unterrichtung über das Widerrufsrecht als solches stehen (Rn. 5). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

27 O 4216/19 2019-06-19 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.06.2019, Az. 27 O 4216/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Des wird beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 34.612,76 festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Wie der Senat bereits in einer Vielzahl von Parallelverfahren entschieden hat, hält er die erteilte Widerrufsinformation samt Pflichtangaben für ordnungsgemäß, so dass die Widerrufserklärung nach Ablauf der Widerrufsfrist erfolgte. Die von dem Kläger gerügten Mängel bestehen nicht. Im Einzelnen:
1. Einbeziehung der „Europäischen Standardinformationen“ in den Vertrag:
Der Darlehensvertrag besteht im vorliegenden Fall aus einer einheitlichen Urkunde, die aus 11 fortlaufend paginierten Seiten besteht. Alle Informationen, die auf diesen 11 Seiten erteilt wurden, wurden „im Vertrag“ erteilt. Ebenso, wie der Unternehmer zur Erfüllung seiner vertraglichen Informationspflichten extra zu diesem Zweck vorbereitete Informationsblätter in den Vertrag einfügen könnte, ist es ihm unbenommen, stattdessen die bereits zur Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten vorhandenen „Standardinformationen“ in den Vertrag einzufügen. Vorliegend sind sowohl die „Standardinformationen“ als auch die „Allgemeinen Darlehensbedingungen“ als S. 1-3 bzw. als S. 10-11 Bestandteil des Darlehensantrags des Klägers geworden (Anlagen K 1 und K 2). Durch die Annahme des Vertrags seitens der Beklagten ist der Vertrag so, wie es dem Darlehensantrag des Klägers entsprach, zustande gekommen, so dass „in dem Vertrag“ die notwendigen Informationen erteilt wurden.
2. Zu den auf Seite 7 ff der Berufungsbegründung aufgezählten fehlenden oder unzureichenden Pflichtangaben zeigt die Berufungsbegründung keine Rechtsfehler des Erstgerichts auf. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben (siehe BGH, Beschluss vom 25. September 2018 – XI ZB 7/17 -, Rn. 9, juris). Insoweit kann daher auf die Ausführungen des Ersturteils Bezug genommen werden (siehe zur Art des Darlehens LGU Seite 11, zu den Auszahlungsbedingungen LGU Seite 11/2, zur Art und Weise der Anpassung des Verzugszinssatzes LGU Seite 12, zur für den Darlehensgeber zuständigen Aufsichtsbehörde LGU Seite 12, zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages LGU Seite 12/13, zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung LGU Seite 13/14, zum Zugang des Darlehensnehmers zu außergerichtlichen Beschwerdeverfahren LGU Seite 15, zum Barzahlungspreis LGU Seite 15, zur Schutzwirkung der Musterwiderrufsbelehrung LGU Seite 15).
In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist geklärt, dass eine inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Widerrufsbelehrung nicht dadurch undeutlich wird, dass die Vertragsunterlagen an anderer, drucktechnisch nicht hervorgehobener Stelle einen inhaltlich nicht ordnungsgemäßen Zusatz enthalten (BGH, Urteil vom 10. Oktober 2017 – XI ZR 443/16, WM 2017, 2248 Rn. 25). Erst recht gilt dies ohne Rücksicht auf die Art ihrer Gestaltung, soweit Zusätze außerhalb der Widerrufsbelehrung zwar eine unzulässige und damit unwirksame Abweichung von Vorschriften des Verbraucherschutzrechts aufweisen, aber nicht in Zusammenhang mit der Unterrichtung über das Widerrufsrecht als solches stehen. Dass in den Darlehensvertrag einbezogene Allgemeine Geschäftsbedingungen eine unwirksame Regelung zu einer Beschränkung der Aufrechnungsbefugnis enthalten, ist damit für die Ordnungsmäßigkeit der Widerrufsbelehrung ohne Auswirkung (BGH, Beschluss vom 09.04.2019 – XI ZR 511/18). 
Die erteilte Widerrufsinformation entspricht bis auf die unschädlichen Anpassungen in Formatierung und Verwendung der direkten Anrede inhaltlich und gestalterisch vollständig dem Muster Anlage 7 zu Artikel 247 § 6 Absatz 2 und § 12 Absatz 1 EGBGB. Sie ist deutlich gestaltet und durch die graue Unterlegung hervorgehoben. Der Gestaltungshinweis Nr. 6c (bei Überlassung einer Sache) wurde zu Recht verwendet, da mit dem verbundenen Kaufvertrag dem Kläger eine Sache überlassen wurde und sich ein Widerruf des Darlehensvertrags auch auf den Bestand des Kaufvertrags auswirken würde. Daher kann offenbleiben, ob – wie der Kläger meint – die Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs im Fall von verbundenen Geschäften wie vorliegend deswegen unzutreffend sei, weil der Kunde dann gerade nicht zur Rückzahlung der Darlehensvaluta verpflichtet sei. Denn die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 S. 3 EGBGB greift ein.  
5. Die Belehrung über die Widerrufsfolgen entspricht der Musterwiderrufsbelehrung, auf die sich die Beklagte berufen kann (s.o.).
6. Streitwert: Nettodarlehensbetrag + Anzahlung
Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).


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