Bankrecht

Kommanditistenhaftung gegenüber Insolvenzverwalter

Aktenzeichen  1 S 14/16

Datum:
30.9.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZInsO – 2017, 2438
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 286
HGB § 161 Abs. 2, § 171 Abs. 2, § 172 Abs. 4
InsO § 178

 

Leitsatz

1. Unter den Begriff der Gewinnausschüttung des § 172 Abs. 4 S. 2 HGB fällt auch eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Garantieausschüttung – unabhängig davon, ob ein Gewinn im Sinne eines handelsrechtlichen Jahresüberschusses erwirtschaftet wurde oder nicht. Dies gilt auch für Zahlungen unter sonstigen Bezeichnungen, da Sinn und Zweck des § 172 Abs. 4 S. 2 HGB die Kapitalerhaltung ist. Nur soweit ein etwaiger Kapitalverlust wieder ausgeglichen wurde, kann eine darüber hinausgehende Gewinnausschüttung haftungsunschädlich sein. (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen des Anspruchs gem. § 171 Abs. 1, Abs. 2 HGB gegen einen Kommanditisten besteht ein Anspruch nur dann, wenn der Insolvenzverwalter darlegt und beweist, dass die Leistung des Kommanditisten zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Forderungen, für die der Kommanditist haften soll, trägt nach allgemeinen Regeln der Insolvenzverwalter. (redaktioneller Leitsatz)
4. Es greift die Rechtskraftwirkung der Insolvenztabelle zu Lasten eines Kommanditisten dann ein, wenn diese auch zu Lasten eines Komplementärs wirkt. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 S 14/16 2016-06-03 Hinweisschreiben LGANSBACH LG Ansbach

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Ansbach vom 26.11.2015, Az. 5 C 1066/15, wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Ansbach ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird beschränkt hinsichtlich der Frage, ob im Falle einer Insolvenz über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft, die Insolvenztabelle Titelwirkung gegenüber einem Kommanditisten entfaltet, zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.600,00 € festgesetzt.

Gründe

A.
Die Kammer nimmt auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug, § 540 I Nr. 1 ZPO.
Der Kläger macht als Insolvenzverwalter über das Vermögen der „…“ (Insolvenzschuldnerin) die Haftung des Beklagten als Kommanditisten der Insolvenzschuldnerin geltend.
Der Kläger ist der Ansicht, dass das Ersturteil zutreffend sei. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er trägt vor, die Vorlage der Insolvenztabelle reiche zur Darlegung der Gläubigerforderungen aus. Eine weitergehende Substantiierung der einzelnen angemeldeten Forderungen sei nicht erforderlich. Der Beklagte habe Gelegenheit gehabt rechtliches Gehör zu erlangen. Als Kommanditist sei er berechtigt gewesen am Prüftermin teilzunehmen. Die Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter sei für den Beklagten auch hervorsehbar gewesen. Durch Schreiben der Fondgeschäftsführung vom 11.10.2013 (Anlage BB3) sei der Beklagte darüber informiert worden, dass die Insolvenz der Schiffahrtsgesellschaft möglicherweise nicht mehr abzuwenden wäre. Durch weiteres Schreiben vom 15.11.2013 sei der Beklagte darüber informiert worden, dass Insolvenzantrag gestellt wurde und der Insolvenzverwalter die Gesellschafter wegen der Gesellschaftsverbindlichkeiten in Anspruch nehmen werde. Zuletzt sei der Beklagte durch Schreiben vom 21.05.2014 über den Schiffsverkauf und die etwaige Rückforderung von Auszahlungen an die Anleger informiert worden.
Der Beklagte wiederholt und vertieft im Wesentlichen seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Ersturteil sei unzutreffend, da der Klagevortrag im Hinblick auf die Gläubigerforderungen unsubstantiiert sei. Der Kläger habe jede Forderung, die zur Tabelle angemeldet wurde, hinreichend zu substantiieren und die Historie ihrer Entstehung darzustellen. Der Beklagte habe die Tabellenforderungen zulässigerweise mit Nicht-Wissen bestritten. Weiter habe der Kläger nicht ausreichend dargelegt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreiche um alle Gläubiger zu befriedigen. Zudem liege keine Einlagenrückgewähr vor, da die Anleger im Innenverhältnis der Gesellschaft einen Anspruch auf die Zahlung hatten. Hiervon hatten die Gläubiger auch Kenntnis, weshalb sie nicht schutzwürdig seien. Der Beklagte beruft sich zudem auf Verjährung.
Das Amtsgericht Ansbach hat am 26.11.2015 folgendes Endurteil erlassen:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.600,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2015 zu bezahlen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit 13.06.2015 zu zahlen.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Amtsgericht hat in der Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger als Insolvenzverwalter einen Anspruch auf Rückzahlung der erfolgten Ausschüttungen gem. § 172 IV 2 HGB geltend machen kann. Der Beklagte sei an die sich aus der Insolvenztabelle ergebenden Forderungen gebunden, da er am Prüftermin nicht teilgenommen habe und den Forderungen auch nicht widersprochen habe. Durch die Vorlage der Tabelle seien die Forderungen hinreichend substantiiert. Das einfache Bestreiten seitens des Beklagten sei unzureichend.
Dieses Urteil des Amtsgerichts Ansbach wurde dem Beklagten am 01.12.2015 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 04.01.2016, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, hat der Beklagte Berufung gegen das vorgenannte Urteil eingelegt und mit Schriftsatz vom 01.03.2016, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, begründet.
Der Berufungskläger beantragt,
Unter Abänderung des am 26.11.2015 verkündeten und am 01.12.2015 zugestellten Urteils des Amtsgerichts Ansbach, Az. 5 C 1066/15 wird die Klage kostenpflichtig abgewiesen.
Der Berufungsbeklagte beantragt,
Die Berufung wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Mit Zustimmung der Parteien wurde ohne mündliche Verhandlung entschieden. Als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde der 15.09.2016 bestimmt.
Es wir auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
B.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Dem Kläger steht ein Zahlungsanspruch in Höhe von 2.600 Euro gem. § 171, II i.V.m. § 172 IV 2 HGB zu.
I. Die persönliche Haftung des Kommanditisten
Durch die Einlage von 15.000 Euro ist die persönliche Haftung des Beklagten ursprünglich gem. § 171 I 2.HS HGB erloschen. Da jedoch der Kapitalanteil des Beklagten durch Verluste unstreitig bereits im Jahre 2002 unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert wurde, gilt die Einlage gem. § 172 IV 2 HGB, soweit der Beklagte Gewinnanteile entnimmt, als nicht geleistet. Daher lebt die persönliche Haftung insoweit (maximal bis zur Summe der Hafteinlage) wieder auf, vgl. § 172 IV 1 HGB. In den Jahren 2004-2007 wurden unstreitig insgesamt 5.100 Euro an den Beklagten ausgeschüttet. Dieser zahlte bereits außergerichtlich 2.500 Euro an den Kläger. Daher sind noch 2.600 Euro offen. Unter den Begriff der Gewinnausschüttung des § 172 IV 2 HGB fällt auch eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Garantieausschüttung – unabhängig davon, ob ein Gewinn im Sinne eines handelsrechtlichen Jahresüberschusses erwirtschaftet wurde oder nicht (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage 2014, § 172 Rn. 45). Dies gilt auch für Zahlungen unter sonstigen Bezeichnungen, da Sinn und Zweck des § 172 IV 2 HGB die Kapitalerhaltung ist. Nur soweit ein etwaiger Kapitalverlust wieder ausgeglichen wurde, kann eine darüber hinausgehende Gewinnausschüttung haftungsunschädlich sein (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage 2014, § 172 Rn. 43).
II. Erforderlichkeit der Inanspruchnahme des Kommanditisten
1. Im Rahmen des Anspruchs gem. § 171 I i.V.m. II HGB besteht ein Anspruch nur dann, wenn der Insolvenzverwalter darlegt und beweist, dass die Leistung des Kommanditisten zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage 2014, § 171 Rn. 96).
Die Darlegung- und Beweislast hinsichtlich der Forderungen, für die der Kommanditist haftet, trägt nach allgemeinen Regeln der Insolvenzverwalter (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage 2014 § 171 Rn. 96).
2. Sind Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt worden, so greift die Rechtskraftwirkung des § 201 II 1 InsO ein. Diese wirkt im gegebenen Fall auch gegenüber dem Beklagten als Kommanditisten der Insovlenzschuldnerin.
Da die i.S.d. § 178 InsO festgestellten Forderungen in ihrem Bestand und in ihrer Höhe für den Beklagten bindend sind, genügt es im Rahmen der Darlegung durch den Insolvenzverwalter, wenn er die Tabelle i.S.d. § 175 InsO vorlegt.
a) Grundsätzlich wirkt die Eintragung einer Forderung in die Insolvenztabelle gem. § 178 III InsO nur gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern wie ein rechtskräftiges Urteil.
Gegenüber der Schuldnerin – hier der Kommanditgesellschaft – ergibt sich die Rechtskraftwirkung aus § 201 II 1 InsO. § 201 II 1 InsO regelt, ausweislich der amtlichen Überschrift, allerdings nur die Vollstreckungsmöglichkeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Dennoch nimmt die Rechtsprechung eine mittelbare Rechtskraftwirkung aus § 201 II 1 InsO an, welche bereits vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens und auch außerhalb des Insolvenzverfahrens eingreift, sobald die Feststellung zur Tabelle erfolgt ist (BGH, NZI 2014, 73, 76).
b) Aber auch gegenüber Dritten – wie etwa den persönlich haftenden Gesellschaftern – kommt eine Rechtskraftwirkung in Betracht. Wird eine Forderung gegen eine insolvente OHG oder KG zur Tabelle festgestellt, so wirkt die Feststellung gem. § 161 II, 129 I HGB mittelbar auch gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern (MüKo/Schumacher, InsO, Band 2, 3. Auflage 2013, § 178 Rn. 73 a.E.; BGH NZI 2014, 73, 76 Rn. 19 a.E.). Die Wirkung des § 129 I HGB wird jedoch dahingehend eingeschränkt, dass ein gem. § 128 HGB haftender Personengesellschafter zur Gewährung rechtlichen Gehörs an dem Forderungsfeststellungsverfahren zu beteiligen ist und Gelegenheit haben muss, der Forderungsanmeldung mit Wirkung für seine persönliche Haftung zu widersprechen (BGH, NJW 2006, 1344, 1347).
c) Hinsichtlich der Rechtskraftwirkung zu Lasten eines Kommanditisten werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.
aa) So wird teilweise eine Wirkung des Tabelleneintrags gegenüber einem Kommanditisten abgelehnt (Uhlenbruck/Sinz, Insolvenzordnung, 14. Auflage 2015, § 178 Rn. 33; MüKo/Schumacher, InsO, Band 2, 3. Auflage 2013, § 178 Rn. 72; RGZ 51, 40).
bb) Nach anderer Auffassung ist entscheidend, ob der Kommanditist im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren der Forderung widersprochen hat oder nicht (Strohn in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage, 2014, § 171 Rn. 96; LG Köln, NZI 2013, 46, 49). Dies ist jedenfalls etwas missverständlich bzw. lückenhaft formuliert. Ein Kommanditist selbst ist nach der gesetzlichen Grundkonzeption nicht widerspruchsberechtigt i.S.d. § 178 I 1 InsO.
Danach sind nur der Insolvenzverwalter und die Insolvenzgläubiger widerspruchsberechtigt. Zudem kann der Schuldner selbst widersprechen, vgl. § 178 I 2 InsO. Der Widerspruch des Schuldners hindert zwar nicht die Feststellung der Forderung selbst, jedoch entfällt die Titelfunktion der Insolvenztabelle gem. § 201 II 1 InsO.
Ist eine Kommanditgesellschaft Schuldnerin, so können grundsätzlich nur die zur Vertretung berufenen Gesellschafter i.S.d. § 178 I 2 InsO widersprechen. Dies sind gem. § 161 II HGB i.V.m. § 125 I HGB die vertretungsberechtigten Komplementäre. Kein Vertretungsrecht steht den Kommanditisten zu, vgl. § 170 HGB. Der Kommanditist hat vielmehr auf einen Widerspruch eines Vertretungsberechtigten Gesellschafters hinzuwirken (MüKo/Brandes/Gehrlein, InsO, Band 2, 3.Auflage 2013, § 93 Rn. 31). Um dies effektiv zu gewährleisten verlangt das Landgericht München II, dass auch dem Kommanditisten der Eröffnungsbeschluss i.S.d. § 30 II InsO zugestellt wird. Alleine die Veröffentlichung des Eröffnungsbeschlusses langt nach Ansicht des Landgericht München II nicht aus (LG München II, Beschluss vom 11.04.2016 – 14 O 3470/15).
Teilweise wird vertreten, dass der Begriff des Schuldners i.S.d. § 178 I 2, 201 II 1 InsO weit auszulegen ist. Im Falle einer unbeschränkten persönlichen Haftung eines Gesellschafters sei dieser auch als „Schuldner“ zu behandeln (MüKo/Brandes/Gehrlein, InsO, Band 2, 3.Auflage 2013, § 93 Rn. 31). Jedenfalls ist ein Kommanditist nicht als „Schuldner“ in diesem Sinne anzusehen. Dieser haftet nämlich grundsätzlich nicht unbeschränkt sondern nur beschränkt bis zur Haftsumme. Die weite Auslegung des Begriffs des Schuldners wird gerade auf Grund der unbeschränkten persönlichen Haftung vertreten. Dieser Gedanke ist auf einen Kommanditisten nicht ohne weiteres zu übertragen.
cc) Des Weiteren wird die Rechtskraftwirkung auch ohne jede weitere Voraussetzung bejaht (LG Köln, Urteil vom 24.06.2008 – 22 O 42/08 = BeckRS 2011, 09728; LG Paderborn, Urteil vom 20.08.2007 – 4 O 658/06 = BeckRS 2008, 18002; LG Mosbach, Urteil vom 18.07.2007 – 1 O 211/06).
dd) Nach Auffassung der Kammer greift die Rechtskraftwirkung der Insolvenztabelle zu Lasten eines Kommanditisten dann ein, wenn diese auch zu Lasten eines Komplementärs wirkt.
Wie bereits erläutert, entfaltet die Insolvenztabelle gegenüber der Schuldnerin mittelbar gem. § 201 II 1 InsO eine Rechtskraftwirkung. Der Kommanditist der nach § 171 I, II HGB persönlich haftet kann gem. § 129 I HGB gegen die Forderungen der Gesellschaftgläubiger grundsätzlich keine Einwendungen mehr geltend machen, die nicht in seiner Person begründet sind. Nach der Rechtsprechung des BGH ist § 129 I HGB jedoch nur eingeschränkt anwendbar. Die persönlich haftenden Gesellschafter sind an dem Forderungsfeststellungsverfahren zu beteiligen. Erforderlich und ausreichend ist es, wenn die vertretungsberechtigten Komplementäre an dem Forderungsfeststellungsverfahren beteiligt werden. Es ist nicht notwendig zusätzlich die Kommanditisten zu beteiligen. Dem liegt zu Grunde, dass nur die vertretungsberechtigten Gesellschafter ein Widerspruchsrecht i.S.d. §§ 178 I 2, 201 II 1 InsO haben und die Titelwirkung in Bezug auf die Schuldnergesellschaft verhindern können. Ein Widerspruch des Kommanditisten würde diese Wirkung nicht entfalten. Deswegen ist es – entgegen der Auffassung des Landgerichts München II – auch nicht erforderlich den Prüftermin i.S.d. § 176 InsO jedem Kommanditisten gem. §§ 29 I Nr. 2, 30 II InsO besonders zur Kenntnis zu bringen. Es reicht insoweit die öffentliche Bekanntmachung gem. § 30 II InsO.
Dies führt im Rahmen der Rechtskraftwirkung gegenüber den Kommanditisten zu der Folgefrage, ob alle vertretungsberechtigten Komplementäre zu beteiligen sind oder es ausreicht, wenn ein Komplementär beteiligt wird. Des Weiteren ist zu klären, welche Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beteiligung gestellt werden. Diese bedürfen im hiesigen Verfahren jedoch keiner Entscheidung.
ee) Vorliegend gibt es nur eine Komplementärin die ….
Am 14.04.2014 wurde der Kläger auch zum Insolvenzverwalter der Komplementärin bestellt (Anlage BB2). Der Prüfungstermin zur Überprüfung der angemeldeten Forderungen gegen die Schuldnerin fand am 11.10.2014 statt (vgl. K1). Damit war der Kläger informiert und ordnungsgemäß beteiligt. Diesem stand es als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Komplementärin zu gegebenenfalls gem. §§ 178 I 2, 201 II 1 InsO zu widersprechen, vgl. § 80 I InsO.
ff) Nicht beachtlich ist der Einwand, die Forderungsanmeldung sei mangels hinreichender Konkretisierung unwirksam. Diese Frage ist im Rahmen des Feststellungsverfahrens gem. §§ 174 ff InsO relevant. Richtiges Mittel die angemeldeten Forderungen anzugreifen ist der Widerspruch i.S.d. § 178 I 1 InsO. Hier wurden die Forderungen jedoch bereits i.S.d. § 178 I 1 InsO festgestellt.
3. Auch der Einwand des Beklagten, das Aktivvermögen der Kommanditgesellschaft, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, reiche möglicherweise zur Befriedigung der Gläubigerforderungen aus, lässt den Anspruch nicht entfallen. Insoweit verkennt der Beklagte die Darlegungs- und Beweislast. Macht der Kommanditist geltend, seine Inanspruchnahme sei nicht erforderlich, weil bereits das Gesellschaftsvermögen zur Befriedigung der Gläubiger ausreiche, trägt er die Darlegungs- und Beweislast (Stroh in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, Handelsgesetzbuch, 3.Auflage, 2014, § 171 Rn. 96). Der Insolvenzverwalter hat jedoch die für die Befriedigung der Gläubiger bedeutsamen Verhältnisse der Gesellschaft darzulegen, sofern er dazu im Stande ist (BGH in NJW 1990, 1109, 1111). Der Kläger hat vorgetragen, dass Forderungen in Höhe von 2.167.450,18 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet wurden und nur in Höhe von 213.938,04 Euro bestritten worden sind. Weiteres Aktivvermögen wurde nicht angegeben. Es ist nun Sache des Beklagten darzulegen, dass weiteres Aktivvermögen vorhanden ist. Unzureichend ist es, wenn lediglich die Möglichkeit in den Raum gestellt wird, es sei möglicherweise ausreichend Aktivvermögen vorhanden.
III.
Der Verjährungseinwand des Beklagten ist unbegründet. Ein Ablauf der Verjährungsfrist des § 197 I Nr. 5 BGB scheidet offensichtlich aus. Auch eine Verjährung des Anspruchs gem. § 171 I HGB nach § 159 I, 131 I Nr. 3 HGB kommt nicht in Betracht, da das Insolvenzverfahren erst am 01.04.2014 über das Vermögen der … eröffnet worden ist. Die Verjährung beginnt gem. § 159 II HGB mit dem Ende des Tages, an welchem die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen wird.
Die Einrede der Verjährung der Gläubigerforderungen bereits vor der Anmeldung beim Insolvenzverwalter, ist im Rahmen des Feststellungsverfahrens gem. §§ 174 ff InsO zu berücksichtigen. Es ist Widerspruch gem. § 178 I 1 InsO zu erheben. Danach greift die Titelfunktion des §§ 178 III, 201 II 1 InsO.
C. Nebenentscheidungen
I. Die Kostenfolge beruht auf § 97 I ZPO.
II. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
III. Die Revision wird nur hinsichtlich der Frage, ob im Falle einer Insolvenz über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft, die Insolvenztabelle Titelwirkung gegenüber einem Kommanditisten entfaltet, zugelassen. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert die Entscheidung des Revisionsgerichts i.S.d. § 543 II 1 Nr. 2 ZPO. Die zu entscheidende Frage wird nicht einheitlich beurteilt (vgl. oben Ziffer B.II.2.c)). Eine obergerichtliche Entscheidung ist soweit ersichtlich bis dato nicht ergangen.

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