Bankrecht

Unverzügliche Berufungszurückweisung durch Beschluss

Aktenzeichen  13 U 2556/17

Datum:
19.11.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 41952
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2

 

Leitsatz

Einer unverzüglichen Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO steht es nicht entgegen, dass zwischen Eingang der Berufungserwiderung und Erlass des Hinweisbeschlusses sieben Monate vergangen sind. “Unverzüglich“ bedeutet nicht, dass die Entscheidung an eine bestimmte Frist gebunden ist, sondern vor allem, dass ohne Terminierung und mündliche Verhandlung entschieden wird. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

13 U 2556/17 2018-07-11 Hinweisbeschluss OLGMUENCHEN LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.06.2017, Az. 29 O 19783/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren sowie für die erste Instanz wird auf bis zu 30.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte Schadensersatz- bzw. Rückabwicklungsansprüche wegen seiner Beteiligung als Kommanditist mit einer Anlagesumme von 25.000,- € zzgl. 6% Agio an der K. Mobiliengesellschaft mbH & Co. KG (Fondsgesellschaft) geltend. Die Beklagte war Treuhandkommanditistin. Bei dem Fonds handelt es sich um eine Schiffsbeteiligung an einem Containerschiff der Panamax-Klasse. Der Kläger erhielt Ausschüttungen von 5.564,33 €. Die Fondsgesellschaft ist mittlerweile aufgelöst und ihr Erlöschen im Handelsregister eingetragen.
Im Übrigen wird hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und der erstinstanzlich gestellten Anträge gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 23.06.2017 wies das Landgericht München I die Klage ab. Das Urteil wurde dem Kläger am 29.06.2017 zugestellt. Dagegen legte er mit Schriftsatz vom 28.07.2017, per Telefax eingegangen am gleichen Tage, Berufung ein. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.09.2017 begründete der Kläger die Berufung mit Schriftsatz vom 27.09.2017, per Telefax eingegangen am gleichen Tage. Er verfolgt die in erster Instanz gestellten Anträge im Berufungsverfahren weiter.
Das Erstgericht habe zu Unrecht die Verletzung von Aufklärungspflichten bzw. das Vorliegen von Prospektfehlern verneint. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Berufungsbegründung vom 27.09.2017 (Bl. 193/203 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt im Berufungsverfahren zuletzt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 20.685,67 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.05.2014 sowie nebst weiterer Zinsen in Höhe von 2% seit dem 26.11.2006 bis zum 31.12.2006 aus einem Betrag von 26.250,00 €, seit dem 01.01.2007 bis zum 31.12.2008 aus einem Betrag von 24.948,13 €, seit dem 01.01.2009 bis zum 31.12.2009 aus einem Betrag von 23.214,51 €, seit dem 01.01.2009 bis zum 30.06.2009 aus einem Betrag von 21.648,09 € und seit dem und seit dem 01.07.2009 bis zum 12.05.2014 aus einem Betrag von 20.685,67 € zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.564,26 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2014 zu zahlen.
3. Die Verurteilung zu Ziffer 1) erfolgt Zug um Zug gegen die Übertragung der Rechte aus dem Treuhandvertrag bezüglich der Beteiligung an der K. Mobiliengesellschaft mbH & Co. KG im Nominalwert von 25.000,- €.
4. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der Rechte aus dem Treuhandvertrag bezüglich der Beteiligung gemäß Ziffer 3) seit dem 13.05.2014 in Annahmeverzug befindet.
5. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger aus dem zwischen ihnen geschlossenen Treuhandvertrag keine Ansprüche zustehen.
6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger von allen gegenwärtigen und zukünftigen Verbindlichkeiten freizustellen, die dem Kläger aus oder im Zusammenhang der Zeichnung der in Ziffer 3) genannten Beteiligung entstehen.
Die Beklagte beantragt
kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.
Die Beklagte ist der Auffassung, das Erstgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Der Prospekt sei fehlerfrei und vollständig. Im Übrigen wird auf die Berufungserwiderung (Bl.210/218 d.A.) Bezug genommen.
Der Senat erteilte mit Beschluss vom 11.07.2018 (Bl. 224/230 d.A.) Hinweise nach § 522 Abs. 2 ZPO. Der Kläger nahm dazu mit Schriftsatz vom 08.10.2018 Stellung, die Beklagte mit Schriftsatz vom 05.11.2018.
II.
1. Die Berufung gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 23.06.2017, Az. 29 O 19783/16, war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig der Auffassung ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Weder beruht die angefochtene Entscheidung auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zu berücksichtigende Tatsachen eine andere Entscheidung.
2. Zur Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 11.07.2018 sowie auf die Gründe des angefochtenen Urteils des Landgerichts.
3. Im Hinblick auf die Stellungnahme des Klägers vom 08.10.2018 ist ergänzend Folgendes auszuführen:
a) Der Kläger irrt, wenn er der Meinung ist, in erster Instanz sei sein Anspruch auf den gesetzlichen Richter deswegen verletzt, weil der Einzelrichter und nicht die Kammer entschieden habe.
Die Kammer übertrug den Rechtsstreit mit Beschluss vom 24.03.2017 gem. § 348a Abs. 1 ZPO dem Einzelrichter zur Entscheidung. Dies erfolgte aus Sicht des Senats vollkommen zu Recht, da die Sache weder besondere Schwierigkeiten aufweist, noch von grundsätzlicher Bedeutung ist und auch die Voraussetzungen des § 348a Abs. 1 Nr.3 ZPO nicht gegeben sind. Abgesehen davon kann gem. § 348 a Abs. 3 ZPO ein Rechtsmittel auf die erfolgte Übertragung auf den Einzelrichter grundsätzlich nicht gestützt werden. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die Übertragung willkürlich erfolgte (vgl. Zöller – Greger, 31. Aufl., § 348a Rn. 12 und § 348 Rn. 24). Dafür, dass es sich hier um eine willkürliche Entscheidung der Kammer handelte, gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte. Der Kläger selbst trägt ebenfalls keine solchen vor.
b) Der Senat ist auch nicht deswegen an einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO gehindert, weil zwischen Berufungserwiderung und Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO rund 7 Monate liegen. „Unverzüglich“ im Sinne der Vorschrift bedeutet nicht, dass die Entscheidung an eine bestimmte Frist gebunden ist (vgl. Zöller-Heßler, 31. Aufl., § 522 Rn. 31 m.w.N.), sondern vor allem, dass ohne Terminierung und mündliche Verhandlung entschieden wird.
c) Auch die Voraussetzung der offensichtlichen Aussichtslosigkeit der Berufung ist gegeben; insoweit wird auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss Bezug genommen.
d) Was die vom Kläger behauptete unzureichende Darstellung der Anlageziele und Anlagepolitik angeht, geht der Senat im Gegensatz zur Auffassung des Klägers nicht von „falschen Tatsachen“ aus. Zur Klarstellung: Es geht in erster Linie darum, was Gesellschaftszweck ist. Dieser bestimmt die Anlageziele. Spekulative Währungsgeschäfte gehören nicht zu den Anlagezielen; es sollen (ausnahmsweise) nur Währungsgeschäfte zur Absicherung von Währungsrisiken erlaubt sein.
e) Darstellung der Marktsituation
Der Senat bleibt dabei, dass der Prospekt „insgesamt“ kein „zu positives Bild von den Marktgegebenheiten“ zeichne. Einen Fehler sieht der Senat auch nicht darin, dass der Prospekt keine konkreten Angaben bezüglich der TEU (Twentyfoot Equivalent Unit) der im Vergleich zu dem Fondsschiff nächst kleineren und nächst größeren Klasse enthält. Die weiteren Ausführungen des Klägers dazu (Seiten 5 bis 8 der Stellungnahme vom 08.10.2018) sollen letztlich seine Argumentation stützen, dass die Prognose der Marktentwicklung schon zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe nicht haltbar gewesen sei. Dass und warum der Senat diesbezüglich anderer Auffassung als der Kläger ist, wurde schon im Hinweisbeschluss ausgeführt. Soweit die jetzige Stellungnahme diesbezüglich neuen Sachvortrag enthält, ist dieser nicht gem. § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen, da er verspätet ist.
f) Darstellung der Betriebs- und Nebenkosten
Der Senat bleibt auch nach nochmaliger Überprüfung bei seiner auf Seite 4 des Hinweisbeschlusses dargelegten Auffassung. Im konkreten Fall gab es keine Pflicht der Beklagten, die der Kalkulation zugrundeliegenden Zahlen etwa durch eigene Gutachten oder sonstige Erkundigungen zu überprüfen.
g) Weichkosten
Der Kläger selber legt dar, dass und wo die Kosten für die Zwischenfinanzierung der Tranche 2 im Prospekt genannt werden. Im Übrigen ist der Kläger dem Argument der Beklagten erstinstanzlich nicht entgegengetreten, dass es sich dabei nicht um Anschaffungskosten, sondern um Schiffsbetriebskosten handelt. Er ist lediglich der Meinung, dass es sich um „typische Weichkosten“ handele, die in den Kosten der Betriebsphase „versteckt“ worden seien (vgl. Berufungsbegründung Seite 9 unten). Der Senat bleibt bei jedoch seiner Auffassung, dass der Prospekt diesbezüglich nicht irreführend ist.
h) Rechtliche Risiken / Umweltstandards
Was die vom Kläger vorgetragenen Risiken aufgrund zu erwartender Änderungen der umweltrechtlichen Bestimmungen angeht, so beschränkt sich sein Vortrag letztlich darauf, zu behaupten, dass diese „selbst bei diesem Schiff zu steigenden und zusätzlichen Betriebs- und Wartungskosten. Da dies für alle Handelsschiffe gilt, ist somit auch das Fondsschiff betroffen“ (vgl. Seite 13 der Stellungnahme vom 08.10.2018, Seite 10 der Berufungsbegründung). Auch die Ausführungen auf den Seiten 84 ff. sind nicht ausreichend konkret auf das Fondsschiff bezogen. Es wird nicht vorgetragen, welche konkreten (finanziellen) Auswirkungen nach Auffassung des Klägers auf den Betrieb des Fondsschiffs zu erwarten sind und worüber konkret hätte aufgeklärt werden müssen. Überdies ist der Kläger der Behauptung der Beklagten in der Klageerwiderung (dort Seite 16), dass etwaige Kostensteigerungen für Nachrüstungen bereits in die Prognoserechnung eingeflossen seien, weder erstinstanzlich noch in der Berufungsbegründung entgegengetreten.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Der Streitwert wurde gem. §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO festgesetzt. Zur Begründung wird auf Ziffer II. des Hinweisbeschlusses vom 11.07.2018 Bezug genommen.


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