Bankrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrags hinsichtlich der Finanzierung eines gebrauchten Pkw

Aktenzeichen  17 U 2832/19

Datum:
1.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 48408
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 309 Nr. 13 lit. b, § 314 Abs. 1 S. 1, § 512 S. 1

 

Leitsatz

Grundsätzlich hat nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die etwaige Unwirksamkeit einzelner allgemeiner Darlehensbedingungen auf die Frage der Wirksamkeit der Widerrufsinformation keinen Einfluss (ebenso BGH BeckRS 2019, 7830).  (Rn. 12) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

35 O 2763/19 2019-05-15 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.05.2019, Aktenzeichen 35 O 2763/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf € 34.483,64 festgesetzt.

Gründe

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Widerrufs des Klägers vom 30.08.2018 (Anlage K 3) betreffend den Darlehensvertrag zwischen den Parteien vom 08.04.2016 (Anlage K 1), mit dem die Beklagte dem Kläger den Kauf eines gebrauchten PKW am gleichen Tag finanzierte (Anlage K 2).
Hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen wird gemäß § 522 Abs. 2 Satz 4 ZPO auf das klageabweisende Endurteil des LG München I vom 15.05.2019 (Bl. 148/165 d. A.), hinsichtlich des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und bezüglich der Berufungsanträge auf den Schriftsatz des Klägers vom 19.07.2019 (Bl. 178 d. A.) sowie den Schriftsatz der Beklagten vom 19.06.2019 (Bl. 176 d. A.) verwiesen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 15.05.2019, Aktenzeichen 35 O 2763/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 522 Abs. 2 ZPO hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats im Beschluss vom 05.09.2019 (Bl. 198/202 d. A.) Bezug genommen.
Der Schriftsatz des Klägers vom 24.09.2019 gibt zu folgenden Anmerkungen Anlass:
1. Der Vortrag des Klägers zum Tageszinssatz ist widersprüchlich: Im Schriftsatz vom 24.09.2019 verlangt er die genaue Angabe des Tageszinssatzes (also immer ungleich € 0,00), um sich im Schriftsatz vom 19.07.2019, dort Seiten 8/9 (= Bl. 184/185 d. A.), wohl dagegen zu verwahren, dass dieser überhaupt angegeben wird. Es bleibt dabei: Im deutschen Privatrecht herrscht immer noch Vertragsfreiheit, die Parteien konnten daher einen Tageszinssatz in Höhe von € 0,00 vereinbaren.
2. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso die Beklagte einen (ausgerechneten) Verzugszinssatz zu einem Zeitpunkt vor Vertragsschluss angeben muss. Zu diesem Zeitpunkt kann sich der Darlehensnehmer definitiv nie in Verzug befinden. Im Übrigen ist es nicht Aufgabe einer Widerrufsinformation, ein juristisches Seminar abzuhalten.
3. Unklar ist die Bezugnahme auf die Berufungsbegründung und die dortige Rechtsprechung zur (mutmaßlich angeblich unzureichenden) Information über das Kündigungsrecht: In der Berufungsbegründung findet sich hierzu nämlich nichts.
Soweit dies auf Ziffer 4.4 der Allgemeinen Darlehensbedingungen abzielt, sei Folgendes angemerkt:
a) Die fristlose Kündigung ist in § 314 Abs. 1 Satz 1 BGB geregelt und wird daher von den §§ 491 bis 511 BGB a.F., auf die § 512 S. 1 BGB a.F. Bezug nimmt, nicht erfasst.
b) Die Vereinbarung der Textform durch Ziffer 4.4 der Allgemeinen Darlehensbedingungen ist von § 309 Nr. 13 b BGB gerade auch im Verhältnis zu einem Verbraucher gedeckt.
c) Im Übrigen hat die etwaige Unwirksamkeit einzelner allgemeiner Darlehensbedingungen auf die Frage der Wirksamkeit der Widerrufsinformation grundsätzlich keinen Einfluss (vgl. BGH, Beschluss vom 02.04.2019, XI ZR 463/18 nach juris; Beschluss vom 09.04.2019, XI ZR 511/18 nach juris).
4. Für eine Zulassung der Revision im Hinblick auf die Tageszinssatzvereinbarung von € 0,00 sind die Voraussetzungen auch dann nicht gegeben, wenn andere Oberlandesgerichte anscheinend andere Sachverhalte anders zu entscheiden haben sollten. Es handelt sich um eine Individualvereinbarung im konkreten Einzelfall. Auf Ziffer 12 des Beschlusses des Senats vom 05.09.2019 (Bl. 202 d. A.) wird im Übrigen verwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und dieses Beschlusses erfolgte gemäß § 708 Nr. 10, § 708 Nr. 10 analog, § 711 ZPO (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 13.11.2014, NJW 2015, 77, 78, Randziffer 16).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der § 63 Abs. 2 Satz 1, § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG; § 4 Abs. 1 ZPO bestimmt.


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